archivos de los protestos globales

eine kurze Geschichte der Zapatist@s

Es geht um einen Prozeß, der sich auf einen jahrhundertelangen Widerstand gegen Kolonialismus bezieht. Zu Beginn der 90er Jahre starteten autonome indigene Gemeinschaften im Lakandonischen Urwald im Bundesstaat Chiapas eine erste Consulta. Anlaß war die bevorstehende Freihandelszone "NAFTA" (USA, Kanada und Mexiko), weil die Indigenas ihre Lebensgrundlagen bedroht sahen. Der Lakandonische Urwald gehört zu einem Streifen, der sich vom Südkalifornien bis hin in die nördlichen Anden zieht, der zu einem der Gebiete mit der höchsten Artenvielfalt (Biodiversität) in der Welt zählt. Nach den Vorstellungen der Macher des NAFTA, der gesamtamerikanischen Freihandelszone FTAA (oder span. "ALCA", die nunmehr auf Eis liegt) und des "Plan Puebla-Panama" soll diese Region wirtschaftlich erschlossen werden. Gigantische Staudämme sind geplant oder werden bereits gebaut, auch neue Großflughäfen, Autobahnen und Öl- und Gaspipelines sollen die gesamte Region durchdringen, Agro- und Pharmakonzerne erhoffen sich fette Gewinne durch die Aneignung der Patente auf die Gene seltener Pflanzen und Tiere. Zur Durchsetzung dieser Pläne werden die Menschen der Region, es sind in erster Linie Indigene, systematisch aus ihren Dörfern vertrieben (Karten: I | II).

Consulta

Was ist eine "Consulta"? Eine Consulta (wörtlich in etwa = Beratung) ist ein langwieriger Prozeß, innerhalb dessen beraten wird, was zu tun ist, angesichts drohender Gefahr. Dabei werden ersteinmal ein paar wichtige Fragen in den Raum gestellt, die insbesondere mit dem Überleben der jeweiligen Gemeinschaften ("Comunidades") zu tun haben. Diese Fragen werden auf lokaler Ebene innerhalb der Gemeinchaften diskutiert. Das langwierige besteht darin, daß ein Konsens zwischen ALLEN Gemeinschaften gesucht wird. Das dauert über mehrere Jahre. Keine Gruppe darf sich ausgeschlossen fühlen aus der gemeinschaftlichen Entscheidung.

Nach diesen Jahren der Consulta kam es rechtzeitig vor der Implemrementierung des NAFTA zu einer konkreten Entscheidung: Bewaffneter Aufstand! Es gab aber entscheidende Unterschiede zu vorausgegangenen Guerilla-Bewegungen in Latweinamerika. Zum einen wurde die Bewegung hauptsächlich von Indigenen getragen. Es wird sich weniger auf marxistische oder andere sozialistische Theorien gestützt als auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen. Und ganz wesentlich: es wird nicht *um* die Macht gekämpft, sondern *gegen* die Macht. D.h. die Zapatistas würden niemals auf die Idee kommen, eine Partei zu gründen, und erst recht nicht, Regierungsbeteiligung anzustreben. Sie wollen nicht regiert werden. Sie wollen die Gemeinschaften in Autonomie erhalten sehen.

Die Consulta, die zur Gründung der EZLN führte war nicht die einzige. Immer wieder werden Consultas durchgeführt, wenn wichtige Fragen anstehen.

EZLN

Am 1. Januar 1994, mit dem Inkrafttreten des NAFTA begann der bewaffnete Aufstand durch die zapatistische Armee der nationalen Befreiung EZLN (gegründet am 17.11.1993). Zahlreiche Communidades (autonome Gemeinden) und "autonome Landkreise" entstanden und das Land wurde einfach den (weißen) Großgrundbesitzern "geklaut", um es in Kollektiven selbst zu bewirtschaften. Dieser Kampf dauert bis heute an. Natürlich sahen sich die Großgrundbesitzer "enteignet", um ihr heiliges Privateigentum gebracht, und da sie eine gute Lobby haben, in der mexikanischen Regierung, war es kein Problem, Polizei und Militär anzufordern um diese "illegalen Enteignungen" wieder rückgängig zu machen.

Der einmal gezündete Funke konnte aber auch mit härtester Reppresion nicht mehr zum erlöschen gebracht werden.

Zwar haben die Zapatistas ihre Waffen nicht abgelegt, doch inzwischen werden sie nicht mehr benutzt und sind nur noch zur Verteidigung gedacht, gegen Übergriffe von Militärs und Polizei gegen die autonomen Gemeinschaften.

Encuentros

Nach dem erfolgreichen Aufstand und der einseitigen Erklärung des Waffenstillstandes durch die Zapatisten wurde für das Jahr 1996 ein erstes "Intergalaktisches" Treffen in Chiapas einberufen.

Dieser Aufruf wurde weltweit - und hier spielte das Internet bereits eine gewisse Rolle - verbreitet. Die Teilnahme hatte selbst die kühnsten Träume der Zapatistas überrascht. Mehrere tausend Menschen aus allen Kontinenten der Welt nahmen teil, darunter auch viele Indigene und BäuerInnen (Campesin@s) - Organisationen aus verschiedenen Ländern des Südens. Aus den nördlichen "Industrieländern" nahmen v.a. Menschen aus selbstorganisierten Zusammenhängen teil wie z.B. "Reclaim the Streets!" aus Großbritannien (http://rts.gn.apc.org/) oder das Netzwerk "Ya Basta!" aus Italien (http://www.yabasta.it/). Später gingen daraus die "Tute Bianche" hervor, die sich heute "Disobbedienti" - die Ungehorsamen nennen.

Der Erfolg dieses Treffens veranlaßte AktivistInnen in Europa, im Folgejahr (1997) ein zweites intergalaktisches Treffen in Spanien einzuberufen. Auch hier wieder kamen VertreterInnen von Indigena- und Campesin@-Bewegungen aus Lateinamerika, Afrika und Asien sowie autonome Gruppen aus dem Norden. Insgesamt nahmen ca. 3.000 Menschen teil. Im Anschluß an das 2. Encuentro, das dezentral in mehreren Städten abgehalten wurde (u.a. in Madrid, Barcelona) fand ein Treffen statt zur Idee der Gründung eines globalen dezentralen Netzwerkes von sozialen Basisorganisationen, das in der Folge Peoples' Global Action (PGA) getauft wurde (www.agp.org).

Peoples' Global Action

Diese Gründung erfolgte dann zu Beginn des darauffolgenden Jahres, als für den Februar 1998 zur ersten globalen PGA-Konferenz in Genf eingeladen wurde. Der Ort des Treffens war bewußt gewählt, weil im Mai 1998 dort die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) stattfinden würde, also einer Hauptinstitution der sogenannten neoliberalen Globalisierung.

So kam es, daß im Mai 1998 zur ersten großen Anti-Globalisierungs-Demonstration BäuerInnen aus Indien neben Indigen@s aus Lateinamerika protestierten (Bilder: I | II | III). (Die medial vermittelte Behauptung, die erste große Antiglobalisierungs-Demo wäre Seattle, im Nov. 1999 gewesen ist also eigentlich falsch. Abgesehen davon gingen die Proteste ja von den Ländern des Südens schon Jahre zuvor aus, wie im Beispiel Mexiko schon 1994).

Die "Sexta" und die "Andere Kampagne"

Doch zurück in den Lakandonischen Urwald.

Im Juni 2005 wurde die sogenannte "6. Erklärung" ("Sexta") erlassen (die erste Erklärung war der Aufruf zum 1. Intergalaktischen Treffen von 1996). Ziel dieses Aufrufes war, die Anliegen der Zapatistischen Bewegung erneut über die Grenzen des Bundesstaates Chiapas hinauszutragen. Gleichzeitig mit der Sexta begann ein neuer Consulta-Prozeß, der sich im jüngsten EZLN-Kommunique (http://de.indymedia.org/2006/07/153342.shtml) wiederspiegelt.

Seit Januar durchreist eine Zapatistische Delegation Bundesstaat für Bundesstaat in Mexiko - das ist die "andere Kampagne" oder "la otra", nicht etwa, um zum Wahlboykott aufzurufen, sehr wol aber, um die zapatistische Idee auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen bekannt zu machen, die Idee, daß es möglich ist "eine Welt zu schaffen, in der viele Welten existieren", um es mit deren eigenen Worten auszudrücken, oder, anderst gesagt, die Augen aufzumachen, für die Möglichkeit, sich selbst zu organisieren, das eigene Schiksal in die Hand zu nehmen, oder, wie es in einem Alternativ-Forum zum Europäischen Sozialforum in London hieß "Life despite Capitalism", d.h. wir können, besser gesagt, wir sollen neue Möglichkeiten Finden, trotz und innerhalb dieses kapitalistischen Systems Alternativen zu beginnen und nicht auf die Zeit nach einer "Weltrevolution" hoffen, ab der erst ein alternatives Leben möglich sei.

Weitere Artikel bei de.indymedia (eine Auswahl):


mexico | www.agp.org