Neue Arbeitskonzepte - alte Ausbeutung
Arbeit für alle - schade eigentlich
Jeden Monat zur Veröffentlichung der neuen offiziellen Arbeitslosigkeitsstatistiken,
in diesem Monat wahrscheinlich am 7. April, haben Arbeitsloseninitiativen
bundesweit zu Protesten aufgerufen.
Ihre Forderung "Jobs und Geld für alle richtet sich vor allem an die Adresse der parlamentarischen Politik.
Nicht mehr die Augen zu verschließen, sondern endlich eine "vernünftige
Politik zu machen, in der es z.B. genügend Arbeitsplätze gibt.
Diese begreift die Tatsache des "ökonomischen Problems, denn
eher als "soziales Problem, das man verwalten kann, und für dessen
Ursache auch schnell vermeintliche Sündenböcke an der Hand sind.
Entweder werden die Arbeitsplätze von denen besetzt, die auch
etwas von dem "Kuchen des gesellschaftlichen Reichtums abhaben
wollen, denen aber innerhalb der nationalökonomischen Konkurrenz
Grenzen gesetzt werden sollen. Oder aber die technische Entwicklung
ist schuld, da durch sie Arbeitsplätze wegrationalisiert werden.
Aber über das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Arbeit
ist man sich dennoch nicht einig, denn neue Technologien bringen
auch wieder neue Arbeitsplätze, wenn auch spezialisierte.
Die Konjunktur als Wunderheilmittel
Als Indikator für die Wohlstands- und Wirtschaftslage wird von
ÖkonomInnen und PolitikerInnen gebannt auf die Konjunkturentwicklung
gestarrt. Diese ist jedoch für Rückschlüsse auf die Arbeitsmarktsituation
wenig tauglich, da sie nur Aussagen zum Geldwert der produzierten
Waren und Dienstleistungen hergibt. Es wird trotzdem erwartet,
daß mit höheren Gewinnen ausgestatte Unternehmen in Dienstleistungen,
Genlabors, Hightechcenter und Umweltprojekte investieren, sich
den globalen Marktbedingungen flexibler anpassen und so die Konjunktur
ankurbeln. Diese urprüngliche fordistische Logik "Investitionen
gleich mehr Arbeitsplätze, hat dabei jedoch keine Gültigkeit.
Das Kapital, das Unternehmen zur Verfügung steht, soll erhalten
und vermehrt werden. Dabei ist es den UnternehmerInnen egal, ob
dies mittels der Warenproduktion oder bei Spekulationsgeschäften
errreicht werden kann.
Die Frage, ob nun zuviel oder zuwenig für das Wachstum des gesellschaftlichen
Reichtums gearbeitet wird, stellt sich als Interessenfrage und
so wird weiter um die Anzahl der Arbeitsstunden und den Betrag
des Arbeitslohnes gefeilscht.
Der Rahmen, in dem sich die Richtungen der Diskussionen bewegen,
ist deutlich: die Steigerung der volkswirtschaftlich berechneten
nationalen Wachstumsrate als Ziel, die gesetzliche Grundlage dafür
schaffen und diese gesellschaftlich durchsetzen.
Arbeit als Gelderwerb
Die Ökonomie setzt voraus, daß gearbeitet wird, damit produziert
werden kann.
Das verquere Spezifikum der kapiatalistischen Ökonomie ist das
in der Mehrwertproduktion durchzusetzende Profitinteresse.
Die Eigentümer von Produktionmitteln wollen aus ihrem ökonomischen
Interesse, der Vermehrung ihres Eigentums, erreichen, daß möglichst
viel und lange gegen einen möglichst niedrigen Lohn gearbeitet
wird, damit die erzeugten Waren möglichst international konkurrenzfähig
sind. Sie wollen, daß sich ihr Kapital verwertet, indem Mehrwert
realisiert wird. Die Produktion ist nicht darauf ausgerichtet,
daß ein Bedarf der erzeugten Waren vorhanden ist. Die Waren sollen
gekauft, also konsumiert werden. Der Überschuß wird von den Unternehmen
lieber vernichtet oder verstaubt in den Regalen, als daß er verschenkt
wird.
Dagegen steht das Interesse der abhängig Beschäftigten, als Eigentümer
ihrer Arbeitskraft, die möglichst wenig und kurz zu einem möglichst
hohen Lohn arbeiten wollen/müssen, um sich reproduzieren zu können.
Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der gesundheitlichen
Vorsorge mußten und müssen von ihnen hart erkämpft werden. Ihre
Arbeitskraft wird also verwertet. Der verständliche Wunsch, möglichst
gut, zumindestens ohne ständige Existenzsorgen, leben zu können,
geht schon über dieses Verhältnis hinaus. Da der Arbeitslohn kein
Maßstab für die Produktivität ist, sondern lediglich ein Preis
für die verkaufte Arbeitskraft, der realistisch betrachtet
nur das Überleben gewährleistet.
Das kennzeichnet kurz den antagonistischen Widerspruch zwischen
Arbeit und Kapital. In diesem Widerspruch erscheint Arbeit hauptsächlich
als Lohnarbeit. Im Jahre 1996 waren in der BRD immerhin 32,2 Millionen
der 40 Millionen möglichen Erwerbspersonen lohnabhängig beschäftigt,
davon waren 13 Millionen Arbeiter und 19,2 Millionen Angestellte
und Beamte. Die Differenz setzt sich aus damals 4 Millionen Erwerbslosen
und 3,8 Millionen Selbstständigen zusammen.
Arbeit als Alternative?
Sogenannte alternative Konzepte beinhalten kaum ein Wort der Kritik
über den Zwang zur und den Auswirkungen von Lohnarbeit, sondern
entwickeln bislang Konzepte zur Verteilung der Arbeit.
Jüngste Forderungen der Jusos, so scheint es, versprechen gar
Revolutionäres. Der NRW-Landesvorsitzende trat in einem Radiointerview
anläßlich des letzten Juso-Kongresses für "eine gesamtgesellschaftliche Umwälzung der Arbeitsmarktpolitik ein. Letztendlich heißt das: Hand in Hand mit Vater Schröder
zur Wahl, auf den Weg wird man sich schon einig. Da kann man unterwegs
auf dem Arbeitsmarkt auch Arbeitskräfte ein- und verkaufen, das
Angebot ist ja momentan recht groß und für die Übriggebliebenen,
man ist ja kein Unmensch, gibts in der Marktwirtschaft auch noch
was zu tun.
Von Arbeitszeitverkürzung mit oder ohne vollen Lohnausgleich
ist da gewerkschaftlich und parteiübergreifend die Rede, oder
von unentgeltlicher Bürgerarbeit (vgl. Ulrich Beck), mit der die
wachsende Anzahl von Erwerbslosen eine Aufwertung ihrer Nützlichkeit
für die warenproduzierende Gesellschaft erfahren sollen, von der
sie allerdings nicht satt werden und auch die Miete für die Wohnung
nicht bezahlen können. Was dahinter steht ist, vermutlich ein
Begriff von Arbeit als Selbstverwirklichung, was dagegen steht
ist die als Arbeitspathos stilisierte existentielle Notwendigkeit
im Kapitalismus, die Arbeitskraft zum Gelderwerb verkaufen zu
müssen. So bringen neue Arbeitskonzepte unter gleichen gesellschaftlichen
Verhältnissen auch gleiche Resultate hervor: Ausbeutung für alle.
Arbeit kann, kann ich mir jedenfalls vorstellen, innerhalb anderer
Produktionsverhältnisse wesentlich angenehmer sein.
Cornelia Meier |