LOTTA DURA

 

Nr. 9/97

 Diverses

Slowakei - Faschisten in
der Regierung

Was die Rechten Schreiben

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Eine verhinderte Israelreise

VON VIKTOR HOCHWALDEN

Dichands und Haiders Persilscheingeber

Seit Mitte März wurde in SPÖ-Kreisen darüber gesprochen, daß der Wiener Altbüprgermeister Helmut Zilk für seinen Arbeitgeber Hans Dichand eine Reise nach Israel arrangiert. Dort hätte ihn Jerusalems Altbürgermeister Teddy Kollek empfangen, und Dichand hätte dann im Süden des Landes einen Wald pflanzen sollen.

Der Falter berichtete Ende April als erster über die geplante Reise des Kleinformat-Herausgebers. Dichand wollte der von Kollek gegründeten "Jerusalem Foundation" einen Betrag von zwei Millionen Schilling spenden. Der mächtige Hans Dichand bat die Journalisten des Falter: "Hängen Sie die ganze Sache nicht an die große Glocke." Dichand behauptete auch: "Ich war nie Antisemit". Und er wiederholte den Kollektivschuld-Stehsatz der seiner "Neuen Kronen Zeitung" (NKZ): er widerlegt - wie die NKZ es immer wieder tut - das was nicht behauptet wird, nämlich "daß alle Deutschen und Österreicher willfährige Instrumente der Nazis waren".

 

DER ANTISEMITISMUS DER "KRONE"

Die Vorgeschichte hat mit der antisemitischen Schreibweise einiger NKZ-Kolumnisten zu tun. Im Wiener Handelsgericht wurde Anfang 1995 eine drei Jahre dauernde gerichtliche Auseinandersetzung der NKZ mit der jüdischen Gemeinde Wien durch einen Ausgleich beendet. Obwohl im April 1992 das Jagschitz-Gutachten erneut zweifelsfrei die Tatsache der Massenvernichtung durch Giftgas belegt hatte, veröffentlichte Richard Nimmerrichter (Staberl) am 10.Mai 1992 in der NKZ den Kommentar "Methoden eines Massenmordes", in dem er behauptete, daß während der NS-Zeit nur "verhältnismäßig wenige" Juden durch Giftgas ermordet worden wären. Die Anzeige der ISRAELITISCHEN KULTUSGEMEINDE (IKG) Wien wegen Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz wurde eingestellt, weil die Staatsanwaltschaft darin keine "gröbliche Verharmlosung des nationalsozialistischen Völkermordes und anderer nationalsozialistischer Verbrechen gegen die Menschheit" sah. Das Wort "gröblich" im NS-Gesetz gibt nämlich dem Justizministerium die Möglichkeit, jeden Prozeß gegen eine prominente Persönlichkeit zu unterbinden. Und tatsächlich wurde seit der Novellierung des NS-Gesetzes noch kein Prominenter verfolgt. Schlußendlich sind in Österreich die Staatsanwälte weisungsgebunden. Diesen Beschluß der Staatsanwaltschaft benützte Staberl, um Paul Grosz, den Präsidenten der IKG, aber auch die jüdische Gemeinde zu verhöhnen. Es kam zu einer Reihe von Prozessen. Grosz schilderte in der "Gemeinde", dem offiziellen Organ der IKG vom 3. Februar 1995, wie er der Bitte des Vizepräsidenten des Wiener Handelsgerichtes nachkam, "eine für alle Beteiligten und auch die Republik 'anständige Lösung' des Konfliktes zu finden" und einem Vergleich mit Dichand zustimmte. Offensichtlich wurde, daß die SPÖ keinen Konflikt mit der NKZ wünschte und die IKG keine Verbündeten gehabt hätte, diese Auseinandersetzung vor den Gerichten weiterzuführen. Paul Grosz: "Ich glaube, daß die getroffene Regelung fair ist und eine Grundlage dafür bietet, daß sich die NKZ jedenfalls nicht als Plattform antisemitischer Ressentiments in jenem Maße zur Verfügung stellt, wie es in der Vergangenheit der Fall war."

 

DIE "KRONE" DER SPÖ

Freilich hat sich seit 1995 die Lage radikal geändert. Vranitzky wurde abgesägt und der jetzigen Führungsmannschaft sagt man sehr gute Kontakte zur NKZ nach. Viktor Klima glaubt anscheinend, daß die NKZ doch nicht Haider als Bundeskanzler wünsche. Das mag Dichand (Cato) erklären und auch schreiben, doch einige seiner wichtigsten Mitarbeiter propagieren Haider explizit bzw. implizit, und das ist Teil einer durchdachten Doppelstrategie. In Detailfragen stimmt die NKZ zwar manchmal der SPÖ zu, insbesondere wenn diese sich Themen von Haider diktieren läßt (zum Beispiel keine MigrantInnen in Gemeindewohnungen zuzulassen) Gerade Zilk und eine Reihe von NKZ-Schreibern sind bemüht, die SPÖ darauf zu drängen, daß sie ihren Widerstand aufgibt, mit Haider gelegentlich gemeinsame Sache zu machen. Die Zilk-Angriffe gegen Caspar Einem weisen in diese Richtung. Sicher, Zilk und andere NKZ-Schreiber sind lediglich "His Masters Voice".

Garantiert nicht zufällig geifert Peter Gnam: "Daß ein Herr Einem 32 Millionen für den 'Kampf gegen Rassismus' lockermacht, ist eine beispiellose Provokation", denn Gnam fürchtet "ein neues Feuerwerk an Österreich-Beschimpfung" (NKZ 23.3.1997). Der "Patriot" Gnam spricht sich in der NKZ auch gegen den Standort Wien für eine EU-Behörde aus, nämlich gegen die EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Diese EU-Behörde könnte sich auch mit NKZ-Inhalten befassen und fündig werden. Wer die NKZ kritisch unter die Lupe nimmt, oder sie gar ausgiebig zitiert, der begeht "Österreich-Beschimpfung" und wird als "linkslinks" abqualifiziert.

Freilich paßt sich Zilk dieser Umgebung gerne an. So hielt er im November 1996 eine launige Laudatio auf ein Buch über die Geschichte der Kunst in Wien nach 1945. Er lobte seinen Vater, der ihn davon abgehalten hatte, sich freiwillig zur Waffen-SS zu melden, "wie viele meiner Schulkameraden, die bis heute verfolgt werden". 30-40 Claqueure klatschten ihm Beifall. Zilk erklärt auch - bescheiden wie er ist - im profil Nr.23/97: "Außerdem will ich, daß die "Krone" noch viel mehr als jetzt zur Hauspostille des Michael Häupl wird."

Nun gibt es in der SPÖ immer noch Kräfte, die eine solche Entwicklung mit Sorge betrachten, denn sie sehen, wie hier die Taktik Haiders durch publizistische Unterstützung der NKZ erfolgreich ist. Aus diesen Kreisen kamen die Informationen über Dichands Reisepläne. Als dann israelische Medien Artikel aus der NKZ zitierten - zum Beispiel schrieb Staberl am 1. Mai vom "sogenannten Holocaust" -, kam es zur Ausladung, und das Duo Zilk-Dichand mußte seine Reise nach Israel absagen.

Zilk, der gar zu offen "His Masters Voice" ist und nicht einmal einen Empfang in Israel für seinen Chef zustandebringen kann, wird vielleicht nicht mehr lange als Persilscheingeber dienen können.

 

SICHROVSKY ALS HAIDERS PERSILSCHEINGEBER

Am 27. Mai fand in Linz eine von Peter Sichrovsky, EU-Abgeordneter der FPÖ, moderierte FPÖ-Diskussion "Religionsfreiheit - Identität und Toleranz" statt. Ungehindert vom Diskussionsleiter konnte Universitätsdozent Friedrich
Romig, "Europabeauftragter der Diözese St.Pölten während der EU-Beitrittskampagne" (so im Programm angekündigt), erklären: "Der Nationalsozialismus unterscheidet sich von unserer Demokratie dadurch, daß wir die Schreibtischtäter à la Eichmann ausgetauscht haben gegen die Abstimm-Mörder auf den Parlamentsbänken, mit dem Erfolg, daß wir zehnmal mehr Kinder umbringen als Hitler im Jahresdurchschnitt Juden umgebracht hat, das darf doch nicht wahr sein, das kann doch nicht das Wesen der Demokratie ausmachen."

SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka prangerte diese "unglaubliche Verniedlichung des Nazi-Terrors" an und ortete "Handlungsbedarf" beim freiheitlichen EU-Abgeordneten Peter Sichrovsky, der die Veranstaltung in Linz geleitet hat, ohne bei diesen Äußerungen Romigs einzugreifen. Damit sei dieser indiskutable Vergleich auch "ein Problem Sichrovskys geworden". Der grüne Abg. Karl Öllinger forderte die Kirche und die Diözese auf, sich von solchen Beauftragten zu distanzieren. LIF-Abg. Maria Schaffenrath meinte, einmal mehr würden zwei voneinander vollkommen verschiedene Sachen miteinander verbunden, nämlich Abtreibung und Nationalsozialismus.

Sichrovskys Schweigen und seine Haltung als Pesilscheingeber ist konsequent. Nachdem Sichrovsky im Herbst 1996 von Jörg Haider vorgestellt wurde, kam es zu empörten Reaktionen in einigen Medien. Die Frage wurde gestellt, wieso sich ein Jude dafür hergeben könne. Dabei übersahen die FragestellerInen, daß es für Haider, der ernsthaft glaubt bald am Ballhausplatz die Geschicke Österreichs lenken zu können, sehr darauf ankommt, "linke" und jüdische Alibizeugen zu engagieren.

Peter Sichrovsky, der als Buchautor nur mäßig erfolgreich war, hat als Journalist eine Marktlücke entdeckt und sich - gegen eine entsprechende Gage - Haider zur Verfügung gestellt. Freilich ist auch Romig nicht zufällig bei der FPÖ-Diskussion erschienen, es ist Haiders Taktik auch das Bündnis mit sehr rechten Christen zu suchen. Einerseits ist er bemüht, sich den Anschein zu geben, ein demokratischer Poltiker zu sein, andererseits aber sind Rechtsextreme und Deutschnationale seine besten Verbündeten und Untergebenen. Haider benützt diese auch als Alibi. Pretterebeners "Top" meldet im Juni "Querschüsse von rechts": Ein Münchner Verlag soll noch vor dem Sommer ein Buch mit dem Titel "Jörg Haider - Patriot im Zwielicht" herausbringen. Neben Kriemhild Trattnig und Gerulf Stix sollen - so "Top" - auch Interviews über den FPÖ-Chef mit Schönhuber und Le Pen veröffentlicht werden. Haider bestellt einen Angriff auf sich selbst und hofft so als "gemäßigter" Politiker akzeptiert zu werden, deswegen jubelt er: "Etwas Besseres kann uns gar nicht passieren".

 

HAIDER IN JERUSALEM?

Und Haider könnte Recht behalten. Bereits in der Vergangenheit besuchten FPÖ-Abgeordnete den Staat Israel, und die orthodox-rechte Netanjahu-Regierung sieht anscheinend kein Problem, Kontakte mit Rechtsextremen wie zum Beispiel die italienischen Neofaschisten zu pflegen. Die haben sich zwar von den Rassengesetzen der Faschisten nach 1938 distanziert, revidieren jedoch die Geschichte und behaupten, vor 1938 war der Faschismus schon in Ordnung. So wurden im Juni 1997 vom israelischen Außenministerium vier Abgeordnete der neofaschistischen Fini-Partei nach Jerusalem eingeladen. Die linke Knessethabgeordnete Naomi Chasan (Merez) hat wegen dieser Einladung eine parlamentarische Anfrage an den Außenminister gerichtet. Mittlerweile wurde jedoch nach Medienprotesten die "post-faschistische" Delegation aus Italien umgehend wieder ausgeladen.

Dichand nahm selbst Abstand von einer Reise nach Israel. Der geplante Dichand-Besuch bedeutet aber keine Abkehr vom bisherigen Kurs des Kleinformats. Im Gegenteil, durch einen solchen Besuch wollte man die bisherige Linie legitimieren.

Daß sich auch in Wien jüdische (und sozialistische) AlibizeugInnen für Dichand und Haider finden, kann nicht überraschen. Jüdische ÖsterreicherInnen unterscheiden sich nicht von anderen ÖsterreicherInnenn, auch wenn Dichand beteuert, er wolle mit seinen Spenden "einen Beitrag leisten, daß wir - Juden und Österreicher - wieder zusammen-finden."

 

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