PFA Schriftenreihe 3/87

ORR Dipl.-Psych. Hansjörg Trum, Polizeipräsidium München

Die Bewältigung von Gewalt bei Demonstrationen
auch eine Fragestellung für Sozialwissenschaftler in der Polizei?

1. Problemstand

Manche behaupten, das Demonstrationsgeschehen drohe zu verkommen und immer mehr zu einer Mischung aus Meinungsäusserung, Versammlung sowie gewalttätigen Aktionen zu entarten. In Einzelfällen habe man sogar den Eindruck, als wurden Demonstrationen nur noch der Aufhänger, der demokratische Mantel, für Gewalttätigkeiten sein.

Ich möchte mich solchen Behauptungen und Schlussfolgerungen ganz bewusst nicht anschliessen, weil sie den Blick für neue Lösungsansätze des Problems verstellen. Andererseits will ich die Schwierigkeiten, die wir als Polizei in den letzten beiden Jahren mit gewalttätigen Ausschreitungen bekamen, in keiner Weise bagatellisieren.

Was haben viele Sicherheitspolitiker und viele von uns zur Bewältigung des Problems getan? Sie haben fieberhaft nach Lösungen im Bereich gesetzgeberischer, taktischer und technischer Möglichkeiten gesucht. Ich halte das nicht für falsch, und dennoch haben mich die Diskussionen z.B. zur "Verschärfung des Demonstrationsrechts", zu den Distanzwaffen, zur "einschliessenden Begleitung" usw. häufig nicht befriedigt.

Wie ungeschickt muss man wohl sein, von Verschärfung. zu reden, wo es doch um den Schutz eines Rechts geht? Kann man den autonomen Gewalttätern eine noch bessere Hilfestellung bieten als durch. eine Wortwahl, die den gutmütigsten aller Staatsbürger verärgert? Oder die "Frage der polizeilichen Präsenz bei Demonstrationen. Irgendjemand muss behauptet haben, sichtbare polizeiliche Stärke sei das Mittel der Wahl, um Ausschreitungen zu verhindern. Obwohl das nur unter bestimmten Voraussetzungen stimmt, stutzt man sich im Zweifel auf diese Taktik und verursacht Ärger bei den Gutwilligen. Machtdemonstration, Provokation, Einschüchterung und totale Überwachung sind die Empfindungen, die von Demonstranten geäussert werden und schliesslich ihr Verhalten gegenüber den Polizeikräften mitbestimmen. Führt dieses ständige Stärke- Zeigen nicht zu problematischen Fehldeutungen, die uns aus der Rolle des Ordnungsfaktors in die eines Gegenveranstalters drängen? Lassen wir so die in sich uneinigen Teilnehmergruppen einer Demonstration zu einer gegenüber der Polizei solidarischen Einheit werden? Wollen wir dem Hamburger Kriminologen SACK Argumente liefern, der die These vertritt, dass sich das staatliche Gewaltarsenal quantitativ und qualitativ in einer Weise gesteigert und erhöht hat, die vermuten lässt, dass immer mehr staatliche Gewalt erforderlich ist, um die Gesellschaft "gewaltfrei" zu halten?

Diese beiden Beispiele aus den Bereichen gesetzgeberischer und polizeitaktischer Bemühungen mögen ausreichen, um das Kernproblem aus sozialwissenschaftlicher Sicht zu veranschaulichen. Es besteht nicht in den paar Hundertschaften reisender Chaoten, sondern in der Schwierigkeit, sie, die auf Demonstrationen eigentlich nichts zu suchen haben, mit Zustimmung der Demonstranten zu isolieren, auszugrenzen. Solange sich unsere Massnahmen nur auf gewalttätige Autonome konzentrieren, schenken wir den weitaus mehr friedlichen Demonstranten weder Blick noch Gehör. Was die Militanten vertreibt kann die Friedlichen treffen (Reizstoff), was das Risiko für Autonome erhöhen soll, haben Gewaltfreie auszubaden (Gesetzliche Bestimmungen), was gegen Chaoten gerichtet ist, endet im Ärger der Normalbürger (Kontrollstellen). Kann es denn richtig sein, dass eine verschwindende Minderheit das Geschehen z.B. am Bauzaun von Wackersdorf bestimmt?

Wir sind am Punkt. Obwohl uns klar ist, dass wir als Polizei auch im Rahmen von Demonstrationen als Menschen an Menschen handeln, fällt es uns schwer, sozialwissenschaftliche Erkenntnisse zur Lösung des Gewaltproblems mit heranzuziehen. Ein erfahrener Polizeidirektor unseres Hauses sprach in diesem Zusammenhang von Materialkunde. Wie ein Schreiner lernen müsse, wie er an Verschiedenen Materialien zu arbeiten habe, benötige auch der Polizist so etwas wie Materialkunde. Wir wissen viel über den Umgang mit Betrunkenen, mit Jugendlichen, mit streitenden Ehepartnern oder mit Ruhestörern, was aber wissen wir über die Motive eines Demonstranten, über seine Bedürfnisse oder Ziele, über die psychischen Wirkkräfte innerhalb der. Menge und Masse, über unsere Wirkung auf ihn oder seine Einstellung zu uns?

2. Sozialwissenschaftliche Aspekte, die sich auf den Einsatz gegen gewalttätige Personen beziehen (ein alternatives Denkmodell zur Bewältigung von Gewalttätigkeiten?)

Bei der Ausarbeitung dieses Referats stand ich vor der Überlegung, auf weichen Schwerpunkt ich mich konzentrieren soll. Zur Wahl standen: Sozialwissenschaftliche Aspekte der Vorbereitung von Beamten auf Demonstrationseinsätze, Aspekte der Nachbereitung, Aspekte der Motivation, Aspekte einer Psychologie des Demonstrierens oder Aspekte des Polizeieinsatzes selbst. Ich habe mich für den Einsatz entschieden, weil er schliesslich Vorbereitung, Nachbereitung und Motivation stark beeinflusst.

Nun zum Einsatz! In der Vergangenheit haben wir in erster Linie versucht, nach dem Verursacherprinzip gegen Störer, also gegen Gewalttäter, vorzugehen. Dabei wurden herkömmliche Einsatzmittel und Taktiken eingesetzt mit dem Erfolg, dass mehr "unbeteiligte" Bürger betroffen wurden als Verursacher. Die ausgelösten Solidarisierungseffekte und gewalttätigen Eskalationen sind bekannt.

Wir können davon ausgehen. dass sich die überwiegende Mehrheit der Demonstranten von Gewalt distanziert. Am liebsten würde ich Sie bitten, für die nächsten Augenblicke Vermummte, Autonome, Punker und andere Militante völlig zu vergessen, um sich ausschliesslich auf Demonstranten zu konzentrieren. Ich behaupte: Ohne Solidarisierung gibt es kein Gewaltproblem, mag es in Einzelfällen Gewalt geben, so doch zumindest kein Problem. Unser Hauptanliegen im Rahmen dieses alternativen Denkansatzes muss die Stabilisierung und Immunisierung von aufgebrachten, emotional destabilisierten Menschen gegenüber Gewalt sein. Mit allen legalen Mitteln sollten wir versuchen, uns diesen Menschen als willkommenes Angriffsobjekt zu entziehen. Das gegen Gewalt stabilisierte Umfeld wird für militante Autonome kein attraktiver Aufenthaltsort sein. und da sich Gewalt nur dort produziert wo günstige Bedingungen es ermöglichen, haben wir gute Chancen, die Gewalt zumindest aus dem Demonstrationsgeschehen zu verbannen. Stärkung der Friedlichen bedeutet Schwächung der Unfriedlichen, Schwächung der Unfriedlichen aber nicht automatisch Stärkung der Friedlichen!

2.1 Die Verlagerung des Schwerpunkts polizeilicher Massnahmen ins Vorfeld konfliktträchtiger Veranstaltungen

Mitentscheidend für den Veranstaltungsverlauf sind die atmosphärischen Bedingungen, unter denen sich Polizei und Demonstranten begegnen. Lange gerichtliche Auseinandersetzungen um ein Veranstaltungsverbot, noch nicht verarbeitete Konfrontationen aus jüngster Vergangenheit oder eine brisante politische Entscheidung können die Atmosphäre so belasten, dass Konflikte fast vorprogrammiert sind. Diese Atmosphäre Im Vorfeld hat die Polizei früher so genommen, wie sie eben war. Vielleicht verhielt sie sich deshalb so inaktiv, weil sie deren Ursachen in den seltensten Fällen gesetzt hatte. Die Begegnungsatmosphäre hat jedoch einen derart hohen konfliktpsychologischen Stellenwert, dass man ihr eine Weichenstellungsfunktion zuschreiben muss. Die Polizei ist gut beraten, wenn sie Gewaltfreiheit durch Deeskalationsbemühungen weit im Vorfeld einer problematischen Veranstaltung fördert. Sie wird also nicht erst am Veranstaltungstag tätig werden. Bekannt geworden sind in dieser Hinsicht die Deeskalationsgespräche mit der Friedensbewegung In Baden-Württemberg und die Vorbereitungsmassnahmen 1983 für den Einsatz in Neu-Ulm ebenfalls in Richtung Friedensbewegung. An dieser Stelle geht es mir weniger um die Art, wie man die Atmosphäre positiv beeinflussen kann, sondern um die Anerkennung der Notwendigkeit dass man solche Einflussnahmen ins Auge fassen muss.

2.2 Die Bedeutung von Originalität, Kreativität und Phantasie

In der Polizei gibt es Klischeevorstellungen über das "unbekannte Wesen Demonstrant". und umgekehrt pflegen Demonstranten ihre Vorurteile gegenüber der Polizei. Wenn wir Vorurteile negativer Art - die meisten sind es - aufbrechen wollen, müssen wir unkonventionelle Wege beschreiten. Die ausschliesslich formaljuristische Argumentation wirkt langweilig und geniesst keinen Aufmerksamkeitswert, löst keine Überraschung aus und bringt keine Sympathie. Eines der gängigsten Vorurteile gegenüber der Polizei ist das vom kräftigen, aber dummen, plumpen und unbeweglichen Goliath, der vom schwachen, aber tapferen und listigen David aus den Angeln gehoben wird. Man kann Demonstranten alles nachsagen, nur nicht mangelnde Phantasie. Deshalb sprechen sie auf polizeiliche Kreativität an, sie beschäftigen sich mit dem Unerwarteten und respektieren die geistigen Bemühungen. Als Beispiel hierfür möge die Verteilung von Süssigkeiten an Demonstranten zu Ostern 1987 in Wackersdorf (Frieden in aller Munde) oder polizeiliche Pflastermalerei auf der Industriestrasse Nähe Baugelände WAA dienen.

2.3 Die "sich selbst erfüllende Prophezeiung"

Aus einer Behauptung wird häufig eine self-fuffilling prophecy. Dabei ist der Eintritt einer Befürchtung meist weniger dem Weitblick des "Propheten" zu verdanken als seinem eigenen Verhalten. Eine gegenüber Demonstrationen befangene Einstellung wird zunächst die Lagebeurteilung selektiv beeinflussen und danach die Planung der polizeilichen Massnahmen. Wenn der Krawall eintritt, haben wir ihn ja vorhergesagt. Dass wir aber unbewusst einiges dazu getan haben, ahnen wir oft nicht einmal. Angst führt zu Wahrnehmungsverzerrungen und Beissverhalten. Weil wir uns solchen Angstgefühlen nicht hilflos ausliefern wollen, sollten wir der aktiven Vertrauensbildung im Vorfeld den Vorrang gegenüber misstrauenfördernden Vorsorgemassnahmen einräumen.

2.4 Die Kooperation mit Veranstaltungsleitern

Es wird immer wieder behauptet, diese Kooperation gibt es nicht, weil sich die Veranstaltungsleiter spätestens dann aus der Verantwortung stehlen, wenn es ans "Eingemachte" geht Machen wir es ihnen denn leicht, mit uns zu kooperieren? Was überwiegt in den Vorgesprächen, das Signal Hilfestellung für die Organisation der Veranstaltung oder das Signal Behinderung/ Misstrauen/ Ablehnung? Wir sollten Veranstaltern helfen, wo immer es geht und sie in die Pflicht nehmen, wo sie Verantwortung zu tragen haben. Anlässlich des "Energiekreises" um den WAA- Zaun am 26.04.87 (Tschernobyl) haben wir z.B. mit der Veranstalterin, die von der Polizei zunächst sehr argwöhnisch beurteilt wurde, eine gemeinsame Erklärung verfasst und an die Demoteilnehmer verteilt. Dieses von der Veranstalterin, dem Landratsamt Schwandorf und dem Polizeipräsidenten unterschriebene Papier enthielt u.a. auch die Zusicherung, dass die Veranstalterin mit ihren Ordnern dafür sorgen werde, dass die Auflagen eingehalten werden. Bei einer anderen Veranstaltung erreichten wir die Akzeptanz der Auflage, wonach der Veranstaltungsleiter mit seinen Ordnern gegen Vermummte vorgehen werde. In beiden Fällen gab es keinerlei Probleme. Zu dieser Kooperation zu kommen, war allerdings nicht einfach, weil für beide Seiten ungewohnt.

Die Kooperation mit Veranstaltern hat neben der Vertrauensbildung vor allem das Ziel, die Polizei aus der Veranstaltung herauszuhalten, soweit es nur geht. Der Veranstaltungsleiter soll selbst dafür sorgen, dass seine Veranstaltung läuft. Die dadurch mögliche Zurückhaftung der Polizei führt mit Sicherheit zu einer Reduzierung von Konfliktquellen.

2.5 Eine offensive taktische Öffentlichkeitsarbeit (Marketing)

Betrachtet man die grossen Demonstrationen der jüngeren Vergangenheit müssen wir zugeben, dass die Polizei - bis auf wenige Ausnahmen - den Versuch unterliess, ihre Position rechtzeitig vor den Veranstaltungen moralisch und argumentativ auszubauen. Sie vernachlässigte allzu oft sowohl die Stimmung in der Öffentlichkeit als auch die der demonstrierenden Menschen. Die Folgen davon: Trotz grosser Bemühungen um reibungsarme Veranstaltungsverlaufe sieht sich die Polizei nach den grossen Einsätzen regelmässig in der Rolle des Beschuldigten, der sich rechtfertigen muss. Die polizeiliche Sprachlosigkeit vor, während und nach den Einsätzen wird regelmässig von den Agitatoren der autonomen Szene ausgenutzt.

Die umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit als Bestandteil der polizeilichen Taktik die vom Psychologischen Dienst In Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium In Regensburg erarbeitet wurde und sich über Wochen hinzog, zeigte Erfolg. Ich habe es zum ersten Mal erlebt, dass wir als Polizei einmal die anderen mit unseren Überlegungen zur Gewalt konfrontieren konnten. Die anderen waren plötzlich diejenigen, die reagierten und wir die Akteure. Sie mussten sich mit den Inhalten auseinandersetzen, die wir diktierten. Ein neues Gefühl für alle, die diesen Weg zu verantworten hatten.

Erlauben Sie mir noch zwei Anmerkungen zu den Erfahrungen mit der taktischen Öffentlichkeitsarbeit. Die eine bezieht sich auf die äusserst arbeitsintensive Vorarbeit, die geleistet werden musste. Man kann so etwas nur in Angriff nehmen, wenn ein ganzes Team daran arbeiten kann (Texter, Gestalter, Grafiker, Pressemann, Drucker, ldeengeber usw.). Die zweite Anmerkung betrifft die Glaubwürdigkeit der Öffentlichkeitsarbeit. Die polizeilichen Handlungsweisen am Veranstaltungstag müssen mit den polizeilichen Botschaften aus dem Vorfeld übereinstimmen. In dieser Hinsicht zeigen unsere Erfahrungen, dass wir noch besser werden können.

2.6 Das polizeiliche Verhalten am Veranstaltungstag

Aus zahllosen Gesprächen mit Demonstranten, aus vielen Beobachtungen und einer Untersuchung vom Oktober 1985 wissen wir sehr genau, weiche polizeilichen Massnahmen in welcher Stärke zu massiven Spannungen führen. Ich denke, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man sich besonders bemühen sollte, eskalationsfördernde Verhaltensweisen auf das unumgängliche Ausmass zu beschränken. Muss man denn bei einem völlig bedeutungslosen Feuerchen den Wasserwerfer in Stellung bringen? Muss man fotografieren und filmen auf Teufel komm raus? Kann man sich von Helm und Schutzschild Oberhaupt nicht mehr trennen?

Manchmal werde ich den Eindruck nicht los, dass man von Demonstranten ein Verhalten erwartet das nicht einmal Fronleichnamsprozessions- Teilnehmer zeigen. Ich bin auch absolut gegen die Duldung von Straftaten, aber ich wehre mich dagegen, gleich in Panik zu geraten, weil jemand mit einer Fahne auftaucht oder einen Drachen steigen lässt. Das in solchen Fällen beobachtbare Hinstürmen eines ganzen Zuges verursacht derartige Unruhe und Hektik, dass in wenigen Sekunden höchste Alarmstufe herrscht. Unsere Panik springt auf die Menge über. In diesem Zusammenhang sollte man überprüfen, in welchen Situationen die polizeilichen Formationen sogar wirkungsvoller werden, wenn sie ihre Blockbildung aufgeben und so die Frontenbildung vermeiden, die auch immer wieder Anlass zu Eskalationen gibt.

2.7 Zum Aufmerksamkeitswert friedlicher Veranstaltungen

Demonstranten fürchten nichts mehr als die Bedeutungslosigkeit. Leider springen die Medien oft nur dann an, wenn sich etwas "gerührt" hat. Das wiederum lässt Demonstranten am Sinn einer friedlichen Veranstaltung zweifeln. Aus dieser Sichtweise lässt sich erklären, dass man die Gewalt zwar für sich ablehnt aber nicht gerade traurig ist, wenn andere für "action" sorgen.

Die Berichterstattung wird fälschlicherweise oft der Polizei und ihrer Pressestelle angelastet. Der Stabilisierung friedlicher Demonstranten dient es, wenn die Polizei auch bei ihrer Pressearbeit friedliches Verhalten besonders erwähnt, Teilnehmerzahlen grosszügig schätzt, Ausschreitungen, die sich nachts ereignen, sauber von der Kundgebung trennt und positive Einzelbeobachtungen ausdrücklich in die Öffentlichkeit bringt.

3. Schlussbemerkungen

Ich bin davon ausgegangen, dass wir als Polizei auch bei Demonstrationen als Menschen mit, gegenüber und gegen Menschen handeln. Je mehr es uns gelingt, mit Menschen zu handeln, desto grösser sind die Chancen für friedliche Demonstrationsverläufe. Das Handeln mit Menschen fällt uns allerdings nicht In den Schoss, es verlangt von uns Aktivitäten und Einstellungen, die noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Ich hoffe, dass es mir ein bisschen gelungen ist, Sie anhand einiger Überlegungen aus der sozialwissenschaftlichen Ecke auch für Fragen der Aus- und Fortbildung oder der Motivation unserer Beamten zu erwärmen oder sich mit einer Psychologie des Demonstrierens auseinanderzusetzen.

Kurztext:

Das Kernproblem aus sozialwissenschaftlicher Sicht im Zusammenhang mit Gewalttaten vor/ während und nach Demonstration ist die Schwierigkeit reale Gewalttäter mit Zustimmung der Demonstranten zu isolieren und auszugrenzen. Die Polizei muss sich vermehrt mit den Motiven eines Demonstranten, und den Wirkkräften innerhalb einer Menge und mit den Wirkungen der Polizei auf ihn auseinandersetzen. Die Stabilisierung und Immunisierung von emotional destabilisierten Menschen gegenüber Gewalt muss das Hauptanliegen der Polizei sein. Stärkung der Friedlichen bedeutet Schwächung der Unfriedlichen. Der Schwerpunkt polizeilicher Massnahmen muss daher weit ins Vorfeld konfliktträchtiger Veranstaltungen verlegt werden. Vorurteile negativer Art gegenüber der Polizei müssen durch das beschreiten unkonventioneller Wege abgebaut werden. Die Kooperation mit Veranstaltern führt neben der Vertrauensbildung mit Sicherheit zu einer Reduzierung von Kontliktquellen, wenn es gelingt, den Veranstalter in die Pflicht zu nehmen. Eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit als Bestandteil der polizeilichen Taktik ist in der Lage, Teilnehmern mit Überlegungen der Polizei zur Gewalt zu konfrontieren.

Wichtig ist dass polizeiliche Handlungsweisen am Veranstaltungstag mit den Botschaften aus dem Vorfeld übereinstimmen.