Pressemitteilung vom 1. März 2014

Bundespräsident besucht Griechenland – Griechische Opfer fordern Entschädigung

Am 5. März 2014 wird Bundespräsident Gauck zum Staatsbesuch nach Griechenland reisen.

Dort wird er unter anderem das von deutschen Truppen zerstörte Dorf Lyngiades in der Region Epirus besuchen. Am 3. Oktober 1943 ermordeten Angehörige der 1. Gebirgsjägerdivision dort 82 Menschen, vor allem Frauen und Kinder. Lyngiades war eine von Hunderten Ortschaften, in denen Wehrmacht und SS während der deutschen Besatzung Griechenlands Massaker an der Zivilbevölkerung begingen.

Die Menschen aus den Orten deutscher Verbrechen in Griechenland erwarten und fordern, dass die deutsche Regierung endlich, nach mehr als 70 Jahren ihre Verantwortung anerkennt und die Opfer und die Hinterbliebenen der Ermordeten finanziell entschädigt. Doch im Gepäck wird der Bundespräsident vermutlich nicht viel mehr als Worte des Bedauerns haben. Bereits im italienischen Sant’Anna di Stazzema erklärte Gauck zur unterbliebenen strafrechtlichen Verfolgung der Mörder: "Es verletzt unser Empfinden für Gerechtigkeit tief, wenn Täter nicht überführt werden können, weil die Instrumente des Rechtsstaates dieses nun einmal nicht zulassen." Tatsächlich wurden 10 der Mörder vom italienischen Militärgericht La Spezia in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Allerdings hat keiner der Verurteilten die Haft angetreten.

Ähnliche Falschaussagen sind vom Präsidenten auch zur Frage der verweigerten Entschädigung zu erwarten.

Die jüdische Gemeinde Thessaloniki klagt seit langem gegen die Bundesrepublik auf Entschädigungsleistungen für die erlittenen Verbrechen durch die deutsche Besatzungsmacht und hat jüngst Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg erhoben. Bundespräsident Gauck erklärte in Sant’Anna di Stazzema: "...es gibt Schuld, auch wenn ein Gericht für diese Dimension von Schuld nicht zuständig ist." In Griechenland allerdings haben Gerichte Deutschland rechtskräftig verurteilt. Davon sollen wohlfeile Reden über Versöhnung ablenken.

Martin Klingner vom Arbeitskreis Distomo aus Hamburg erklärt: "Deutschland wurde im Fall des Massakers in Distomo von griechischen Gerichten bereits im Jahr 1997 rechtskräftig zur Zahlung einer Entschädigungssumme von ca. 28 Mio. Euro verurteilt. Bis heute verweigert Berlin die Anerkennung dieses Urteils und die Auszahlung der Summe an die Opfer. Dies stellt eine fortgesetzte Demütigung der Überlebenden und der Angehörigen der Ermordeten dar. Deutschland torpediert mit allen politischen und juristischen Mitteln die Verpflichtung zur Leistung von Entschädigungszahlungen. Dies gilt auch für alle anderen anhängigen Fälle. Der Arbeitskreis Distomo fordert die Entschädigung aller NS-Opfer durch die Bundesrepublik Deutschland. Dies muss die Konsequenz aus den Verbrechen des Nationalsozialismus sein."

AK Distomo, Hamburg, den 1.3.2014

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