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Kultura
"Ich setzte in der neuen Unterkunft mein Erlernen der russischen Sprache fort, dazu fand ich in einem Königsberger einen guten Partner, der mich auch mit den Lehren von Imanuel Kant vertraut machte. Im Steinhaus war auch der mir von Mühlberg bekannte Schauspieler Georg Hartmann, von ihm ließ ich mich in Theatergeschichte und Dramatik unterrichten, bei einem Enkel des Mathematikers Gaus in der Mathematik. Gespräche über Weltanschauungen konnten nur vorsichtig geführt werden, auch wenn es um den Kommunismus ging, meist beim Hofrundgang zu zweit. Auch das war für mich interessant, einer der Mitinsassen ... blieb mir in Erinnerung, auch sein aphoristischer Satz, der lautete: ´Viele sagen heute, sie wären Kommunist; ich bemühe mich jeden Tag darum, einer zu werden.´"
(Wolgang Goszczak)

"Beim morgentlichen und abendlichen Zählapell vor den Baracken verkürzten wir die Wartenzeiten durch das gemeinsame Singen von Liedern; Heimatlieder, sog. Landknechtslieder - eben solche, die wir gelernt hatten und die keinen faschistischen Text enthielten (...) Wenn ich darüber berichtete, daß wir jungen Menschen beim Zählapell, der sich über 1-2 Stunden erstreckte, Lieder sangen, dann hatte das nach den ersten Wochen eine überraschende Auswirkung auf uns. Eines abends wurden 30-40 Jungen durch den Lagerschutz verhaftet. Wir kamen aber nicht in eine Isolierbaracke, sondern in den Küchentrakt. Dort bewirtete uns der innere Lagerkommandant Alex, ein Mithäftling und ehem. Angehöriger der Wlassov-Armee, mit fettigen Bratkartoffeln und Zucker. Er regte an, daß unsere Jugendgruppe sich ein Kulturprogramm ausdenken, einstudieren und aufführen solle."
(Hans Hammer)

"Ein Orchester, Schauspieler und Sänger, Laiendarsteller waren hier vereinigt, um jeweils nachmittags Vorstellungen zu bieten. Ausschnitte von Theaterstücken, Operette, Artistik, Bühnentanz gehörten zu den jeweiligen Darbietungen. Aus meiner Sicht war Dr. Schatz, ehemaliger Chefdramaturg, des Nationaltheaters Weimar, der ebenfalls Häftling war, der führende Kopf bei den einzelnen Inszenierungen ... Ein Kuriosum für diese Einrichtung Kultura ist, daß hier auch Tanzveranstaltungen stattgefunden haben. Im Beisein sämtlicher Zonensergeanten durfte getanzt werden, jedoch so lautete die Anweisung zwischen den Tanzpartnern Frauen und Männern durfte keine Unterhaltung stattfinden. Es durfte nicht gesprochen werden. Zu diesen Veranstaltungen wurden vorwiegend Jugendliche zugelassen. Eine Wertung zu dieser Veranstaltung zu treffen, ist ohne Kenntnis der konkreten damals bestehenden Umstände meiner Auffassung nach, nur dem zu überlassen, die sie wirklich erlebt haben und kennen."
(Rudolf Haupt)

Leben im Lager
"Ob es die Unerfahrenheit unserer Jugend war oder Angst und Zukunftsungewissheit, wir nutzen gute Gelegenheiten zur Flucht nicht. Als wir ins Lager gebracht wurden, war der ehem. geladene elektrische Stacheldrahtzaun noch von der Befreiung her defekt und es wäre relativ leicht gewesen, ihn bei den Herbstnebeln zu überwinden, zumal am Anfang noch eine Bewegungsfreiheit innerhalb des Lagers bestand."
(Hans Hammer)

"10 Jahre Psychologie können mir die 3 Jahre (in Buchenwald) nicht ersetzen. Nur schade, daß ich es mit meiner Gesundheit bezahlen mußte."
(Hugo Volkardt)

"Zu den Werkstätten gehörte auch eine Schrauben- und Nagelfabrik, das war eigentlich die einzige Industrie, die ich nicht kenne, aber zu was ist ein solcher KZ-Aufenthalt nicht alles gut. Wie ich gesund zu Hause war, und auch jetzt muß ich sagen, daß die sechs Semester (3 Jahre) interessanter und lehrreicher waren, wie meine 5 Semester Studium in Mittweida. Eigentlich waren nur Könner und Intelligenz in den Werkstätten, man konnte alles lernen und jeden Abend hielt irgend einer einen Vortrag über irgend etwas, denn die Kameraden der techn. Abteilung lagen immer zusammen in einer Baracke."
(Werner Gumpert)




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