TATblatt

Schwerpunkt Davos
siehe auch:
Die Revolution stirbt nicht am Erfrierungstod ...
Die Restrukturierung der Schweizer Polizeikrüfte

 

Auf zum WEF-Gipfel in Davos!

Im Jänner 2001 treffen sich rund 2000 selbsternannte "globale Führer" aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medien und Kultur in dem ruhig gelegenen Davos in den Schweizer Alpen. Ziel dieses 31. Treffens des Weltwirtschaftsforums (WEF) ist die Planung der globalen Zukunft. Das heißt einer Zukunft zu Gunsten der im WEF vertretenen marktführenden Unternehmen. Einer Zukunft der Profitmaximierung und der Verarmung von Millionen von Menschen Nord und Süd. Obwohl WEF-Vertreter spätestens nach den massiven Anti-WTO-Protesten in Seattle ihre Rhetorik geändert haben und nun von "sozialer Verantwortung" und "Überbrücken der Gegensätze" sprechen, sind ihre Ziele dieselben geblieben. Nochmehr als die letzten Jahre wird von verschiedensten Gruppierungen und Einzelpersonen zu Protesten dagegen mobilisiert, um dem diesjährigen Summit möglichst breiten Widerstand entgegenzusetzen.

gegeniwf, TATblatt

In Davos fanden 1994 auf Initiative von Leuten aus der Chiapas-Solidaritätsbewegung und von AktivistInnen aus linksradikalen und feministischen Zusammenhängen eine erste Demonstration gegen das WEF und eine Protestkundgebung von türkisch-kurdischen Gruppierungen statt. 1998 knüpfte das Aktionsbündnis "Freiheit für Patricio Ortiz" an die Demonstration von 1994 an und mobilisierte zusammen mit antirassistischen und anti-sexistischen Gruppen, dem Kurdistan-Zentrum und der Anti-WTO-Koordination zum zweiten Mal nach Davos. In den folgenden zwei Jahren kam es auf Initiative der Anti-WTO-Koordination wieder zu Demonstrationen in Davos. Diesen vorangegangen waren jeweils vielfältige Kampagnen, um eine breite Öffentlichkeit über die Machenschaften und die Bedeutung des WEF zu informieren.
Im Jänner 2000 gab es die bisher massivsten Proteste gegen das Gipfeltreffen in Davos. Obwohl jegliche Demonstrationen und Kundgebungen in der gesamten Stadt untersagt waren und die Schweizer Regierung sogar Militär nach Davos beorderte, nahmen rund 1500 Menschen an den Protesten teil. Als mehrere Polizeisperren durchbrochen wurden, setzte die Exekutive Tränengas und Gummischrot ein. Direkt gestört konnte dieses exklusive Gipfeltreffen jedoch nicht werden. Das soll dieses Jahr anders werden.
Definiertes Ziel der diesjährigen Mobilisation ist es neben der Großdemonstration am 27.1. und dem darauffolgenden RadicalRave in Davos eine Totalblockade des WEF-Treffens herbeizuführen, das vom 25.-30.1. stattfindet. Neben Schweizer Gruppen wie der Anti-WTO-Koordination, von denen die eigentliche Mobilisierung ausgeht, beteiligen sich noch zahlreiche andere Gruppen und Organisationen aus Italien, Frankreich , Deutschland, Österreich sowie aus zahlreichen anderen Ländern (z.B. Kolumbien) an der Informationsarbeit zu den Protesten zum Gipfeltreffen.
Auch ein Indymedia-Center soll während der Proteste eingerichtet werden, geplant sind u.a. Live-Berichte, Radioübertragungen und WebCam. Der Indymedia Homepage (www.davos.indymedia.org) können schon Informationen entnommen und hinzugefügt werden.

Themenschwerpunkte


Geplant sind Schwerpunkte gegen den Bau und die Inbetriebnahme türkischer Hochsicherheitsgefängnisse und zum sog. "Plan Colombia".

In der Türkei sind die Gefängnisse für europäische Standards ziemlich überaltert, unter anderem weil ein Großteil der Häftlinge in Groß-Zellen mit bis zu über hundert Insassen inhaftiert sind. So ist es den Häftlingen möglich sich teilweise selber zu organisieren und zu verwalten, auch ein gewisser Schutz vor Übergriffen seitens der WärterInnen wird dadurch gewährleistet. Die neuen Gefängnisse, nach deutschem Vorbild (Stammheim) erbaut, sehen Klein-Zellen vor, und auch sog. Isolationszellen. Die Gefangenen sind in derartig strukturierten Gefängnissen nicht nur der Willkür des Wachpersonals viel stärker ausgeliefert, die Isolationszellen sind auch eine grausame Art der Folter.
In der Türkei mobilisiert ein breites Bündnis gegen dieses Vorhaben. In zahlreichen Gefängnissen, aber auch außerhalb hat ein Todesfasten gegen dieses Vorhaben begonnen, zahlreiche Leute befinden sich im Solidaritätshungerstreik. Mit zahlreichen Todesopfern wurden am 19. Dezember die Proteste in den Gefängnissen von Spezialeinheiten blutig niedergeschlagen. Da am WEF in Davos auch türkische VertreterInnen anwesend sein werden, soll dieses Thema dorthin getragen werden.

Im Plan Colombia soll unter dem Deckmantel der Aufstands- und Drogenbekämpfung die Linke Guerilla und insgesamt die ganze progressive soziale Bewegung in (vor allem Süd-)Kolumbien zerschlagen werden. KritikerInnen befürchten, dass dieser von den USA finanziell unterstützte Plan, zu einer Zuspitzung der Kämpfe mit verbundenen Fluchtbewegungen etc. und letztendlich mit dem Ende progressiver Bewegungen führen kann. Sogenannte humanitäre Hilfe ist einkalkuliert und soll u.a. von der Europäischen Union übernommen werden, während die militärischen Maßnahmen zur Unterstützung der kolumbianischen Armee vor allem die US-Streitkräfte übernehmen werden. Doch auch die Nachbarländer Kolumbiens werden miteinbezogen, erste Einheiten wurden an den Grenzen zu Kolumbien stationiert. In Kolumbien selbst stehen Morde und Vertreibungen durch Paramilitärs an der Tagesordnung. Der Columbianische Präsident Pastrana, der den Plan Colombia mit den USA ausgehandelt hat, wird ebenfalls am WEF teilnehmen, um die den Krieg begleitenden wirtschaftliche Maßnahmen vorzubereiten.

Logistik


Davos ist ein TouristInnenort mit 13.000 EinwohnerInnen. Das Dorf liegt auf 1560m Höhe, daher ist Ende Jänner mit viel Schnee und Temperaturen bis -20° zu rechnen. Es gibt nur zwei Zufahrtsstraßen und eine Bahnlinie.
Der Ort ist also gut überwachbar, aber es sind auch jedes Jahr Hunderte von SkitouristInnen nach Davos unterwegs. Die Gemeindebehörden und die WEF-Führung betonen immer wieder, dass sie während dem WEF-Kongress Davos nicht zur Festung ausbauen und die Bewegungsfreiheit der TouristInnen nicht einschränken wollen. Faktisch ist jedoch jeder Zufahrtsweg kontrolliert und die Demo wird jeweils von einem massiven Polizeiaufgebot erwartet. Die Behörden haben angekündigt, "Störer" bereits an der Landesgrenze und entlang der Zufahrtsachsen anzuhalten.
D.h. das beste wäre, als TouristInnen verkleidet nach Davos zu gelangen und zu verhindern, dass dasselbe den TeilnehmerInnen des WEF gelingt, die größtenteils mit gemieteten Limousinen oder vom WEF zur Verfügung gestellten Bussen anreisen werden.
In den Anreisetagen (ab Sonntag, 21. Jänner) wird es in Lugano, Genf und Zürich jeweils einen zentralen Ort geben, wo sich die Anreisenden aus den verschiedenen Ländern (Süd, West und Nord/Ost) treffen und für einige Tage bleiben können. Als Treffpunkt für die Aktionstage gilt am 23. Jänner ab 17.00 Uhr der Provitreff in Zürich (Sihlquai 240). Während der gesamten Zeit des WEF gilt der Infoladen in Zürich als Informationspunkt.
Außerdem soll es in der Nähe von Davos auf beiden Seiten des Dorfes jeweils eine Art Anlaufstelle geben, wo sich die AktivistInnen, die an den Blockaden/Aktionen teilnehmen, informieren und eventuell treffen und koordinieren können.
Die benötigten Schlafplätze sollen dezentral organisiert werden (zur Anmeldung an "anti-wto@reitschule.ch" mit Angaben über wie viele Schlafplätze von wann bis wann), um Verpflegung sich nach Möglichkeit selbst gekümmert werden. Warme Kleidung und winterfeste Schuhe sind empfohlen.

Kontakt:


Anti-WTO-Koordination, Postfach 7611, CH-3001 Bern
E-Mail: anti-wto@reitschule.ch

E-Mail-Kontakte in Österreich:
gegeniwf@graffiti.net
gotos26@gmx.net

Weitere Informationen im Internet:


www.davos.indymedia.org
www.reitschule.ch/reitschule/anti-wto (Anti-WTO-Koordination)
www.davos2001.ch (The Public Eye on Davos)
www.under.ch
www.weforum.org (offizielle Site des World Economic Forum)

aus TATblatt +158, S. 1,4
 
 
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