Der Polizeieinsatz am Landesmuseum

Sani mit Verletzter nach Augentreffer

,,Am 31. Januar 1981 besammelten wir uns vor dem Landesmuseum (in Zürich, Anm.) und besprachen miteinander, was wir tun wollten. Plötzlich kamen die Wasserwerfer von der Walchebrücke und vom Bahnhofquartier. Die Polizei umzingelte uns, ich wurde nach hinten, rechts vom Eingang, an das Gebäude gedrückt. Wie ich nachher erfuhr, wollte vorne links einer aus der Umzingelung ausbrechen, daraufhin setzte die Polizei Tränengas ein; wir im Hintergrund konnten kaum mehr atmen, wir liefen deshalb nach vorn mit erhobenen Händen, was ein grosser Fehler war. Einer Frau, die die Hände vors Gesicht hielt, wurde ja dann ein Finger gebrochen von den Gummigeschossen. Mich traf ein Gummigeschoss ins linke Auge. Ich rannte blind nach vorn, ein Sanitäter und ein zufällig anwesender Arzt betreuten mich sofort. Ein Polizist funkte um einen Krankenwagen, und ich kam sehr rasch ins Spital." (1)

Was die damals 20-jährige Kathrin S. Monate später in einem Gespräch mit dem "Verein betroffener Eltern" berichtete, wurde am Abend des Polizeieinsatzes als einer der wenigen Beiträge über Polizeieinsätze unzensiert in den Fernsehnachrichten ausgestrahlt. Ein Kamerateam hatte den Vorfall gefilmt, ihr Bericht entfesselte einen kurzfristigen Sturm der Entrüstung über den Einsatz von Gummigeschossen.


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Kathrins Auge konnte nicht gerettet werden. Sie trägt heute eine Kontaktschale. Krankenkasse und Unfallversicherung weigerten sich, für die Krankenhauskosten und die Operation aufzukommen. Ein Einspruch hätte keinen Erfolg gehabt, weil die Versammlung am Landesmuseum nicht angemeldet war und Kathrin sich nach Auffassung der Versicherung auf eigene Gefahr dorthin begeben hatte. Verfahren gegen die Stadt Zürich wegen Körperverletzung und um Schadensersatz sind noch nicht abgeschlossen.

,, Wie es mir heute geht? Ich ermüde rascher als andere. Ich bin jetzt fast fertig mit der Ausbildung zur Krankenschwester. Bestimmte Arbeiten sind für mich ziemlich kompliziert, und wenn wir Schule haben, liegt zusätzliches Lesen oder gar Fernsehen nicht drin", meinte sie kürzlich in einem Gespräch mit den Herausgebern dieser Broschüre. ,,Ich trage ständig getönte Gläser, um das heile Auge zu schonen. Durch die Übermüdung nach Anstrengungen bin ich indirekt natürlich eingeschränkt. Schmerzen habe ich keine, aber die Ärzte halten sie später einmal für möglich.

Wie ich mit dem Verlust meines Auges fertiggeworden blind? Meine Umgebung hat mir nach dem Unfall viel geholfen, und es hat ja keinen Sinn zu denken, es wäre gescheiter gewesen, nicht an der Versammlung teilzunehmen. Nur bin ich jetzt sehr vorsichtig, wenn Polizeieinsätze drohen - dann bin ich nicht zu sehen."

Quelle:

  1. Dokumentation des "Verein betroffener Eltern", Dez. '81