Es hat sich so eingebürgert. Wenn deutsche Politiker heutzutage Griechenland besuchen, wird
pflichtschuldig auch der Opfer deutscher Verbrechen während der Besatzung gedacht. Doch mit
der gleichen Selbstverständlichkeit wird die Forderung nach Entschädigung für diese
Verbrechen zurück gewiesen. So ist es deutscher Brauch. Das Gedenken darf nichts kosten.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte während seines jüngsten Staatsbesuchs
vergangene Woche das ehemalige KZ Chaidari in einem Vorort von Athen. In diesem Lager waren während
der Zeit der Besatzung insgesamt etwa 20.000 Menschen interniert. Unterernährung, Zwangsarbeit,
Folter und Mord waren an der Tagesordnung. Von dort gingen die Transporte jüdischer Menschen nach
Auschwitz, wo die meisten von ihnen getötet wurden.
Steinmeier bat um Verzeihung für das was geschehen ist. Doch welchen Wert hat eine solche Geste
74 Jahre nach dem Ende der Besatzung? Die Täter all der Verbrechen an der griechischen Bevölkerung
leben nicht mehr, sie wurden von bundesdeutschen Gerichten nie zur Verantwortung gezogen. Sie durften ihre
Karrieren in der BRD fortführen und mit ihren Kameraden ihre ”Heldentaten” in Mittenwald,
Bad Reichenhall oder Marktheidenfeld feiern, gemeinsam mit der restlichen Bevölkerung.
Nur ein sehr kleiner Teil der Opfer erhielt von bundesdeutscher Seite finanzielle Leistungen, von
Entschädigungen zu sprechen verbietet sich angesichts der geringen Summen, die Anfang der 60er Jahre
an Griechenland gezahlt wurden. Und dennoch ist sich die deutsche Regierung nicht zu schade, immer wieder
zu erklären, dass damit alles abgegolten sei. Niemals hat eine griechische Regierung auf weitere
Forderungen verzichtet und doch setzt in den deutschen Medien sofort der Abwehrreflex ein, wenn griechische
Politiker wie zuletzt Ministerpräsident Tsipras das Thema Reparationen ansprechen. Ob Spiegel, Focus
oder Bild: Wie Pawlowsche Hunde reproduzieren und befördern sie die Abwehrhaltung der deutschen
Mehrheitsgesellschaft.
Im Fall Distomo, einer mittelgriechischen Ortschaft, in der deutsche Soldaten am 10. Juni 1944 ein
Massaker an der Bevölkerung anrichteten und 218 Menschen ermordeten, steht fest: Deutschland wurde
1997 vor griechischen Gerichten rechtskräftig zu einer Entschädigungszahlung von ca. 28 Mio.
Euro verurteilt. Doch Deutschland zahlt bis heute nicht.
Hierfür ist federführend Frank-Walter Steinmeier verantwortlich, er war und ist einer der
wichtigsten Protagonisten der Entschädigungsabwehr. Als deutscher Außenminister organisierte
er die juristische, diplomatische und propagandistische Abwehr aller Entschädigungsforderungen. Seine
jetzige Reise nach Griechenland diente auch dazu, trojanische Pferde ins Land zu schaffen. Die
Installation eines deutsch-griechischen Jugendwerks ist eines der deutschen Projekte, die nur
ein Ziel haben: Die griechische Entschädigungs- und Reparationsforderungen zu schwächen.
Die griechischen Forderungen nach Entschädigung, Reparationen und Rückzahlung der vom Deutschen
Reich abgepressten Zwangsanleihe sind berechtigt, nicht nur moralisch, sondern auch juristisch. Dass
Deutschland sich weigert, hierüber auch nur zu verhandeln, zeigt, was die offizielle deutsche Erinnerungs-
und Gedenkpolitik tatsächlich wert ist, nämlich nichts. Deutschland entzieht sich der Verantwortung
für die Verbrechen Nazideutschlands. Anstatt die Opfer dieser Verbrechen zu entschädigen, wird
die Bundeswehr weiter aufgerüstet und die nächsten Kriege vorbereitet.
Wir fordern weiterhin die sofortige Entschädigung aller NS-Opfer!
Deutschland muss endlich seine Schulden bezahlen!
AK-Distomo
Hamburg, den 16. Oktober 2018
Kontakt: Martin Klingner 0162 169 86 56
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