(Text einer Aussendung, leicht bearbeitet)
Als RepräsentantInnen der A.C. waren anwesend: Dr. Akinyemi (Politologe, Uni-Wien), Dr. Isima (Gynäkologe), Mag.a Achaleke (Soziologin, fungierte als Moderatorin), DI Iman (Jus-Studentin), Dr. Bukasa (Völkerrechtsexperte), weiters der Rechtsanwalt der Hinterbliebenen, Dr. Prader.
Dr. Prader wies in seinem Eingangsstatement darauf hin, dass die staatlichen
Behörden (in diesem Fall Exekutive und Justiz) für das Leben
einer von ihnen in Gewahrsam genommenen Person Sorge zu tragen hätten,
und dass diese "positive Schutzpflicht" (abzuleiten aus Artikel 2 EMRK)
im Fall von Richard W. seiner Meinung nach aufs Gröbste verletzt wurde.
Folgende Fehler seien begangen worden: (1) Man habe Richard W. - obwohl
dringender Verdacht auf das Verschlucken von so gen. "Bodypacks" bestanden
habe - nicht unter permanente Überwachung gestellt, (2) man habe Richard
W. nicht über die mit der Einnahme von Rauschgiftkügelchen verbundenen
Risiken aufgeklärt, (3) bei der Überstellung des Inhaftierten
in den Jugendgerichtshof sei es verabsäumt worden, die dortige Justizwache
auf den Verdacht der Einnahme von Drogen hinzuweisen und (4) die zuständigen
Beamten des Jugendgerichtshof hätten den Strafakt des Inhaftierten
vermutlich gar nicht durchgesehen, da Richard W. aufgrund seiner Volljährigkeit
nur den Status eines "Durchläufers" hatte. All dies belege eindeutig
die Mitverantwortung der Behörde. Die Angehörigen von Richard
W. werden deshalb eine Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat
wegen Verletzung des Artikel 2 EMRK einbringen.
Weiters stellte Dr. Prader die Forderung an den Österreichischen
Gesetzgeber, dass Inhaftierten, welche "Bodypacks" verschluckt haben, die
Möglichkeit geboten wird, diese unter ärztlicher Aufsicht auszuscheiden,
ohne dass den Beschuldigten daraus rechtliche Nachteile erwachsen (Unschuldsvermutung).
Der Anwalt sprach sich in diesem Zusammenhang auch für "Zwangsröntgen"
aus, welche ebenfalls ausschließlich medizinische Zwecken dienen
dürften. Das Recht auf Leben und die Unschuldsvermutung müssten
hier über die Beweissicherstellung gestellt werden.
Dr. Prader gab außerdem seiner Verärgerung über das
"Katz-und-Maus-Spiel" der Gerichtsmedizin (Dr. Riesser, Dr. Bauer) Ausdruck,
er laufe dem Obduktionsbericht nun schon ziemlich lange hinterher. Auf
die Frage, welche Abteilung die Verhaftung vorgenommen habe, konnte oder
wollte Dr. Prader keine Antwort geben, der zuständige Richter sei
Dr. Engelberger.
Danach erteilte Mag.a Achaleke dem Gynäkologen Dr. Isima das Wort.
Dr. Isima fasste kurz die Vorfälle rassistischer Übergriffe der
österreichischen Polizei und Justiz der letzten Jahre zusammen und
wies darauf hin, dass die Behörden aus dem Tod von Marcus Omofuma
offensichtlich nichts gelernt hätten. Der Arzt betonte weiters, dass
der Fall Omofuma nur deshalb publik geworden sei, da dieser im Ausland
gestorben ist. Er machte darauf aufmerksam, dass das Gerichtsverfahren
gegen die verantwortlichen Beamten nach wie vor ausständig ist, und
die beiden lediglich vom Dienst suspendiert wurden. In seinem weiteren
Kommentar ging Dr. Isima auf die Zusammenhänge zwischen der derzeitigen
politischen Lage in Österreich und zunehmender Xenophobie, Rassismus
und Fremdenhass ein. Seine Frage an die PolitikerInnen lautete: "Wollen
Sie in Österreich keine Afrikaner haben?" Er zog eine Parallele zum
NS-Regime der 30er Jahre und verglich die Situation von Juden und Jüdinnen
damals mit der von AfrikanerInnen heute.
Dr. Isima schloss sein Statement mit dem Appell an den österreichischen
Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Kirchen, rassistischen
Übergriffen entschieden zu begegnen.
Dr. Bukasa teilte den JournalistInnen mit, dass die angekündigte
Expertin für Drogen ihre Teilnahme an der Pressekonferenz zurückgezogen
habe, als sie erfuhr, dass die für die Obduktion der Leiche von Richard
W. zuständigen Pathologen Dr. Riesser und Dr. Bauer seien. Offensichtlich
wollte sie diese nicht öffentlich kritisieren. Dennoch habe sie ihm
mitgeteilt, dass ihrer Meinung nach der Tod schon hätte viel früher
(nach sechs Stunden) eintreten und Richard W. im Falle eines Drogentodes
schlimme Qualen hätte erleiden müssen. Dr. Bukasa las danach
einige Zitate aus einem von ihm geführten Interview mit Dr. Riesser
vor, aus denen hervorging, dass der Pathologe nur zu sehr vagen Aussagen
bezüglich der Todesursache imstande ist.
Anzeichen körperlicher Gewaltanwendung habe er keine gefunden
obwohl Richard W. laut Zeugenberichten bei seiner Verhaftung misshandelt
wurde.
Weiters sei der Obduktionsbericht deshalb noch nicht schriftlich erfolgt,
da wichtige Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien. In diesem Zusammenhang
kritisierte Dr. Bukasa entschieden die Vorgangsweise der Wiener Polizei,
welche bei ihrer Pressekonferenz von Tod durch Opiate gesprochen hatte,
obwohl auch ihr noch kein endgültiger Autopsiebericht vorliegt. Polizei
und Justiz könnten nach ihrem derzeitigen Wissensstand keine klare
Angabe über die Tatbestand der Todesursache machen. Weiters kritisierte
er Aussagen des Polizeipräsidenten Stiedl. wonach für weitere
Untersuchungen des Todesfalles "ein selbständiges Tätigwerden
der Wiener Bundespolizeidirektion nicht erfolgt".
Dr. Bukasa sprach danach von der Angst der Zeugen der Verhaftung und
des ehemaligen Zellengenossen von Richard W., ihre Aussagen zu machen,
da ihnen sonst selbst die Festnahme drohe. Er forderte deshalb die Zusicherung
von Schutzmaßnahmen für diese Zeugen. Dem Zellengenossen sei
von Seiten der Justiz "konspiratives, freies Geleit" zugesichert worden,
sollte er nicht über die von ihm beobachteten Vorfälle berichten.
Dr. Bukasa bezeichnete die Vorgangsweise seitens der Behörden
als inakzeptabel und forderte die genaue Aufklärung der Ereignisse
im Zusammenhang mit dem Tod von Richard W.
Der Politologe Dr. Akinyemi hob nochmals die politische Verantwortung von Seiten der Österreichischen Regierung hervor. Der "politische Zustand dieses Landes" lasse solche rassistischen Übergriffe zu. Wobei er betonte, dass auch die vorhergehende Regierung rassistisch war, indem sie z.B. die Kriminalisierung von AfrikanerInnen vorantrieb (siehe die Diffamierung von Omofuma als Drogenboss). Dr. Akinyemi verlangte politische Konsequenzen der EntscheidungsträgerInnen in diesem Land und forderte gleichzeitig die Zivilgesellschaft dazu auf, Rassismus in Österreich nicht zuzulassen. Angesprochen auf die Rolle der anderen Europäischen Länder bezeichnete Dr. Akinyemi die Sanktionen der EU-14 als "symbolisch", Rassismus gebe es überall in Europa. Dennoch gebe es in manchen EU-Ländern (z.B. England und Frankreich) wenigstens Antidiskriminierungsgesetze, in Österreich sei leider keinerlei politischer Wille zur Bekämpfung von Rassismus vorhanden.
Dr. Bukasa wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der österreichische Staat gegenwärtig dabei sei, sich innerhalb der EU zu rehabilitieren und daher gerade jetzt besonders großes Interesse daran habe, den Fall Richard W. zu vertuschen.
Last but not least erzählte DI Iman von ihren persönlichen Erlebnissen mit der österreichischen Exekutive und Justiz, von drastischen Misshandlungen bei ihrer Verhaftung und einer 2-monatigen Untersuchungshaft, während welcher ihr keinerlei Kontakt zur Aussenwelt gestattet wurde. Sie habe deshalb bereits Anzeige erstattet.
In der anschließenden Diskussion waren sich alle darüber einig, dass eine stärkere Politisierung der AfrikanerInnen und die Vernetzung mit anderen Gruppen für die Bekämpfung des Rassismus in Österreich unerlässlich sind.
Abschließend möchte ich noch bemerken, dass die Pressekonferenz sehr gut besucht war, und dass auch JournalistInnen der ausländischen Presse anwesend waren und sich sehr interessiert am Tod von Richard W. und an den rassistischen Vorgängen in Österreich zeigten.
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