Agenturschluss!
"Arbeitsagenturen" am 3. Januar lahm legen!
Wenn am 1. Januar 2005 die neuen Hartz-Gesetze in Kraft treten sollten, rufen wir dazu auf, die „Arbeitsagenturen“ und „Personal Service Agenturen“ (PSA) bundesweit zu schließen. Am ersten Werktag des neuen Jahres, am Montag dem 3. Januar 2005, werden wir den Start von „Hartz IV“ in Nürnberg nicht ungestört hinnehmen. Bundesweit wird in Form von Besetzungen, Blockaden oder Versammlungen in den Ablauf der Erwerbslosenbürokratie eingegriffen werden. Wir weisen das gesellschaftliche Elend, das uns jetzt versprochen wird, zurück. Es sind schon andere Gesetze wieder gekippt worden. Erinnern wir uns an die erfolgreichen Proteste gegen die Einführung einer Kopf-Steuer („polltax“) in England Anfang der 90er Jahre. Die massenhafte Aufkündigung des „sozialen Friedens“ brachte das Gesetzesvorhaben seinerzeit zu Fall.
Das Ende der Bescheidenheit!
Die steigende Erwerbslosigkeit in der BRD ist das Resultat einer Wirtschaftsordnung das nicht unangenehme Arbeiten überflüssig macht, sondern Menschen. Im Kapitalismus ist das Ziel eines jeden Unternehmens so produktiv wie möglich zu wirtschaften. Diejenigen, die am produktivsten sind, erwirtschaften am meisten Profit und Konkurrenzvorteile. Mit modernen Maschinen und wenigen, schlecht bezahlten ArbeiterInnen und lässt es sich am billigsten produzieren. Andere Unternehmen, die mehr ArbeiterInnen und evtl. zu besseren Bedingungen, beschäftigen, können dem Konkurrenzdruck nicht standhalten und so werden auch hier schlechtere Arbeitsverhältnissen und Kündigungen durchgesetzt. Es liegt also in der Logik des Kapitalismus so wenig Leute wie möglich und diese so billig wie möglich zu beschäftigen. Mit steigender Erwerbslosigkeit wird eine „Reservearmee“ an ArbeiterInnen geschaffen, die jederzeit zu den übelsten Bedingungen abberufen werden kann. Das bedeutet Druck auf alle, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen: Die Drohung der Arbeitslosigkeit verbunden mit der Unsicherheit, die eigene Existenz nicht mehr finanzieren zu können, führen zu dem Versuch der Unternehmen die Arbeitszeit zu erhöhen, die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern und Löhne zu senken.
Es liegt im Interesse der Industrie und Unternehmensverbänden Erwerbslosigkeit und Armut zu produzieren, um ihre eigenen Profitinteressen durchsetzen zu können. Während Wenige immer reicher werden, bleibt für immer mehr Menschen immer weniger bis nichts zum Leben. Eine Überwindung von Massenarbeitslosigkeit und Armut gibt es im Kapitalismus nicht - es sind seine Markenzeichen. Doch wenn es uns tatsächlich schlechter gehen soll, damit es der Wirtschaft besser geht, kann es für uns nur eines geben: Die Verhältnisse und ein unvernünftiges Wirtschaftssystem zum Kippen bringen! Und dafür gilt es zu kämpfen! Es liegt an uns und jeder/m Einzelnen, denn geschenkt bekommen wir nichts! Appelle an die Verantwortung und Moral der Unternehmen oder den Staat gehen ins Leere, denn die Gegenseite vertritt ihre Interessen und ist deutlich besser organisiert als wir.
Scheißstaat!
Mit Hartz IV zeigt sich auch die Aufgabe des Staates im Kapitalismus sehr deutlich: ihm kommt vor allem die Rolle zu „optimale“ Bedingungen für die Ausbeutung der Arbeitskraft zu schaffen. Dazu gehört auch die Herstellung einer entsprechenden „Arbeitsmoral“. Das bedeutet heute u.a.: flexibel, mobil und anspruchslos. Wer nicht bereit oder in der Lage dazu ist, zu jeder Zeit, an jedem Ort zu jeden Bedingungen zu arbeiten, wird auf dem Arbeitsmarkt ebenso überflüssig wie diejenigen, die erst gar keinen Job bekommen. Und wer Überflüssig ist, wird aus Sicht von Staat und Wirtschaft ein unzumutbarer Kostenfaktor. Das bedeutet Entrechtung, Verunsicherung und Verarmung der Erwerbslosen!
So erklärt sich auch die Aufgabe der „Agenturen für Arbeit“ und der „Personal-Service-Agenturen“: Sie sind Agenturen der Kontrolle und der Ausübung von Zwang gegenüber ihren erwerbslosen „KundInnen “. Die Agenturen haben schlicht nichts zu verteilen. Ihre Aufgabe verlagert sich mit Hartz IV von Vermittlung und Qualifizierung hin zu Verfolgungsbetreuung und die Rolle einer disziplinierenden Arbeitspolizei. Deshalb wollen wir dafür sorgen, dass der Betrieb in den Arbeitsagenturen nicht ungestört aufgenommen werden kann, wenn sie das erste Mal unter den Bedingungen von Hartz IV geöffnet werden.
Was konkret am 3. Januar 2005 in den „Arbeitsagenturen“ und „PSAs“ passieren wird, ist abhängig von den Menschen vor Ort, von ihrem Zorn und von dem, was sie sich zutrauen. Unser Ziel ist es, uns in den Ämtern zu versammeln, den Betrieb lahm zu legen und dort zu protestieren. Unser Protest richtet sich dabei nicht gegen diejenigen Beschäftigten der Arbeitsagentur, die sich ebenfalls dagegen wehren, dass Menschen derart entwürdigend behandelt werden sollen. Wir hoffen auf gegenseitige Solidarität, denn die Hartz-Gesetze bleiben bedeutungsloses Papier wenn sie nicht umgesetzt werden und dies geschieht vor allem in den Arbeitsagenturen. Auch die Beschäftigten der Arbeitsagentur müssen nicht jede Grippe mit Antibiotika bekämpfen, sondern könnten sich mal ein paar Tage ins Bett legen und auskurieren.
Alles für Alle!
Also, Schluss mit dem Verzicht und Schluss mit dem sozialen Frieden. Schluss mit dem zahmen Protest, denn eines ist klar: Unser Widerstand wird nur dann erfolgreich sein, wenn Staat und Kapital ihn wirklich zu spüren bekommen. Egal ob es darum geht, die über die Jahrzehnte erkämpften Rechte zu verteidigen, unsere Lebensbedingungen zu verbessern oder in die Offensive zu gehen bis hin zum Kampf um das, was uns wirklich zusteht: der gesellschaftlich produzierte Reichtum für alle und die Produktionsmittel in die Hände aller und das überall! Ganz einfach: Alles für Alle!
Nur mit der Abschaffung des Kapitalismus wird es ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung geben und nicht in seiner wie auch immer ausgestalteten Sozialverträglichkeit, die die grundsätzlichen Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft unberührt lassen. Und das heisst die Auflösung des Widerspruchs von Lohnarbeit und Kapital, die Abschaffung der Lohnarbeit und die Überwindung der Klassengesellschaft.
Wir fragen uns schon längst, was daran schlecht sein soll, wenn die Häuser, Fabriken, Dienstleitungsbetriebe, Land und natürliche Ressourcen, einfach alles, in den Händen aller, also vergesellschaftet ist. Was soll schlecht sein an einer klassenlosen Gesellschaft, die allen gesellschaftlich produzierten Reichtum gleichmäßig verteilt, in der sich das wie und was produziert wird an den Bedürfnissen aller orientiert, alles von unten nach oben, von der Basis her aufgebaut, organisiert und selbstverwaltet wird.
Schließen wir uns zusammen und kämpfen gemeinsam für unsere Rechte und das was uns zusteht!
Her mit dem schönen Leben! Wir haben mehr vom Leben als von der Arbeit!
Für die Überwindung kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung - weltweit!
Für die soziale Revolution - weltweit!
3.1.05, Nürnberg, Arbeitsamt, Richard-Wagner-Platz, U-Bahn Opernhaus
8-12 Uhr Kundgebung gegen Hartz4
10 Uhr Aktion Agenturschluss
organisierte autonomie (oa) nürnberg, dezember 2004
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