Grenzcamp 2000

3. antirassistisches Grenzcamp
der Kampagne 'Kein Mensch ist illegal'
vom 29. Juli bis 6. August 2000
in Forst / Brandenburg
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junge Welt
[07.08.2000]

Was hat das Grenzcamp in Forst gebracht?

jW sprach mit Andreas Schöne von der Koordinationsgruppe für das antirassistische Grenzcamp, das am Sonntag zu Ende ging

F: Am Sonntag ist das dritte Grenzcamp in Forst zu Ende gegangen. Wie verstehen Sie das Motto »Denn die Möglichkeit, sich frei zu bewegen, ist ein Glück, welches es zu teilen gilt?«

Das Camp ist eine Initiative der Gruppe »Kein Mensch ist illegal. Grenzen auf für alle.« Wir wollen thematisieren, daß während wir als Deutsche uns eigentlich in der ganzen Welt frei bewegen können, die Grenzen für viele Flüchtlinge ein unüberwindbares Hindernis darstellen. Vor allem die Ostgrenzen der Europäischen Union werden massiv durch Menschenjäger abgesichert. Seit 1990 sind allein an der Ostgrenze Deutschlands 60 Menschen zu Tode zu kommen. Auch innerhalb Deutschlands können sich Asylbewerber nicht frei bewegen. Sie dürfen ja wegen der Residenzpflicht den ihnen zugewiesenen Landkreis nicht verlassen. Flüchtlinge sind in ihren Bewegungsrechten massiv eingeschränkt.

F: Wie haben Sie die Reaktionen der Bevölkerung in Forst erlebt?

Man muß dazu sagen, daß gegen uns im Vorfeld eine massive Hetze betrieben wurde. Die NPD hat auf Flugblättern angekündigt, wir würden Flöhe und Läuse in die Stadt bringen und Deutsche zusammenschlagen. Der Bürgermeister von Forst hat Gewerbetreibende gewarnt, wir würden Fenster einschlagen und plündern. Dementsprechend hat die Bevölkerung vor allem Angst vor uns gehabt. Allerdings haben wir auch Intoleranz und Stimmungen erlebt, die ich als »rassistischen Normalzustand« bezeichnen würde. Ein paar wenige Einwohner sind vorbeigekommen und haben sich mit uns solidarisiert. Gestern hat jemand sogar einen Blumenstrauß abgegeben.

F: Kam es zu kritischen Situationen mit rechten Gruppen?

Die NPD hat im Vorfeld versucht, gegen uns zu mobilisieren. Es sind regelmäßig rechte Streifen vorbeigekommen, die fotografiert und gefilmt haben. Wir haben uns aber nie konkret bedroht gefühlt. Es war klar, daß die rechten Gruppen es nie schaffen würden, uns tatsächlich anzugreifen. In Forst selbst gibt es keine festen Strukturen rechter Parteien.

F: Es gab an diesem Wochenende Konfrontationen mit der Polizei. Was ist passiert?

Seit Samstag wurden die Personenkontrollen im Umfeld des Camps verstärkt. Am Sonntag um acht Uhr morgens hat die Polizei dann das Lager mit einem großen Aufgebot gestürmt, um unser Campradio zu beschlagnahmen. Wir haben Menschenketten gebildet, um die Geräte zu schützen. Es kam dabei auch zu Prügelattacken des Sondereinsatzkommandos. Die Beamten haben das Radio nicht gefunden und mußten unverrichteter Dinge wieder abziehen.

F: Welches Resümee ziehen Sie nach der Woche?

Wir waren mit der Beteiligung sehr zufrieden. Wir haben Leute aus ganz Europa mobilisiert, allein 50 Aktivisten kamen aus Polen. Ich glaube schon, daß es uns gelungen ist, die Öffentlichkeit zu informieren und den rassistischen Normalzustand im deutschen Staat zu thematisieren. Natürlich hätten wir uns eine fairere Berichterstattung der Presse gewünscht. Unsere Demonstrationen wurden vor allem unter der Überschrift »Demo gegen Rechts« gemeldet, unser spezifisches Anliegen wurde dabei völlig unterschlagen.


Interview: Monika Krause


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