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Entwicklungen und Perspektiven der türkischen Linken Teil 3

Mit dem folgenden Artikel setzen wir die Reihe über die türkische Linkefort.
In diesem Teil gehen wir auf die Situation bis 1990 ein.

In den 80er Jahren war die revolutionäre Bewegung der Türkei den schwersten Angriffen ihrer Geschichte ausgesetzt. Die Militärjunta vom September 1980 kam an die Macht, um die erstarkende Linke zu vernichten. Der Juntachef Kenan Evren sagte in seiner ersten Fernsehrede nach dem Putsch: "Wenn wir nicht geputscht hätten, würde jetzt ein Kommunist an meiner Stelle zu euch sprechen". Noch nie zuvor in ihrer Geschichte war die revolutionäre Bewegung der Türkei so stark gewesen wie in den 70er Jahren. Die links-revolutionäre Bewegung konnte hunderttausende Arbeiter und Studenten auf die Straße bringen. Zahlreiche Gecekondus (Slum-gebiete) und ländliche Regionen wurden von den Linken zu "befreiten Gebieten" erklärt.
Obwohl die revolutionären Organisationen ahnten, daß ein Putsch vor der Tür stand, bereiteten sie aber keine geeignete Gegenmaßnahmen vor. So waren sie z.B. uneinig darüber, eine gemeinsame Antifaschistische Front gegen den drohenden Staatsstreich zu bilden, was natürlich die Arbeit der Junta erleichterte. Sogar nach dem faschistischen Putsch waren sich einige Organisationen uneinig über den Charakter des Putsches. Einige Organisationen wollten den faschistischen Charakter des Putsches nicht akzeptieren.
Die TKP (Kommunistische Partei der Türkei) nahm eher eine neutrale Haltung gegenüber dem Putsch ein und spielte ihn herunter. So bezeichnete sie z.B. den Putsch als "Sturz der Militärs" und wollte den Begriff "Putsch" gar nicht erwähnen. Die DEV-YOL (Revolutionärer Weg) vertrat Anfangs die Meinung, daß sich durch den Staatsstreich nicht viel ändern würde. Die "KURTULUS" (Befreiung) war sogar dagegen, die Junta als faschistisch zu bezeichnen.
Die Realität war aber, daß die Militärjunta keine Ausnahme zwischen den einzelnen Linken machte und gegen alle mit der gleichen Härte vorging. Die Militäroperationen wehten wie ein Wind über die Linken. Es folgten Verhaftungen, Folterungen Hinrichtungen etc. Selbst die progressiv geltende Gewerkschaft DISK hatte sich bald der Junta ergeben.
Sowohl während des Putsches als auch danach ergab sich die Linke ohne nennenswerten Widerstand. So wurde sie bald fast aufgelöst. 1982 wurde die FKBDC (Fasizme Karsi Birlesik Direnis Cephesi; Widerstandsfront gegen den Faschismus) gegründet, in der PKK, KIVILCIM, TKEP, THPC (Acilciler), DEVRIMCI YOL, TEP, DEVRIMCI SAVA teilnahmen. Das Ziel war es, mit der Gesellschaftsopposition und der revolutionären Linken - auch wenn es zu spät zu sein schien - eine gemeinsame Antifaschistische Front gegen die Junta zu organisieren und daraus einen Volkskampf zu entwickeln. Jedoch war die Existenz dieser Front nicht von langer Dauer, da u.a. in dieser Zeit die DEV-YOL eine schwere Niederlage durch Militäroperationen erlitt. Ein weiterer Grund für das Scheitern des Vorhabens war auch, daß viele es bevorzugten, sich ins Ausland (Europa) zu "retten" anstatt Widerstand zu leisten. Andere Organisationen wie die TKEP u.ä. rückten immer mehr nach rechts und verfolgten einen reformistischen Kurs. Die FKBDC wurde einige Zeit lang nur von der PKK, KIVILCIM und THPC (Acilciler) weitergeführt. Aber sie konnte sich aus vielerlei Gründen nicht entwickeln.
Auf der anderen Seite bildeten auch die Reformisten, die TKP, TIP, TSIP, TKEP unter der Bezeichnung "Sol Birlik" (Linke Einheit) eine "Einheit". Ohne jedoch konkret etwas gegen die Junta zu unternehmen, löste sie sich bald von selbst auf.
In den Jahren 1982-1984 erhielt die SVP (Kivilcim) einen neuen Schwung und gründete fünf unabhängige Gewerkschaften.
Aber das faschistische Juntaregime ging mit großer Härte gegen die Organisation vor. Zunächst wurde Kenan Budak, Mitglied des Zentralkomitees, der die Arbeiterbewegung organisierte, von der Polizei erschossen. Bei Operationen gegen die SVP (Kivilcim) 1982 und 1984/85 mußte die Organisation schwere Niederlagen erleiden. Hunderte von Militanten wurden verhaftet. Trotz der Niederlagen konnte sie ab 1986 mit den unabhängigen Gewerkschaften in den Fabriken Kazli, Çesme, Netas, Derli, Dova u.v.a. große Widerstände realisieren. Es begann damit eine offene Türkei-Front gegen das faschistische Regime. Ein Jahr später (1987) folgte eine Studentenbewegung, in der sich Tausende Studierende vereinigten.
In der Türkei schien sich die Lage zugunsten der linken Kräfte zu ändern. Die Linke fing an sich zu reorganisieren.
In Kurdistan startete die PKK in Eruh und Semdinli am 15. August 1984 ihren ersten Angriff gegen den türkischen Staat. Der türkische Staat erklärte ihrerseits den totalen Krieg gegen die HRK (Befreiungseinheit Kurdistans; Vorgängerin der ARGK)-Kräfte an. Viele der PKK-Guerillas, die 1984 den bewaffneten Kampf gegen den türkischen Staat starteten, waren zwar nicht mehr am Leben; doch liefen ab 1986 kurdische Jugendliche massenweise zur PKK über. Die PKK entwickelte sich von nun an von Tag zu Tag.
1988 gründete die türkische und kurdische Linke zunächst unter der Bezeichnung "Devrimci Birlik" (Revolutionäre Einheit) ein Bündnis, in der die PKK, SVP (Kivilcim), THKPC (Acilciler), 16. Juni Bewegung, TKP(B) teilnahmen., um in einer Front gegen das türkische Regime vorzugehen. Doch durch interne Streitigkeiten und Zersplitterungen der türkischen Organisationen konnte die "Einheit" nicht ihre Hauptaufgabe erfüllen.
Mit derselben Zielsetzung wurde 1989-90 die DDGB (Devrimci Demokratik Güçbirligi; Revolutionäre Demokratische Einheitskraft) von der PKK, TKP/Kivilcim, Ekim, MLSPB, TDP, TKP-ML (Hareketi) gegründet. Auch diese "Einheit" war nicht von langer Dauer. Sie konnte sich von Ausland nicht in die Heimat bewegen.
Nach dem Ende des "real existierenden Sozialismus" 1989 gründeten die TIP, TSIP, TKP u.ä. Organisationen die TBKP, die sich bald völlig reformierte. Der Generalsekretär der TBKP und zahlreiche ihrer Kader schworen dem Sozialismus ab und einigten sich mit dem herrschenden System. Schließlich löste sich die Partei völlig auf.
Revolutionäre Organisationen wie die Devrimci Sol, Isçinin Yolu, TKP-ML, TKP-ML (Hareketi), TIKB, TKP (Kivilcim) u.ä. waren sich zwar darüber einig, das weiterer Widerstand gegen das herrschende System geführt werden muß, aber über das Wie waren sie uneinig.
Im Frühjahr 1989 kam es zu einer großen Arbeiterstreikwelle für mehr Arbeitsrechte. In Kurdistan fingen die Serhildans (Volksaufstände) an. Der Nationale Sicherheitsrat der Türkei (MGK) hatte der erstarkenden revolutionären Opposition und den Volkskräften den totalen Kampf angesagt.

Entwicklungen und Perspektiven der türkischen Linken Teil 5


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