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Delegation bei der ZABH
Überwachung und Bedrohung
Es war unglaublich, welche Begeisterung die Demo bei den Flüchtlingen im Heim auslöste. Lachende Kinder am Zaun, winkende Menschen verschiedenster Nationalität an den Fenstern des Abschiebeknastes und der Wohnhäuser (na ja, wohnen...), bis zum Menschenauflauf vor dem Zaun, den die Bullen in und vor der ZABH in voller Montur (Helme, Beinschützer) mit rüdem Wegschubsen zu unterbinden versuchten. Dabei wurde offensichtlich, daß die einzelnen Bullen gerne anders auf uns und die Flüchtlinge reagiert hätten, was aber ihre Leitung nicht zuließ. Beispiel: ein Bulle will automatisch sofort die Kontaktaufnahmen zwischen Kindern von DemoteilnehmerInnen und Kindern hinter dem Zaun verhindern. Erst mühselig muß er zurückgepfiffen werden: das kommt nicht gut für uns, da verlieren wir an Terrain, mensch, Holger (o.s.ä.), biste bescheuert ? Am Rückweg murmeln manche nicht all zu leise: und das sollen die Guten sein, ja, ihr würdet schon sehen, was ihr von diesen Asylanten hättet, warum sollen wir die mit Samthandschuhen angreifen usw. Am Schluß der Demo torkeln sie aber ziemlich müde von der Sonne im losen Aufmarsch neben uns her. Nun sollte es doch noch ein Gespräch mit Flüchtlingen geben. Zuerst hält sich die Demo auch im vorsichtigem Abstand von dem martialischem Aufgebot vor und in der ZABH. Eine Kette behelmter Bullen in aggressiver Haltung außen den Zaun entlang, viele hinter dem Tor und dann eine lange Reihe Wannen. Die ZABH hatte damit genau das Gesicht, was zu ihr paßte.
Daß einzelne Flüchtlinge den Mut hatten, ziemlich nahe zum Zaun zu
kommen, ist unter diesen Umständen bemerkenswert. Es ermunterte
einzelne aus der Demo, an die Bullenreihe zu gehen und Einlaß zu
verlangen. Plötzlich wurde diesem Ansinnen statt gegeben, nur: ohne
Tasche und mit Abtasten und Durchsuchen und nur 10 Personen und das
schnell. Das bekamen natürlich nur die Nächststehenden mit, worunter
sich doch englisch, französisch und türkisch/kurdisch sprechende Leute
befanden, sowie jemand von der Presse, der ein Interview machen konnte. Eine so plötzliche und unvorbereitete Kontaktaufnahme unter diesem Druck konnte inhaltlich kaum mehr klären, als daß wir erzählten, von welcher Organisation wir kamen und was wir wollten. Zumal die Demoleitung zum Aufbruch drängte. Und die Bullenleitung, die uns vor die Alternative stellte, in 5 Minuten mit der Heimleiterin zu sprechen oder die Veranstaltung abzubrechen. Die erste Idee war, mit der Heimleitung einen Besuch für morgen auszumachen. Doch am Wochende gilt in der ZABH Besuchersperre! Die Heimleiterin war nur unter den Umständen bereit, eine Ausnahme zu machen, wenn nur einzelne Leute mit Namenskenntnis von Einzelnen von uns besucht würden. In einem Einzelraum und unter Beaufsichtigung von einem Beamten. Daß dies genau Knastbedingungen sind, leugnete sie vehement. Die massive Machtdemonstration seitens der Polizei, die Flüchtlinge von der Kontaktaufnahme zu uns abhalten soll, fand sie auch vollkommen gerechtfertigt - wegen des Landfriedensbruches. Welches? Nun ja, er könnte ja noch kommen. Um Kontakt mit den Flüchtlingen aufzunehmen? Ja, sie müsse die Flüchtlinge schützen. Es war nicht mit ihr zu reden.
Leider kamen nur wenige Campteilnehmer zu diesem Treffen. Für die Menge der Flüchtlinge fehlte es z.T. an Übersetzern und außerdem zeigte es sich, daß wir viel zu wenig an Informationsmaterial mit hatten. Dringend benötigt wären Rechtsanwaltsadressen von Initiativen aus dem näheren Bereich gewesen. Umgang mit Flüchtlingen in der ZABH: Willkürliche Repressalien und gezielte Desinformation.
Die Flüchtlinge hatten keinerlei Informationen über den Ablauf des
Asylverfahrens und über ihre rechtliche Situation. Ihre Informationen
sind Gerüchte und Halbwahrheiten. Die Dokumente, die sie unterschreiben
müssen, sind auf deutsch und werden nicht übersetzt. Niemand hat sie
über ihre Rechte informiert. Es gibt keine SozialarbeiterInnen, keine
Caritas, keine Rechtsberatung oder sonstige Beratungsstellen. Die
Flüchtlinge in der ZABH verfügen in der Regel nicht einmal über
Kontakte zu RechtsanwältInnen. Sie können nicht unterscheiden, wer
welche Funktion bei den dort arbeitenden Leuten hat, da sie die Sprache nicht verstehen. Der Umgangston sei sehr verächtlich.
Überwachung und Bedrohung
In der ZABH wird der Alltagsablauf der Flüchtlinge genau kontrolliert
und registriert. Wer die ZABH verlässt und wer zurückkommt muss eine
Chipkarte in einen Automaten einführen, wobei jeweils die Uhrzeit
registriert wird. Das Gleiche gilt beim Einnehmen der Mahlzeiten.
So wird ein genaues Bewegungsprofil der ZABH-BewohnerInnen erstellt.
Ab 20 Uhr abends gibt es Ausgangssperre. Über Nacht darf niemand
wegbleiben. Die Flüchtlinge würden sich aber sowieso nachts ab 20 Uhr
nicht aus der ZABH trauen, weil die Straßen voller Nazis seien. Auch
tagsüber verlassen die meisten die ZABH nur in Gruppen. Oft werden
Flüchtlinge von den Nazis verprügelt. Die Polizei greift dagegen nicht
ein, sie wird von den ZABH-BewohnerInnen selbst als rassistische
Kontrollinstitution benannt. Von den meisten deutschen NachbarInnen
schlägt den Flüchtlingen offene Feindseligkeit entgegen, es gehört für
sie zum Alltag, beschimpft und beleidigt zu werden.
Wohnsituation
Verpflegung: Es gibt Frühstück, Mittag- und Abendessen, aber nur deutsches Essen. Oft gibt es eine Woche lang das gleiche Essen, meist
Kartoffeln mit Würsten. Oder, wie ein Flüchtling meinte, Suppe aus dem
zweiten Weltkrieg. Manchmal gibt es kein Frühstück. Die Flüchtlinge haben mit 80 DM monatlichem Taschengeld, rationiert auf 20 DM pro Woche, keine Möglichkeiten, selber Essen zuzubereiten. Beim Kiosk innerhalb der ZABH sind die Waren trotzdem teurer als draussen.
Vor diesem Hintergrund empfinden die Flüchtlinge die ZABH als eine Art offenes Gefängnis. |
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