Die deutsche Bundeskanzlerin und der italienische Ministerpräsident wollen heute
erklären, wie die jüngsten rechtskräftigen Urteile des italienischen
Kassationshofs noch ausgehebelt werden können. Gemeinsam plant man, den Internationalen
Gerichtshof in Den Haag dafür zu missbrauchen, Ansprüche der Opfer von
NS-Verbrechen zu hintertreiben.
Seit Jahrzehnten verweigern bundesdeutsche Regierungen den Opfern von NS-Verbrechen
in ehemals von Nazi-Deutschland besetzten Ländern Entschädigungsleistungen.
Entgegen der Propaganda aus Berlin hat die Bundesrepublik die Opfer von
NS-Kriegsverbrechen in Griechenland und Italien bis heute nicht entschädigt.
Zahlungen gemäß sogenannten Globalabkommen in den 60er Jahren waren explizit nur
für politisch, religiös oder rassisch verfolgte Menschen gedacht, nicht aber
für die Opfer von Massakern.
Die deutsche Regierung bekämpft mit allen Mitteln die Ansprüche von NS-Opfern auf
Entschädigungsleistungen. Selbst höchstrichterliche Verurteilungen durch die
Obergerichte Italiens und Griechenlands wie zuletzt im Fall der Massaker von Civitella
(Italien) und zuvor Distomo (Griechenland) werden missachtet. Deutschland bricht vor aller
Öffentlichkeit internationales Recht und stellt sich selber als Opfer dar. Deutschland
kann sich nicht auf Staatenimmunität berufen, weil das Privileg der Immunität
für Verbrechen gegen die Menschheit, die Nazi-Deutschland begangen hat, nicht gilt. Dies
hat der Kassationshof in Rom unmissverständlich dargelegt. Hieran ist Deutschland
gebunden.
Bundeskanzlerin Merkel hat nun im italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi einen
Verbündeten gefunden, der Sorge hat, dass auch Italien zu Recht von Opfern
faschistischer Verbrechen in Anspruch genommen wird. Und so will man in Den Haag einen
Prozess inszenieren, der von vornherein eine Farce ist. Denn Deutschland könnte Italien
nur verklagen, wenn es Streit um die Auslegung des Völkerrechts gäbe, was aber
gerade nicht der Fall ist. Denn die italienische Regierung hat sich von Anfang an der
deutschen Rechtsauffassung angeschlossen.
Besonders perfide ist angesichts dessen die Inszenierung des Besuchs von
Bundesaußenminister Steinmeier in der KZ-Gedenkstätte Risiera die San Sabba.
Steinmeier erinnert in seiner Rede zu Recht an das Leid der etwa 600.000 italienischen
Militärinternierten, die in Nazi-Deutschland unter mörderischen Bedingungen
Zwangsarbeit leisten mussten. Dass den Überlebenden von deutscher Seite jegliche
Entschädigung verwehrt wurde, blendet er jedoch bewusst aus.
Während der eine Regierungsvertreter symbolisch der Opfer gedenkt, betreibt die andere
zeitgleich ihre Entrechtung. So funktioniert die Aufarbeitung des Nationalsozialismus durch
die Berliner Republik.
Der Arbeitskreis Distomo fordert, die Urteile des Kassationshofs in Rom anzuerkennen und die
berechtigten Forderungen griechischer und italienischer NS-Opfer endlich zu erfüllen.
Hamburg, den 18. November 2008
Arbeitskreis Distomo
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