Warum bist Du und sind die Grünen im zweiten Bezirk gegen das Schulprojekt im Augarten?
Grundsätzlich bin ich nicht gegen den Bau einer jüdischen Schule. Ich bin gegen die Verbauung des Augartens bzw. Teile des Augartens. Das bedeutetet, daß ich im Augarten, in einem Grünraum, in dem Leute Erholung suchen, wo nicht viel sonstiger Grünraum ist -- das gilt nicht nur für den zweiten, sondern besonders auch für den zwanzigsten Bezirk -- gegen jede Verkleinerung von Grünraum bin.
Dort war bis 1938 eine jüdische Einrichtung.
Das historische Argument, daß da einmal eine jüdische Einrichtung war, kann ich so nicht gelten lassen, weil sonst müßte man den zweiten Bezirk in vielen Bereichen umbauen. Dort waren viele jüdische Einrichtungen. Die jüdische Gemeinde hat das Grundstück der Gemeinde Wien verkauft. Die Gemeinde Wien hat das Grundstück mit einer Bauwidmung versehen. Das war allerdings 1971, zu einer Zeit, wo man noch Atomkraftwerke geplant und gebaut hat, wo noch geplant war, eine Autobahntrasse durch den Augarten durchzuführen. In der Zwischenzeit hat sich auch in Österreich im ökologischen Bewußtsein etwas geändert.
Wo sollte oder könnte die Schule Eurer Ansicht nach gebaut werden?
Als Alternative zum Augarten gäbe es mehrere Gründe. Zum einen wäre da das Projekt Nordbahnstraße, dann die Trumer-Gründe, die ehemalige Bundesversuchsanstalt, alles im zweiten Bezirk gelegen. Allerdings würde das der Gemeinde Wien etwas kosten. So günstig, wie sie dieses Grundstück im Augarten hergeben kann, nämlich als Grundstück, das für die Gemeinde Wien in keiner Weise anders zu nützen wäre, sind die Alternativgründe nicht. Die Trumergründe müßten von der Gemeinde Wien zumindest mitsaniert werden, was meines Erachtens auch durchaus seine Berechtigung hätte.
Was heißt, so günstig wie im Augarten...?
Auch in der Gemeinde Wien weiß man, daß Grundstücke im Augarten nicht zu bebauen sind. Man kann dort trotz Flächenwidmung in der Regel nichts hinbauen, ohne einen großen Widerstand aus der Bevölkerung zu haben: Da kann man kein Frauenhaus, keine sonstige soziale Einrichtung, auch keinen Kindergarten, aber auch keine jüdische Schule hinbauen, ohne den Widerstand der Bevölkerung zu haben. Die Gemeinde Wien hat mit dem Verschenken des Grundstückes für die jüdische Schule das Kalkül in Betracht gezogen, daß da eh nichts passieren wird, weil es ja eine jüdische Schule ist und da traut sich ohnedies keiner etwas zu sagen.
Gibt es Kontakte mit dem Schulbetreiber?
Ja, es hat Gespräche gegeben mit der Lauder-Stiftung.
Mit welchem Ergebnis?
Es wurde vereinbart, mit dem Ergebnis nicht an die Öffentlichkeit zu gehen.
Aber es gibt eine Gesprächsbasis?
Eher eine schlechte als rechte.... Die Gesprächsbasis funktioniert eher nicht. Sie könnte durchaus besser sein.
In Aussendungen und Statements wehren sich sowohl die Leute von der BürgerInitiative als auch die Grünen immer wieder gegen den Vorwurf des Antisemitismus. Wann und wo ist dieser Vorwurf erhoben worden?
Bei dieser Sitzung mit der Habath-Gruppe, mit den Errichtern, wurde die Betreiber der Bürgerinitiative durchaus als Antisemitisch bezeichnet.
Und gibt es öffentliche Stellungnahmen mit diesem Vorwurf?
Öffentliche Stellungnahme ist mir keine bekannt.
Wer ist Deiner Ansicht nach an dem Schlamassel schuld?
Schuld an dem Schlamassel ist für mich eindeutig die Gemeinde Wien, die eben dieses Grundstück zur Verfügung stellt bzw. zur Verfügung stellen will, weil auch die Habath-Gruppe hat noch keinen Baurechtsvertrag.
Die Bürgerinitiative stellt in einem Brief und gegenüber Medien die polemische Frage, um wieviel Geld mensch sich einen Park kaufen kann. Der Vorwurf des Antisemitismus wird dabei sehr entschieden zurückgewiesen. Die FPÖ-Brigittenau, deren Aussagen ja wohl in einem historischen Kontext gesehen werden müssen, warnt vor der drohenden Verwirklichung der Schule, für die ihrer Ansicht nach "schon allein die enormen Finanzmittel, die hinter den Befürwortern und Betreibern dieses Projekts stehen" sorgen würden. Wo ist der Unterschied zwischen diesen beiden Aussagen?
In erster Linie mußt Du die zwei Leute, die diese Zitate verwenden, selber fragen. Für mich ist die Tatsache, daß da eine Stiftung mit enormen Geldmitteln dahinter ist, kein Grund, die Schule nicht zu bauen. Ganz im Gegenteil, es gibt für eine Stiftung mit enormen Geldmitteln nichts Löblicheres, als eine Schule zu bauen. Allerdings ist für mich die Standortfrage noch nicht geklärt.
Wie konnte eine Lösung aussehen?
Das hängt vom Bürgermeister ab. Das sind Sachen, die der Bürgermeister zu entscheiden hat. Die Grünen in der Leopoldstadt vergeben keine Gründe. Die werden von der Gemeinde Wien, ergo vom Bürgermeister vergeben.
Wird es im Fall der Projektumsetzung zu Aktionen, etwa Bauplatzbesetzungen etc. kommen?
Es wird Aktionen geben, wie auch immer die aussehen mögen.
--> zum Artikel Bäume, Bäume über alles
-->für Nicht-Ortskundige: Was ist der Augarten?
--> Unrecht und die unterste Schublade
--> Offener Brief an Adi Hasch (Leserbrief aus TATblatt Nr. plus 79)
aus: TATblatt Nr. plus 78 (11/97) vom 5. Juni 1997
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