G8 - treffer ... versenkt!
Vom 20. bis zum 23. Juli 2001 kommen
die Regierungschefs der acht mächtigsten Staaten der Welt in der
norditalienischen Hafenstadt Genua medienwirksam zum alljährlich
stattfindenden G-8 Gipfel zusammen. Wie in den vorherigen Jahren
werden die Ministerpräsidenten in wohlklingenden Erklärungen
beteuern, dass es ihnen um nichts weniger als um das Wohl der
gesamten Menschheit geht. Alle sollen an den neuen
Kommunikationstechnologien, an Wohlstand, Frieden, Umweltschutz und
Fortschritt teilhaben können.
In diesem Sinne stehen unter anderem
Themen wie die Internationale Finanzpolitik, der Ausbau der
Schuldeninitiative, eine Reform der Weltbank sowie die
Armutsbekämpfung auf der Tagesordnung. Es entsteht der Eindruck,
die selbst ernannten Manager des Weltgeschehens hätten aus
vergangenen Fehlern gelernt. Neuerdings angereichert um soft skills
wie Demokratie-, Sozial- und Umweltstandards wird jedoch die
Liberalisierung des Weltmarktes nach wie vor als Wundermittel zur
Bekämpfung der Armut in der Welt vorgeschlagen. Denn nur dies
könne bewirken, dass »die Früchte der Globalisierung
in allen Teilen der Welt ankommen« wie es Vicente Fox, der
mexikanischer Präsident, ausdrückt.
Doch während viele Statistiken ein
Wirtschaftswachstum anzeigen, bedeutet die neoliberale
Umstrukturierung der Wirtschaft für weite Teile der Bevölkerung
eine drastische Verschlechterung ihrer sozialen Situation. Die dem
wirtschaftsliberalen Paradigma folgenden Strukturanpassungsmaßnahmen
des IWF, die vielen Ländern in den vergangenen Jahren zur
Bekämpfung der so genannten Schuldenkrise aufgezwungen wurden,
haben zur Folge, dass immer mehr Lebensbereiche nach der
kapitalistischen Verwertungslogik umgestaltet werden.
Nur wenige privilegierte Sektoren der
Bevölkerung haben die Chance, vom grenzenlosen Wettbewerb zu
profitieren. Für die Mehrheit dagegen bedeutet Freihandel unter
anderem die drastische Erhöhung der Lebensmittelpreise, die
Zerstörung öffentlicher und regionaler
Versorgungsstrukturen und damit einen verschärften Kampf um das
tägliche Überleben.
Doch nicht nur im Süden, auch in
den reichen Ländern des Nordens wird die Vorstellung von einem
selbstbestimmten Leben mehr und mehr zur illusionären Utopie.
Der vermeintliche Sachzwang Globalisierung legitimiert die umfassende
Ökonomisierung des Sozialen. Hinter der zum Naturgesetz
erhobenen kapitalistischen Verwertungslogik taucht die soziale
Dimension lediglich als rhetorische Formel auf oder wird neuerdings
mit der permanenten Rede über Eigenverantwortung der so
genannten Zivilgesellschaft und ihren Agenten, den NGO, überlassen.
Wer in dieser Ordnung gewinnt und wer
verliert, belegen zahllose Berichte - selbst von Institutionen wie
der Weltbank. Ganz oben auf der Rangliste steht zwar nach wie vor der
weiße heterosexuelle Mann, der Patriarch hat jedoch ausgedient.
Der neue gefragte Typus des »winners« ist allzeit mobil
und flexibel, entbunden von der nunmehr rückschrittlich
erscheinenden Rolle als Versorger.
Im antikapitalistischen Widerstand darf
es nicht allein darum gehen, einzelne Kongresse zu verhindern,
sondern darum, das Grundprinzip zu bekämpfen, das weltweit alle
Lebensbereiche, Tätigkeiten und Lebensstile nach monetären
Verwertungskriterien beurteilt und die Existenzberechtigung eines
Menschen daran bemisst.
Wir lassen uns nicht täuschen vom
Diskurs der Herrschenden über Demokratie, Menschenrechte,
Integration und Mitbestimmung. Im Namen der »Demokratie«,
die den freien Markt meint, wird Marginalisierung legitimiert, im
Namen der »Menschenrechte« Kriege geführt.
»Integration« bedeutet die Unterordnung unter das
Phantasma der »Leitkultur«, und »Mitbestimmung«
Selbstausbeutung.
Während sich die Regierungschefs
aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan,
Kanada, Russland und den USA in Genua gepflegt darüber
unterhalten, wie sie dieses System der Weltordnung effektivieren
können, werden wir sie mit Widerstand konfrontieren.
G-8-Treffen besitzen kein politisches
Mandat, keine Satzung und keine internationale Legitimation
beispielsweise durch die UNO. Dies gerät in Widerspruch zu ihrer
Wirkungsmächtigkeit. G-8-Gipfel stehen damit paradigmatisch für
die Informalisierung von Politik. Dieser Logik folgend finden die
meetings in hermetisch abgeriegelten Räumen, abgeschottet von
der Öffentlichkeit statt. Für den Gipfel werden kurzerhand
öffentliche Räume privatisiert und von einem martialischen
Aufgebot an Sicherheitskräften geschützt. Mit der Wahl des
Neofaschisten Silvio Berlusconi zum italienischen Regierungschef, der
sich schon im Vorfeld für ein Verbot der Protestaktionen in
Genua stark machte, erhält der diesjährige G-8-Gipfel eine
zusätzliche politische Dimension. Wir werden uns von der
angekündigten Repression nicht beeindrucken lassen. Ganz im
Gegenteil. Die zahlreichen militanten Artikulationen gegen die
Kostrukteure und Verfechter des Neoliberalismus und ihre Treffen in
den vergangenen zwei Jahren haben gezeigt, dass sich Kritik und
Widerstand nicht verbieten lassen.
In Genua und weltweit unterstützt
ein breites Bündnis von Solidaritätsgruppen über
Basisgewerkschaften bis zu besetzten Zentren eine Reihe von
Protestaktionen während des G8:
19.7.: An diesem Tag stehen die
MigrantInnen im Mittelpunkt
20.7.: Offizieller Beginn des G8
Aktionen des zivilen Ungehorsams, wie
etwa Straßenblockaden, um die Eröffnung des Gipfels zu
verhindern, »P-8«, ein Treffen der acht
ärmsten Länder der Welt
21.7: Großdemonstration, zu der
bis zu 100.000 Menschen erwartet werden.
20. - 22.7.: Diskussionsforum von
TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt
Infos unter:
http://www.genoa-g8.org
http://www.yabasta.it (Ya basta)
http://www.italy.indymedia.org (Indymedia Italien)
http://www.tutebianche.org
http://www.G7.utoronto.ca (Offizielle Informationen)
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