|
[studio F]
Jeden Sonntag sendet FSK auf 93.0 den ganzen Tag aus der Flora!
Immer wieder Sonntags Blumen für die Rote Flora. Live
aus dem Studio F.
Seit Erhalt der Vollfrequenz zu Beginn des Jahres 2001 sendet das
Freie Sender Kombinat (fsk) am hinzugewonnenen Sonntag live aus
den Räumen der Roten Flora, statt wie sonst aus dem Studio
am Schulterblatt.
Dazu einen Text aus zwei Texten zusammengesetzt, nämlich aus
dem Programmheft Transmitter vom Januar 2001:
"[...] Denn wer etwas so Schönes wie den Sonntag geschenkt
bekommen hat, möchte seine Freude mit anderen teilen und gibt
deshalb gerne weiter. Wir haben uns überlegt, dass wir auf
die etwas angestrengten Mienen der armen FloristInnen ein kleines
Lächeln zaubern wollen. Die Rote Flora könnte nämlich
in nächster Zeit in unschöne Auseinandersetzungen verwickelt
werden als Spielball zwischen repressiver Toleranz und intoleranter
Repression (Stichwort: Wahlkampf 2001!) ohne darauf die geringste
Lust zu haben. Und damit die Laune dabei nicht ganz in den muffigen
Keller sinkt, wird das Freie Sender Kombinat ab sofort sein Studio
F im lichtdurchfluteten Obergeschoss der Flora einrichten und von
dort jeden Sonntag und vielleicht sogar häufiger senden."
DENN: "Es wird das bravste Radio nicht in Frieden senden,
wenn es der lieben Nachbarin an den Kragen geht...
Elf Jahre ist sie nun alt, die Rote Flora. Sie liegt in direkter
Nachbarschaft des Freien Sender Kombinats. Manchmal hat man den
Eindruck, mit der Flora und dem FSK verhalte es sich wie mit den
beiden Königskindern im Märchen: Einander in tiefer Liebe
zugetan, doch durch noch tiefere Wasser getrennt. Und während
wir in unserem Radio in der Sicherheit von Lizenz, Förderung
und Verträgen eingelullt senden, schwebte über dem Zentrum
nebenan stets der Polizeiknüppel. Dabei war man sich gegenseitig
nicht nur häufige Gastgeberin, sondern arbeitete auch inhaltlich
oft an den gleichen Themen. Bei Reisen im kulturellen Untergrund,
der Arbeit gegen den inneren Sicherheitswahn, rassistische Razzien,
Abschiebung oder einfach nur die alltägliche Katastrophe Kapitalismus,
das Radio und die Rote Flora waren sich oft näher, als es den
Anschein hatte.
Für uns ist die Geschichte der Roten Flora die Geschichte eines
linksradikalen Zentrums in einer Zeit, in der sich die Linke nach
1989 weitgehend in der Agonie befand. Die Rote Flora ist ein Ort
entfesselter Möglichkeiten aufgrund ihres bis heute
nicht legalisierten Status ein Ort größerer Möglichkeiten
kulturellen und politischen Handelns, als es ein (wenn auch freies
und nichtkommerzielles) Radio jemals sein kann. In der Vergangenheit
bewies die Rote Flora politisches Gespür für neuralgische
Punkte. Die Schaffung einer Baracke hinter dem Gebäude beispielsweise,
als minimaler Witterungsschutz für Junkies, provozierte bei
aller Harmlosigkeit doch die autoritäre Geste der Obrigkeit.
Als man seitens der Behörde die Contenance verlor und den Verschlag
mit dem Bulldozer einreißen ließ, signalisierte dieser
drogenpolitische Offenbarungseid deutlich die Bereitschaft, die
sozialen Probleme des Quartiers im Zweifelsfall auch durch unmittelbare
Gewalt lösen zu wollen. Leider wurde der inhaltliche Kurs der
Flora in der Vergangenheit nicht immer mit Wohlwollen seitens der
Nachbarschaft aufgenommen. Angesichts einer eskalierenden sozialen
Lage und der Begleiterscheinungen der offenen Drogenszene, wuchs
mit der Zeit die Staatsloyalität eines Viertels, dem bisher
ein eher renitenter Ruf anhing. Uniformierte und Zivilfahnder wurden
zunehmend nicht als Belästigung empfunden, sondern als Mittel
zur Eindämmung sozialer Probleme akzeptiert, die anders nicht
lösbar schienen. Mittlerweile gehören massive Polizeiaktivitäten
zum Alltag, wenn sie auch außer einem "subjektiven Sicherheitsgefühl
der BürgerInnen" einerseits und einer objektiven Bedrohung
v.a. für Menschen nichtdeutscher Herkunft andererseits nichts
bewirkten.
Die polizeiliche Gewaltorgie am ersten Mai
2000 im Schanzenviertel produzierte nicht nur mehrere Schwerverletzte,
die mehrstündige Umzingelung der Flora mit anschließender
Razzia riefen erneut den Anspruch der Staatsgewalt in Erinnerung,
keine Räume außerhalb ihrer Kontrolle zu dulden. In Folge
dessen wechselten sich Bildzeitung, Neonazis und Volksparteien damit
ab, gegen unsere Nachbarin mit der zunehmend lädierten Fassade
Front zu machen. Auch wenn es derzeit in den bürgerlichen Medien
ums Schanzenviertel wieder ruhiger geworden ist, eine Entspannung
der Situation ist nicht zu spüren. Eher im Gegenteil: Die neu
eingesetzte P(räsenz)-Schicht vom Polizeirevier in der Lerchenstraße
steht in direkter Tradition der Anfang der 90er für ihre Übergriffe
berüchtigten E-Schicht.
Und da nun auch das Gespenst des rechtsexzentrischen Richters Schill
auf der parteipolitischen Ebene herumspukt, steigt der symbolische
Wert der Roten Flora für das Hamburger Spießertum sicher.
Für den anstehenden Wahlkampf ist also das Schlimmste zu befürchten:
Die Flora soll, wenn nicht gleich geräumt werden, zumindest
an die Kette. In Zeiten, in denen Herrschaft den Menschen als "Vernunft"
verkleidet entgegentritt, haben "Runde Tische" und "Bürgerforen"
Konjunktur. Allerdings immer begleitet von repressiven Maßnahmen
im Falle des Unwillens der zu Integrierenden. Die seitens Kulturbehörde,
Handelskammer und IT-UnternehmerInnen der Roten Flora zugedachte
Rolle ist die eines Standortfaktors "authentische Subkultur".
Gar nicht so verschieden von der Funktion des Pop-Trüffelschweins
und ausgelagerten Volontariats für "richtiges Radio",
die Hamburg meint, sich mit FSK leisten zu können. Dieser Integration
über Zuckerbrot und Peitsche kann sich nur im Bewußtsein
ebendieser Widersprüche entzogen werden.
Die Rote Flora scheint nicht gewillt, die ihr zugedachte Rolle in
der Farce der bunten Kulturstadt Hamburg zu spielen. Doch Verweigerung
gegen die Toleranz der Herrschaft ruft in der Regel den unsanften
Kurs auf den Plan und die volle Sympathie und Solidarität
des Freien Sender Kombinats.
FSK unterstützt die Rote Flora. Für den Erhalt des linksradikalen
Zentrums senden wir jetzt immer Sonntags mit der Roten Flora und
aus der Roten Flora!
Möge sie bleiben wie die Liebe und der Kommunismus: rot und
unverträglich!
www.fsk-hh.org
|