Das Urteil des italienischen Kassationshofs, das die Kläger, Überlebende
des Massakers von Distomo und Angehörige der Opfer, zur Durchsetzung ihrer
Entschädigungsansprüche erstritten haben, ist rechtskräftig. Die deutsche
Bundesregierung kann gegen dieses Urteil nicht mehr in Rechtsbeschwerde gehen!
Ein regierungsnaher deutscher Völkerrechtler sieht das Urteil, ”als ob da der
zweite Weltkrieg [...] noch einmal ausgefochten wird” (Süddeutsche Zeitung
vom 6.6.2008), und die Bundesregierung droht, gegen Italien vor dem
Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu ziehen (Süddeutsche Zeitung vom 7.6.2008).
Der AK Distomo stellt dazu fest: Nicht die Kläger aus Distomo, die um
Gerechtigkeit kämpfen, hauen und stechen weiter, sondern die Bundesregierung
führt ihren Krieg weiter gegen die Menschen, die Leidtragende durch
deutsche Kriegsverbrechen geworden sind und berechtigt Entschädigung verlangen.
Die Bundesregierung will auf undemokratischem Weg eine ihr ungenehme Entscheidung
eines Obergerichts eines EU-Staates torpedieren, wie es mit dem Areopag-Urteil von
2000 bereits geschehen ist. Die Nichtanerkennung von Urteilen und Entscheidungen
internationaler und anderer nationaler Gerichte in Bezug auf NS-Verbrechen,
hat in Deutschland eine traurige Tradition von Nürnberg bis heute.
Das Bundesjustizministerium greift zu Propagandalüge, ”dass die Opfer sich
an deutsche Gerichte wenden könnten” (Süddeutsche Zeitung vom 7.6.2008).
Die Klage der Geschwister Sfountouris aus Distomo wurde vom Bundesverfassungsgericht
2006 abgewiesen. Der Sprecher des Justizministeriums lügt weiter mit der Wahrheit,
wenn er sagt, dass es Rechtschutz nicht in jedem beliebigen Land gebe (ebenda).
Denn für Opfer von NS-Verbrechen wie aus Distomo wurden rechtliche Ansprüche
wegen Kriegsverbrechen eben in Italien gewährt, die ihnen in Deutschland verwehrt bleiben.
Der Gesandte und stellvertretende Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Griechenland,
Herr Guy Feaux de la Croix, wird nach Aussage der Athener Botschaft am Dienstag an der
Gedenkfeier in Distomo teilnehmen. Krokodilstränen, Kranzabwürfe und inhaltsleeres
Gerede über ”Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” sollte sich die
rechtskräftig verurteilte deutsche Regierung sparen. Wir erwarten, dass ein
Vertreter der deutschen Regierung am 10. Juni 2008 in Distomo öffentlich die
Urteile des Kassationshofs im vollen Umfang anerkennt und sich für die aktuelle Beleidigung
und jahrzehntelange Herabwürdigung der Opfer von Distomo entschuldigt.
Außerdem entschied der Kassationshof, dass auch die deportierten italienischen
Soldaten (meist als Italienische Militärinternierte kurz IMI bezeichnet) wegen
NS-Zwangsarbeit durch die Bundesrepublik Deutschland entschädigt werden müssen.
Diese waren von Deutschland von Zahlungen aus dem Fonds ”Erinnerung, Verantwortung,
Zukunft” ausgeschlossen worden.
Hamburg, den 8. Juni 2008
Arbeitskreis Distomo
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