linksrhein Quelle: AZW Nummer 07, erschienen am 03.08.1995
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AZW

Great Lakes

Konzern will Stadt unter Druck setzen

Die Firma Great Lakes, die als Nachfolgerin von Degussa in der Konstanzer Reichenauerstraße chemische Produkte fertigen läßt, hat offenbar vor, die Stadt Konstanz zu erpressen. Hintergrund dieses von Great Lakes- Betriebsleiter Grobholz via Lokalpresse öffentlich angekündigten Erpressungsmanövers ist das Inkrafttreten neuer Abwässervorschriften in Baden-Württemberg. Diese Vorschriften machen es notwendig, daß unter anderen die Firma Great Lakes ihr System der Abwasserentsorgung den neuen Bedingungen anpaßt.. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang: der Staat erläßt Gesetze und Verordnungen, an die sich alle zu halten haben. Wer ihnen zuwiderhandelt, wird bestraft. Nun wird dieses Recht des Staates bekanntlich mit der Wahrung der Interessen der "Allgemeinheit" begründet, eine Floskel, hinter der sich häufig die wirklichen Nutznießer staatlicher Maßnahmen verstecken können. Im vorliegenden Fall jedoch trifft diese Aussage ausnahmsweise einmal zu: geht es doch allgemein gesprochen um Belange des Umweltschutzes, genauer um die Verbesserung der Qualität des Trinkwasserspeichers Bodensee.
Im Fall von Great Lakes und der neuen Verordnung heißt das konkret: da die Firma verantwortlich zeichnet für die Einleitung von belastetem Abwasser in den Bodensee, verlangt die neue Verordnung von ihr, daß sie als Verursacher dieser Verschmutzung für Abhilfe sorgt. Was jedoch für jeden beliebigen Privatmenschen als selbstverständlich vorausgesetzt wird, soll für das Unternehmen Great Lakes nicht gelten. Die Firmenspitze will sich nämlich die Rechnung für die notwendigen Investitionsmaßnahmen von der Stadt oder vom Land, sprich aus Steuergeldern, zahlen lassen.

Um dieser Forderung auch den nötigen Nachdruck zu verleihen, wird der Arbeitsplätze-Knüppel geschwungen. Betriebsleiter Grobholz erklärte gegenüber der AZW schlankweg: Die neue Abwasserentsorgungsanlage koste nach Aussage von Grobholz zwischen einer halben und einer Millionen Mark. Verlange man von Great Lakes, für diese Kosten aufzukommen, sehe sich die Firmenleitung gezwungen, die Produktion in eine andere Stadt zu verlagern (wo noch verschmutzt werden darf), den Standort Konstanz aufzugeben, und damit 170 Beschäftigte auf die Straße zu setzen. Eine im Land der sozialen Markwirtschaft nur allzubekanntes Vorgehen von Konzern- und Firmenleitungen, um Unkosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen.

Obwohl eine gesetzliche Handhabe gegen solcherlei Erpressungsmanöver nach wie vor fehlt, sollten sich Gemeinderat und Stadt der Great Lakes- Firmenleitung nicht beugen. Immerhin besteht die Möglichkeit, das Unternehmen durch die Mobilisierung öffentlichen Drucks eines besseren zu belehren. In diese Richtung muß auch die Gewerkschaft aktiv werden, da sonst die von Entlassung bedrohten Beschäftigten unfreiwillig in die Rolle gedrängt werden, für die Aufrechterhaltung der Umweltverschmutzung eintreten zu müssen, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.

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linksrhein,cm, 29.5.00