Pressemitteilung vom 8. Juni 2008

Zum 64. Jahrestag des Massakers von Distomo am 10. Juni 2008
Deutschland muss NS-Opfern Entschädigung zahlen!

Öffentliche Stellungnahme des Arbeitskreis Distomo an die Bundeskanzlerin,
an das Bundesjustizministerium und an das Auswärtige Amt

Das Urteil des italienischen Kassationshofs, das die Kläger, Überlebende des Massakers von Distomo und Angehörige der Opfer, zur Durchsetzung ihrer Entschädigungsansprüche erstritten haben, ist rechtskräftig. Die deutsche Bundesregierung kann gegen dieses Urteil nicht mehr in Rechtsbeschwerde gehen!

Ein regierungsnaher deutscher Völkerrechtler sieht das Urteil, ”als ob da der zweite Weltkrieg [...] noch einmal ausgefochten wird” (Süddeutsche Zeitung vom 6.6.2008), und die Bundesregierung droht, gegen Italien vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu ziehen (Süddeutsche Zeitung vom 7.6.2008).

Der AK Distomo stellt dazu fest: Nicht die Kläger aus Distomo, die um Gerechtigkeit kämpfen, hauen und stechen weiter, sondern die Bundesregierung führt ihren Krieg weiter gegen die Menschen, die Leidtragende durch deutsche Kriegsverbrechen geworden sind und berechtigt Entschädigung verlangen.

Die Bundesregierung will auf undemokratischem Weg eine ihr ungenehme Entscheidung eines Obergerichts eines EU-Staates torpedieren, wie es mit dem Areopag-Urteil von 2000 bereits geschehen ist. Die Nichtanerkennung von Urteilen und Entscheidungen internationaler und anderer nationaler Gerichte in Bezug auf NS-Verbrechen, hat in Deutschland eine traurige Tradition von Nürnberg bis heute.

Das Bundesjustizministerium greift zu Propagandalüge, ”dass die Opfer sich an deutsche Gerichte wenden könnten” (Süddeutsche Zeitung vom 7.6.2008). Die Klage der Geschwister Sfountouris aus Distomo wurde vom Bundesverfassungsgericht 2006 abgewiesen. Der Sprecher des Justizministeriums lügt weiter mit der Wahrheit, wenn er sagt, dass es Rechtschutz nicht in jedem beliebigen Land gebe (ebenda). Denn für Opfer von NS-Verbrechen wie aus Distomo wurden rechtliche Ansprüche wegen Kriegsverbrechen eben in Italien gewährt, die ihnen in Deutschland verwehrt bleiben.

Der Gesandte und stellvertretende Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Griechenland, Herr Guy Feaux de la Croix, wird nach Aussage der Athener Botschaft am Dienstag an der Gedenkfeier in Distomo teilnehmen. Krokodilstränen, Kranzabwürfe und inhaltsleeres Gerede über ”Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” sollte sich die rechtskräftig verurteilte deutsche Regierung sparen. Wir erwarten, dass ein Vertreter der deutschen Regierung am 10. Juni 2008 in Distomo öffentlich die Urteile des Kassationshofs im vollen Umfang anerkennt und sich für die aktuelle Beleidigung und jahrzehntelange Herabwürdigung der Opfer von Distomo entschuldigt.

Außerdem entschied der Kassationshof, dass auch die deportierten italienischen Soldaten (meist als Italienische Militärinternierte kurz IMI bezeichnet) wegen NS-Zwangsarbeit durch die Bundesrepublik Deutschland entschädigt werden müssen. Diese waren von Deutschland von Zahlungen aus dem Fonds ”Erinnerung, Verantwortung, Zukunft” ausgeschlossen worden.

Hamburg, den 8. Juni 2008
Arbeitskreis Distomo

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