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Unsere Bildung mit dem Rücken zur Wand
Eine Bestandsaufnahme der Globalisierung im Dienstleistungsbereich

Wer schuf PISA?

Das zentrale Thema der Diskussion um die PISA-Studie in der Öffentlichkeit sind deren Ergebnisse. Die getesteten Inhalte der Studie und die Institution, die diese Erhebung durchgeführt hat, die OECD (Organization for Economic Cooperation and Development), finden dabei kaum Beachtung.

War das Aufgabengebiet der OECD nach dem 2. Weltkrieg hauptsächlich der « Aufbau kapitalistischer Gesellschaften im Rahmen des Marshallplans » 35, formuliert die OECD (mit 30 Mitgliedsstaaten) ihre « Key Activities » heute anders: « The OECD helps governments tackle the economic, social and governance challenges as well as exploit the opportunities of the globalising world economy » (OECD, Okt. 2002). Zur Arbeitsweise dieser Organisation heißt es weiterhin: « Statistics - the numbers that measure what is going on, from rises and falls in unemployment to levels of pollution in the air - are a key element of OECD works. ». Speziell für Bildungssysteme bedeutet das die Verwendung der « Humankapital - Theorie » und der « Ertrags - Rechnung », die in monetären Einheiten individuellen und sozialen Nutzen von Investitionen in Bildung berechnen.36 Die Herangehensweise an den internationalen Leistungsvergleich ist in diesem Fall also eine wirtschaftliche, was sich ganz deutlich in den Inhalten der Studie widerspiegelt: 5 der 11 « Units » aus dem Bereich « Lesekompetenz » behandeln Fragen mit wirtschaftlichen oder betrieblichen Inhalten.

PisaterrorEs ist offensichtlich, dass hier ein Alltagsverständnis zu Grunde gelegt wird, das die Rationalität spätkapitalistischer Lebens- und Produktionsverhältnisse zum Maßstab hat und entsprechend eine Kompetenzkategorisierung vornimmt. Es wird gleichsam nach der Überlebensfähigkeit in real existierenden Verhältnissen der Industriestaaten gefragt und damit auch nach der Anpassungsfähigkeit der SchülerInnen 37, was auch in der Projektvorstellung der OECD deutlich wird: Ziel der Studie ist es, herauszufinden, wie gut Schüler-Innen darauf vorbereitet sind, « den Herausforderungen der Zukunft » zu begegnen. 38 Im Vordergrund steht also keineswegs der/die mündige BürgerIn, der/die durch den Schulbesuch in « Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewußtsein für Natur und Umwelt » (Bayer. Verfassung, Art. 131) unterwiesen werden soll. Fraglich bleibt, ob es Aufgabe und Intention der OECD ist, einen derart umfassenden Bildungsbegriff zu messen und ob dies mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten überhaupt möglich ist.

weiter: Wirtschaftliche Einflüsse an der Universität Regensburg


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