Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
welcome to Telecity Forst 
INTRO THEMEN CHRONOLOGIE BILDER PROGRAMM NEWS ENGLISH OTHERS

4 Leute aus Erfurt
[04.08.2000]

Stellungnahme von 4 Leuten aus Erfurt

Stellungnahme zur Diskussion zu einem sexistischen Vorfall in Weimar und den "Folgen" im Grenzcamp in Forst


Wir fühlen uns im Moment dazu genötigt, uns zwischen einer antirassistischen und einer antisexistischen Position zu entscheiden. Es ist jedoch gegen unsere politische Überzeugung, uns in einen antirassistischen und einen antisexistischen Teil spalten zu lassen, da wir den Anspruch an emanzipatorische Politik erheben, daß sie antisexistische und feministische genauso wie antirassistische Positionen beinhaltet, nach außen hin vertritt und nach ihnen handelt.

Deshalb möchten wir in diesem Papier unsere Position zu den Diskussionen der letzten Tage aufschreiben und zur Diskussion stellen.

Zu Beginn möchten wir darauf eingehen, wie es unserer Meinung nach zu einer solchen Situation kommen konnte. Wir möchten weiterhin Forderungen aufstellen, wie sich weiterhin damit auseinandergesetzt werden kann und sollte.

Sexistische Übergriffe sind nicht das Problem von The VOICE, sondern von allen Menschen, die in einer patriarchalen Gesellschaft leben, incl. The VOICE.

Unsere Kritik an der E-Mail aus dem Workcamp (auf deren Erscheinen hin die Auseinanersetzung begann; nachzulesen im Webjournal des Grenzcamps) ist, daß nicht benannt wird, daß es sich um ein Problem aller handelt. Dadurch konnte der Eindruck entstehen, The Voice sei allein für den Vorfall verantwortlich.

Die Kritik am Deli-Plenum vom Montag ist, daß nach Kenntnisnahme der e-Mail nicht alle, die beim Antifa-Workcamp waren, eingeladen wurden, sondern eben nur The VOICE. Auch dies hat dazu beigetragen, daß der Eindruck entstehen konnte, daß The Voice DIE Verantwortung für den Vorfall trägt.

Eine Forderungen von uns ist, daß sich das Antifa-Workcamp auf dem noch anstehenden Nachbereitungstreffen und auch perspektivisch auf dem nächsten Camp mit dem Vorfall auseinandersetzt und Handlungskonzepte entwirft, wie solche Vorfälle in Zukunft vermieden bzw. behandelt werden können. Dort hat eine inhaltliche Auseinandersetzung unseres Wissens nach bisher nur im direkten Umfeld der Opfer stattgefunden.

Eine weitere Forderung an die Menschen im Grenzcamp hier in Forst ist, daß feministische Forderungen von Frauen mehr respektiert, aufgegriffen und unterstützt werden und nicht allein die Positionen der TäterInnen bzw. Personen / Gruppen, an die sich Forderungen von Frauen richten, eine zentrale Rolle bei den Diskussionen spielen.


Zu den Diskussionen mit The VOICE hier im Camp möchten wir im Folgenden Stellung nehmen.

In mehreren Plena zu diesem Thema wurde von verschiedenen Leuten darauf hingewiesen, daß Sexismus alle angeht und in allen Strukturen vorhanden ist, doch war es O. selbst, der die Verantwortung für den Vorfall im Antifaworkcamp übernahm, indem er sich am Montag abend während der Vollversammlung für den Vorfall im Namen von The VOICE entschuldigte und später in jeder Diskussion Vorwürfe gegen The VOICE zurückwies, die dort gar nicht aufgestellt wurden. So wurde zum Beispiel die Aussage, alle Flüchtlinge seien sexistischer gegenüber The VOICE unseres Wissens nach im Grenzcamp nicht aufgestellt.

O. hat auf der Vollversammlung am Dienstag abend den TeilnehmerInnen des Grenzcamps bzw. der Linken in Deutschland Rassismus vorgeworfen. Und das z.T. aufgrund der Diskussionen um jenen Vorfall, für den er sich noch am vorigen Abend in der gleichen Versammlung entschuldigt hatte. Die Vorwürfe waren völlig undifferenziert. Es war den Leuten, die nicht an den verschiedenen Diskussionen während des Tages teilgenommen hatten, nicht transparent, wie und aus welchen Gründen sich dieser Positionswechsel vollzogen hatte.

Von O. wird das Vorhandensein einer Bewegung (an antisexist movement) behauptet, die antirassistische Arbeit zerstören will und die rassistisch ist, weil sie angeblich männliche Flüchtlinge generell als sexistische Täter begreift und auch The VOICE und die Karawane angreift. Wir teilen die Einschätzung, daß die Position, Flüchtlinge seien sexistischer, rassistisch ist. Nach unserem Wissensstand wurden solche Behauptungen allerdings nie von linken Gruppen - geschweige denn von einer Bewegung - aufgestellt und nach außen vertreten. Sie sind natürlich in unserer Gesellschaft - und somit auch in linken Zusammenhängen - vorhanden und jede/r muß sich mit ihnen kritisch auseinandersetzen, sie hinterfragen und abbauen. Auch dies ist für uns eine wichtige Forderung.

Unsere Befürchtung ist, daß sich The VOICE von uns zurückzieht, wenn wir ihre Forderung nach einer Entschuldigung nicht erfüllen. Das ist absolut nicht in unserem Interesse. Wir können und wollen uns aber nicht für eine e - mail anderer Leute entschuldigen, die wir von Anfang an kritisierten. Außerdem ist uns das Anliegen der Frauen wichtig auch wenn wir Kritik an der e-mail haben und wir fordern auch von The VOICE dieses Anliegen ernst zu nehmen und sich nicht als Opfer einer von FeministInnen organisierten antirassistischen Verschwörung zu sehen / darzustellen.

Zum Schluß ein Vorschlag zur weiteren Vorgehensweise mit dem Thema:
Wir finden es wichtig, daß die Auseinandersetzung an dieser Stelle weitergeführt wird, sehen uns aber unter dem beschriebenen Druck nicht dazu in der Lage. Um eine solche Auseinandersetzung aller zu ermöglichen, muß der Druck von den Diskutierenden genommen werden, der sich im Laufe der Diskussion aufgebaut hat. Unter der Voraussetzung, daß The VOICE damit droht, daß Grenzcamp zu verlassen und mit linken Gruppen in der BRD nicht mehr zusammen zu arbeiten, bleibt die Diskussion unfruchtbar und solidarische Kritik ungehört.


Mehr zum Schwerpunkt Diskussion um The Voice

schickt mails an:grenzcamp@nadir.org      webjournal-camp00 proudly presented by http://www.nadir.org/