Unruhen an einer berühmten Teheraner Universität
Am gestrigen Dienstag, den 2.11.04, fand eine Veranstaltung in der Universität Elmosanat in Teheran mit dem ersten Außenminister der Islamischen Republik Iran, Ebrahim Yazdi und Mustafa Tadj Zaadeh, einem Mitglied der Islamischen Partei Moscha Rekat, statt.
Die Hisbollahgruppe der Universität ist mit Unterstützung von weiteren Hisbollahgruppen vor Ort gewesen, um diese Veranstaltung zu stören. Dies gelang ihnen jedoch nicht, weil viele StudentInnen die Veranstaltung verteidigt haben. Daraufhin zogen sich die Agressoren zurück und drangen statt dessen in das Büro des Direktors, Prof. Dr. Sadehi, ein. Sie zerstörten das Büro und nahmen den Direktor als Geisel. Er wurde durch die Universität auf die Strasse gebracht, wo er geschlagen und beschimpft wurde. Obwohl sich Polizei in unmittelbarer Nähe befand, hat sie sich nicht eingemischt. Erst nach undurchsichtigen Verhandlungen kam es zu der Freilassung des Direktors. Er musste aufgrund seiner Verletzungen ins Krankenhaus aufgenommen werden.
Professoren und wissenschaftliche Lehrkräfte versammelten sich in der Folge aus Protest zu einem Sitzstreik. Bislang verabschiedeten sie 2 Forderungskataloge, in denen sie die Festnahme und Verurteilung der Angreifer verlangten. Sie erklärten den Sitzstreik so lange aufrecht zu erhalten und den Lehrbetrieb auszusetzen, bis der Direktor wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden ist.
Im Laufe des heutigen Mittwochs haben sich viele Studenten und Studentinnen der Universität versammelt. Zunächst umfasste die Menge ca. 500 Personen, wuchs aber schnell an, zumal auch aus anderen Universitäten viele StudentInnen hinzukamen. Bei der sich daraus entwickelnden Demonstration wurde die Atmosphäre sofort politisch, mit Parolen wie „Kanonen, Panzer und Basiji (radikale Milizen der Hisbollah) haben keine Wirkung mehr.“, „Die geistliche Regierung muss weg“, „Taliban, Taliban, schäm dich“, „Haut ab, Faschisten, haut ab“, und „Tod den Taliban, Tod der Diktatur“.
Die Menge begab sich zum Büro der Hisbollah an der Universität, das vollkommen zerstört wurde. Die Polizei verhinderte unterdessen, dass sich weitere Menschen von ausserhalb der Universität der Menge anschließen konnten. Erst nach 2 Stunden versuchte die Polizei die Menge aufzulösen
Heute Abend versammeln sich die Direktoren aller Teheraner Universitäten um zu beraten wie sie in Zukunft mit diesen Hisbollahgruppen umgehen.
Bild: StudentInnen schützen den Veranstaltungsraum
Bild: Weitere StudentInnen in der Nähe der Veranstaltung. Über Lautsprecher konnten die Reden auch im Freien verfolgt werden
Kommentar von Ali Schirasi: Egal ob in einer Fabrik, einer Universität oder einem anderen Ort, es genügt offensichtlich bereits ein kleiner Anlass um eine lang unterdrückte Wut ausbrechen zu lassen. Kann sich die Regierung noch aus dieser Sackgasse retten?