Quelle: AZW Nummer 04, erschienen am 22.06.1995 | |
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Stolz wird auf die großzügige und "moderne Ausstattung an Personal, Fahrzeugen und Gerät bei sparsamster Wirtschaftsführung" hingewiesen. Seit 1974 steht Landrat Maus dem DRK- Kreisverband vor, eine Ämterverknüpfung, die für die Expansion des DRK-Kreisverbandes in den letzten Jahrzehnten sicher nicht von Nachteil war, bezieht dieser "Konzern der Menschlichkeit" doch einen guten Teil seiner Einkünfte aus sogenannten Pflichtleistungen der Kommunen, der Länder und des Bundes. Der "Kostenersatz" durch Sozialleistungsträger, d.h. Krankenkassen oder auch Arbeitsämter ist eine weitere wesentliche Einnahmequelle. Spenden spielen hingegen nur eine untergeordnete Rolle.
Bei der Ausweitung seiner Aktivitäten und der Eroberung neuer "Märkte" und Einnahmequellen ist das DRK nicht zimperlich. Neben zahlreichen Krankenwagen, die mit dem Signet des Roten Kreuzes durchs Land fahren, Dienstleistungen wie Essen auf Rädern und dem Mobilen Sozialen Hilfsdienst, hat das DRK seit dem Inkrafttreten des Asylbewerberleistungsgesetzes die Aufgabe übernommen, die Flüchtlinge, die im Landkreis Konstanz leben mit Kleidern und Schuhen zu versorgen. Der DRK-Kreisverband stellt hierfür seine Kleiderkammern zu Verfügung, die ansonsten armen Menschen im Landkreis zur Verfügung stehen, damit diese sich zusätzlich zu ihrer Sozialhilfe mit weiterer Kleidung und Schuhen eindecken können.
Von Anfang an gab es Klagen der Flüchtlinge, daß sie in den Kleiderkammern nicht das finden, was sie benötigen. Für fehlende Kleidung wurde ihnen weder Geld noch Gutscheine zur Verfügung gestellt. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert. Eine Mitarbeiterin des Arbeitskreis Asyl besuchte kürzlich die Kleiderkammer des DRK in der Steinstraße. In einem Brief an Armin Lauinger, den DRK- Geschäftsführer führt sie hierzu aus: "Ein kurzer Rundgang durch die Kleiderkammer des DRK in der Steinstraße ergab, daß die Klagen (der Flüchtlinge woi) mehr als berechtigt sind, es gibt absolut nichts, womit ca 600 Flüchtlinge (150 Flüchtlinge aus dem Sammellager kommen jetzt noch hinzu), ihren Bekleidungsbedarf nach dem Asylbewerberleistungsgesetz decken könnten. Wer einmal dort war, nachdem er sich vorher einen Berechtigungsschein vom Landratsamt geholte hat, geht nie wieder hin, da es die absoute Ausnahme ist, wenn man dort etwas Passendes findet. Zu groß oder zu klein ist der sehr kleine Vorrat an neuer Unterwäsche und Schuhen und ein paar Pullovern, alles 3. Wahl. Wobei die oft mit großen Fehlern behafteten neuen Sachen gar nicht beanstandet werden, wenn sie nur in ausreichendem Umfang in allen gängigen Größen vorhanden wären.
Bei den gebrauchten Sachen hängen ein paar ganz ordentliche Sakkos und Röcke, die weniger gefragt sind, Hosen dagegen gibt es nicht, abgesehen von den 3 oder 4 Jeans in einer überdimensionalen Größe. Was sonst in den wenigen sehr unübersichtlichen Regalen liegt, entspricht z. T. Ihrem vor einem halben Jahr dem Südkurier gegenüber beklagten Müll, den wir Deutschen angeblich inzwischen in die Sammelsäcke tun."
Sie fährt fort: "Ich denke, dies kann nicht im Sinne des DRK sein, wenn es sich dafür hergibt unter ihrer Leitung, so etwas den Flüchtlingen zu bieten, wobei ich diesen Mangel auch für die Gruppe der Aussiedler, Obdachlosen etc. bedaure, obwohl diese normale Sozialhilfe und Kleidergeld bekommen, also höchstens zusätzlich darauf angewiesen sind. Das Landratsamt verwaltet die Gelder für die zugesagten Anschaffungen für Flüchtlingsbekleidung, hier wird kräftig gespart, zum Nachteil der Flüchtlinge, die sich nicht wehren können, sehr viel Leid und nun auch noch diese unwürdige Behandlung hinnehmen müssen, eine bittere Erfahrung, von der viele Bürgerkriegsflüchtlinge betroffen sind, die wie jeder weiß, nicht in ihre Heimat zurückkehren können. Hier wird eine Politik umgesetzt, die immer noch meint, daß man Wählerstimmen gewinnt, wenn "Rechtsaußen" nur kräftig bedient wird.
Das DRK hat einen anderen Anspruch, so denke ich, es sollte sich nicht vor diesen Karren spannen lassen, hier muß sich grundlegend etwas ändern. Denken Sie bitte auch an die vielen betroffenen Kinder, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes dann in Schule und Kindergarten ausgegrenzt werden, eine sehr negative Erfahrung für ihr ganzes Leben."
Daß das Rote Kreuz in der Person des Herrn Lauinger oder seines Chefs Landrat Maus aufgrund dieses Briefes Einsicht zeigen und in Zukunft ihre Kleiderkammern nur noch als zusätzliches Angebot für die Flüchtlingsversorgung zur Verfügung stellen ist nicht zu erwarten. Der Landrat sieht die Ursache des Widerstands der Flüchtlinge gegen die Sachleistungen vielmehr in der Agitation des Arbeitskreises Asyl, die den "Asylbewerbern solche übertriebenen und unangemessenen Ideen" eintrichtern. Er bezieht sich hierbei auf einen offenen Brief des Arbeitskreises, in dem dieser das Verfahren der Kleiderversorgung als entwürdigend für die Flüchtlinge bezeichnet hatte. Auch den Vorwurf, das Landratsamt würde die Abschreckung weiterer Asylbewerber und die Vertreibung der bereits hier lebenden Flüchtlinge unterstützen, weist er "in aller Schärfe zurück". "Es ist eine infame Beleidigung unserer ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, eine solche Einstellung zu unterstellen." Dies war allerdings gar nicht diesen unterstellt worden, sondern dem Landrat, der seit Jahren auf politischer Ebene an der Ausgrenzung der Flüchtlinge arbeitet - sowohl durch sein massives Eintreten für die Beseitigung des Grundrechtes auf Asyl als auch durch seine politische Unterstützung ihrer Ausgrenzung aus der regulären Sozialhilfe. Auch dem Vorwurf, daß durch die Zusammenarbeit des DRK mit dem Landratsamt dessen Unabhängigkeit als Wohlfahrtsverband stark in Frage gestellt sei, kann Maus nicht folgen. Das DRK "stellt sich viel mehr aus humanitären Grunden in den Dienst der Betreuung der Asylbewerber und ist überzeugt, damit in hervorragender Weise der Integration und der menschwürdigen Behandlung ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger zu dienen." Bei soviel guten Gewissen ist jedes Warten auf Einsicht vergebens. Und daß dem Roten Kreuz aufgrund der beschissenen Behandlung der Flüchtlinge seine Mitglieder weglaufen ist leider auch nicht zu erwarten, so angepaßt und treu ergeben sich dieser Laden und seine Gefolgschaft sich seit seiner Existenz gezeigt hat.
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