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Mon Jun 11 11:31:48 2001
 

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Räumung

Während in ganz Mexiko Tausende gegen die Kriegspolitik Ernesto Zedillos protestieren, wird anderen Ortes gefeiert. Laurenz Schimpf-Hudler und Ehefrau Marianne, die Familie von Knoop und all die anderen Kaffeebarone spüren wieder Rückenwind. Mit den anderen Großgrundbesitzern haben sie den Militärschlag lange gefordert. Endlich wird wieder hart durchgegriffen und die Rückeroberung der Plantagen rückt in greifbare Nähe.

Nachdem im Dezember 1994 Folke von Knoops Expeditionskorps auf Prusia so schmählich gegen die Villistas scheitert, überlassen die Kaffeebarone jetzt nichts mehr dem Zufall. Der Unterstützung des Militärs, der Polizei und der Regierung sind sie sich sicher. Und mit den Guardias Blancas verfügen sie über eine eigene Privatarmee. Zunächst gilt es jetzt, gegen die Landbesetzer öffentlich Stimmung zu machen, dann soll zum großen Schlag ausgeholt werden. Die Großgrundbesitzer koordinieren ihr gemeinsames Vorgehen. Zunächst gehen die offiziellen Interessenvertreter der Kaffeebarone an die Öffentlichkeit.

Am 19. Februar demonstrieren 300 Großgrundbesitzer und Angehörige der weißen Oberschicht in San Cristóbal. Der Marsch der Reichen und Mächtigen des Bundesstaates endet vor der Kathedrale, dem Sitz des Bischofs Samuel Ruíz. Auf Transparenten fordern sie: »Todesstrafe für den Mörderbischof!« und »Vergewaltigt Mariksa Kramsky!«, die Koordinatorin der Friedensgruppen in San Cristóbal. Es bleibt nicht bei derartigen Verbalattacken. Samuel Ruiz, dem Vermittler zwischen Regierung und EZLN, gilt der größte Haß. Mit Steinen und Knüppeln werden Frauen, die mit Blumen und Kerzen vor der Diözese eine Friedenswache halten, angegriffen. Der in Pogromstimmung versetzte Mob, unter ihnen führende PRI-Politiker der Stadt, will den Bischof lynchen. Die Polizei schaut mit verschränkten Armen zu. Erst zwei Stunden später wird durch ein entschlossenes Eingreifen von Dutzenden Indígenas dem Spuk ein Ende bereitet.

Guillermo Escudero, Präsident der Unión Nacional de Productores de Café (UNPC) und enger Geschäftsfreund der Familie Schimpf-Hudler, verlangt am 3. März 1995, daß die »besetzten zweitausend Ländereien außerhalb des zapatistischen Einflußbereichs« jetzt endlich geräumt werden müßten. Auch der Chef der Unión Estatal de Productores de Café (UEPC), Carlos Bracamontes Gris, ein Verwandter der von Knoops, fordert am 12. März in der Presse die Räumung der besetzten 30000 Hektar Land in Angel Albino Corzo: »Es muß eine schnelle Lösung für das Problem gefunden werden, weil die Einnahme von Devisen notwendig ist«, sagt er.

Am 28. April um sechs Uhr morgens rücken Armee, Judiciales und Seguridad Pública aus dem Tal in Richtung Liquidambar vor. In Nueva Palestina räumen sie die von den Villistas errichtete Straßensperre. Mit Jeeps und LKWs dröhnen sie die Straße zur Plantage empor. Laurenz Schimpf-Hudler hat keine Kosten und Mühen gescheut, Guardias Blancas verstärkt, Militär und die Polizei über seine Regierungskontakte mobilisiert und sich mit den anderen Großgrundbesitzern im Distrikt abgesprochen. Die Streitmacht schießt Tränengasgranaten gegen die Landbesetzer und dringt schwerbewaffnet auf der Plantage ein. Den 300 BesetzerInnen der UCPFV bleibt nichts anderes, als in die umliegenden Berge zu fliehen. Widerstand wäre in dieser Situation zwecklos, denn Schimpf-Hudlers Armada ist bereit, auch scharf zu schießen. Wie schon so oft bei Landkonflikten in Chiapas könnte es zu vielen Toten und Verletzten kommen.

Auch Prusia, Sayula und Chicharras, die anderen besetzten Plantagen im Distrikt, werden an diesem 28. April von hochgerüsteten Streitkräften der Großgrundbesitzer geräumt. Der kurze Winter der Anarchie ist vorbei. Die Mächtigen sind zurückgekehrt. Laurenz Schimpf-Hudler, Folke von Knoop und ihr mexikanischer Freund Jesús Orantes Balbuena haben sich vorerst wieder durchgesetzt.

Der chiapanekische Innenminister Eraclio Zepeda verkündet einen Tag später: »Die Plantage Liquidambar wurde von den öffentlichen Organen ohne Gewalt und kriegerische Handlungen geräumt. Die Räumungen wurden durchgeführt«, begründet er die Aktion, »um den Frieden in Chiapas wiederherzustellen.« Und: »Wir können im Rechtsstaat die Präsenz von bewaffneten Leuten, von Gewalt und der Zerstörung des Eigentums Dritter nicht dulden.« Die bei der Eroberung von Liquidambar, Prusia, Chicharras und Sayula beteiligten Guardias Blancas meint er damit natürlich nicht. Die illegale Zusammenarbeit der Polizei- und Militäreinheiten mit den Weißen Garden ist nicht nur in Nueva Palestina sichtbar, sondern in fast allen Regionen von Chiapas. Als einer der Chefs der Pistoleros gilt kein anderer als Jorge Constantino Kanter. 400 Campesinos sind laut Schätzungen des katholischen Menschenrechtszentrums Fray Bartolomé de las Casas 1994 außerhalb der eigentlichen Kriegszone in der Selva Lacandona in Chiapas ermordet worden. Ein Großteil der Opfer geht auf das Konto der Guardias Blancas.



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