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:: Antisemitische Symbolik ::

31.01.2007, 12:11, Dokumentation eines indymedia-Beitrags

GlobalisierungskritikerInnen verwenden gern Symbole. Seien es dreidimensionale Figuren an Demos und Aktionen oder Metaphern in Texten. Doch viele dieser Symbole sind problematisch: Sie haben einen antisemitischen Hintergrund. Vielen AktivistInnen ist das nicht bewusst. Mit diesem Text wollen wir das Bewusstsein für antisemitische Bilder und Metaphern schärfen.


Die Grundlage des „modernen Antisemitismus“ bildet der christliche Antijudaismus, die religiös begründete Judenfeindschaft. Kaum ein Antisemit, selbst wenn er antichristlich ist, verzichtet auf den Gebrauch derartiger antijüdischer Klischees. In diesen Bildern und Metaphern erscheinen Jüdinnen und Juden als dämonische Kreaturen mit krummen Beinen und Hakennase, als Schweine und andere Tiere. Sie vergiften Brunnen und trinken das Blut kleiner Kinder. Diese Bilder leben in heutigen antisemitischen Darstellungen weiter. Im 19. Jahrhundert entstand der moderne, „verwissenschaftlichte“ Antisemitismus, der die Grundlage für die Rassenpolitik der Nazis bildete.

Beispiele für problematische Symbole

Tiervergleiche/Entmenschlichung
Ob Zecke oder Ratte – GegnerInnen und Minderheiten als Tiere darzustellen, war und ist nicht nur bei den Nazis eine beliebte Strategie. Entmenschlichung von Menschengruppen soll ein brutales Vorgehen gegen diese rechtfertigen. Vorsicht auch mit
(Kapitalisten-)Schweinen: Die „Judensau“ ist ein altes antisemitisches Symbol in verschiedenen Kulturen.

Parasiten, Krankheiten, Blutsauger
„Sie saugen unser Blut und übertragen Krankheiten“, stand vor vier Jahren auf einem Anti-WEF-Transparent. Das sind typische Nazi-Metaphern. Die Nazis bezeichneten Jüdinnen und Juden als „Parasiten am arischen Volkskörper“. Die problematischen Parasitenmetaphern sind heute auf „beiden Seiten“ beliebt: zur Diffamierung von Erwerbslosen, IV-BezügerInnen usw., aber auch gegen (oft ausländische) „Abzockerfirmen“ und „Finanzhaie“, die einheimische Firmen aufkaufen und anständige Erwerbstätige aussaugen (siehe auch „Das böse Finanzkapital“)

Mittelalterlichen Ursprungs ist die Darstellung von Jüdinnen und Juden als Blutsauger und Vampire. Sie geht auf Schauermärchen zurück, denen zufolge Juden am Pessach-Fest das Blut christlicher Kinder zu rituellen Zwecken konsumierten. Dieses Motiv taucht noch heute in Karikaturen auf, in denen beispielsweise der ehemalige israelische Premierminister Ariel Sharon das Blut palästinensischer Kinder trinkt. Und israelische Soldaten werden auffallend oft als Kindermörder dargestellt.

Verschwörungstheorien
Wenn an allem Übel dieser Welt ein paar mächtige Männer (seltener Frauen) schuld sein sollen, ist das nicht nur arg vereinfacht, sondern gerät oft auch in gefährliche Nähe der Theorien von der „jüdischen Weltverschwörung“. Schon im Mittelalter gab es Anschuldigungen, die Juden seien u.a. für die Pest verantwortlich. Im 19. Jahrhundert bastelten rechte Kreise eine Neuauflage: Die Juden hätten Pläne, die Weltherrschaft an sich zu reissen. Als Beweis sollten die „Protokolle der Weisen von Zion“ dienen, die wahrscheinlich von der zaristischen Geheimpolizei im 19. Jahrhundert geschrieben wurden.

Eine Kapitalismuskritik, die sich darauf beschränkt, mit dem Finger auf „die da oben“ zu zeigen, lässt die Strukturen unangetastet. Der Kapitalismus durchdringt alle Bereiche unseres Lebens, und wir alle tragen zu seinem Fortbestehen bei. Natürlich dürfen Mächtige kritisiert und denunziert werden. Aber der Kapitalismus ist ein System, keine Person.

Das böse Finanzkapital …
… ist an allem schuld. Es treibt die ehrlichen Unternehmer und anständigen Schweizer Angestellten in den Ruin. Diese Aufteilung in gutes, einheimisches, produktives Kapital und internationales, „heimatloses“ Finanzkapital ist das zentrale Merkmal für eine verkürzte Kapitalismuskritik, die auch Rechtsextreme unterschreiben können (Nazis und Gesinnungsgesellen sprachen von „schaffendem“ und „raffendem“ Kapital). Diese Argumentationen sind heute in globalisierungskritischen Kreisen sehr beliebt, obwohl sie ökonomisch nicht haltbar sind: Produktion und Finanzsektor sind im Kapitalismus nicht zu trennen.
Der Finanzsektor wird dabei offen oder unterschwellig mit dem Judentum gleichgesetzt. Früher waren viele Juden in Europa im Finanzsektor tätig, weil die christliche Mehrheit ihnen andere Berufe verbot. Der Handel mit Geld galt schon im Mittelalter als anrüchig und als ein Gegensatz zur „ehrlichen“ Arbeit.
Genau wie heute.

Zylinder, Zigarre und Nase
Im 19. Jahrhundert wurde der „dekadente Aufsteigerjude“ mit Zylinder, Zigarre und Gehrock als moderner säkularisierter Bürger und Kapitalist dargestellt. Durch seine angebliche Heimatlosigkeit ist er (noch) verantwortungsloser, dekadenter und ausbeuterischer als der christliche Kapitalist. Noch heute wird der Kapitalist gerne so dargestellt, obwohl heutige Kapitalisten ganz anders aussehen. Hält er dann noch im Hintergrund die Fäden in der Hand, spielt mit der Weltkugel oder hat eine etwas grössere Nase, sind die Parallelen zu antisemitischen Klischees offensichtlich.

Israel als Nazi-Staat
Ein weiteres antisemitisches Bild ist die Gleichsetzung der israelischen Politik mit den Gräueltaten Nazi-Deutschlands. So werden israelische Politiker mit Hitler, der Davidstern mit dem Hakenkreuz oder der Zionismus mit dem Nationalsozialismus verglichen. Diese Gleichsetzung verharmlost die Verbrechen der Nazis. Und sie vertuscht, dass der Antisemitismus in Europa und die Nazi-Verbrechen ein zentraler Faktor für die Gründung Israels war.

Quelle: http://www.indymedia.ch/de/2007/01/46043.shtml?c=on79411#comments


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