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Einleitung

Parallel zur Entwicklung des Neofaschismus in der BRD treten auch in Mainz verschiedene, aufeinander folgende rechtsextreme[1] Hochschulgruppen auf. Die erste Gruppe war der »Bund Nationaler Studenten« (BNS), der 1955 vier Jahre nach dem Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) als erste Organisation die neue Legalitätsstrategie erprobte und der bei der Herausbildung der sog. »Neuen Rechten« eine Rolle spielte (Feit S. 29f.). Zur Zeit der Aktivitäten des BNS wurde der Neofaschismus von ehemaligen Funktionären des Dritten Reiches dominiert, die sich auch im Umfeld des BNS finden.

Der Staffelstab wird an den Nationalen Hochschulbund (NHB), die Hochschulgruppe der NPD weitergereicht, der vom parteiungebundenen Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) gefolgt wird. Zu guter Letzt lieferte der Hochschulverband der »Republikaner« (RHV) ein kurzes Intermezzo.

Hierzu kommen noch kleinere z. T. nur kurzzeitig auftretende, als rechtsextrem anzusehende Gruppierungen mit Sonderrolle innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums: der deutsche Ableger der US-amerikanischen LaRoche-Bewegung und die CARP eine Organisation der Mun-Sekte.

Die Quellenlage zu den einzelnen Hochschulgruppen ist z. T. sehr schlecht, über eventuell aus Texten rekonstruierbarer Ideologie hinaus lassen sich insbesondere kaum personelle Stärke und eventuelle politische Einflußmöglichkeiten untersuchen. Bei den neofaschistischen Hochschulgruppen handelt es sich um teils konspirativ vernetzte Kleingruppen, die für sich großspurig einen elitär-intelektuellen Avantgardeanspruch vertreten - den sie allerdings bestenfalls gegenüber dem eigenen Spektrum vertreten können. Ein Blick auf die Aktivisten und Aktionen der rechtsextremen Hochschulgruppen nach 1945 und ihre Vernetzung ist ein Fenster in die Kinderstube des bundesdeutschen Rechtsextremismus. Dieser Blick zeigt aber auch: die frühe aktive antifaschistische Haltung des Mainzer AStA und vieler Studierender.[2]

Obwohl die in Mainz vertretenen rechtsextremistischen Hochschulgruppen hier vorgestellt werden sollen, ist es, um ihre jeweilige Zielrichtung und Militanz einschätzen zu können, notwendig auf Programme, Manifeste und Aktionen der bundesweiten Organisationen zurückzugreifen. Wenig erstaunlich ist dabei die Vernetzung der Rechtsextremen untereinander und das Auftauchen immer wieder derselben Personen, trotz oft nur kurzlebiger Organisationen.

Aus Materialmangel muß allerdings eine wichtige Tatsache zunächst weitgehend unbearbeitet beleiben: die Affinität, Zusammenarbeit und Unterwanderung konservativer Hochschulgruppen durch Rechtsextremisten und mit rechtsextremistischer Programmatik. Zu prüfen wären für diesen Punkt insbesonders der RCDS, die DSU, die ÖDS und die LHG.

Vorspiel:

Folgender Artikel erschien am 8. 8. 1947 in der sozialdemokratisch orientierten Mainzer Zeitung »Die Freiheit«. Er berichtet von der Abschlußfeier der Juristischen Fakultät im Sommersemester 1947:

Artikel aus "Die Freiheit"

Die auf die Veröffentlichung in 'Der Freiheit' und in der 'Mainzer Allgemeinen Zeitung' folgenden Ermittlungen der Universität verliefen im Sande. Im Gegensatz zu sechs Alzeyer Zeugen hatte keiner der anwesenden Studierenden und Professoren (von denen übrigens einige eine einschlägige NS-Vergangenheit besaßen) etwas gehört.

Um die Mainzer Studierenden in Schutz zu nehmen schrieb die Universität: »Große Teile der Studierenden« sympathisieren »mit der CDU und der Sozialdemokratischen Partei«, »die kommunistische Partei als neue Diktatur« wird »grundsätzlich abgelehnt.« (Uniarchiv, Bericht vom 11. 8. 1947).

Damit wird der aus dem Dritten Reich hinübergerettete Antikommunismus zur demokratischen Gesinnung erklärt.

Zwischenspiel: Hans Grimm 1955 zu Gast bei Germania-Jena zu Mainz

Noch bevor die erste rechtsextreme Hochschulgruppe gegründet wurde, konnte aus dem Potential der wiederbegründeten Studentenverbindungen - insbesonders der in der »Deutschen Burschenschaft« zusammengeschlossenen - neofaschistische Agitation erfolgen. Am 9. Februar 1955 lud die Burschenschaft Germania-Jena[3] zu Mainz den in Wiesbaden geborenen NS-Schriftsteller Hans Grimm (1875-1959) zu einem Vortrag ein. Der Mainzer AStA protestierte (Nation und Europa 5/1955, S. 46-51).[4]

Grimm hatte mit seinem 1926 erstmalig erschienenen Kolonialroman »Volk ohne Raum« die Losung für die nationalsozialistische Expansionspolitik geliefert. Auch seine weiteren literarischen Schöpfungen stellte er in den Dienst der Nazis, nach dem Krieg erschienen NS-apologetische Werke wie »Warum - woher - aber wohin - vor, unter und nach der geschichtlichen Erscheinung Hitler«. Und eben eine Kurzfassung dieses 600-Seiten-Buches lieferte Grimm als Vortrag.

Der »Bund Nationaler Studenten« (BNS) 1956-1961

Der BNS wurde durch den späteren NPD-Funktionär Peter Dehoust (*1938)[5] initiiert und wurde von Funktionären aus dem ganzen rechtsextremen Spektrum unterstützt (Feit, S. 29). Die formale Gründung fand am 17. Juni 1956 - nicht ohne Zufall an dem nationalistischen und antikommunistischen Symbolfeiertag - in Heidelberg statt. Anwesend waren ganze acht Studenten (Robert, S. 177)[6]. 1957 wurde der Bundesverband gegründet, 1958 erschien erstmals die Verbandszeitung »Student im Volk«[7], die 1960 eine Auflage von 10.000 Exemplaren erreichte (Robert, S. 178f.). Bundesweit hatte der BNS 400 aktivistische Mitglieder (Assheuer/Sarkowicz, S. 82, nobis 6/1959, S. 4)

Das Grundsatzprogramm des BNS von 1956 leistet in zentralen Punkten die Reformulierung und Tarnung der NS-Ideologie: »Gegen Egoismus und Verantwortungslosigkeit stellen wir die Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft.« (nach Dehoust S. 86, dito Robert, S. 176). [8] Die Berliner Staatsanwaltschaft dekodierte dies zu Recht mit »Gemeinnutz geht vor Eigennutz«, (Dehoust, S. 86) einer Phrase aus dem 24. Punkt des NSDAP-Programms von 1924 (Tyrell, S. 26). Obwohl es im Punkt 4 des BNS-Programmes heißt: »Wir lehnen jede Diskriminierung politisch Andersdenkender oder anderer Völker ab«, verkündet der BNS in Mainz: »Der BNS befürwortet die Rassentrennungspolitik in Südafrika« und »der Grundsatz der Rassentrennung verstößt gegen keinen Grundsatz der Ethik und Moral« (nobis 6/1959, S. 4). Das BNS-Programm steht damit beispielhaft für die Umformulierung der NS-Ideologie für die Legalitätspraxis.

Ortsgruppen des BNS existierten in vielen deutschen bzw. »großdeutschen« Städten, etwa in Frankfurt, Heidelberg[9], Wiesbaden, Mainz aber auch in Wien.

Ende Oktober Anfang November 1959 führte der BNS in Mainz eine Deligierten-Tagung durch, die 300 Mitglieder und Gäste aus 50 Hochschulgruppen besucht haben sollen. Gegen eine am 30. Oktober durchgefühte Kundgebung des BNS wurde vom SDS protestiert (Student im Volk 7-8/1959-60, S. 1). Eröffnungsredner waren Erich Kernmayer und Herbert Böhme (ebd. S. 6). Beide Redner sind gute Beispiele für die Kontinuität von NS-Propagandisten bei den Nachkriegsnazis:

Bei solchen Agitatoren - der BNS nennt die Kriegstreiber verlogen »Schriftsteller der Frontgeneration« (Student im Volk, Nr. 7/8 S. 6) - bedarf es wenig Vorstellungskraft um sich die Ausrichtung des Treffens vorzustellen. Der BNS notiert: »Mit eindringlichen Worten warnte der Referent davor, das Phänomen 'Nation', das nur aus der Gemeinschaft und dem Gemeinschaftsgeist heraus zu verstehen ist, durch das kalte Zweckdenken zügelloser Individualisten und Egoisten ergründen oder gar begreifen zu wollen. Die aus der Seele borenen[sic!], gewachsenen[sic!], erlebten[sic!] und erlittenen[sic!] Volksgemeinschaft ist eine der wesentlichsten Voraussetzungen für ein gesundes Zusammenleben - auch des modernen Menschen.« (Student im Volk, 7-8/1959-60, S. 6) Dies ist reine NS-Ideologie.[13] Die Tagung gedachte anschließend noch den verstorbenen Gesinnungsfreunden Hans Grimm und dem »schlesischen Dichter« Hans Venatier.[14]

Mainzer Erklärung des BNS

Auch Vorträge und Referenten außerhalb der Tagung belegen genau diese Ideologie. Vortragsthemen waren etwa »Was ist echt an der modernen Kunst«, »Deutschland und seine Ostgebiete«, »Sudetenland, Europas unbekannte Mitte«[15], »Chruscht-schow 50 Kilometer vor Hamburg«[16], »Verrat von Alger Hiss bis Alfred Frenzel« (Robert, S. 186).

Die Vortragsthemen sind - nach Selbsteinschätzung des BNS - richtungsweisend für den Neofaschismus in der BRD. So machte der aus den USA angereiste Prof. David Leslie Hoggan 1960 bei seiner zweiwöchigen Deutschlandtournee Station beim BNS und agitierte zu seinem Habil-Thema, der Leugnung der deutschen Kriegsschuld - einem Lieblingsthema des BNS.[17]

In seinem 1961 erstmalig erschienenen Buch »Der erzwungene Krieg«,[18] demzufolge Hitler »friedlich«, »maßvoll« und »entgegenkommend« gehandelt habe, gelten als Hauptschuldige am Kriegsausbruch bzw. dem »sinnlosen Vernichtungskrieg gegen Deutschland« Englands Außenminister Halifax, Polens Außenminister Beck sowie der »blutrünstige« US-Präsident Roosevelt (Hoggan; Gramel, S. 38-41). Hoggans den wissenschaftlichen Jargon nachahmendes Buch brachte z. B. für die Nationalzeitung den Durchbruch in Sachen Kriegsschuld. Mußte sie 1961/62 noch verschämt fragen »War Deutschland am zweiten Weltkrieg allein schuld« (Überschrift einer Mammutserie der NZ im Jahr 1961/62), so jubelte sie 1964 bereits: »Die Alleinschuld-These ist tot« (NZ 25/1964 nach Paschner, S. 42). Heute findet sich dieses Standardwerk des Revisionismus in den Buchlisten der Nationalzeitung, gedruckt wird es im einschlägig bekannten Grabert Verlag (1990 in der 14. Auflage).

Ein anonymer BNSler beschreibt 1964 die Vorreiterrolle des BNS so: »Was damals in langen Referaten auf Gruppenabenden dargelegt wurde, ist heute bereits Binsenwahrheit geworden: Daß die Theorie einer deutschen Alleinschuld Propaganda war und durch die inzwischen aufgedeckten historischen Tatsachen widerlegt ist.« (Robert, S. 186 f.)

Neben dieser 'theoretischen' Arbeit läßt sich beim BNS ein typisch neofaschistisches Lebensgefühl belegen, das sich etwa in Sonnwendfeiern mit Hakenkreuzfahne[19] als auch Fahnenstaffeln entlang der DDR-Grenze manifestiert. Zudem traf man sich mit Gleichgesinnten beim Dichtertag in Lippoldsberg, »einem Treffpunkt nationaler Jugend schlechthin«. (Robert, S. 187; Student im Volk, 7-8/1959-60, S. 1) Dieses Treffen wurde von Hans Grimm und seiner Tochter Holle organisiert (Assheuer/Sarkowicz S. 83; Falschspiel, S. 33, Hirsch, S. 147). Im Klosterhaus von Lippoldsberg war schon Grimms »Volk ohne Raum« entstanden.

Vorsitzender des BNS in Mainz war der Tagungsleiter des Mainzer Kongresses Günter Höhne (Student im Volk, S. 6; nobis 2/1960, S. 13). Höhne versucht Ende 1959 die Berichterstattung über den BNS in nobis richtigzustellen: »In Absatz 3 wird behauptet, daß der BNS Material über all die Staatsanwälte und Richter zusammentragen wolle, die sich heute gegen ihn stellen. Diese Darstellung ist sachlich und wörtlich unwahr. a) Richter wurden überhaupt nicht erwähnt, b) Hinsichtlich der Staatsanwälte wurde lediglich von mir persönlich angeregt, den Werdegang derjenigen genauer zu beleuchten, die sich in Verfahren ausgesprochen unsachlich und jedem Recht zum Hohn verhalten haben […] Zur Rassetrennung in Südafrika machte ich ihnen erst einmal die wirkliche Sachlage klar und folgerte daraus, daß die in Südafrika durchgeführte Rassentrennung in der von der Regierung in Pretoria gehandhabten Form die Gesetze der Ethik nicht verletze.« (nobis 2/1960, S. 13f.)[20]

Höhne betätigte sich 1959 auch als Referent des BNS, in Heidelberg hielt er den Vortrag »Hat Deutschland keine Geschichte« (Student im Volk, S. 9). Der Mainzer Kongreß behinderte die Presse massiv: der Presse wurde - obwohl der BNS alles auf Tonband mitschnitt - untersagt mitzuschreiben, Ordner überwachten den Zugang und ließen nur handverlesene Pressevertreter ein (nobis 2/1960, S. 14). Der Nachfolgekongreß des BNS 1960 in Hamburg wird von der Landesregierung verboten und aufgelöst. Einige Aktivisten wurden zu Gefängnisstrafen von bis zu einem Jahr verurteilt. (Robert, S. 191-198) Den Hintergrund des Verbots bildete eine Welle antisemitischer Schmierereien und Friedhofsschändungen im Dezember 1959 (Klein, S. 4).

Ein Teil der BNS-Mitglieder war bei der Gründung der NPD 1964 in Hannover dabei, eine ganze Reihe wurden NPD-Funktionäre und z. T. Landtagsabgeordnete (Klein, S. 3).

Der Nationaldemokratische Hochschulbund (NHB) 1970 -? und 1978

Der NHB wurde 1966 als Hochschulgruppe der NPD gegründet. In Mainz soll eine Burschenschaft Germania an der Gründung beteiligt gewesen sein (UNIPRESS 73/1973, S. 1).[21] Nach der Wahlschlappe der NPD 1969 - sie verfehlte mit 4,3 % den Einzug in den Bundestag - verlor auch der NHB an Bedeutung. 1970 beteiligte sich der NHB-Bundesvorsitzende an der »Aktion Widerstand«[22], die mit Parolen wie »Brandt an die Wand«, »Fegt ihn weg den roten Dreck«, »Rüstet Euch selbst! Kauft Waffen« bekannt wurde. Vorsitzender der »Aktion« war Peter Kleist, vielfach bewehrter Vortragender beim BNS. (Köhler, S. 260)

Die Militanz war nicht nur verbal: Peter Schumm, Günder und Vorstandsmitglied der Mainzer NHB-Gruppe, gehörte zum »Ordnerdienst« der NPD - einer an die »Kampfzeit« der NSDAP erinnernden bewaffneten Schlägergruppe. Schumm verübte Brand- und Schußwaffenanschläge auf das Mainzer DGB-Haus und einen Gewerkschaftssekretär. (Spiegel 33/1970, S. 58)[23] Am 27. November 1975 versuchte der NHB, in der Mensa seine Hauspostille, den »Deutschen Studentenanzeiger« [24], zu verteilen. Es kam zunächst zu verbalen Protesten des Kommunistischen Hochschulverbandes (KHV) mit dem Ziel, die Verteilung des Machwerkes zu verhindern. In dem im Folgenden entstandenen Gedränge greift ein NHB-Mitglied, der Chemiestudent Peter Naumann[25], zu einer Schreckschußwaffe und schießt einmal in die Luft. Ein israelischer Kommilitone versucht Naumann zu entwaffnen. Naumann feuert aus nächster Nähe viermal. Unipräsident Peter Schneider schrieb: »In der Folge entwickelte sich eine wüste Auseinandersetzung, bei der es zu Tätigkeiten kam und welche schließlich in den Räumen der Pressestelle in Anwesenheit der Leiterin der Pressestelle fortgesetzt wurden.« (JoGu 42/1975, S. 7)

1978 erscheint in JoGu, die damals allen Hochschulgruppen die Möglichkeit zur Selbstdarstellung bot, noch unten dokumentierter NHB-Artikel. Unterzeichnet ist er von einer fleißigen neofaschistische Publizistin: Thora Ruth (JoGu 48/1978, S.17).

Sie schrieb beispielsweise 1973 in dem vom ehemaligen persönlichen Pressereferenten Goebbels herausgegebenen "La-Plata-Ruf": "Wir müssen unsere Aussagen so gestalten, daß sie nicht mehr ins Klischee des 'Ewig-Gestrigen' passen. Eine Werbeagentur muß sich auch nach dem Geschmack des Publikums richten und nicht nach dem eigenen. Und wenn Kariert Mode ist, darf kein Produkt Pünktchen aufweisen. Der Sinn unserer Aussagen muß freilich der gleiche bleiben. Hier sind Zugeständnisse an die Mode zwecklos. In der Fremdarbeiterfrage etwa erntet man mit der Argumentation 'Die sollen doch heimgehen' nur verständnisloses Grinsen. Aber welcher Linke würde nicht zustimmen, wenn man fordert: 'Dem Großkapital muß verboten werden, nur um des Profits willen ganze Völkerscharen in Europa zu verschieben. Der Mensch soll nicht zur Arbeit, sondern die Arbeit zu den Menschen gebracht werden.' Der Sinn aber bleibt der gleiche: 'Fremdarbeiter raus!' Die Reaktion der Zuhörer wird aber grundverschieden sein." (nach Jäger, S. 33f)

Artikel von Thora Ruth

Ob diese Strategie im JoGu-Text gelungen umgesetzt ist, darf bezweifelt werden. Vielleicht erklärt diese Tarnstrategie aber die Kandidatur des zum NPD-Umfeld gehörenden Studenten Peter Bahn zum StuPa 1977 - und dieses auf einer internationalistischen und pazifistischen Liste (siehe Exkurs Helios-Verlag).

Zurück zu Ruth. 1976 erscheint ihr Name im Impressum des NHB Organs "Deutscher Studenten Anzeiger". In Tübingen hielt sie 1979 einen Vortrag "Südafrikas mutiger Kampf", in dem sie aus "eigener Erfahrung" berichtete. Angekündigt wurde die Veranstaltung in der Zeitschrift des HTS, des Tübinger Ableger des RFS (Braunzonen).

In Rheinland-Pfalz gab es im Gegensatz zu Hessen nur eine NHB-Hochschulgruppe. (Verfassungschutzbericht 1968, S. 15) Der gesamte NHB hatte 1968 ca. 250 Mitglieder. (ebd. S. 16) 1977 war die Mitgliederzahl auf 50 Personen gesunken (Verfassungschutzbericht 1977, S. 27), 1988 waren ganze 30 übriggeblieben.

Der »Ring Freiheitlicher Studenten« (RFS) ab 1972

An der Mainzer Universität trat der aus burschenschaftlichen Kreisen[26] gegründete RFS erstmalig in der BRD auf, zur Wahl des StuPa kandidierte er mit erstaunlich großen Listen 1973, 1974 und im Wintersemester 1974/75, sowie 1974 auch zu akademischen Gremien (Wahlzeitungen 1973 und 1974; UNIPRESS 32/1974, 35/1974; JoGu 34/1974 Braunzonen). Der Ring wurde 1972 auf der 10-Jahresfeier der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) in Mainz gegründet, wo auch die »Zentralstelle« des RFS-Förderkreises ihren Sitz hatte (BBl. 10/1972, S. 279). Die Gründung der HSG folgte im Febuar 1973 (Traxel/Schwab). Der RFS-Spitzenkandidat gehörte den Burschenschaften Germania Köln und Dresdinia Gießen an.

In der BRD wurde der RFS nach dem Vorbild des Österreichischen RFS gegründet. In Wien war diese Vereinigung vom 1992 verstorbenen Südtiroler Terroristen Dr. Norbert Burger, der sich auch um »Waffenstudentschaften« verdient gemacht hatte, 1951 gegründet worden. Burger war nicht der einzige Südtirol-Terrorist im RFS. (Handbuch 1993, S. 90f., 291; NZ vom 2. 10. 1992) Auch für den RFS in der BRD lassen sich Kontakte zur rechten Terrorszene, etwa zur Wehrsportgruppe Hoffmann, belegen, so war etwa der Oktoberfestattentäter Gundolf Köhler Mitglied des Tübinger RFS/HTS (Klein, S. 7).

Die RFS-Kandidaten für die Mainzer StuPa-Wahlen in den Sommersemestern 1973 und 1974 waren (Wahlzeitungen, Uniarchiv Bestand S10):

Name Jahr Jahr Fach
Ewe, Hermann 1973
Hauck, Werner 1973 Physik
Henne, Dietrich 1973 Medizin
Jaeckel, Claus 1974
Jäger, Wolfgang 1973 Geschichte
Krail, Hartmut 1973 1974 Pharmazie
Martin, René 1974
Nobe, Klaus 1974
Ravens, Birck 1974
Schellhase, Peter 1973 1974 Physik
Schwabe, Wolf 1973 Latein
Traxel, Wolfgang 1973 1974 Latein
Vorburg, Volker 1974
Die beiden Listenvorstellungen in der offiziellen Wahlzeitung sind bewußt 'anti-ideologisch' und legalistisch formuliert, es wurde versucht, die Ziele des RFS zu verbergen. Neben populistischen Forderungen, nach mehr Wohnheimplätzen und besserer »Ausbildung«, finden sich verklausulierter Antikommunismus, d.h. die Ablehnungen der bisherigen Hochschulgruppen als »ideologisch« (1973), Frontstellung gegen den MSB-Spartakus (1974), angeblichen »Gesinnungsterror linksradikaler Studentengruppen« (1974), die als »verfassungsfeindlich« verdächtigten VDS (1974). Die eigene Position wird als »freiheitlich« (1974) - ein Tarnbegriff für rechtsextremistisch[27] - beschrieben. Wahlerfolg waren rund 190 Stimmen.

Hauptakteur des RFS ist Wolfgang Traxel, er ist auch politisch am auffälligsten: am 13. 6. 1975 schrieb er für die »Nationalzeitung« und war Mainz-Korrespondent des vom Verfassungschutz 1968 als rechtsextrem eingestuften Würzburger Blättchen »student«, das Burschenschaften und sogenannte »Nationalrevolutionären« als Diskussionsforum diente und das inoffizielles Organ des RFS war (Braunzone; Lange; student 52/1975, S. 0; Verfassungschutzbericht 1968, S. 43; UNIPRESS 34/1974, S. 20f.).[28] Im Namen seiner Burschenschaft bereiste er - Pinochet hatte im September 1973 geputscht - 1974 Chile (Braunzonen). Der faschistische Putsch setzte in der deutschen rechten und rechtsextremen Szene Sympathiebekundungen und Hilfsaktionen frei.[29]

Für den 9. Mai 1974 organisierte der RFS in Mainz eine Kundgebung mit dem ehemaligen NPD-Bundestagskandidaten Prof. Dr. Fritz Münch[30] zum Thema: »Krise der Hochschule - Krise des Rechtsstaates«. Die Veranstaltung auf dem Unicampus wurde auf Anregung des AStA von 500 Studierenden gesprengt. (AZ vom 10. 5. 1974 ).[31] Der Mainzer RFS scheint sich nach den erfolglosen Wahlen im Sommersemester 1974 und Wintersemester 1974/75 aufgelöst zu haben. Seine größte Aktion war die - zunächst erfolgreiche[32] - Klage gegen die Mitgliedschaft des AStA in der VDS, da diese ein »allgemeinpolitisches Mandat« vertrete, was angeblich mit der Zwangsmitgliedschaft in den Verfaßten Studentenschaften nicht zu vereinbaren sei. Intressanterweise war der Rechtsanwalt des RFS auch der Rechtsanwalt des RCDS (UNIPRESS 34/1974, S. 20 f.). Überhaupt geht die spätere bundesweite RCDS-Kampagne »klagt die VDS kaputt« en detail auf ein von Axel Heinzmann (RFS/HTS) im »student« (36/1973) veröffentlichten Strategiepapier zurück. (Gräbler/Haller, S. 136). Nach einer Studie des zeitgenössischen RCDS waren später zwei Drittel der RFS-Mitglieder auch in der JU bzw. CDU/CSU organisiert. (ebd. S. 141).

Die Hochzeit des Bundes-RFS stand 1975 noch bevor: Markus Beisicht, späterer Republikaner, noch später Aktivist der Republikanerabspaltung Deutsche Liga für Volk und Heimat, war Bundesvorsitzender des RFS von 1984-1987, RFS Generalsekretär wurde 1987 Manfred Rouhs Herausgeber von Europa Vorn, der gleichzeitig von der NPD zu den Republikanern wechselte. Was nur erneut zeigt, daß trotz kurzlebiger Organisationen erhebliche personelle Kontinuität in der rechtsextremen Szene vorherrrscht.

Zurück nach Mainz: 1979 versuchte - parallel zur zweiten bundesweiten Gründungswelle des RFS - noch eine Gruppe unter dem Namen »Freiheitliche Studenten« vergeblich ihr Glück bei den Wahlen zur Versammlung. Sie erhält 187 Stimmen (=3,5 %). Das ist zuwenig für einen Sitz. (UNIPRESS 72/1979, S. 4) Dieses »freiheitlich« war nicht nur Label des RFS, sondern ein Motto der Burschenschaft Germania Halle, die 1983 mit in einem Flugblatt sich die Attribute »seit 120 Jahren Tolerant! Freiheitlich! Deutsch!« zuordneten (dokumentiert in UNIPRESS 170/1983, S. 11). Bereits 1972 war Egon Heckmann Mainzer Korrespondent der RFS-Postille »student«. Als seine Adresse im »student«-Impressum wurde »Stahlbergstraße 33« angegeben (student 29/1972, S. 2). Das ist seit 1970 die neue Adresse von Germania Halle (BBl. 12/1970, S. 209; Plast, S. 45, Adressbücher der Stadt Mainz).[33]

Die EAP und Tarnorganisationen seit 1978

Im deutschen Rechtsextremismus spielt die Europäische Arbeiter Partei (EAP) eine Sonderrolle. Sie ist der Ableger einer US-Amerikanischen LaRoche-Bewegung.

1978 kandidierte erfolglos eine Hochschulgruppe der EAP zur Stupa-Wahl und erreichte blamable 29 Stimmen (= 0,47%; vgl. Wahlzeitung 1978; Wahlergebnisse 1978).[34] 1983 versuchte die EAP bzw. ihre Hochschulgruppe trotz Protesten gegen die Vergabe von Räumen an die EAP mehrere Vorträge abzuhalten. Als Antwort auf die vom AStA im Sommer 1983 durchgeführte »Friedensuniversität«, bei der sich besonders Naturwissenschaftler für Frieden und Abrüstung eingesetzt hatten, hielt die EAP im November 1983 einen Vortrag mit dem Titel: »Der Fall Albert Einstein - Naturwissenschaftler sind zu dumm für den Frieden«, einem Vortrag, der nach seinem Titel wohl auch untergründigen Antisemitismus verbreiten sollte. Noch heute veranstaltet die EAP mehrmals jährlich Infostände auf dem Campus. (UNIPRESS, 52/1978 S. 1, 160/1983 S. 12, 173/ 1983 S. 2; Reader, Flugblatt der »Bürgerrechtsbewegung Solidarität« verteilt im SoSe 1995 auf dem Campus).

Allerdings hat die EAP zwischenzeitlich mehrfach ihren Namen gewechselt. Zuerst ernannte sie sich zu »Patrioten für Deutschland«, heute firmieren sie als »Schillerinstitut« oder »Bürgerrechtsbewegung Solidarität«. Die langanhaltende Anwesenheit auf dem Campus ist schlicht darin begründet, daß Helga Zepp-LaRoche, die Frau - eher politische Partnerin - des US-amerikanischen EAP-Chefs LaRoche, in Wiesbaden wohnt und dort auch die Zentrale der EAP liegt - weitere umliegende Unistädte, etwa Darmstadt, werden von Wiesbaden agitiert.

Aufgrund der US-amerikanischen Herkunft der EAP unterscheidet sie sich ideologisch erheblich von den Theoremen der deutschen Rechtsextremisten. Hauptbestandteil ihrer Publikationen ist die Verbreitung der Theoremchen des vor kurzem aus dem Knast entlassenen »US-Präsidentschaftskandidaten« Lyndon LaRoche, der als eine Art Universalgenie verehrt wird. Eine dubiose »Physikalische Wirschaftsordnung« (LaRoche) und technologischer Wahnsinn, etwa Fusionsreaktoren und eine Mangnetbahn bis Moskau, sollen wirschaftlich den Aufschwung bringen. Die Entgültige 'Gesundung der Wirtschaft' soll erst die Besiedlung des Mars sein. Nebenbei ist LaRoche noch als Musiktheoretiker tätig (der zu hohe Kammerton A soll den Untergang der europäischen Musik verschulden).

Zu einem klassischen element rechtsextremen Denkens gehört die Verschwörungs-theorie und, richtig: hinter allem schlechten der Welt wittert die EAP eine Verschwörung der britischen Oligarchie und britische Geopolitik.

Weiterhin klassisch ist der Antisemitismus. Zum drittens vertritt die EAP eine Variante des Revisionismus: Dazu gehört die Bezweiflung der Kriegsschuld Deutschlands, Lob der Wirtschafts- und Umweltpolitik Hitlers. Und zu guter Letzt ist die angestrebte Regierungsform antidemokratisch elitär und expansionistisch. In der Rolle der neuen Elite sieht sich die EAP selbst. (Wagner S. 197-199; Fromm)

Interessant ist, daß ehemalige Mainzer Professoren sowohl Unterstützer der EAP als auch heutige Professoren unserer Uni deren »Feindbild« darstellen. Der Vertriebenenspezialist Emil Schlee und Friedrich von der Heydte unterstützten die »Patrioten für Deutschland«.

Bekriegt hingegen wird der Mainzer Klimaforscher Prof. Paul Crutzen, dessen Warnungen vor Luftverschmutzung angeblich »Terrorismus« sein sollen (im März 1993 verteiltes Flugblatt des Tarnvereins »Fusions-Energie-Forum e.V.«). 1995 erhielt Crutzen aufgrund seiner Klimaforschung den Nobelpreis.

Zwischenspiel: Hans Filbinger 1981 zu Gast bei Germania Halle

Zur 110-jährigen Wiederkehr der sogenannten »Reichsgründung« lud die Germania Halle Anfang 1981 zu einem feierlichen Marsch ein. 200 bis 400 Burschen und Alte Herren, z. T. in Bundeswehruniformen, zogen mit Fackeln und schwarz-weiß-roten Fahnen durch die Stadt. Die Abschlußrede hielt der 1978 über seine NS-Vergangenheit gestürzte ehemalige Ministerpräsident von Baden Würtemberg, Hans Filbinger. Filbinger war 1978 weniger darüber gestolpert, daß er als Marinerichter noch kurz vor dem 8. Mai 1945 Todesurteile gefällt hatte, als vielmehr darüber, daß er sich zunächst nicht daran erinnern konnte und, als ihm die Beweise vorgelegt wurden, er sich mit dem Satz: »Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein« verteidigt hatte. Gekrönt wurde die Feier durch das Absingen der Nationalhymne in allen drei Strophen: »Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt« (UNIPRESS 118/1981, S. 3). Laut AZ - die die massiven Polizeieinsätze gegen Gegendemonstranten und die NS-Vergangenheit Filbingers unterschlug - handelte es sich um die Abschlußveranstaltung eines feierlichen Kommerses der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) innerhalb der Deutschen Burschenschaft (DB) (AZ 19.1.1981). Die BG nimmt innerhalb der DB die Position des äußersten rechten ein. Dieter Niedernhausen (Germania Halle zu Mainz) war 1971 Sprecher der BG, 1984 wurde er in den Rechtsausschuß der BG gewählt (BBl. 7/1984, S. 199). Filbingers Rede war entsprechend: er wand sich gegen »den Marxismus«, die »Frankfurter Schule« und die Ostpolitik der sozialdemokratischen Regierung und forderte dagegen Wehrhaftigkeit gegenüber dem Ostblock (AZ ebd.).

Der »Republikanische« Hochschulverband (RHV) 1989-1990

Der letzte gescheiterte Versuch zur Etablierung einer neofaschistischen Hochschulgruppe ist der Republikanische Hochschulverband (RHV). Die völkischen Nationalismus vertretende, vorgeblich intellektuelle Zeitschrift »Junge Freiheit«, deren Umfeld maßgebliche Funktionäre des RHV sind, spottete über die zu große 'Opel-Manta-Fraktion' innerhalb der REPs, die unfähig zur politischen Arbeit sei.[35] Um dem abzuhelfen, bot mann sich selbst als Elite zur Intellektualisierung an - das Projekt scheiterte.

Im September 1989 erschien in der Mitgliederzeitung »Der Rheinland-Pfälzische Republikaner« ein Aufruf zur Gründung des RHV in den Hochschulstädten in RLP. Die Organisation sollte durch den »Landesbeauftragten« Markus Zehme, zu erreichen über den REP-Kreisverband Mainz-Stadt der REP erfolgen (ebd. S. 2).

Markus Zehme studiert in Mainz und gehört - wie viele der Autoren und Leserbriefschreiber der REP-Mitgliederzeitung - zum Dunstkreis Jungen Freiheit deren Miteigentümer und Autor er ist.[36]

Zwar ist der RHV an der Mainzer Uni weder durch Flugblätter noch durch Aktionen als RHV in Erscheinung getreten - Funktionäre des RCDS bestritten sogar seine Existenz -, aber es ist davon auszugehen, daß sich rechtsextreme Studierende außerhalb von Hochschulgruppen etwa im Leserkreis der Jungen Freiheit im Raum Mainz-Wiesbaden treffen (Anzeigen für Leserkreis in JF 28/1994, 30-31/1994, 32/1994).

Aufgrund der engen Beziehungen der Mainzer Republikaner zur lokalen Neonazi-szene[37], d. h. zu Nazi Müller und zur »Deutschen Alternative« bzw. zum »nationalem Infotelefon«, erscheint es plausibel, daß die Störaktionen zum Antirassismustag der Uni Mainz am 20. 1. 1993, bei der rassistische Plakate und Flugblätter eines »Arbeitskreises Völker und Menschenrechte« geklebt bzw. verteilt wurden und bei dem jugendliche, glatzköpfige Neonazis über den Campus liefen, genau aus dem Umfeld RHV- REP-DA-Junge Freiheit stammten.

Nach Einschätzung des Verfassungschutzes in NRW sind die Leserkreise der Jungen Freiheit mittlerweile zu konspirativen Treffen der gesamten Szene, angefangen bei Republikanern bis hin zu sich bekennenden Neonationalsozialisten, geworden (Verfassungschutzbericht NRW 1994). Auch der erste Gründungsversuch des JF-Leserkreis Mainz/Wiesbaden war konspirativ organisiert: Anmeldungen sollten unter Chiffre an die JF-geschickt werden. Ein Lebenslauf war beizufügen (JF 4/1992, S.10).

Der Arbeitskreis Völker und Menschenrechte an der Uni Mainz

Eines der Tarnlabel der »Jungen Freiheit« Mainz ist der Arbeitskreis Völker- und Menschenrechte Uni Mainz (taz 21. 3. 1992). Bisher ist der Arbeitskreis durch fünf öffentliche Aktionen aufgefallen:

Zwischenspiel: Hans-Ulrich Kopp 1993 zu Gast bei Rhenania Moguntia

Auf dieses Zusammenwirken deutet auch die Veranstaltung der katholischen Verbindungen am 25. 1. 1993 mit dem damaligen JF-Redakteur Hans-Ulrich Kopp. Anwesend war, neben Markus Zehme, auch die örtliche Neonaziszene, vertreten durch Glatzen und einen älteren Herren. Der Vortrag war dermaßen auffällig rechtsextrem, zudem noch widerwärtig rassistisch und antireligiös - er versuchte nur, rechtsextreme und rassistische Resentiments zu aktivieren -, daß selbst die anwesende Mainzer JU protestierte.

Eingeladen wurde Hans-Ulrich Kopp zu einem Vortrag mit dem Titel »Medienmacht contra Bürgerwille«, offenbar einer Werbeveranstaltung für die Junge Freiheit. Kurz bevor Kopp seinen Vortrag hielt, erschien in dem sogenannten Nachrichtenmagazin »focus« ein JF-kritischer Bericht. Die Rhenania versuchte in aller Hektik durch Einladen weiterer Referenten aus der Werbeveranstaltung eine Diskussionsveranstaltung über Rechtsextremismus zu machen. Vermutlich hatte ein Rhenane (Winfried Veil - er verteidigte in einem Leserbrief in der FAZ (FAZ 29.1.1994) die Junge Freiheit und verteidigte in einem Leserbrief der Jungen Freiheit (JF 35/1994 S. 19) die Richter Günther Deckerts gegen öffentliche Kritik) den Vortrag angeregt. Veil ist auch bei Vorträgen der Germania Halle zu Mainz anzutreffen.

Inhaltlich lieferte Kopp die Zusammenfassung zweier Bücher aus der Reihe Ulstein-Report: »Kummer: Ausländerkriminalität« und »Hans Helmut Knütter: Die Faschismuskeule«. Noch im Herbst 1995 verwendete die Rhenania Moguntia den Knütterschen Kampfbegriff »Faschismuskeule« zur Werbung von Neueinsteigern.

Exkurs I: Die Verlags- und Buchvertriebsgesellschaft Helios in Mainz

Der nationalrevolutionäre Kleinverlag wurde vom Mainzer Studenten Peter Bahn und einem weiteren »neuen Rechten«, Karl Heinz Pröhuber, gegründet (Neue Rechte, S. 22). Bahn (*1953) - zwischenzeitlich promoviert und mitsamt Verlag nach Aachen umgezogen - studierte in Mainz deutsche Volkskunde, Germanistik und Buchwesen. Seine politische Karriere begann er im Umfeld der NPD (ebd.). 1979-1985 gehörte er den Grünen an, die zur damaligen Zeit unter der Unterwanderung durch Rechtsextremisten zu leiden hatten (ebd.; Grüne). Bahn war bis zu Meinungsverschiedenheiten im Jahr 1986 Mitglied des »Nationalrevolutionären Koordinierungsausschusses« (ebd.), einer 1974 aus der »Sache des Volkes« hervorgegengenen Kleingruppe im Zentrum der Neuen Rechten (ebd.; Feit, S. 243).[38]

Im Heliosverlag erschienen in einer Helios'-kleinen-Reprint-Reihe Nachdrucke »nationalkommunistischer« Werke aus den 20er Jahren. Interessant sind vor allem die Autoren der Nachwörter. Neben Miteigentümer Pröhuber vom »Nationalrevolutionären Bund« (Neue Rechte, S. 22) betätigte sich auch Michael Vogt als Epilogschreiber. Vogt (*1953), ehemaliger Sprecher der Burschenschaft Danubia München und Vorsitzender des hochschulpulitischen Ausschusses der Deutschen Burschenschaft sowie Propagandist des RFS, bekannte sich zu Terroranschlägen in Südtirol. Seit 1988 arbeitet Vogt für das Bayrische Fernsehen (Braunzonen; blick nach rechts vom 1. 8. 1988, S. 2; BBl. 8/1974, S. 218).

Zurück nach Mainz. Am 18. September 1992 referierte Bahn im Haus der Heimat über »Geschichte und Volkskunde der Vertriebenen - ein Praxisbericht«. Der Vortrag wurde per Anzeige in der Jungen Freiheit angekündigt (JF 10/1992, S.14)[39] Der Helios Verlag gehörte seit Ausgabe 7/1987 der Jungen Freiheit zum Anzeigenkundenstamm der ersten Stunde (Kellerson, S. 147). [zum NHB]

Exkurs II: Meike Gorski, Kandidatin des Bunds Freier Bürger (BFB)

Die Partei BFB wurde von Manfred Brunner, einem ehemaligen FDP-Parlamentarier gegründet. Hans-Ulrich Kopp stellte den BFB beim Vortrag bei der Rhenania Moguntia als die Alternative zu den zum Untergang verurteilten Republikanern dar. Unter den KandidatInnen des BFB für die Europawahl 1994 ist auch Meike Gorski, eine Studentin aus Mainz. (Neue Rechte, S. 13) Der BFB verteilte am 9. 6. 1994 in der Mensa ein Flugblatt mit dem Titel »Demonstration gegen Maastricht! 'Für ein Europa freier Völker - gegen Maastricht'« (Archiv für Soziale Bewegung Mainz).

Exkurs III: Frank Grabert, Ersatzkandidat der REP

Frank Grabert, 1971 in Mainz geboren studiert in Mainz und kandidiert 1996 als Ersatzkandidat für die Republikaner zum Landtag (MRZ 19.2.1996 S.22).


weiter zum Anhang über Markus Zehme

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Fußnoten

[1]Bei empirischen Untersuchungen von Texten sind »Rechtsextremismus«, »Rechtsradikalismus« und »Neofaschismus« kaum sinnvoll aufzutrennen, die Definitionen unterschiedlicher Autoren überlappen sich, was sich aus den gemeinsamen ideologischen Bezugspunkten der extremen Rechten zwingend ergibt. In diesem Text werden daher folgende Merkmale für Rechtsextremismus verwendet: a) völkischer Nationalismus, b) Verleugnung von Menschenrechten, c) Autoritarismus (Führerstaat), d) positive Rückbezüge auf die Theorie und Praxis des Dritten Reiches (NS-Apologetik, Revisionismus und bestimmte Formen des Antikommunismus). Im Begriff des völkischen Nationalismus sind Rassimus und Antisemitismus bereits erhalten. [zurück]

[2]Die im folgenden berichteten Aktionen sind immer begleitet von (studentischen) Protesten. [zurück]

[3]Grimm spricht davon, daß die Teilnehmer aus mehreren Burschenschaften stammten (ebd. S. 47). Die Geschichte der Germania Jana zu Mainz ist folgende: Am 30. 3. 1948 gründen 14 Darmstädter Studenten in Mainz die »Moguntia«, am 3.3.1949 gründet sich eine weitere (?) »Moguntia«, die ab dem 6. 5. 1950 zur »Arminia auf dem Burgkeller« wird. Am 22.6.1949 vereinigt sich die »Moguntia« mit 7 weiteren Studenten zur »Rheno-Franconia«, dazu gehören auch zwei Studenten der »Kameradschaft Scheffel« sowie ein entsprechendes Alte Herren Umfeld (Franconia aus Heidelberg). Nachdem diese Vereingung zwischenzeitlich »Verbindung Fürstenkeller zu Mainz« hieß, wird im November 1949 die Umbenennung in »Germania-Jena zu Mainz« beschlossen. 1955 folgt der Umzug der Germania-Jena nach Göttingen. (Klaus Asche: Aus der Geschichte der Jenaischen Burschenschaft. In: BBl. 6/1965, S. 126). [zurück]

[4]Die Distanzierung des AStA ist vor der Stellungnahme Grimms in Nation und Europa abgedruckt. Grimm bezichtigt den AStA in seiner Stellungnahme der 'aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate' aus seinem Buch, was aber einer Überprüfung durch den Verfasser nicht Stand hielt. [zurück]

[5]Dehoust ist jetzt bei der »Deutsche Liga für Volk und Heimat«. Er ist ein gutes Beispiel für das durchlaufen diverser Organisationen innerhalb einer neofaschistischen Biographie (Lange). [zurück]

[6]Beteiligt waren Otto Jänisch, Peter Stöckricht (später NPD-MdL-Baden Würtemberg), Martin Mußgnug (später NPD- MdL-Baden Würtemberg und NPD-Bundesvorsitzender) (Klein, S. 3f.). [zurück]

[7]Im Universitätsarchiv (S8-B141/10) findet sich ein Exemplar »Student im Volk« Nr. 7/8 1959/60, daß als Freiexemplar gestempelt ist und den Bericht über den Mainzer Kongreß enthält. Über den Weg des Exemplares ins Archiv ließ sich leider nichts ermitteln. Der Veranstaltungsort wird in »Student im Volk« systematisch verschwiegen. Auch nobis schweigt dazu. [zurück]

[8]Diese Auffassung von »Gegen Egoismus …« teilte auch der Hamburger Innensenator, er analysierte zusätzlich Art. 6: »Die Überfremdung …« als antisemitisch äquivalent zum NSDAP Programm Ziffer 23c und stufte den BNS daraufhin als »rechtsradikale Organisation« ein (Robert, S.193). [zurück]

[9]Der Heidelberger BNS tat sich durch körperliche Gewalt gegen einen behinderten Studenten hervor, der einen BNS-kritischen Artikel unter der Überschrift »Man trägt wieder Braunhemd« verfaßt hatte und diesen kostenfrei vor der Mensa verteilen wollte (7/1959 BBl., S. 191). [zurück]

[10]Nach dem Verbot der SRP wechselte ein Teil der Funktionäre zur DRP. So war etwa der rheinland-pfälzische DRP-Landtagsabgeordnete Hans Schikora vormals »Bezirksführer Mittelrhein« der SRP. Mitglieder der DRP schändeten 1959 die Synagoge in Köln. Ein Studienrat Blatt war Jugendreferent der DRP in RLP (Gnielka, S. 44-46). Bis heute wird die Legende der angeblichen Täterschaft der DDR-Stasi verbreitet, was aber definitiver Unsinn ist. Die DRP führte auch in Mainz Großveranstaltungen durch: Oberst a. D. Hans-Ulrich Rudel agitierte Anfang 1959 im Kurfürstlichen Schloß, die Rede wurde wegen großem Andrang per Lautsprecher auf die Straße übertragen (nobis 3/1959, S. 16). [zurück]

[11]Kernmayr alias Erich Kern betätigte sich vielfach auch als Buchautor. Später erschien: Adolf Hitler und der Krieg (1971, K. W. Schütz Verlag) oder »Verheimlichte Dokumente - Was Deutschen verschwiegen wird« (1988 im FZ-Verlag des Nationalzeitung-Herausgebers Frey). [zurück]

[12]Er gründete 1955 den »Schillerbund deutscher Jugend«, dem die Wikingjugend beitrat, 1961 war er Mitbegründer der »Gesellschaft für freie Publizistik«, 1970 Mitbegründer der »Aktion Widerstand«, und und und (Braunzonen). Böhme war nebenbei bemerkt Burschenschaftler (Arminia-München), 1936 gründete er eine nach dem NS-Propagandahelden Leo Albert Schlagater benannte »Kameradschaft«, deren Mitglieder nach dem Krieg Ehren-Arminen wurden. (BBl. 1/1972, S. 30) Nach Einschätzung von Hermann Havekost und Fritz Schneider, zwei der unabhänigen Beobachter des BNS-Kongresses in Maniz, sind der größte Teil der Mitglieder Oberschüler aus dem Dunstkreis des KNJ (Kameradschaftsring nationaler Jugendverbände) und der DSK (Deutsche Schülerkreise). Schillerjugend und Wikingjugend gehörten dem KJN an (nobis 6/1959, S. 4). Dies würde Böhme als Redner hervorragend erklären. Schneider war Mitglied der Armina auf dem Burgkeller und kritisierte Böhme innerhalb der Deutschen Burschenschaften (nobis 2/1960, S. 15), die sich aber nicht zu einer Grundsätzlichen Unvereinbarkeit entschließen konnte (BBl. 8-9 1959). [zurück]

[13]Neben der grundsetzlich totalitären und antidemokratischen Vorstellung von »Nation« und »Gemeinschaft« b. z. w. »Volksgemeinschaft« im Zitat ist besonders die Frontstellung gegen »kalte[s] Zweckdenken zügelloser Individualisten und Egoisten« eine schlichte Übernahme von NS-Ideologie. Und dieser Topos erschließt die getarnte Bedeutung des Textes. Mit der Denunziation »Individualisten« und »Egoisten« sind die Vertreter der (bürgerlichen) Demokratie gemeint. Jeglicher Versuch, Staat im Sinne der Aufklärung zu begreifen, ist abzulehnen: »Mit eindringlichen Worten warnte der Referent davor, das Phänomen 'Nation' […] ergründen oder gar begreifen zu wollen.« Was besitzen die Vertreter der Demokratie und Aufklärung nicht: »aus der Seele geborene, gewachsene, erlebte und erlittene Volksgemeinschaft«. Dies heißt schlicht: sie besitzen keine 'Seele wie wir, die echten Deutschen', sie gehören nicht zur 'Volksgemeinschaft', sie haben nicht mit 'uns' 'erlebt und gelitten' sie sind also emigriert oder saßen in KZs, d. h. es handelt sich bei den so ausgeschlossenen um - so die nicht mehr verwendbare Terminologie der NS-Ideologie - »Geistesjuden« oder »Juden«. Was mit diesen Feinden zu geschehen hat, wird nur noch nebulös angedeutet, Ziel soll »ein gesundes Zusammenleben« »des modernen Menschen« sein. Statt gerecht, frei und solidarisch soll das Zusammenleben eben »gesund« sein. Die Verknüpfung von »Gesundheit« und »Moderne« schließt - in diesem ideologischen Kontext - eine umweltpolitische Stellungname aus: intendiert ist vielmehr die 'Gesundung des Volkskörpers' durch Rassenhygiene. »Wesentlichste Voraussetzung« dazu ist der Kampf gegen Aufklärung und parlamentarische Demokratie - letztendlich also die Erneuerung des Dritten Reiches, die Wiedererichtung von KZs und Vernichtungslagern. Zugleich besitzt »modern« eine zweite symbolische Funktion: es markiert die verquarstet umschriebene NS-Ideologie als zeitgemäß und notwendig. [zurück]

[14]Venatier (1903-1959) publizierte in Nation und Europa 1958 Text den »Ist das Neofaschismus«, den Dehuost dokumentierte und in dem Venatier sich positiv auf die NS-Ideologie bezieht (Dehoust, S. 202-206). Venatier war Lehrer und nahm sich, als die Mainzer (Landes-)Schulbehörde aufgrund seines Textes eine Untersuchung begann, im Januar 1959 das Leben. Die Bewegung hatte einen neuen Märtyrer (Gnielka, S. 35, 39, Spiegel 7/1959, S. 63). Nach Leserbriefen im Spiegel war der schlechte gesundheitliche Zustand Venatiers ein Grund des Selbstmordes (Spiegel 9/1959, S. 4; 13/1959, S. 4f.). [zurück]

[15]Vermutlich eine Adaption von Wilhelm Pleyer: »Europas unbekannte Mitte«, erschienen 1957 im Bogenverlag. Pleyer (1901-1974) trat bereits in den 20er Jahren in die NSDAP des Sudetenlandes ein, war einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten »Grenzlanddichtung«, Träger von fünf NS-Literaturpreisen. Nach dem »Zusammenbruch« blieb er dem Faschismus treu und wurde NPD-Funktionär und Autor der Nationalzeitung. (Paschner; Sarkowicz, S. 9f.) Nebenbei sei bemerkt, daß Pleyer zumindest in den Jahren 1951-1957 im Wiesbadener Kurier schwülstige »Naturlyrik« publizierte und seine Bücher, u. a. »Europas …«, rezensiert wurden. (Schriftwechsel Pleyer mit Dr. Hans Kloos vom Wiesbadener Kurier - Orginale im Archiv für Soziale Bewegung). Kloos war wie Pleyer Mitarbeiter von »Sudetenland - Vierteljahreszeitschrift für Kunst, Literatur, Wissenschaft und Volkstum« (Bogen-Verlag) (Mitarbeiterverzeichnis in 1/1968, S. 80) die von Mitgliedern des Witikobundes stark durchsetzt war. Dies belegt die Wirkmöglichkeiten von Altnazis über die Kultur- und Vertriebenenschiene in die bürgerliche Öffentlichkeit und die Protegierung von Vertriebenen - selbstverständlich mit Verschweigen derer NS-Vergangenheit - untereinander. [zurück]

[16]Eine Adaption von Peter Kleist: »Chruschtschow 50 km vor Hamburg - Wege und Ziele der Sowjetmacht« erschienen 1959 im K. W. Schütz Verlag (Anzeige in »Student im Volk« 7/8, 1960, S. 8). Kleist trat mit diesem Thema beim Hamburger BNS auf (Student im Volk 7/8 S. 1960, S. 9). Kleist - NSDAP-Mitglied seit 1932 und ehemaliger Mitarbeiter sowohl des NS-Außenminister Ribbentropps als auch Alfred Rosenbergs Ostministeriums - ist einer der fleißigen Sudelautoren der neofaschistischen Szene: 1952 erschien sein für die NS-Apologetik grundlegendes Werk »Auch du warst dabei« im Vowinkel Verlag (Gramel S. 34-40; Kleist a). Ähnlich widerwärtig ist sein »Wer ist Willy Brandt?« 1971, erschienen in der 9. Auflage beim Nationalverlag Hannover, in dem die alte 'Exilant-Brandt-ist-ein-Verräter' Platte gespielt wird (Kleist b). Diverse Werke von Kleist wurden in »Student im Volk« gepriesen. [zurück]

[17]Nach dem Altnazi Helmut Sündermann wurde Hoggan von der »Gesellschaft für freie Publizistik« (GfP) eingeladen. Der Titel von Hoggans Buch entspricht einer älteren Artikelserie Sündermanns (Sündermann, S. 18f). 1960 hatte Sündermann vormals stellvertretender Reichspressechef der NSDAP, die GfP gegründet (Hirsch, S. 257). Der BNS war auf seinem Mainzer Kongreß nicht bereit, sich von Sündermann zu distanzieren (nobis 6/1959, S. 4; 2/1960, S. 14f). Die Burschenschaftlichen Blätter, Organ der Deutschen Burschenschaft, der in Mainz die Germania, die Arminia und die Saraviva angehörten beteiligten sich 1965 an der Geschichtsrevision. Es erschien - Hoggan hatte 1964 den »Ulrich-von-Hutten-Preis« der GfP verliehen bekommen - eine lange Artikelserie »Taylor und die deutsche Kriegsschuld« von dem US-amerikanischen Historiker Harry Elmar Barnes. Barnes hatte Hoggan bewegt, seine Habilschrift in das Buch »Der erzwungene Krieg« umzuarbeiten. (FR 31.10.1995, S.12). [zurück]

[18]Eine Peinlichkeit von lokaler Bedeutung sei hinzugefügt: Dr. Frank Thiess (1890-1977), Vizepräsident der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur rezensierte Hoggans Band positiv als »Leistung, die mit wissenschaftlicher Sorgfalt, seltener Noblesse und beispielhafter Gerechtigkeit von einem Amerikaner für Deutschland vollbracht wurde« (Hoggan, Klappentext). Thiess Beschreibung ist kein Ausrutscher, schrieb er doch 1965 für die »Deutsche National- und Wochenzeitung«, sein Artikel wurden im »Reichsruf« dem Organ der DRP nachgedruckt. Er unterstützte »student«, war Autor im »Deutschen Studentenanzeiger«, »Konservativ Heute« und »Deutsche Monatshefte«. Thiess wurde vielfach geehrt: Ehrenring des DKEG, Konrad-Adenauer-Preis (1968) sowie Bundesverdienstkreuz. Tiess gehörte dem Witikobund an. (Brauzonen) 1967 setzte er sich für die Freilassung von Rudolf Hess ein. (Hess, S. 35) [zurück]

[19]Eine Resolution des Mainzer AStA und StuPa fordert energisches Vorgehen gegen den BNS, die an den Berliner Aktionen beteiligten Studenten sollten zwangsexmatrikuliert werden bzw. solche Studenten sollen ganz vom Studium ausgeschlossen werden (nobis 1/1960, S.14). [zurück]

[20]Höhne nannte im Zusammenhang der besonders zu Beobachtenden den Staatsanwalt Bauer. Es handelt sich vermutlich um den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903-1968). Bauer wurde von den Nazis amtsenthoben und mit KZ bedroht, 1936 flüchtete er. Nach seiner Rückkehr 1949 widmete er sich besonders der Verfolgung von NS-Tätern. Er trug 1959 zur Festnahme Eichmanns bei, leitete 1963-1965 den Auschwitz-Prozeß in Frankfurt. 1968 starb er mitten in den Vorbereitungen für einen Euthanasie-Prozeß, der dann nie stattfand. [zurück]

[21]Diese Aussage wurde von zwei als Erstsemestern getarnten AutorInnen, die durch über 10 Mainzer Verbindungen zogen und recht detailliert über die unterschiedlichen politischen Standorte der einzelnen Verbindungen berichten, getroffen. [zurück]

[22]Auch Curt Müller, »Nazi Müller« aus Gonsenheim war schon dabei. Nach 1964 als Aktivist der »Aktion« kandidierte er 1972 für die NPD zu den Bundestagswahlen (VVN, S. 9). Zum Ordnerdienst gehörte auch Heinz Reiss (sic! , Spiegel 33/1970, S. 58). [zurück]

[23]Über Schumms spätere politisch motivierte und finanziell gut gesicherter Fluchthilfe aus der DDR (für drei Personen 11.000 DM) findet sich in Spiegel 33/1974 ein ausführlicher Bericht. Schumm war in der DDR gefaßt worden - ein Glücksgriff für die DDR-Propaganda. Später wurde er als politischer Häftling freigekauft. [zurück]

[24]Der »Deutsche Studentenanzeiger« (Herausgeber Peter Dehoust) fusioniert 1978 mit »student« (Gräbler/Haller, S. 151). [zurück]

[25]Peter Naumann (*1957) wurde 1972 Vorsitzender der JN Wiesbaden, 1973 sitzt er im JN-Bundesvorstand, 1976 wird er stellvertretender JN-Bundesvorsitzender. 1979 verübt er, um die Ausstrahlung der Fernsereihe »Holocaust« zu verhindern, Anschläge auf Sendemasten. Von 1981-1984 ist er kommissarischer Vorsitzender der NPD in Wiesbaden, 1982 wird er wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung und Beteiligung an drei Bombenattentaten angeklagt, 1983 Anklage wegen eines Bombenanschlags auf das Kriegsverbrechergefängnis in Berlin Spandau, 1988 Verhaftung wegen eines 1987 durchgeführten Bombenanschlags auf DDR-Grenzanlagen. 1995 übergab er - in Absprache mit der Naziszene und unter den Augen wichtiger Personen aus der Szene - zahlreiche Waffendepots und kiloweise Sprengstoff der Polizei. Naumann ist dabei kein Einzeltäter, sondern vielfach vernetzt mit der rechtsextremistischen Terrorszene, Parteien und Organisationen (Hirsch S. 417, analyse & kritik Nr. 382 vom 21. 9 .95, blick nach rechts Nr. 12, 1986 S. 8). [zurück]

[26]Eine besondere Rolle spielten die Burschenschaften Danubia München und Germania Köln. Die Danubia München ist wohl die bekannteste rechtsextreme Burschenschaft. Aus diesen Burschenschaften gingen namhafte Autoren der Jungen Freiheit hervor (Plagiat S. 19, 102), der RHV wurde im Haus der Danubia gegründet. Aus dem Haus der Germania Köln drangen zu RFS-Zeiten mehrfach studentische Gesänge: das Host Wessel Lied wurde gesungen (Gräbler/Haller, S. 131). In Mainz besitzen Traxel, Ravens und Henne einen burschenschaftlichen Hintergrund (siehe oben; Adressbuch der Stadt Mainz 1978/79 Adresse Stahlbergstraße 33). [zurück]

[27]Der RFS definierte in seinen »Grundsätzen« Freiheit: »Freiheit bedeutet Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung aber auch Verantwortung und Pflicht. Sie hat nie etwas mit Libertinage oder mit Egoismus des Einzelnen auf Kosten der Gemeinschaft zu tun gehabt. Freiheit, nur auf die einzelne Person oder Gruppe bezogen, wird zum Genuß- und Konsummittel und ist an sich kein Wert. Wir verstehen daher Freiheit nicht als Freiheit von etwas, sondern als bewußte Hinwendung zu den Grundwerten des menschlichen Leben.« (Kellerson, S. 19) Dies ist eine Zentralstelle »neurechter« Ideologie und übrigens durchaus mit »Gemeinnutz geht vor Eigennutz« kompatibel. [zurück]

[28]Wolfgang Traxel organisiert heute in Leipzig das Zusammentreffen zwischen FDP und der FPÖ des rechtsextremen Österreichers Jörg Haider (JF V/1993, S. 4). 1991 war Traxel der Vorsitzende des Leipziger Altherrenverbandes (BBl. 2/1991, S. 48). Publizistisch aktiv ist er in der Jungen Freiheit (z.B. JF VII/1993, S. 4) sowie in Nation und Europa (Kellerson, S. 44). [zurück]

[29]Lothar Bossle, ein Würzburger, vormals Mainzer, »Wissenschaftler« half Pinochet bei der Formulierung der neuen »Verfassung«. Sein Institut für Demokratieforschung, das diese Arbeit erledigte, hatte von 1972-1977 Mainz als Sitz (WAZ Sonderausgabe Bossle). [zurück]

[30]1952-1972 Mitglied der CDU und der Deutschland Stiftung e.V.; 1972 wird er aus der Deutschland Stiftung aufgrund von Kontakten zur NPD ausgeschlossen, für die er dann offen kandidierte (Braunzonen). [zurück]

[31]Der RFS versuchte, gegen die Bezahlung von Beiträgen an die VDS - wie in seiner Wahlvorstellung angekündigt - gerichtlich vorzugehen, die 500 Studierenden verlangten darüber Auskunft (AZ ebd.). [zurück]

[32]Die Mainzer Studierenden haben sich mehrheitlich - vermutlich bei einer Urabstimmung - für den Wiedereintritt in die VDS entschlossen (BBl. 6/1973, S. 181). [zurück]

[33]Die Germania-Halle bzw. ihre Mitglieder leisteten sich 1973 und 1974 weitere übelste rechtsextreme Propaganda. Beispiele: »Deutsches 'Unrecht' und polnisches 'Recht'«(BBl. 3/1973, S. 78f.) sowie »Unnachsichtige Wahrhaftigkeit!« (BBl. 3/1974, S. 72f.) beide von Erich Frischbier. Frischbier, Bursche aus dem Jahr 1919, ist 1973 bereits Rentner, vormals arbeitete er als Assistent bei der Landesanstalt für Vorgeschichte in Halle, später als Druckereibesitzer, dann als Pfarrverwalter (BBl. 3/1973, S. 96), Die Germania-Halle wurde 1959 gegründet (BBl. 3/1965 S.45) sie hatte 1972 17 in Mainz ansässige Mitglieder, davon Studenten 9 (BBl. 3/1972 S.85). Germania Halle gehört zut BG (BBl. 10/1972 S. 278). [zurück]

[34]Kandidaten der EAP waren 1978 Rosa Kunz, Ulrich von Schreiber, Siegfried Zimmermann und Barbara Römer. In der Listenvorstellung der Wahlzeitung wird vorallem das Technologieprogramm der EAP dargestellt. [zurück]

[35]Diese Beschreibung ist sicher richtig. So belegt etwa das Gestammel des Frankfurter Kreisvorsitzenden, Klaus Sauer, weitgehende Unbedarftheit der lokalen Republikaner-Funktionäre in Bezug auf Ideologie, Parlamentsspraxis, Sachkenntnis und Rhetorik (in: FR 22. 3. 1993). [zurück]

[36]Neben Zehme gehören Gerhard Quast und Hans Rustemeyer zu den Autoren, Kurt E. Goldmann (Landesvorsitzernder) ist ein häufiger Leserbriefschreiber und Siegfried Bublis fördert(e) die JF finanziell. (Kellerson) [zurück]

[37]Insbesonders sprechen hierfür Plakate von Michael Petri, »Deutsche Alternative« (DA), mit Wahlaufrufen für die Mainzer REPs, der Besuch Mainzer REP-Funktionäre auf Sonnenwendfeiern bei »Nazi Müller«, der (inzwischen geschlossene) Mainzer Treffpunkt von DA und REPs »Am Depot« (Anfrage der Landtags-Grünen vom 10. 10. 1994, Svoray, MRZ, Orginalplakate und Flugblätter der DA im Archiv für soziale Bewegung). [zurück]

[38]Artikel Peter Bahns finden sich in: wir selbst, DESG-Info, Neue Politik, Debatte, Scorpion (Zeitung des Thule-Seminars für GB), Staatsbriefe, Junge Freiheit, Zeitenwende (Organ des Nationaleuropäischen Jugendwerkes). Außerdem ist er Mitautor des Jahrbuches der Konservativen Revolution und in esoterisch-naturreligösen Büchern (Neue Rechte S. 22). [zurück]

[39]Weitere Anzeigen des Hauses der Heimat finden sich in JF 4/1992 und 11/1992. [zurück]