Diskussion um "Drogenpavillion geht weiter
Monopoly um Standorte
Auch die Standortfrage um den sogenannten "Drogenpavillion geht
in eine neue Runde. Die Bielefelder KommunalpolitikerInnen haben
sich Ende November für das von "Fachleuten erarbeitete dezentrale
Drogenhilfekonzept entschieden. Schon die Voraussetzung für die
Umsetzung dieses Konzeptes, die Suche nach geeigneten Räumen,
gestaltet sich schwierig.
Von der Stadtverwaltung wurden 45 (!) mögliche Räume vorgeschlagen.
Bei den zur Begutachtung eingeladenen Initiativen und Organisationen
wurde kräftig gesiebt. Zum Beispiel wurde die Aids-Hilfe nicht zu Rate gezogen, dafür aber die IG Metall.
Zur Realisierung des Konzeptes ist vorgesehen, drei Einrichtungen
mit zeitversetzten Öffnungszeiten zu schaffen. Diskutiert wird
zum einem an eine Runden Tisch, an dem sich auch der örtliche
Sheriff für "öffentliche Sicherheit zu Wort meldete. Das Plädoyer
von Polizeichef Kruse für den Standort im Veterinäramt an der
Wilhelm-Bertelmann-Straße umreißt die vertretenen kommunalpolitischen
Vorstellungen. Er drängt auf eine Entscheidung. Die Bedingungen
für den Standort seien erfüllt, da dieser zentral sei, der Abstand
zur Wohnbebauung größer und die Liegenschaft der Stadt Bielefeld
gehöre. Entlarvend ist hier mal wieder der räumliche Abstand,
der gehalten werden soll, die gängige, auch sichtbargemachte Trennung
von "normal und "nicht-normal.
Zum anderen wird in "aufgeklärten, interessierten Bürgerkreisen
diskutiert, wie denn ihr mehr oder weniger mühsam erworbenes Eigentum
geschützt werden könne, der grüne Rasen anschaulich schön und
die Welt in ihrer "vorgesehenen Ordnung bleiben könne. Aber man
hat natürlich auch Mitleid mit denen, die nicht mehr so funktionieren
können oder wollen, wie es ins Bild von einer "heilen Welt im
Kapitalismus, oder wie meistens verschleiernd gesagt wird, Marktwirtschaft,
paßt. Man will ihnen nicht immer gleich das Lebensrecht absprechen,
aber man will sie auch nicht haben.
Interessenfrage
Was hier passiert, heißt ganz einfach, die politisch vorgegebenen
Zustände individuell zu akzeptieren und sich der Verwertungslogik
anzupassen. Die momentane parlamentarische Politik bietet Lösungen
an, die diesem Interesse Zukunft verspricht. So lassen sich viele
gerne vor den Karren der "Inneren Sicherheit spannen. Darin wird
das dem falschen bürgerlichen Bewußtsein entgegengesetzte, personifizierte
"Böse bekämpft, damit ihnen vermeintlich "Gutes widerfährt.
Es wird von ihnen ja "Gutes für alle gewollt. Ein falsches Bewußtsein,
da es nicht fragt, wer und warum etwas und aus welcher Funktion
und mit welchem Interesse verfolgt. Vielen reicht es, sich selbst
als Maßstab für Verhalten zu nehmen und die "Anderen auszugrenzen,
und sind damit voll auf der Verwertungslogik aufgesessen.
Zustimmung und Folgen
Aus emanzipativen Ansätzen, kollektives Wohnen und Arbeiten im
Stadtviertel, ist eine Diskussion über den "Drogenpavillion zu
vernehmen. So geht es meistens um die individuellen Ursachen und
Folgen von Drogen und Sucht und wie Reformen und Veränderungen
aussehen könnten, die beides anerkennen und ein erträgliches Leben
ermöglichen würden.
Dieses umsetzen wollen, aber gleichzeitig mehr Polizeipräsenz
zu fordern, mutet skurril an. Kontrolle und Bespitzelung steht
einem erträglichen Leben diametral entgegen. In anderen Diskussionen
zur gleichen Thematik wurden DrogenuserInnen mit der entgegengesetzten
Begründung abgelehnt, sie bedeuteten mehr Polizeipräsenz.
Ein Gedanke, der auf ein verständliches Unbehagen beim Anblick
der - nicht gerade vertrauenserweckenden - "Freunde und Helfer
schließen läßt. Aber auch hier wird das eigene Wohnklima wichtiger
genommen als die Interessen von DrogenbenutzerInnen.
Auch wird oft vergessen, was für eine Veränderung der Situation
der DrogenuserInnen notwendig ist: für eine Freigabe von Drogen,
die Einrichtung von Fixerräumen und gegen eine Kriminalisierung
von DrogenkonsumentInnen einzutreten.
Einige meinen, mit dem Aufruf "Dealer, verpißt euch! diese aus den politischen Zentren zu drängen und die Zahl der
DrogenuserInnen zu verkleinern. Dealer haben das Interesse Geld
zu verdienen und Waren zu verkaufen. Auch daß ein Mensch, der
Haschisch kaufen möchte, außerdem Heroin angeboten bekommt, ist
nichts Neues. Den Verkauf der Droge zu verhindern ist nur eine
Seite dieses Aufrufes. Ausgeblendet bleibt, daß es eine Notwendigkeit
für UserInnen ist, zu kaufen.
Per Gesetz wird in der BRD eine Einteilung von erlaubten Drogen
wie Nikotin, Coffein und Alkohol und verbotenen, wie unter anderem
Kokain, Heroin gemacht. Die Stoffe Haschisch und Marihuana befinden
sich gesetzlich gerade im Schwebezustand zwischen legal und illegal
- je nach Bundesland. Historisch gezeigt hat sich, daß sich durch
ein Verbot eines rauscherzeugenden Stoffes dessen Gebrauch nicht
verhindern läßt.
Um was es geht
Eine Frage, die sich bei Betrachtung der aktuellen Geschehnisse
stellt, ist: Um wen oder was geht es in diesen Diskussionen überhaupt?
Um Häuser, Wählerstimmen, Parteiklüngel, saubere Vorgärten und
Kinderspielplätze, selbstbestimmtes Wohnen oder um Unterstützung
für DrogenbenutzerInnen?
Letzteres wird in den Diskussionen oft ausgeblendet oder den "Fachleuten
überlassen. Sie sollen sich Gedanken machen um die gesundheitlichen
Einschränkungen durch gestreckte und verunreinigte Stoffe und
die soziale Verelendung, durch Fixierung auf die Droge und die
Frage der Beschaffung.
Die Probleme der Junkies, deren Alltagsaufgabe darin besteht zu
überleben, was sie mit der Droge und dem Rausch wollen oder können,
interessiert dabei nur wenige.
Toni |