autonomes besetztes kulturzentrum
  archiv der sozialen bewegung   foto
archiv
  druck
machen
  motorrad
werkstatt
  DUB
cafe
  cafe
niemandsland



Titel: Flora und FSK presents "studioF", EmpfängerIn wird zur SenderIn
Flora Monatsplakat, Februar 2001


 

[studio F]

Jeden Sonntag sendet FSK auf 93.0 den ganzen Tag aus der Flora!


Immer wieder Sonntags – Blumen für die Rote Flora. Live aus dem Studio F.

Seit Erhalt der Vollfrequenz zu Beginn des Jahres 2001 sendet das Freie Sender Kombinat (fsk) am hinzugewonnenen Sonntag live aus den Räumen der Roten Flora, statt wie sonst aus dem Studio am Schulterblatt.
Dazu einen Text aus zwei Texten zusammengesetzt, nämlich aus dem Programmheft Transmitter vom Januar 2001:
"[...] Denn wer etwas so Schönes wie den Sonntag geschenkt bekommen hat, möchte seine Freude mit anderen teilen und gibt deshalb gerne weiter. Wir haben uns überlegt, dass wir auf die etwas angestrengten Mienen der armen FloristInnen ein kleines Lächeln zaubern wollen. Die Rote Flora könnte nämlich in nächster Zeit in unschöne Auseinandersetzungen verwickelt werden – als Spielball zwischen repressiver Toleranz und intoleranter Repression (Stichwort: Wahlkampf 2001!) – ohne darauf die geringste Lust zu haben. Und damit die Laune dabei nicht ganz in den muffigen Keller sinkt, wird das Freie Sender Kombinat ab sofort sein Studio F im lichtdurchfluteten Obergeschoss der Flora einrichten und von dort jeden Sonntag und vielleicht sogar häufiger senden."


DENN: "Es wird das bravste Radio nicht in Frieden senden, wenn es der lieben Nachbarin an den Kragen geht...
Elf Jahre ist sie nun alt, die Rote Flora. Sie liegt in direkter Nachbarschaft des Freien Sender Kombinats. Manchmal hat man den Eindruck, mit der Flora und dem FSK verhalte es sich wie mit den beiden Königskindern im Märchen: Einander in tiefer Liebe zugetan, doch durch noch tiefere Wasser getrennt. Und während wir in unserem Radio in der Sicherheit von Lizenz, Förderung und Verträgen eingelullt senden, schwebte über dem Zentrum nebenan stets der Polizeiknüppel. Dabei war man sich gegenseitig nicht nur häufige Gastgeberin, sondern arbeitete auch inhaltlich oft an den gleichen Themen. Bei Reisen im kulturellen Untergrund, der Arbeit gegen den inneren Sicherheitswahn, rassistische Razzien, Abschiebung oder einfach nur die alltägliche Katastrophe Kapitalismus, das Radio und die Rote Flora waren sich oft näher, als es den Anschein hatte.


Für uns ist die Geschichte der Roten Flora die Geschichte eines linksradikalen Zentrums in einer Zeit, in der sich die Linke nach 1989 weitgehend in der Agonie befand. Die Rote Flora ist ein Ort entfesselter Möglichkeiten – aufgrund ihres bis heute nicht legalisierten Status ein Ort größerer Möglichkeiten kulturellen und politischen Handelns, als es ein (wenn auch freies und nichtkommerzielles) Radio jemals sein kann. In der Vergangenheit bewies die Rote Flora politisches Gespür für neuralgische Punkte. Die Schaffung einer Baracke hinter dem Gebäude beispielsweise, als minimaler Witterungsschutz für Junkies, provozierte bei aller Harmlosigkeit doch die autoritäre Geste der Obrigkeit. Als man seitens der Behörde die Contenance verlor und den Verschlag mit dem Bulldozer einreißen ließ, signalisierte dieser drogenpolitische Offenbarungseid deutlich die Bereitschaft, die sozialen Probleme des Quartiers im Zweifelsfall auch durch unmittelbare Gewalt lösen zu wollen. Leider wurde der inhaltliche Kurs der Flora in der Vergangenheit nicht immer mit Wohlwollen seitens der Nachbarschaft aufgenommen. Angesichts einer eskalierenden sozialen Lage und der Begleiterscheinungen der offenen Drogenszene, wuchs mit der Zeit die Staatsloyalität eines Viertels, dem bisher ein eher renitenter Ruf anhing. Uniformierte und Zivilfahnder wurden zunehmend nicht als Belästigung empfunden, sondern als Mittel zur Eindämmung sozialer Probleme akzeptiert, die anders nicht lösbar schienen. Mittlerweile gehören massive Polizeiaktivitäten zum Alltag, wenn sie auch außer einem "subjektiven Sicherheitsgefühl der BürgerInnen" einerseits und einer objektiven Bedrohung v.a. für Menschen nichtdeutscher Herkunft andererseits nichts bewirkten.


Die polizeiliche Gewaltorgie am ersten Mai 2000 im Schanzenviertel produzierte nicht nur mehrere Schwerverletzte, die mehrstündige Umzingelung der Flora mit anschließender Razzia riefen erneut den Anspruch der Staatsgewalt in Erinnerung, keine Räume außerhalb ihrer Kontrolle zu dulden. In Folge dessen wechselten sich Bildzeitung, Neonazis und Volksparteien damit ab, gegen unsere Nachbarin mit der zunehmend lädierten Fassade Front zu machen. Auch wenn es derzeit in den bürgerlichen Medien ums Schanzenviertel wieder ruhiger geworden ist, eine Entspannung der Situation ist nicht zu spüren. Eher im Gegenteil: Die neu eingesetzte P(räsenz)-Schicht vom Polizeirevier in der Lerchenstraße steht in direkter Tradition der Anfang der 90er für ihre Übergriffe berüchtigten E-Schicht.


Und da nun auch das Gespenst des rechtsexzentrischen Richters Schill auf der parteipolitischen Ebene herumspukt, steigt der symbolische Wert der Roten Flora für das Hamburger Spießertum sicher. Für den anstehenden Wahlkampf ist also das Schlimmste zu befürchten: Die Flora soll, wenn nicht gleich geräumt werden, zumindest an die Kette. In Zeiten, in denen Herrschaft den Menschen als "Vernunft" verkleidet entgegentritt, haben "Runde Tische" und "Bürgerforen" Konjunktur. Allerdings immer begleitet von repressiven Maßnahmen im Falle des Unwillens der zu Integrierenden. Die seitens Kulturbehörde, Handelskammer und IT-UnternehmerInnen der Roten Flora zugedachte Rolle ist die eines Standortfaktors "authentische Subkultur". Gar nicht so verschieden von der Funktion des Pop-Trüffelschweins und ausgelagerten Volontariats für "richtiges Radio", die Hamburg meint, sich mit FSK leisten zu können. Dieser Integration über Zuckerbrot und Peitsche kann sich nur im Bewußtsein ebendieser Widersprüche entzogen werden.
Die Rote Flora scheint nicht gewillt, die ihr zugedachte Rolle in der Farce der bunten Kulturstadt Hamburg zu spielen. Doch Verweigerung gegen die Toleranz der Herrschaft ruft in der Regel den unsanften Kurs auf den Plan – und die volle Sympathie und Solidarität des Freien Sender Kombinats.

FSK unterstützt die Rote Flora. Für den Erhalt des linksradikalen Zentrums senden wir jetzt immer Sonntags mit der Roten Flora und aus der Roten Flora!
Möge sie bleiben wie die Liebe und der Kommunismus: rot und unverträglich!


www.fsk-hh.org