Wunderwelt der Technik, Folge 2:
Funkscanner
Ein dosiertes Maß an Technikfieber kann Lustgewinn bringen. Ein
bisschen davon ist also individuell in Ordnung, zuviel kann Deine Gesundheit
gefährden. Denn in Österreich ist sogar das Hören engen
Grenzen unterworfen.
Ein Wunder der Technik ist weniger die tote Materie, das technische
Gerät, sondern das wohlbekannte und doch so fremde Ohr. Es ist ein
Organ, das uns die Welt näher bringt, indem es Schallwellen auffängt,
in einem Trichter, der Ohrmuschel, bündelt und in eine Röhre,
den Gehörgang weiterleitet. Aus dem Biologieunterricht wissen wir
noch, dass die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel
bei der Verstärkung hilfreich sind, und es gibt Membranen zur Übertragung
und Entschlüsselung der Schallwellen.
Es ist ein technisch vollkommenes Organ, doch dann kam der Mensch und
mit ihm die Funkübertragung. Ohne Hilfsmittel kann ein Mensch diese
Schwingungen nicht entschlüsseln, weil die Frequenz nicht stimmt,
und das obwohl es nach der klassischen Kommunikationswissenschaft auch
hier Sender und Empfänger und damit Kommunikation gibt.
Mit dem Fortschreiten des industriellen Wahns nahm auch die Häufigkeit
und Vielfalt der Kommunikation zu. Genügte um 1930 ein Telefon beim
Lebensmittelladen oder in der Post für einen kleineren Ort, so besitzt
heute der oder die DurchschnittsbürgerIn gleich zwei bis drei Telefone.
Dementsprechend haben sich auch die Frequenzbereiche enorm ausgeweitet.
Wir wollen nicht in technische Details eindringen, nur soviel: Gesendet
wird auf einer bestimmten Wellenlänge in einem bestimmten Frequenzbereich,
wobei sich der Faktor aus 300.000 dividiert durch die Wellenlänge
in Metern ist gleich die Frequenz in Kilohertz ergibt. Mehr Spezialwissen
ist nicht nötig.
Zum Empfang muss ich schlicht ein Gerät haben, das auf der gesendeten
Frequenz empfangen kann. Wenn ich zwei Funkgeräte verwende so sind
diese technisch soweit normiert, dass sie über dieselben Frequenzbereiche
senden und empfangen können.
Es gibt jedoch auch Geräte, die nur senden oder nur empfangen
können. Beispiele für ausschließliche Sender sind Radiostationen
oder auch Abhörgeräte, ausschließliche Empfänger sind
etwa Radiogeräte oder auch Funkscanner.
Ein Funkscanner unterscheidet sich von einem Radio eigentlich nur dadurch,
dass er andere Frequenzen empfangen kann und technisch etwas aufgemotzt
ist. Radiogeräte mit einem Display und einem Sendersuchlauf sind eigentlich
beschränkte Scanner.
Scannen
Ein Scanner hat zwei Suchlaufprogramme integriert. Das erste sucht Frequenzen ab und stoppt dort, wo Funksignale empfangen werden. Der Scanner kann nur jene Frequenzen absuchen, die ihm technisch möglich sind. Falls auf einer Frequenz Signale empfangen werden, zeigt der Scanner auf dem Display die Frequenz an und das Ohr kommt wieder zum Zug, es kann lauschen. Zudem bieten Scanner die Möglichkeit diese Frequenz zu speichern. Hast Du mehrere Frequenzen gespeichert, dann ermöglicht ein zweiter Programmschritt das laufende Absuchen der gespeicherten Frequenzen. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Du tatsächlich etwas mithören kannst, denn es wird nicht ständig auf allen Frequenzen gesprochen und die meisten Gespräche sind kurz.
Frequenzen
Nicht jede/r darf herumfunken wie er oder sie will. Die Einteilung der
Frequenzen und die Zugangsberechtigungen zum Funk werden national geregelt
und international koordiniert. Es gibt freie Frequenzen, die von allen
ohne Voraussetzung benutzt werden dürfen, solche für FunkamateurInnen
mit Sendelizenz und solche die bestimmten Zwecken vorbehalten und nicht
öffentlich sind. Nicht öffentlich heißt in diesem Sinn,
dass weder gesendet noch gelauscht werden darf, sofern Du nicht zum geschlossenen
BenutzerInnenkreis gehörst.
Die gängigen Frequenzen beginnen bei etwa 29 MHz mit dem CB-Funk,
von etwa 87 bis 108 MHz senden die Radiostationen, von 144 bis 146 MHz
ist der Amateurfunk und dazwischen und darüber sind alle Arten von
Behörden-, Wetter-, Weltraumforschungs- und anderen Funkdiensten angesiedelt.
Einfache Scanner beschränken sich auf Ausschnitte des Kernbereichs
bis 960 MHz, nämlich auf 66 - 88 MHz, 137 - 174 MHz und 406 - 512
MHz. Alles darüber hinaus ist Zusatzservice. Allerdings wird bereits
auf Frequenzen bis 275 Gigahertz gesendet, besonders im Funkverkehr vom
Weltraum zur Erde.
Dass sich die Hersteller von kleinen Scannern auf niedrige Frequenzen
beschränken hat zwei Gründe: Zum einen ist es eine Kostenfrage,
denn die Geräte sind schon so billig, dass besondere Finessen nicht
gefragt sind, und zum anderen interessiert potentielle KäuferInnen
in der Regel der bodengebundene Funkverkehr mit lokalem Bezug, nämlich
Amateur-, Behörden-, Flug- und Wetterfunk in der eigenen Umgebung.
Und das können die kleinen Geräte alle.
Shopping Guide
Unbedarft in ein Geschäft zu gehen und einfach einen Scanner zu
verlangen, wird aller Voraussicht nach in Unzufriedenheit enden. Obwohl
es mit Albrecht, Uniden, Yupiteru und anderen nur wenige Hersteller gibt,
ist die Vielfalt der Geräte erstaunlich groß. Vor dem Kauf muss
ich gewünschte Empfangsfrequenzen, Anzahl der Speicherplätze,
Suchlaufgeschwindigkeit und ob es ein Standgerät oder ein Mobilscanner,
also eine Handgurke, werden soll, wissen. Außerdem muss ich auch
mal einen Laden finden, was nicht immer einfach ist.
Die billigsten Handgeräte fangen bei der Preisklasse von etwa
1500 öS an und sind sogenannte 10-Kanal-Scanner, die aber sehr langsam
scannen und nur 10 Kanäle speichern können. Dann nimmt die Geschwindigkeit
mit dem Preis zu, als auch die Anzahl der Speicherplätze und die Frequenzen.
Ab etwa 7.000 öS gibt es die ersten Scanner mit Sprachinverter. Das
sind kleine technische Zusätze, die im Behördenfunk verschlüsselte
Gespräche entschlüsseln. In höheren Preissphären gibt
es auch Scanner mit Schnittstellen für Anschluss an einen Computer,
durch den es möglich ist, ebenfalls käufliche Entschlüsselungsprogramme
über ein aufgenommenes Gespräch laufen zu lassen.
Entscheidend sollte beim Kauf sein, welche Frequenzen ich unbedingt
hören will. Und hier beginnt im Geschäft bereits ein Eiertanz,
der den Umgang mit Scannern generell bestimmt: Das Gerät kann etwas,
was in den meisten Ländern eigentlich illegal ist, aber wofür
es in der Regel gebaut und gekauft wird.
Rechtliches
Scanner waren bis 1992 in fast allen Ländern außer den USA
verboten, doch dann setzte sich die Industrie durch. Durch eine Richtlinie
der EU wurde der Verkauf von Scannern legalisiert. Die EU-Kommission bestimmte,
dass es das Problem der Funknetzbetreiber und Behörden sei, wenn sie
ihre technischen Dienste nicht so ausstatten, dass sie abhörsicher
sind. Die nationalen Regelungen weichen davon in der Regel ab. In Österreich
waren Scanner von 1992 an bis zum EU-Beitritt 1995 legal, dann meinte der
damalige Verkehrsminister Einem den Verkauf verbieten zu müssen. Mittlerweile
bieten auch in Österreich Geschäfte Scanner wieder an, denn der
Import konnte nie verboten werden, weil EU-Recht der Freiheit des Warenverkehrs
vor nationales Recht geht.
Das Abhörpoblem von Behörden wird von Land zu Land unterschiedlich
angegangen. In Deutschland, der Heimat von Herstellern wie Albrecht, ist
ähnlich wie in Belgien, Österreich u.a. Ländern der Betrieb
von Scannern nicht verboten, wohl aber das Abhören bestimmter Frequenzen.
Frankreich hat das Problem ungeachtet der rechtlichen Problematik so gelöst,
dass der Funkverkehr der Polizei digitalisiert und somit abhörsicher
gemacht wurde. In den Niederlanden ist sowohl der Verkauf als auch der
Betrieb von Scannern unbeschränkt erlaubt, also auch das Abhören
der Kanäle der Polizei.
Wer also in einem anderen Land als den Niederlanden einen Scanner kauft,
muss so tun als ob ihn/sie sie Frequenzen, auf denen Behörden senden,
vollkommen egal sind, obwohl die Frequenzbereiche der Scanner so gewählt
sind, dass damit in erster Linie die Frequenzen der Behörden gehört
werden können. Die EU-Richtlinie besagt nämlich, dass Scanner
technisch zumindest eine Frequenz erfassen können müssen, die
öffentlich zugänglich ist. Folge ist, dass die billigen Scanner
praktisch ausschließlich auf Behördenfunk programmiert sind
und in irgendeinem Randbereich etwa ein paar Frequenzen des Fernsehtons
erfassen.
Praktische Erfahrungen
Durch den Einsatz von Handys, die mit gewöhnlichen Scannern nicht
abgehört werden können, hat sich der Funkverkehr ziemlich reduziert.
In Österreich gibt es außer der Kriminalpolizei und vermutlich
den militärischen Nachrichtendiensten keinen digitalisierten Funkverkehr
im Behördenbereich, sodass, wenn gefunkt wird, die Wahrscheinlichkeit
groß ist, eine Behördenfrequenz zu erwischen. Diese kann dann
gehört werden, obwohl es illegal ist, aber das Gerät dazu legal
ist. Österreichisches Recht eben.
Du hast also keine Ahnung, wo überhaupt gesendet wird und lässt
zunächst mal den automatischen Suchlauf arbeiten. Plötzlich krächzt
etwas und es sind Wortfetzen zu hören, wie Buchstabenkürzel,
detaillierte persönliche Daten, Angaben über Orte, Einsatzberichte
usw. Hier beginnt die detektivische Arbeit, welchen Kanal Du erwischt hast.
In Deutschland, USA oder den Niederlanden ist die Sache einfacher, denn
dort gibt es Handbücher mit Frequenzlisten und Angaben zu von bestimmten
Nutzern verwendeten Wortkürzeln. Allerdings sind in Deutschland auch
die Frequenzbereiche sauber getrennt, in Österreich befinden sich
mitten unter den Behördenfrequenzen auch Amateurfunkfrequenzen. In
Wien ist das ganz besonders chaotisch, da alleine die Polizei mehrere Frequenzen
hat, von denen einige nur zu bestimmten Anlässen wie Demos verwendet
werden.
Sobald Du festgestellt hast, dass Du etwa auf dem EKIS-Kanal der Polizei
gelandet bist, wo in Permanenz hochsensible Daten von gerade amtsbehandelten
Personen unverschlüsselt über den Funk geschickt werden und die
halbe Welt gemütlich mithören kann, musst Du mit dem Lauschen
aufhören, weil es verboten ist.
Es ist allerdings grundsätzlich die Überlegung anzustellen,
was einen Staat wie Österreich berechtigt, der ohne jede Rücksichtnahme
und Sicherheitsmaßnahme seine BürgerInnen bespitzelt, illegale
Datensammlungen anlegt, überhaupt im rechtsfreien Raum agiert und
alles über den Äther ausposaunt, berechtigen sollte ausgerechnet
bei gewöhnlichen Menschen eine strafbare Handlung zu unterstellen.
Vielmehr ist anzunehmen, dass mit dem Abhörverbot verhindert werden
soll, dass die Menschen wissen, dass aber auch wirklich alles ohne rechtliche
Deckung bis zum Jahre Schnee zurück beispielsweise im EKIS abspeichert
wird. Ähnliches kann über die Vorgangsweise bei Amtshandlungen,
die sich im Funkverkehr zwischen BeamtIn vor Ort und vorgesetzter Dienststelle
und die häufig entwürdigende und missachtende Behandlung von
einfachen BeamtInnen durch Vorgesetzte angenommen werden, sowie die Amtshandlungen
gegenüber "Randgruppen" durch BeamtInnen, vermutet werden. Insofern
ist es als demokratiepolitische Errungenschaft anzusehen, dass in den Niederlanden
auch der Polizeifunk, Rettung, Feuerwehr, Verkehrsbetriebe usw. legal mitgehört
werden können.
Wie schon bei den Aufsperrwerkzeugen können wir auch bei Funkscannern
belegen, dass es sich bei dieser Errungenschaft nicht nur um technischen
Fortschritt, sondern auch um eine demokratiepolitische Notwendigkeit handelt.
Schließlich sind die Niederlande eine Demokratie. Aus diesem Grund
sollte auch den Niederlanden als Einkaufsort der Vorzug gegeben werden.
Dort gibt es in jeder größeren Stadt ein Funktechnikgeschäft
mit netten VerkäuferInnen, die Stolz darauf sind, dass in ihrem Land
BürgerInnen Rechte haben.
Vielleicht sitzt Du eines schönen Tages vor einem Scanner und
denkst, wie es sein könnte in einem Land zu leben, in dem Ohren nicht
erst durch eine EU-Richtlinie erlaubt sind und das Hören nicht verboten
ist.
Literatur:
Vor dem Kauf unbedingt dieses Einführungswerk lesen:
Wolf Siebel: UKW-Sprechfunk Scanner Handbuch, Siebel Verlag. Es enthält
fundierte Erklärungen, umfangreiche Frequenzlisten (nicht zu Österreich),
sowie Gerätebeschreibungen und ungefähre Preise in Deutschland,
plus eine Liste von HändlerInnen in Deutschland.
Im Internet gibt es wiederum eine ganze Fülle von
Informationen, sowohl über technische Details, als auch über
Frequenzen (z.B. als Suchbegriff Frequenzen Wien eingeben) und sonstige
Infos. außerdem werben natürlich die Hersteller.
Bezugsquellen:
In Wien führen die Geschäfte Funktechnik Böck
(1060, Mollardgasse 30-32) und Point electronics (1060, Stumpergasse 41-43)
Scanner. Ein großer Händler mit Versandhandel ist Conrad aus
Deutschland mit Niederlassungen in Österreich. Bei Kauf im EU-Raum
gilt Freiheit des Warenverkehrs, d.h. der Import ist legal und zollfrei.
>>Wiener. Frequenzliste
(auszugsweise)
>>Polizeikürzel
>>Wunderwelt der Technik, Folge 1: Sperrtechnik (aus TATblatt Nr. +162)
aus TATblatt Nr. +163 vom 13. April 2001
>> TATblatt-Inhaltsverzeichnis |
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