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Nr. 9/97Diverses |
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SlowakeiFaschisten in der RegierungBratislava liegt eine knappe Autostunde von Wien entfernt, trotzdem ist in Österreich relativ wenig über die dort agierenden rechtsextremen Parteien und Gruppen bekannt. Eine von, ihnen, die SNS, ist in der Regierungskoalition vertreten. Sie versucht, gemeinsam mit dem Front National, die Vernetzung der rechtsextremen Parteien in Europa voranzutreiben.
Im Rahmen des Front-National Kongress in Straßburg trafen sich Ende März ca. fünfzehn dieser Parteien. Auch Jan Slota der Vorsitzende der Slowakischen Nationalpartei (SNS - SLOVENSKA NARODNA STRANA) nahm am Treffen teil. Jean-Marie Le Pen hatte es forciert und dafür auch einen Namen parat: EURO-NAt, für "Europa der Nationalisten" Die anwesenden Parteien waren in der Mehrzahl aus Osteuropa: So repräsentierte Corneliu Vadem Tudor (ein ehemaliger Oberst der Securitate) als Parteichef die GROßRUMäNIEN-PARTEI, für die tschechischen Republikaner sprach ihr Generalsekretär Jan Vik und der antisemitische Schriftsteller Istvan Csurka aus Ungarn war für seine PARTEI DER WAHRHEIT UND DES LEBENS (MIEP) anwesend. Aus Westeuropa war nur eine Partei nennenswerter Größe anwesend - der belgische VLAAMS BLOK. Sowohl die deutschen REPUBLIKANER, als auch die FREIHEITLICHEN oder die ALLEANZA NAZIONALE (AN) waren nicht vertreten. Daß Le Pen die AN in seiner Eröffnungsrede mit den Worten, diese habe sich "dem Lager der Gegner" angeschlossen angriff, sei hier nur am Rande erwähnt.
Ende April wollten Slota und Le Pen in der Slowakei diese Zusammenkunft wiederholen. Dort sitzt die SNS in der Regierungskoalition, und Le Pen glaubte ihren Zusicherungen, er würde in Bratislava auf Regierungs- und Parlamentsebene empfangen werden. Auch die FPÖ wurde eingeladen, Slota hatte Haider nach den Wahlen '94 immerhin ein Glückwunschtelegramm geschickt, aber seitens der FPÖ wurde diese Einladung abgelehnt, wußte die "Kleine Zeitung" zu berichten. Die FPÖ war bemüht, den Eindruck, sie stände mit der SNS in Kontakt, gar nicht erst aufkommen zu lassen. Letztendlich fand auch Le Pen nicht den Weg nach Bratislava und nannte die vorgezogenen Neuwahlen in Frankreich als Grund. Wahrscheinlicher ist, daß Vladimir Meciar, Chef der größten Regierungspartei HZDS, Druck auf den Juniorpartner SNS ausübte, um im Westen nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, Le Pen werde als Staatsgast empfangen. Das Projekt EURO-NAT hat in ihren Bestrebungen einen kleinen Rückschlag erlitten, wir nehmen dies aber zum Anlaß, Jan Slotas SNS genauer zu beleuchten.
Die slowakische extreme Rechte ist in den in Europa laufenden neofaschistischen Diskursen eingebunden, wie überall gibt es aber spezifische historische und aktuelle Unterschiede. So erreichte sie, gemeinsam mit anderen Parteien, die Loslösung der Slowakei aus der Tschechoslowakischen Republik. Die neugegründete slowakische Republik baut auf ein Staatsvolk - die "Slowaken" - All die Übrigenwerden nun verstärkt an den Rand gedrückt, vor allem die ungarisch sprechende Bevölkerung im Süden der Slowakei, die bis dahin in ihren Schulen in Ungarisch unterrichtet wurden, geraten immer mehr unter Druck von staatlicher Seite. Nicht nur die Faschisten betrachten sie als "Fünfte Kolonne", die die Vereinigung mit Ungarn wünscht. Rassistischen Angriffen sind besonders Roma und Sinti ausgesetzt, Übergriffe durch Skins werden durchaus von Teilen der Bevölkerung toleriert. Nach 1990 bildeten sich eine ganze Menge rechtsextremer Gruppen und Organisationen, die in den Wahlen von 1992 ihre größte Stärke an Stimmen erreichten. Die SNS erreichte 7,9%, insgesamt hatte das rechtsextreme Lager einen Anteil von 11,9%. Bei den Wahlen 1994 schrumpfte der Anteil auf 7,5%, die SNS schaffte aber wieder über 5%, zog ins Parlament ein, und wurde Koalitionspartner von Meciars HZDS. Ein weiterer Partner in der Regierungskoalition ist die altkommunistische Arbeiterpartei ZRS.
SNS - SLOVENSKA NARODNA STRANA
1989 trat die SNS zum ersten Mal in Erscheinung, aber erst im März 1990 wurde sie offiziell als Partei registriert. Schon mit der Namenswahl nahm sie Bezug auf eine Bewegung gleichen Namens. Diese trat in der Zwischenkriegszeit für die Unabhängigkeit der Slowakei ein und hatte einige Mitglieder in ihren Reihen, die im Nazisatellitenstaat eine wichtige Rolle spielten. Folgerichtig war eine Hauptforderung der heutigen SNS die Trennung der Slowakei von Tschechien. Nach der Errichtung der Slowakei als souveräner Staat brachen Fraktionskämpfe aus, und der Versuch, die Partei nach konservativen Richtlinien - analog den westlichen Volksparteien, zu positionieren - scheiterte Ende 1993. Rechtsextreme konnten sich alle Schlüsselpositionen sichern, was zu einer Spaltung führte. Der damalige Parteichef Ludovit Cernak und andere gemäßigte Politiker wurden Anfang 1994 ausgeschlossen, die Führung der Partei übernahm Jan Slota, Bürgermeister der Stadt Zilina. Er - manche bezeichnen ihn als slowakische Ausgabe des russischen Extremistenführers Wladimir Schirinowski - wird in der öffentlichen Meinung nicht selten als Clown verharmlost und verdrängt. Offenbar nicht zufällig fanden sich bei dem von Schirinowski 1993 organisierten "Slawischen Weltkongreß" in Moskau "SNS-Beobachter" ein.
SNS-Chef Jan Slota schreckt bei seinen Wahlkampfauftritten weder vor antisemitischen Attacken noch vor einer Verherrlichung des Hitler-Marionettenregimes unter Jozef Tiso zurück. So forderte er im August 1995 Ghettos für die Roma-Minderheit: In seiner Diktion: "Seperate Dörfer mit feuerfesten, unzerstörbaren Häusern". Weiters meinte er "Ich persönlich glaube, daß das eine gute Idee wäre, denn bisher ist es meines Wissens noch niemanden gelungen, die Zigeuner in unsere Gesellschaft zu integrieren."
Dieser rassistische "Populismus" ist nichts Neues in der Politszene des kleinen Landes. Vor allem Regierungschef Meciar wird von seinen Gegnern als "Experte" auf dem Gebiet des Populismus eingestuft. Der ehemalige Ministerpräsident war und ist ein Volkstribun, der nie gezögert hat, das zu versprechen, was sein Publikum gerne hört. In seinen Reden zaubert er pikante Geschichten ebenso aus dem Hut wie bodenständige Witze. Offen faschistische Ausritte, Antisemitismus und Verharmlosung der Greuel des Zweiten Weltkrieges gab es jedoch bei Meciar nie - auch nicht im harten Wahlkampf 1992, als es um seine zweite Wiederkehr an die Macht ging. Im Wahlkampf 1994 ließ er sich als Staatsmann und Staatsgründer feiern. Selbst bei Fragen seiner Zuhörer bezüglich einer Abschaffung der Minderheitenrechte oder der Einführung der Todesstrafe übt sich der Ex-Premier in Zurückhaltung. Die Themenführerschaft in diesen Fragen überläßt er Slota, dessen Position durchaus als die eines Kettenhundes Meciars bezeichnet werden könnte. Die SNS ist Scharfmacher in der Minderheitenpolitik, setzt sich für die Todesstrafe und für politische Gesetze, die KritikerInnen der Slowakei mit Gefängnis bestrafen soll, ein. MATICA SLOVENSKA
Eine andere wichtige Gruppe, die sich kulturellen Aufgaben widmet, ist MATICA SLOVENSKA (Mutterland Slowakei), eine dieser "Missionen" ist die Überführung der sterblichen Überreste nach Südamerika geflohener Faschisten in die Slowakei, um sie im Heimatland zu begraben. Die vom Staat finanzierte Organisation verherrlicht die klerikal-faschistische Tiso-Diktatur und ist ins katholische Umfeld eingebunden. Dieser politische Katholizismus ist stark von Antisemitismus durchzogen und zeichnet sich durch ein revisionistisches Geschichtsbild aus. Der Staatspräsident des ersten unabhängigen slowakischen Staates, der nur durch Nazideutschlands kriegerische Expansion entstehen konnte, war Jozef Tizo, ein katholischer Priester. In jener Zeit orientierte sich die Slowakei am Deutschen Reich und übernahm ihre rassistischen Gesetze und lieferte Juden und Jüdinnen an die Nazis aus. Tiso wurde 1947 als Kriegsverbrecher hingerichtet, seine persönliche Beteiligung und die der Slowakei an der Shoah wird von der SNS und MATICA SLOVENSKA den "damaligen Umständen" zugeschrieben, jede Eigenverantwortlichkeit geleugnet. Was Tiso nach Meinung seiner VerteidigerInnen hingegen auszeichnet, sei der Verdienst, die Slowakei in die Unabhängigkeit geführt zu haben. Diese Ansicht ist kein isoliertes Phänomen, noch heute werden für ihn Messen gelesen. Aufsehen erregte zuletzt das Geschichtslehrbuch "Eine Geschichte der Slowakei und der Slowaken" von Milan Durica, das ein idyllisches Bild der Situation von Juden und Jüdinnen in der faschistischen unabhängigen Slowakei zwischen 1939 und 1945 zeichnet. Das Buch wird in slowakischen Grundschulen im Unterricht verwendet, für seinen Druck wurden nach Zeitungsberichten Hilfsgelder der EU aus dem "Phare"-Fonds verwendet. In ihm werden die Lager für die slowakischen Juden beispielsweise als "Wirtschaftsunternehmen" bezeichnet, die "an Staatsaufträgen" gearbeitet hätten. Die Tischlerwerkstätten in einem dieser Lager seien die "modernsten und leistungsfähigsten ihrer Art in der Slowakei" gewesen. Für Kinder habe es Schulen gegeben, für Heranwachsende Ausbildungsplätze. Ihre Sommerferien hätten die Kinder zeitweise in jüdischen Familien verbringen können, die in Freiheit lebten, heißt es weiter. Um die gesundheitlichen Bedingungen der Lagerinsassen hätten sich jüdische Ärzte gesorgt. "Den jüdischen Ärzten wurde auch Gold für Prothesen zur Verfügun gestellt" - eine Vorzugsbehandlung, die "dem größten Teil der Bevölkerung" in der damaligen Slowakei verwehrt gewesen sei, heißt es weiter. Im Zusammenhang mit der vom damaligen klerikal-faschistischen slowakischen Führer Tiso abgesegneten Deportation rund 70.000 slowakischer Juden in die NS-Vernichtungslager heißt es in dem neuen Geschichtslehrbuch, die "Aussiedlung" der Juden sei bei einem Teil der Bevölkerung, der Kirche und staatlichen Organen auf scharfe Kritik gestoßen. Hauptsächlich wegen der damit verbundenen Zerstörung der Familienbande. Das Schulministerium wird, wie das Verteidigungsministerium, von der SNS kontrolliert.
Auch österreichische Nazis haben ihre Verbindungen in die Slowakei. Wilhelm Ehemayr, führendes Mitglied der Europaburschenschaft TAFELRUNDE im DCEC und der Splittergruppe National-Konservative Union (NAKU), hat intensive Kontakte zu slowakischen Faschisten, daneben beriet der Ex-FPÖ-Mann Walter Grabher 1992 Meciar in PR-Angelegenheiten.
Quellen:
Antifaschistische Nachrichten 09/97
Right Wing Extremism in the Ninties, London 1996
Die Presse vom 10. 4. 1997
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