Schwerpunkt Davos |
gegeniwf, TATblatt
In Davos fanden 1994 auf Initiative von Leuten aus der Chiapas-Solidaritätsbewegung
und von AktivistInnen aus linksradikalen und feministischen Zusammenhängen
eine erste Demonstration gegen das WEF und eine Protestkundgebung von türkisch-kurdischen
Gruppierungen statt. 1998 knüpfte das Aktionsbündnis "Freiheit
für Patricio Ortiz" an die Demonstration von 1994 an und mobilisierte
zusammen mit antirassistischen und anti-sexistischen Gruppen, dem Kurdistan-Zentrum
und der Anti-WTO-Koordination zum zweiten Mal nach Davos. In den folgenden zwei
Jahren kam es auf Initiative der Anti-WTO-Koordination wieder zu Demonstrationen
in Davos. Diesen vorangegangen waren jeweils vielfältige Kampagnen, um
eine breite Öffentlichkeit über die Machenschaften und die Bedeutung
des WEF zu informieren.
Im Jänner 2000 gab es die bisher massivsten Proteste gegen das Gipfeltreffen
in Davos. Obwohl jegliche Demonstrationen und Kundgebungen in der gesamten Stadt
untersagt waren und die Schweizer Regierung sogar Militär nach Davos beorderte,
nahmen rund 1500 Menschen an den Protesten teil. Als mehrere Polizeisperren
durchbrochen wurden, setzte die Exekutive Tränengas und Gummischrot ein.
Direkt gestört konnte dieses exklusive Gipfeltreffen jedoch nicht werden.
Das soll dieses Jahr anders werden.
Definiertes Ziel der diesjährigen Mobilisation ist es neben der Großdemonstration
am 27.1. und dem darauffolgenden RadicalRave in Davos eine Totalblockade des
WEF-Treffens herbeizuführen, das vom 25.-30.1. stattfindet. Neben Schweizer
Gruppen wie der Anti-WTO-Koordination, von denen die eigentliche Mobilisierung
ausgeht, beteiligen sich noch zahlreiche andere Gruppen und Organisationen aus
Italien, Frankreich , Deutschland, Österreich sowie aus zahlreichen anderen
Ländern (z.B. Kolumbien) an der Informationsarbeit zu den Protesten zum
Gipfeltreffen.
Auch ein Indymedia-Center soll während der Proteste eingerichtet werden,
geplant sind u.a. Live-Berichte, Radioübertragungen und WebCam. Der Indymedia
Homepage (www.davos.indymedia.org) können schon Informationen entnommen
und hinzugefügt werden.
Themenschwerpunkte
Geplant sind Schwerpunkte gegen den Bau und die Inbetriebnahme türkischer
Hochsicherheitsgefängnisse und zum sog. "Plan Colombia".
In der Türkei sind die Gefängnisse für europäische Standards
ziemlich überaltert, unter anderem weil ein Großteil der Häftlinge
in Groß-Zellen mit bis zu über hundert Insassen inhaftiert sind.
So ist es den Häftlingen möglich sich teilweise selber zu organisieren
und zu verwalten, auch ein gewisser Schutz vor Übergriffen seitens der
WärterInnen wird dadurch gewährleistet. Die neuen Gefängnisse,
nach deutschem Vorbild (Stammheim) erbaut, sehen Klein-Zellen vor, und auch
sog. Isolationszellen. Die Gefangenen sind in derartig strukturierten Gefängnissen
nicht nur der Willkür des Wachpersonals viel stärker ausgeliefert,
die Isolationszellen sind auch eine grausame Art der Folter.
In der Türkei mobilisiert ein breites Bündnis gegen dieses Vorhaben.
In zahlreichen Gefängnissen, aber auch außerhalb hat ein Todesfasten
gegen dieses Vorhaben begonnen, zahlreiche Leute befinden sich im Solidaritätshungerstreik.
Mit zahlreichen Todesopfern wurden am 19. Dezember die Proteste in den Gefängnissen
von Spezialeinheiten blutig niedergeschlagen. Da am WEF in Davos auch türkische
VertreterInnen anwesend sein werden, soll dieses Thema dorthin getragen werden.
Im Plan Colombia soll unter dem Deckmantel der Aufstands- und Drogenbekämpfung die Linke Guerilla und insgesamt die ganze progressive soziale Bewegung in (vor allem Süd-)Kolumbien zerschlagen werden. KritikerInnen befürchten, dass dieser von den USA finanziell unterstützte Plan, zu einer Zuspitzung der Kämpfe mit verbundenen Fluchtbewegungen etc. und letztendlich mit dem Ende progressiver Bewegungen führen kann. Sogenannte humanitäre Hilfe ist einkalkuliert und soll u.a. von der Europäischen Union übernommen werden, während die militärischen Maßnahmen zur Unterstützung der kolumbianischen Armee vor allem die US-Streitkräfte übernehmen werden. Doch auch die Nachbarländer Kolumbiens werden miteinbezogen, erste Einheiten wurden an den Grenzen zu Kolumbien stationiert. In Kolumbien selbst stehen Morde und Vertreibungen durch Paramilitärs an der Tagesordnung. Der Columbianische Präsident Pastrana, der den Plan Colombia mit den USA ausgehandelt hat, wird ebenfalls am WEF teilnehmen, um die den Krieg begleitenden wirtschaftliche Maßnahmen vorzubereiten.
Logistik
Davos ist ein TouristInnenort mit 13.000 EinwohnerInnen. Das Dorf liegt auf
1560m Höhe, daher ist Ende Jänner mit viel Schnee und Temperaturen
bis -20° zu rechnen. Es gibt nur zwei Zufahrtsstraßen und eine Bahnlinie.
Der Ort ist also gut überwachbar, aber es sind auch jedes Jahr Hunderte
von SkitouristInnen nach Davos unterwegs. Die Gemeindebehörden und die
WEF-Führung betonen immer wieder, dass sie während dem WEF-Kongress
Davos nicht zur Festung ausbauen und die Bewegungsfreiheit der TouristInnen
nicht einschränken wollen. Faktisch ist jedoch jeder Zufahrtsweg kontrolliert
und die Demo wird jeweils von einem massiven Polizeiaufgebot erwartet. Die Behörden
haben angekündigt, "Störer" bereits an der Landesgrenze
und entlang der Zufahrtsachsen anzuhalten.
D.h. das beste wäre, als TouristInnen verkleidet nach Davos zu gelangen
und zu verhindern, dass dasselbe den TeilnehmerInnen des WEF gelingt, die größtenteils
mit gemieteten Limousinen oder vom WEF zur Verfügung gestellten Bussen
anreisen werden.
In den Anreisetagen (ab Sonntag, 21. Jänner) wird es in Lugano, Genf und
Zürich jeweils einen zentralen Ort geben, wo sich die Anreisenden aus den
verschiedenen Ländern (Süd, West und Nord/Ost) treffen und für
einige Tage bleiben können. Als Treffpunkt für die Aktionstage gilt
am 23. Jänner ab 17.00 Uhr der Provitreff in Zürich (Sihlquai 240).
Während der gesamten Zeit des WEF gilt der Infoladen in Zürich als
Informationspunkt.
Außerdem soll es in der Nähe von Davos auf beiden Seiten des Dorfes
jeweils eine Art Anlaufstelle geben, wo sich die AktivistInnen, die an den Blockaden/Aktionen
teilnehmen, informieren und eventuell treffen und koordinieren können.
Die benötigten Schlafplätze sollen dezentral organisiert werden (zur
Anmeldung an "anti-wto@reitschule.ch" mit Angaben über wie viele
Schlafplätze von wann bis wann), um Verpflegung sich nach Möglichkeit
selbst gekümmert werden. Warme Kleidung und winterfeste Schuhe sind empfohlen.
Kontakt:
Anti-WTO-Koordination, Postfach 7611, CH-3001 Bern
E-Mail: anti-wto@reitschule.ch
E-Mail-Kontakte in Österreich:
gegeniwf@graffiti.net
gotos26@gmx.net
Weitere Informationen im Internet:
www.davos.indymedia.org
www.reitschule.ch/reitschule/anti-wto
(Anti-WTO-Koordination)
www.davos2001.ch (The Public Eye on Davos)
www.under.ch
www.weforum.org (offizielle Site des World
Economic Forum)
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