Pressemitteilung des AK Angreifbare Traditionspflege vom 27. Mai 2007

Pfingsttreffen des Kameradenkreises der Gebirgstruppe:

STAATSSEKRETÄR CHRISTAN SCHMIDT (CSU) FEIERT MIT VERURTEILTEM KRIEGSVERBRECHER

Proteste im fünften Jahr trotz Demonstrationsverbot am Hohen Brendten

Bei dem diesjährigen Treffen der Gebirgsjäger in Mittenwald hielt der parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt, Mitglied der CSU und des ”Kameradenkreises der Gebirgsjäger”, die zentrale Rede zum fünfzigsten Jubiläum des Kriegsdenkmal bei Mittenwald. Die Bundeswehr hatte das Kriegsverbrecher-Treffen mit der Abstellung von 71 Soldaten unterstützt. Unter den mindestens 1500 Feiernden waren zahlreiche nicht verurteilte Kriegsverbrecher aus der 1. Gebirgsdivision, die die Massaker u.a. in Komeno und Kephallonia zu verantworten haben.

Anwesend war auch Josef Scheungraber, der in Italien wegen 14- fachen Mordes in Falzano zu lebenslanger Haft verurteilte Kriegsverbrecher. Scheungraber ist als Befehlshaber für die grausame Ermordung von 14 Menschen im Juni 1944 in dem toskanischen Dorf Falzano bei Arezzo verantwortlich. Das italienische Militärgericht in La Spezia hat ihn Ende September 2006 in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Einheit hatte als ”Vergeltung” gegen Partisanenangriffe 15 Zivilisten in ein Bauerhaus gesperrt und es gesprengt. Alle im Haus bis auf einen 15-jährigen Jungen starben. Stephan Stracke vom AK Angreifbare Traditionspflege: ”Es ist ein Skandal. Trotz der Verurteilung lebt das CSU-Mitglied Josef Scheungraber, 2005 dekoriert mit der Ottobrunner Bürgermedaille, von der Justiz unbehelligt in Ottobrunn.”

Ebenfalls bei der Feier am Hohen Brendten waren Veteranen der faschistischen Mussolini-Division Monterosa und die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger.

Während des Feldgottesdienstes entrollten AntifaschistInnen Transparente u.a. mit der Aufschrift: ”Keine Ruhe für NS-Täter” und riefen Parolen gegen das militaristische Treiben. Die AntifaschistInnen wurden rabiat von den bayerischen Polizeitruppen des USK festgenommen und in Polizeigewahrsam demütigenden Leibesvisitationen unterzogen.

Die Teilnahme von Christian Schmidt als hochrangiger Vertreter des Verteidigungsministeriums ist ein Affront für die Angehörigen der ermordeten italienischen Soldaten von Kephallonia.

Marcella De Negri, Tochter des auf Kephallonia ermordeten Hauptmanns Cap. Francesco De Negri, zeigte sich auf der Gegenkundgebung am Samstag entsetzt über die Teilnahme der Bundeswehr an der Veranstaltung der Mörder ihres Vaters. Sie setzte sich erneut für die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Otmar Mühlhauser in München ein.

Die Bundeswehr hatte im Vorfeld eine Gedenkkundgebung an die Opfer des Nationalsozialismus verhindert. Der Arbeitskreis Distomo war daher bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Lars Reissmann vom AK Distomo zur BVerfG-Beschluss: “Das BVerfG setzte sich mit Versammlungsrecht bewusst nicht auseinander, um die Gedenkkundgebung auf ein Parkplatzproblem zu reduzieren und zu Gunsten der ‘Selbsthilfeorganisation von Kriegsverbrechern’ zu entscheiden. Das ist ein Schlag ins Gesicht der NS-Opfer. Für eine so ’kriegswichtige’ Veranstaltung ist die Allianz aus Wehrmachtssoldaten und Bundeswehr wichtiger als das Demonstrationsrecht.“

Am Freitag wurde in Ottobrunn und Dillingen, den Wohnorten von Josef Scheungraber und Otto Mühlhauser, gegen Straflosigkeit dieser beiden Kriegsverbrecher demonstriert.

Am Pfingstsamstag hatte der AK Angreifbare Traditionspflege und die VVN eine Veranstaltung mit Marcella und Enzo De Negri und Paola Fioretti, die Kinder von auf Kephallonia durch Gebirgstruppen ermordeten italienischen Soldaten, mit dem griechischen Partisanen Nikos Fokas und dem österreichischen Wehrmachtsdeserteur Richard Wadani organisiert.

Am Nachmittag wurde die Erinnerungspolitik in Bezug auf die NS-Verbrechen und aktuelle Militäreinsätze der Bundeswehr diskutiert. Es kam zu einer Spontankundgebung vor dem Lokal, in dem die Gebirgsjäger ihren Kameradschaftsabend abhielten. Auf einer Dauerkundgebung wurden die ganze Nacht zum Gedenken etwa tausend Namen von Opfern der Gebirgsjägermassaker auf Kephallonia, in Kommeno und Lyngiades verlesen. Am Sonntag prägte wieder der Protest gegen den reaktionären Mummenschanz auf dem Hohen Brendten den Garnison- und Touristenstandort Mittenwald.

An der abschließenden Demonstration beteiligten sich 350 Menschen. Ausrufe am Rande der Demonstration hatten wie in den Vorjahren diffamierenden und faschistischen Inhalt. Doch nach fünf Jahren des Protests bröckelt in Mittenwald der Konsens, Kriegsverbrechen der Gebirgsjäger zu rechtfertigen oder zu verharmlosen. Selbst der Kameradenkreis kann nicht mehr ganz umhin, die Kriegsverbrechen der Gebirgstruppen einzuräumen.

Mittenwald, den 27.5.07
AK Angreifbare Traditionspflege
angreifbare.tradition@freenet.de
http://mittenwald.blogsport.de

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