TATblatt
Am 30. Oktober 1998 trafen sich in der Wiener Hofburg die Innenminister der Europäischen Union. Das Treffen, welches unter österreichischem Vorsitz stattfindet, steht wohl im Zeichen einer noch lückenloseren Abschottung der EU gegen Flüchtlinge. Schon jetzt finden an der EU-Außengrenze Hetzjagden auf Menschen statt - Militär oder paramilitärisch aufgerüstete Sondereinheiten sind mit Hubschraubern, CO2-Sonden, Wärmebildfahrzeugen, Infrarotkameras, Hunden etc. ausgerüstet. Aber nicht nur die Außengrenzsicherung der EU wird immer repressiver, auch die Befugnisse der Polizei innerhalb der europäischen Union werden immer umfassender, die diversen nationalen Polizeiapparate miteinander vernetzt, EU-weite Spezialtruppen auf- bzw. ausgebaut und immer umfassendere Datenbanken geschaffen.
Aus diesem Grunde formierten sich bereits am 26. Oktober bei der Bundesheer-Erlebniswelt am Ring, sowie am 30. Oktober vor der Hofburg "wahre Patriotinnen und Patrioten" in schwarzen Anzügen und dunklen Sonnenbrillen, um allen "wahren Europäerinnen und Europäern" die Gelegenheit zu bieten, ihren Kot ab sofort im Schengener Zentralcomputer einzuspeichern. Laut bei beiden Aktionen verteilten Flugblättern sei die Umsetzung der zwangsweisen Abgabe von Stuhl an der EU-Außengrenze, sowie bei Verdachtsmomenten auch innerhalb der Europäischen Union, in den Schengener Verträgen bereits vorgesehen und solle hier in Wien erstmals in die Praxis umgesetzt werden. Ziel sei der Aufbau einer umfassenden europäischen Gen-Datenbank bis zum Jahre 2002.
Eigens zu diesem Zwecke wurde die neueste österreichische Entwicklung - ein mobiles, fremdstuhlsicheres Stuhlprobenfeldklo, welches zukünftig auch im Einsatz an der grünen Grenze zur Ausstattung der "Grenzschützer und Anti-Migrations-Forces" gehören wird, eingesetzt. Dieses sehr hohe, in Tarnfarben gehaltene Klo, welches durch Tarnnetze auch eine optimale Anpassung an die natürliche Umgebung der EU-Außengrenze vorweist (sogar die Klobrille ist grün) stellte in der Tat beeindruckend deutlich die neuesten Errungenschaften der Europäischen Union zur Schau. Der an Ort und Stelle anwesende technische Stab, bestehend aus Personen in Anzügen, mit Sonnenbrille und weißen Gummihandschuhen, bot PassantInnen an, ihren Kot in einen Strichcode umzuwandeln, falls die abgegebene Probe dem europäischen Normcode entspreche. Bei Vorliegen von offensichtlichem Fremd- oder Mischcode wurde umgehend die Aufenthaltsberechtigung überprüft und gegebenenfalls die Schubhaft verhängt. Überraschenderweise gab es an beiden Aktionstagen nur sehr wenige Freiwillige, sodaß beim zweiten Event vorzeitig zur zwangsweisen Stuhlabgabe übergegangen wurde.
aus: TATblatt nr. +105 (17/98) vom 5. november 1998
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