Quelle: AZW Nummer 07, erschienen am 03.08.1995 | |
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Gut drei Wochen nachdem im Juli mehrere AsylbewerberInnen in der Staatlichen Sammelunterkunft Konstanz einen Antrag auf Geldleistungen entsprechend den Leistungen des BSHG gestellt hatten, ordnete das Regierungspräsidium Freiburg kurzfristig ihre Verlegung in kommunale Unterkünfte in Baden Württemberg an. Mit dieser Maßnahme wollte das Regierungspräsidium offensichtlich einer gerichtlichen Klärung zuvorkommen, daß auch Flüchtlingen in Sammelunterkünften, deren Asylverfahren seit mehr als einem Jahr läuft, Geld- statt Sachleistungen zustehen. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe bestätigte am 5. Mai dieses Jahres diesen Anspruch in einem gleichgelagerten Fall. In seinem Urteil stellt das Gericht fest: "Die Versagung der Hilfe in Form der Geldleistungen durch den Antragsgegner gemäß der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 26.9.94 ist rechtswidrig, da sie gegen den Wortlaut der einschlägigen Gesetze und die Intention des Asylbewerberleitsungsgesetzes verstößt." Dieser Entscheid steht dem Konzept entgegen, in Sammelunterkünften den "Abschreckungscharakter" - und dazu gehören die Eßpakete - über die gesamte Dauer des Asylverfahrens aufrechtzuerhalten.
Gegen die Verlegungen, die auch in anderen Sammelunterkünften des Regierungsbezirks stattfanden, können sich die Flüchtlinge nicht wehren. Das Regierungspräsidium bestimmt allein willkürlich den Ort ihrer Unterbringung. Die überraschende Verlegung wurde von vielen Flüchtlingen als Bestrafung dafür empfunden, daß sie Geldleistung beantragt haben. In den neuen Unterkünften erhalten sie zwar jetzt Geld - mühsam geknüpfte soziale Kontakte in Konstanz mußten sie jedoch abbrechen, ihre Kinder wurden aus den Schulen gerissen und die Anfahrtswege zu ihren Konstanzer Anwälten sind nun weit und teuer.
Der Arbeitskreis Asyl wendet sich prinzipiell nicht gegen die kommunale Zuweisung von Flüchtlingen in menschenwürdige Unterkünfte. Das haben wir immer gefordert. Die ursprünglich nur für eine kurzfristige Unterbringung vorgesehenen Sammellager sind aus unserer Sicht ungeeignet, Flüchtlinge über längeren Zeitraum menschenwürdig unterzubringen.
Aber wir können die Entscheidung des Regierungspräsidiums, sämtliche AntragstellerInnen auf Geldleistungen in Unterkünfte zu verlegen, nur als Versuch interpretieren, die Klärung der Rechtsansprüche der länger als ein Jahr in der Staatlichen Sammelunterkunft lebenden Flüchtlinge zu unterbinden. Ziel ist es auch, die Flüchtlinge einzuschüchtern und von der Einforderung ihres Rechts auf Geldleistungen abzuhalten.
AK Asyl Konstanz
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