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Julia
Das Grenzcamp für die Standortreparatur
Es ist ungeheuer spannend, das Grenzcamp in der jetzigen politischen Situation zu haben (wobei die Anschlagserie, die diese Situation herbeigeführt hat, natürlich entsetzlich ist). In den ersten Tagen des Camps gab es noch eine starke Auseinandersetzung (auf jeden Fall lokal) um die Frage, wieviel ziviler Ungehorsam und Regelverstöße erlaubt sind, um das berechtigte Anliegen des Widerstands gegen Rechtsextremismus vorzubringen. Es brauchte eher "fortschrittlicherer" Medien, um zu vermitteln, daß gegen "klammheimliche Zustimmung und Wegschauen" (Herta Däubler-Gmelin) mehr zu tun ist als ein "Meldesystem verantwortungsbewußter Bürger" (Thüringens Innenminister) oder verstärkte Videoüberwachung einzuführen, und daß eigenständiges Vorgehen gegen Frendenfeindlichkeit auch mit Unruhestiftung verbunden sein kann. Diese Kämpfe scheinen inzwischen längst gewonnen. Die gelassenen Reaktionen der Polizei auf die Grenzcampaktionen (die in aller Öffentlichkeit inzwischen ja nicht mehr nur Ordnungswidrigkeiten darstellen), lassen meiner Meinung nach auf Anweisungen von allerhöchster Ebene (sprich des Innenministeriums mindenstens von Brandenburg) schließen, auf keinen Fall einzuschreiten, um die einzige Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit unbedingt weiterhin gut und groß in der Presse zu haben. Ein bißchen erinnert mich die Situation an den Studierendenstreik im Herbst 1997, bei dem die Umarmung des Kanzlers so eng war, daß uns allen bald die Luft ausging. Das Grenzcamp also für die Standortreparatur? Es scheint so. Unsere Herrschenden heutzutage (der Bürgermeister von Forst ist noch einer der alten Garde und längst auf das Abstellgleis der Geschichte maneuvriert) sind flexibel genug, jetzt, solange die Wogen hochschlagen, geschmeidig zu reagieren und die normalerweise härteren Mauern gummiartig nach außen drücken zu lassen. Obwohl - nicht nur. Die Hardliner sind - gleich hinter dem Einführungssatz "ich bin bestürzt / entsetzt / beschämt über die Vorkommnisse" - gleich wieder eifrig dabei, jetzt den Rechtsradikalismus funktional für ihr konservatives Programm zu nutzen. Letztendlich eignet er sich als "das Böse schlechthin" ja noch viel besser als der Linksextremismus; zumal heute nach dem Kalten Krieg; (dann machen wir die Unterschriftenkampagnen und die Wahlpropaganda halt für mehr Sicherheit vor Rechtsradikalen statt vor Ausländerkriminalität - das kommt auf´s selbe raus). Bayern und Baden-Württemberg rufen nach einem NPD-Verbot, um der Bundesregierung zögerliches Handeln vorwerfen zu können, Rheinland Pfalz will gleich das Demonstrationsrecht aushöhlen, das Internet als Medium freier Meinungsäußerung behagt ihnen sowieso allen nicht und für mehr Kameraüberwachung der Innenstädte kann man in dem Zusammenhang auch gleich eintreten. Ich schließe mit einem Zitat auf dem jW-Artikel "In Deutschland
regiert der Antifaschismus" (2.8.00): |
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