Berliner Morgenpost
[15.08.2000]
Brutalos bestrafen, Debatte sachlich führen
Wir gegen rechte Gewalt:
Vera Lengsfeld, Bundestagsabgeordnete
Die Hinwendung Jugendlicher zum Rechtsextremismus - gerade im Osten - ist wahrlich
beunruhigend. Bayern allerdings zeigt seit Jahren, wie man erfolgreich gegen
Straftäter mit politischer Motivation vorgehen kann. Kein Pardon! Für bedenklich
an der gegenwärtigen Meinungsbildung halte ich die Oberflächlichkeit. Und das
Erschrecken um den Rechtsradikalismus Jugendlicher hat einen faden Beigeschmack.
Vor wenigen Tagen, als in Forst ein illegales «Grenzcamp» der militanten «autonomen
Szene» die Bürger drangsalierte, sich mit BGS-Beamten prügelte, zum Gesetzesbruch
aufrief und «erhebliche Sachbeschädigungen» hinterließ, gab es keinen Aufschrei
in Politik und Medien, war «Duldung» angesagt. Und wenn die PDS sich als Hüter
des Grundgesetzes aufspielt, so ist das aberwitzig: Die Partei wird im Verfassungsschutzbericht
1999 unter «linksextremistischen Bestrebungen» geführt. Mal sehen, vielleicht
beteiligen sich die «Sozialisten» um Gysi an der Aktion «Gesicht zeigen»! Wenig
glaubwürdig ist auch die Forderung von Kerstin Müller, «rechte» Jugendtreffs
zu schließen. Die Grünen-Fraktionschefin sollte sich zunächst um das Verbot
jenes exil-iranischen Vereins im Köln kümmern, der Kinder brutal behandelt und
für linksradikale Zwecke ausnutzt - und dem Frau Müller vorsteht. Es wäre dienlich,
bei ausländerfeindlichen Straftaten hart, aber ohne viel Aufsehen durchzugreifen,
die Brutalos gnadenlos zu bestrafen - und die Diskussion über die Gründe rechtsradikaler
Einstellungen sachlich zu führen. Ich vermag den Eindruck nicht abzuweisen,
die aktuelle Hysterie, der politische Aktionismus dient auch der Instrumentalisierung.
Schon wieder werden der Union in unglaublich primitiver Weise «geistige Brandstiftung»
und «Hetze» vorgeworfen. Es sollen alle politischen Gesinnungen, die nicht plan
mit dem Zeitgeist wehen, gleich mit platt gemacht werden. Ist deshalb die Diskussion
über die Ursachen des Rechtsradikalismus so seltsam abwesend?
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