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camporganisation
Aufruf zum 3. antirassistischen Grenzcamp
Das Camp planen wir als Schauplatz politischer und kultureller Intervention an einer Grenze, die in Europa die Teilhabe am Wohlstand oder die Verurteilung zur Armut markiert. Beim ersten Mal - 1998 - fand das Camp noch unter dem Kohl-Kabinett statt. Etwaige Hoffnungen auf Veränderungen in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik durch den Regierungswechsel wurden jedoch umgehend enttäuscht. Die rotgrüne Koalition hat in Sachen Abschiebung und Internierung die Linie der CDU/CSU-Innenminister fortgeführt. Die grundlegende Änderung des Staatsbürgerschaftsrechtes wurde unter dem Druck der rassistischen Unterschriftenkampagne der CDU kampflos ad acta gelegt. Übrig blieb eine windelweiche Modernisierung. Die gegenwärtige greencard-Debatte lässt keine prinzipiellen Änderungen im Verhältnis zu EinwanderInnen und Flüchtlingen erwarten. Als Menschen und PartnerInnen werden sie in dieser Diskussion nicht respektiert, sondern nach ihrer Nützlichkeit für die bundesrepublikanische Wirtschaft begutachtet. Das Land Brandenburg ist Ziel, weil dort sowohl die Brutalität rassistischen Alltags als auch das Kalkül der Eliten so charakteristisch für die Situation in Deutschland ist. Die Stadt Forst hat 1994 traurige Bekanntheit erlangt, als dort mehrere Flüchtlinge in der Neiße ertranken. Aufschlussreich ist das Handlungskonzept "Tolerantes Brandenburg" der Landesregierung. Sie besitzt die Unverfrorenheit über Rechtsextremismus sowie Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft zu sprechen und von der staatlichen Verantwortung für rassistische Diskurse, autoritäre Sicherheitsfantasien, Abschiebungen, Internierungen und polizeiliche Aufrüstung zu schweigen. Des Weiteren kreuzen Einwanderungsrouten nach wie vor die polnisch-deutsche Grenze. Sie kennzeichnet das Gebiet eines Grenzregimes, in dem oben und unten in der Regel einträchtig kollaborieren. Zum Beispiel rotteten sich vor einigen Jahren in Forst EinwohnerInnen zu einer Bürgerwehr zusammen, unterstützt und gebilligt vom Bundesgrenzschutz (BGS). Überdies ist die personelle und finanzielle Kooperation des BGS mit der polnischen Grenzpolizei ein Exempel für die Abschottungspolitik der Europäischen Union (EU) abseits einer öffentlichen Diskussion und Einflussnahme.
Das Camp stellt die öffentliche Ordnung des Grenzregimes grundsätzlich
in Frage. Es ist damit schnell ein politisches Spektakel mit
Unterhaltungswert geworden. Ebenso schnell sind dabei die
gegenwärtigen Beschränktheiten linker Gesellschaftskritik offenkundig
geworden. Ein Merkmal davon ist die überwiegende deutsche Nationalität
der TeilnehmerInnen. Die Ablehnung des Rassismus in seiner
gesellschaftlichen wie staatlichen Ausprägung tragen wir zwar mit
großer Verve vor, jedoch ist der politische Wille zur Veränderung
- und wenn welcher - nur als Aufblitzen sichtbar. Bei unseren
beiden Camps haben wir feststellen können, dass nicht viele Menschen
Flüchtlingen und EinwanderInnen Hilfe gewähren oder ihnen beistehen.
Ebenso wenig gibt es die Bereitschaft, die Befugnisse des BGS zu
kritisieren. Selten gibt es Menschen, die Menschen anderer Herkunft
und Hautfarbe die gleichen Rechte zugestehen, wie sie sie selbst in
Anspruch nehmen.
In diesem Rahmen muten wir den lokalen Autoritäten, der Bevölkerung,
dem BGS und den Institutionen von Wirtschaft und Politik erneut freches
Auftreten, fantastische Forderungen und utopische Vorstellungen zu.
Die heimeligen Natur- und KleinbürgerInnenidyllen werden wir auf ihren
barbarischen Gehalt samt der stillschweigenden Duldung und Verharmlosung
abklopfen. Wir warten fieberhaft auf die Erklärung, warum in Gegenden,
in denen kaum Menschen anderer Nationalität oder Hautfarbe leben, diese
schuld sein sollen an Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit.
Unser Kapital werden harte Fakten und der Fundus des linken
Anti-Establishment sein. Sachliche Aufklärung korrespondiert mit
hinterhältigem Schabernack. Die Campzeitung wird per Webjournal aller
Welt zugänglich sein und dort ist auch das Geschehen vor Ort zu
verfolgen.
Kontakt: c/o ffm |
schickt mails an:grenzcamp@nadir.org webjournal-camp00 proudly presented by |