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Entwicklungen und Perspektiven der türkischen Linken Teil 2
Teil 3 Für die USA stand mit der Türkei die Eckbastion ihres gesamten Ostmittelmeerstrategie auf dem Spiel. Die antiamerikanische Protestwelle wuchs von Tag zu Tag an. Die Flotten der USA konnten nicht mehr ungestört türkische Häfen anlaufen. Angesichts der immer stärker werdenden Opposition gegen die Interessen der Herrschenden und der zunehmenden Probleme auf ökonomischem Gebiet, entzogen das Militär und die Schlüsselgruppen des Bürgertums sowie auch die USA dem Regierungschef Süleyman Demirel ihre Unterstützung. Sie wünschten eine starke Regierung. Am 12. März 1971 forderte die Armeeführung, um dem "wirtschaftlichen Chaos und der Anarchie im Lande" ein Ende zu machen, die Regierung Demirel zum Rücktritt auf, was schon wenige Stunden später erfolgte. Der Putsch zielte, den Interessen der Herrschenden und der Imperialisten entsprechend, nicht auf die Bekämpfung der "Anarchie", sondern auf die Zerschlagung der linken Kräfte. Nachdem die Führer der militanten Linken rasch verhaftet und einige unter ihnen hingerichtet wurden, verlagerte das Regime ihre systematische Unterdrückung auf alle Personen, die verschiedenen Linkstendenzen verdäch- tigt waren. Während die bedeutenden linken Organisationen Dev Genç, DISK und die Lehrergewerkschaft TÖS bereits unmittelbar nach der Verhängung des Ausnahmezustandes verboten wurden, wurde die TIP (Arbeiterpartei der Türkei), die im Juli 1977 für die Rechte des kurdischen Volkes eingetreten war, wegen "Verstoßes gegen die Unteilbarkeit der Nation" verboten. Die Erfahrung der staatlichen Repression der jungen Leute in diesen Jahren sollte zum neuen revolutionären Bewußtsein der siebziger Jahre führen. Außerdem setzte der Militärputsch und seine Folgen den Illusionen des Kemalismus ein Ende. Denn nicht wenige linke Strömungen, wenn auch in unterschiedlichem Maße, hatten positive Erwartungen in die "revolutionären Kemalisten" gesetzt. "Diese innerhalb weniger Monate ablaufenden Entwick- lungen bewiesen nicht nur, daß der Kemalismus über keinerlei revolutionäres Programm verfügte - sie zeigten auch die Unvereinbarkeit von putschisti- schen Methoden mit revolutionären Zielen. Der Mythos vom revolutionären Potential des Kemalismus und seiner "Schicht der Intellektuellen in Armee und Zivilleben" wurde in den Augen der sozialistischen Kader nunmehr zu Grabe getragen". Deshalb können wir den Putsch der Militärs vom 12. März 1971 auch als einen Wendepunkt für die türkische Linke bezeichnen. 1973 wurde das Kriegsrecht aufgehoben und im Oktober 1973 wurden Parlamets- wahlen abgehalten, die unerwartet von der CHP gewonnen wurde. Nach harten Verhandlungen einigten sich die CHP und MSP Anfang 1974 auf eine Regierungs- koalition. Die CHP hatte die von ihr im Wahlkampf versprochene Generalamnes- tie für politische Gefangene in die Tat umgesetzt. Im Herbst 1974 kam es in der Regierungskoalition zu Auseinandersetzungen, die mit dem Verlassen des Regierungsbündnisses der MSP endete. In der Türkei gab es seit Beginn der 70er Jahre eine Art Guerillabewegung, die sich Lateinamerika (Che Guevara) als Vorbild nahm, die glaubte, mit der Waffe in der Hand eine revolutionäre Entwicklung erzwingen zu können. Die beiden wichtigsten Gruppen der türkischen Linken in dieser Zeit waren die "Volksbefreiungsarmee der Türkei" (THKO) und der "Volksbefreiungspartei und Front der Türkei" (THKP-C). Es gab nur geringe Differenzen in der revolutionären Linie der beiden Gruppen. Während die THKO eher unter dem Einfluß der kubanischen Revolution zu stehen schien, behauptete die THKP-C, einer etwas revidierten maoistischen Linie zu folgen. Diese beide Gruppen sind aus unterschiedlichen Gründen gescheitert. Auch wenn die Kämpfe der Guerilla 1971/72 auf die revolutionäre Bewegung der Türkei großen Eindruck machten, waren sie nur von bescheidener Bedeutung. Der Kern ihrer Kader bestand aus einigen hundert Kämpfern, die mehrheitlich Studenten waren. Sie konnten sich nur zwischen September 1970 bis März 1972 halten. Trotz des unbedeutenden Umfangs der Guerilla-Aktivitäten konnte sie von späteren Generationen große Sympathien verbuchen und wurde als der Höhepunkt des Klassenkampfes in der Geschichte der modernen Türkei angese- hen. Auch wenn die Zahl jungen Revolutionäre eine kleine Gruppe bildeten, haben sie auf die folgenden Generationen einen tiefen Eindruck hinter- lassen und hatten beträchlichen Einfluß in den 70er Jahren. 1. und 2. Nationalistische Front-Regierungen Nach dem Bruch der Koalitionsregierung CHP/MSP gelang es der AP im April 1975, trotz bestehender Differenzen und Konflikte, mit Unterstützung der Unternehmerverbände und ausländischer Monopole unter Demirel eine Koalitionsregierung der "Nationalistischen Front" (Milli Cephe - MC) zu gründen. Der "Kauf" einiger parteiloser Abgeordneter ermöglichte die Einigung mit der islamischen "Nationalen Heilspartei" (Milli Selamet Partisi - MSP), der "Republikanischen Vertrauenspartei" (Cumhuriyetci Güven Partisi - CGP) und der faschistischen "Partei der Nationalen Bewegung" (Milli Hareket Partisi - MHP). Im Juli 1977 wurde die "2. Nationalistischen Front-Regierung" unter Beteiligung der MHP, der AP und der MSP, gegründet. Demirel wurde erneut zum Ministerpräsidenten. In der neuen Regierung bekamen die MHP´ler noch größere Möglichkeiten, innerhalb des Staatsapparates sich einzunisten. Die MC-Koalitionsregierung vertrat die Interessen des einheimischen und ausländischen Monopolkapitals und deren neofaschistische, islamische und fanatische Orientierungen gegenüber der immer stärker werdenden Arbeiterklasse und progressiven Kräften, zu denen aus der Sicht der Herrschenden nunmehr auch die CHP (Republikanische Volkspartei) gehörte. Obwohl innerhalb der Koalitionsregierung Widersprüche auftraten, waren sie sich in ihrem Vorgehen gegen die Arbeiterklasse und die mit ihr verbundenen fortschrittlichen Kräfte einig. Um eine gewerkschaftliche Einheitsbewegung der Arbeiterklasse zu verhindern, wurde die Gewerkschafts-Politik der USA-freundlichen Türk-Is-Führung unterstützt. Tausende von Arbeitern, Studenten, Schülern und Lehrern wurden von den Terrortruppen und der Polizei verhaftet und zum Teil schwer gefoltert oder ermordet. Ministerpräsident Demirel und andere Parteiführer unternahmen nichts, um die sich krisenhaft verschlechternde ökonomische und politische Situation zu bewältigen, und erklärten öffentlich, daß diese "patriotische Jungen", zusammen mit Militär und Polizei den Staat vor der kommunistischen Gefahr schützen und verteidigen sollten. Unter diesen schwierigen Bedingungen begann der Aufstieg der sozialistischen und Arbeiterbewegung, der seinen Höhepunkt 1977 erlebte. Die progressive Gewerkschaft DISK begann in den 70er Jahren sich organisa- torisch auch in Anatolien aufzubauen. In einigen der neuen großen Industrie- zentren Anatoliens konnte sie jedoch nicht dieselben Fortschritte machen wie im Westen. So gelang es ihr beispielsweise im Nordwesten nicht, wo es zeit- weilig zu großen Mobilisierungen von Zehntausenden von Arbeitern kam, Arbeiter zu rekrutieren. Auch wenn die DISK im Stahlwerk von Iskenderun, in dem tausende Arbeiter beschäftigt waren, anfänglich gewisse Erfolge verzeichnen konnte, so mußte sie später schlimme Rückschläge einstecken, als faschistische Banden übergriffen. Die Rückschläge ware u.a. auf die Unerfahrenheit der örtlichen linken Kader zurückzuführen, die angesichts der faschistischen Übergriffe keine Gegenorganisierung leisten konnten. Trotz einiger Niederlagen der DISK wurde von 1968 bis zum Militärputsch von 1980 die Rolle der Mobilisierung der Arbeiterklasse von von ihr wahr- genommen. Die studentische Jugend führte auch einen heftigen Kampf gegen die Faschisten. Die Staatsangestellten, technische Bedienstete gründeten Massenorganisationen, die beträchlichen Einfluß auf das gesellschaftliche und politische Leben hatten. 1978 waren rund 1 Million Arbeiter, Angestellte und Studenten in den Massenorganisationen organisiert, welche unter der Kontrolle verschiedener sozialistischer Gruppen, Parteien und Strömungen standen. Hinzu kamen auch interessante Massenorganisationen wie der "Polizei-Solidaritäts-Verband" mit 40 Branchen und 15.000 Mitgliedern, der sich selbst als demokratische Massenorganisation deklarierte. Mitte 1975 kam es zur Wiederbelebung der Arbeiter- und Studentenbewegung. Der Aufstieg der drei Haupttendenzen der 70er Jahre begann: der Maoisten, der pro-Moskau-Strömung und der unabhängigen Linken.
die pro-sowjetische Strömung
Die Maoisten
Die unabhängige Linke
Die kurdische Linke
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