Bei dem diesjährigen Treffen der Gebirgsjäger in Mittenwald hielt der
parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian
Schmidt, Mitglied der CSU und des ”Kameradenkreises der Gebirgsjäger”,
die zentrale Rede zum fünfzigsten Jubiläum des Kriegsdenkmal bei
Mittenwald. Die Bundeswehr hatte das Kriegsverbrecher-Treffen mit der
Abstellung von 71 Soldaten unterstützt. Unter den mindestens 1500
Feiernden waren zahlreiche nicht verurteilte Kriegsverbrecher aus der
1. Gebirgsdivision, die die Massaker u.a. in Komeno und Kephallonia zu
verantworten haben.
Anwesend war auch Josef Scheungraber, der in Italien wegen 14- fachen
Mordes in Falzano zu lebenslanger Haft verurteilte Kriegsverbrecher.
Scheungraber ist als Befehlshaber für die grausame Ermordung von 14
Menschen im Juni 1944 in dem toskanischen Dorf Falzano bei Arezzo
verantwortlich. Das italienische Militärgericht in La Spezia hat ihn
Ende September 2006 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt.
Seine Einheit hatte als ”Vergeltung” gegen Partisanenangriffe 15
Zivilisten in ein Bauerhaus gesperrt und es gesprengt. Alle im Haus
bis auf einen 15-jährigen Jungen starben. Stephan Stracke vom AK
Angreifbare Traditionspflege: ”Es ist ein Skandal. Trotz der
Verurteilung lebt das CSU-Mitglied Josef Scheungraber, 2005 dekoriert
mit der Ottobrunner Bürgermedaille, von der Justiz unbehelligt in
Ottobrunn.”
Ebenfalls bei der Feier am Hohen Brendten waren Veteranen der
faschistischen Mussolini-Division Monterosa und die Ordensgemeinschaft
der Ritterkreuzträger.
Während des Feldgottesdienstes entrollten AntifaschistInnen
Transparente u.a. mit der Aufschrift: ”Keine Ruhe für NS-Täter” und
riefen Parolen gegen das militaristische Treiben. Die
AntifaschistInnen wurden rabiat von den bayerischen Polizeitruppen des
USK festgenommen und in Polizeigewahrsam demütigenden Leibesvisitationen unterzogen.
Die Teilnahme von Christian Schmidt als hochrangiger Vertreter des
Verteidigungsministeriums ist ein Affront für die Angehörigen der
ermordeten italienischen Soldaten von Kephallonia.
Marcella De Negri, Tochter des auf Kephallonia ermordeten Hauptmanns
Cap. Francesco De Negri, zeigte sich auf der Gegenkundgebung am
Samstag entsetzt über die Teilnahme der Bundeswehr an der
Veranstaltung der Mörder ihres Vaters. Sie setzte sich erneut für die
Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Otmar Mühlhauser in München ein.
Die Bundeswehr hatte im Vorfeld eine Gedenkkundgebung an die Opfer des
Nationalsozialismus verhindert. Der Arbeitskreis Distomo war daher bis
vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Lars Reissmann vom AK
Distomo zur BVerfG-Beschluss: “Das BVerfG setzte sich mit Versammlungsrecht
bewusst nicht auseinander, um die Gedenkkundgebung auf ein Parkplatzproblem
zu reduzieren und zu Gunsten der ‘Selbsthilfeorganisation von Kriegsverbrechern’
zu entscheiden. Das ist ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer. Für eine so ’kriegswichtige’
Veranstaltung ist die Allianz aus Wehrmachtssoldaten und Bundeswehr
wichtiger als das Demonstrationsrecht.“
Am Freitag wurde in Ottobrunn und Dillingen, den Wohnorten von Josef
Scheungraber und Otto Mühlhauser, gegen Straflosigkeit dieser beiden
Kriegsverbrecher demonstriert.
Am Pfingstsamstag hatte der AK Angreifbare Traditionspflege und die
VVN eine Veranstaltung mit Marcella und Enzo De Negri und Paola
Fioretti, die Kinder von auf Kephallonia durch Gebirgstruppen
ermordeten italienischen Soldaten, mit dem griechischen Partisanen
Nikos Fokas und dem österreichischen Wehrmachtsdeserteur Richard
Wadani organisiert.
Am Nachmittag wurde die Erinnerungspolitik in Bezug auf die
NS-Verbrechen und aktuelle Militäreinsätze der Bundeswehr diskutiert.
Es kam zu einer Spontankundgebung vor dem Lokal, in dem die
Gebirgsjäger ihren Kameradschaftsabend abhielten. Auf einer
Dauerkundgebung wurden die ganze Nacht zum Gedenken etwa tausend Namen
von Opfern der Gebirgsjägermassaker auf Kephallonia, in Kommeno und
Lyngiades verlesen. Am Sonntag prägte wieder der Protest gegen den
reaktionären Mummenschanz auf dem Hohen Brendten den Garnison- und
Touristenstandort Mittenwald.
An der abschließenden Demonstration beteiligten sich 350 Menschen.
Ausrufe am Rande der Demonstration hatten wie in den Vorjahren
diffamierenden und faschistischen Inhalt. Doch nach fünf Jahren des
Protests bröckelt in Mittenwald der Konsens, Kriegsverbrechen der
Gebirgsjäger zu rechtfertigen oder zu verharmlosen. Selbst der
Kameradenkreis kann nicht mehr ganz umhin, die Kriegsverbrechen der
Gebirgstruppen einzuräumen.
Mittenwald, den 27.5.07
AK Angreifbare Traditionspflege
angreifbare.tradition@freenet.de
http://mittenwald.blogsport.de
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