Auf der Kundgebung am Maria-Theresien-Platz erschienen jedoch einige AntiimperialistInnen, welche jugoslawische, irakische und palästinensische Nationalflaggen mit sich führten. Des weiteren war der "Dachverband der jugoslawischen Sport und Kulturvereine" mit einer serbischen Fahne sowie u.a. einem Transparent mit der Parole "Schützen sie das serbische Volk am Amselfeld" *) anwesend, was sofort den Unmut des Großteils der KundgebungsteilnehmerInnen erregte. Nach Protesten von dieser Seite sprach eine Frau aus der Demoleitung die Bitte aus, die Nationalfahnen einzurollen. Auch aufgrund von Interventionen von Umstehenden kam der Dachverband dieser Bitte nach, und entfernte sowohl die Fahne als auch das Transparent. Die AntiimperialistInnen, die sich beim Infotisch der RKL versammelt hatten, zeigten keine Reaktion, und weigerten sich auch von mehreren Leuten persönlich darauf angesprochen, die Nationalflaggen abzunehmen. Daß diese Fahnen Symbole für Nationen bzw. Staaten sind, die Konstrukte der Herrschenden darstellen, welche einzig und allein die Funktion einer Unterdrückungsmaschinerie erfüllen, wurde ignoriert, bzw. mit dem Argument begegnet, dies wären Fahnen von Ländern, die Opfer US-imperialistischer Aggression sind, weswegen ein positiver Bezug auf sie nicht nationalistisch, sondern antiimperialistisch wäre. Die sozialen Unterschiede und Kämpfe innerhalb der Nationen, die Ausbeutung und Ausgrenzung die in und von ihnen betrieben wird, die Frauenunterdrückung, die Machtspiele der Führer auf Kosten der Menschen, werden so ignoriert, beziehungsweise dezidiert als "untergeordnet" bezeichnet!
Für uns war es absolut untragbar unter wehenden Nationalfahnen zu demonstrieren, auch weil wir uns nicht zuletzt deswegen an einer Kundgebung am Nationalfeiertag beteiligt hatten, um dem Nationalstolz, den wir eben grundsätzlich für idiotisch halten, eine klare Absage zu erteilen. Wir sahen die Kundgebung auf eine Art und Weise vereinahmt, die wir nicht akzeptieren konnten, und beschlossen so, diese zu verlassen. Einem Aktivisten der Rosa Antifa, der diesen Beschluß von der Bühne aus verkünden und erläutern wollte, wurde dies von einer KP-Funktionärin aus der Demoleitung schlichtweg verboten, obwohl die protestierenden Gruppen MitveranstalterInnen der Kundgebung waren. Als er einfach auf die Bühne ging und zu sprechen begann, wurde ihm vom Techniker der Strom abgedreht, ein Vorgehen das dann doch einigen Gruppen zu heftig wurde, woraufhin der Strom wieder aufgedreht wurde und schließlich doch noch über Mikrophon eine Stellungnahme gegen jeden Nationalismus, sowie die Tatsache, daß die Rosa Antifa, das TATblatt und der Revolutionsbräuhof die Kundgebung verlassen werden, durchgesagt werden konnte. Dies wurde von Teilen des Publikums mit Zustimmung, von den Antiimps mit "Hoch-die-Internationale-Solidarität"-Parolen und dem Verbrennen eines Clinton-Bildes beantwortet. Eine Reihe von KundgebungsteilnehmerInnen verließ diese ebenfalls. Der Vorwurf, das wir dadurch die Veranstaltung der nationalistischen oder antisemitischen Strömung überließen, mag nicht unberechtigt sein. Aus oben genannten Gründen war uns aber eine andere Vorgangsweise nicht möglich, auch da uns eine weitere Auseinandersetzung auf der Kundgebung nicht als zweckmäßig und sinnvoll erschien. "Massiv angegriffen", wie die RKL behauptet, haben wir jedenfalls niemanden. Das Recht, unserer Meinung nach inakzeptable Positionen als solche zu benennen und unsere Konsequenzen zu ziehen, lassen wir uns keinesfalls streitig machen.
Unser Fehler war es sicher, das wir uns diesbezüglich in der Vorbereitung nicht vehement genug eingebracht haben, um derlei Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen. Aus diesem Fehler werden wir versuchen zu lernen.
Fußnote:
*) Das "Amselfeld" ist die deutsche Übersetzung
von Kosovo. In der nationalistischen Geschichtsschreibung Serbiens stellt
der Begriff "Amselfeld" einen zentralen Mythos dar, da in der "Schlacht
am Amselfeld" das mittelalterliche Königreich Serbien dem Osmanischen
Reich unterlag. Die mehrheitlich muslimischen, albanischsprachigen BewohnerInnen
des Kosovo werden von nationalistischen SerbInnen als NachfolgerInnen der
muslimischen Osmanen betrachtet, die heute wiederum das "Serbische Volk"
am Amselfeld vernichten wollen. [zurück]
Spaß beseite. Vom entbehrlichen Pathos einmal abgesehen, ist Widerstand gegen einen NATO-Beitritt richtig und nötig. Ebenso richtig ist es, hier möglichst breit mit anderen Linken zusammenzuarbeiten. Sich dabei auf den kleinsten politischen gemeinsamen Nenner festzulegen, nämlich eben "Nein zur NATO und vergiß auf den Rest" ist wahrscheinlich die einzig in der Praxis wirklich funktionierende Vorgangsweise. Zum Ausgleich jeder politische Strömung innerhalb der Plattform die Agitationsfreiheit einzuräumen, die ihr außerhalb sowieso schon der bürgerliche Staat gewährt, finden wir prinzipiell schon von gewissem "pädagogischen" Wert - und vielleicht wird es tatsächlich dazu führen, daß sich ein paar Gruppen mehr an einer solchen Initiative beteiligen. Irgendjemandes Agitationsfreiheit zu beschränken, darum ist es nun wirklich nicht gegangen! Allerdings - und das behalten wir uns ausdrücklich vor - bestimmen immer noch wir, mit wem wir demonstrieren wollen und mit wem nicht.
In der Praxis arbeiten wir mit allen, wo es irgendwie geht, zusammen. Es gibt allerdings bestimmte Grenzen - und genau die sind hier überschritten. Dummheit, politische Infamie, gepaart mit einer unglaublichen Abgehobenheit und Weltfremdheit wäre noch nicht daruntergefallen. Die gibt es in der Linken im Dutzend wohlfeil - und wahrscheinlich könnten wir alle uns ohne ein bißchen Mühe wechselseitig dessen bezichtigen.(1)
Antsemitismus hingegen fällt ganz bestimmt darunter - und davon soll in der Folge die Rede sein. Daß dieser Antisemitismus im Deckmantel des "Antizionismus" daherkommt, ändert an der Sache überhaupt nichts: Wir wollen mit den Leuten und Gruppen, die derlei propagieren, nicht politisch in einen Topf geschmissen werden, so einfach ist das.
In dem, was die RKL wohlwollend "Antiimperialistisches Milieu" nennt, gibt es seit längerer Zeit latent antisemitische Strömungen. Diese äußern sich sporadisch in den seltenen Veröffentlichungen des "Milieus", im persönlichen Gespräch wird die Sau dann noch ein bißchen drastischer herausgelassen.(2)
Wenn es in einem Flugblatt heißt: "In diesem Zusammenhang ist Israel eine US-amerikanische Militärfestung, die über den gleichen Siedlerkolonialismus errichtet ist, auf dem die USA selbst gebaut sind. Der deutsche und österreichische industrielle Völkermord an den Juden, der ganz genauso an Sinti und Rom, den Serben u. a. ausgeführt wurde, darf nicht als Rechtfertigung für dieses Apartheidsystem mißbraucht werden", so ist das nicht bloß ein Text von Dummköpfen, die von neuerer Geschichte keine Ahnung haben.
Da steckt schon eine gehörige Portion antisemitischer Gemeinheit dahinter, den JüdInnen vorzuwerfen, daß sie einen eigenen Staat aufgemacht haben - wo doch die Sinti und Roma das nicht getan haben und genauso zu Tausenden ermordet worden sind.
Völlig wahnwitzig und grotesk wird es, wenn dasselbe "Milieu" augenblicklich gerade Demonstrationen für das serbische Milosevic-Regime abhält, dessen Gebaren im Kosovo man durchaus vorsichtig ganz höflich mit "Apartheidsystem" umschreiben kann.
Damit wir uns nicht mißverstehen: Wir billigen den US-Militärschlag gegen Jugoslawien nicht, genauso wenig wie die Polizeistaatspraktiken des israelischen Staates. Was wir aber genauso wenig billigen können, ist antisemitsche Hetze gerade in dem Land, indem Millionen jüdische Menschen ermordet worden sind. Oder sollte man besser sagen: das Millionen jüdische Menschen ermordet hat?
Um den Einwand vorwegzunehmen: Nein, so etwas wie "Kollektivschuld" gibt es nicht. Das hat auch nie jemand ernsthaft behauptet. Jeder und jede ist für das verantwortlich, was er oder sie selbst getan hat. Was es aber sehr wohl geben muß, ist so etwas wie politische Sensibilität, Takt und Vorsicht im Umgang mit der Vergangenheit. In einem Land, in dem so viele (die vielgeliebte ArbeiterInnenklasse nicht ausgenommen) für die Vernichtung jüdischer Menschen waren, in dem so viele mit ganz realer Schuld belastet waren und sind - und diese selbst nie als Schuld empfunden haben - in einem solchen Land wiegt alles ganz anders. Das politische Klima in Österreich ist bis heute davon geprägt, ist völlig anders als in einem Land, wo es beispielsweise breiten Widerstand gegen den Faschismus gegeben hat. Und das sollten auch Metropolenlinke beachten, die mit der Gnade der späten Geburt gesegnet sind.
Wenn bespielsweise "das Milieu" räsoniert, "währenddessen hält das zionistische Gebilde 'Israel' die Golanhöhen und den Südlibanon besetzt", dann ist von irgendeinem vorsichtigen, politischen Umgang mit der österreichischen Vergangenheit nicht viel zu spüren.
Die Anführungszeichen bei Israel beweisen uns nicht bloß, daß auch Linke von der Bildzeitung(3) etwas lernen können, sie sind auch schon der springende Punkt an der ganzen Auseinandersetzung.
Wenn dann dasselbe Flugblatt mit der martialischen Parole schließt: "Nieder mit der amerikanisch/zionistischen Aggression gegen den Sudan, Afghanistan und den Irak!", sind wir schon nicht mehr sonderlich weit weg: vom "Jüdischen Weltkongreß" und dem "Weltjudentum", "Jüdischer Weltverschwörung" und den "Weisen von Zion".
Das ist der springende Punkt: Die AntiimperialistInnen bestreiten das Existenzrecht Israels, sie fordern, wenn sie "anläßlich des 50. Jahrestages der zionistischen Besetzung Palästinas [...] zu einer Solidaritätsveranstaltung zur Unterstützung des palästinensischen Volkes in seinem Kampf gegen Imperialismus und Zionismus", einladen, mehr oder minder unverhüllt: "Juden ins Meer".
Was nämlich 1948 - vor 50 Jahren - stattgefunden hat, war die Teilung Palästinas in einen jüdischen und arabischen Staat und nicht der Sechstagekrieg oder die Besetzung des Westjordanlands.
Wenn sich nun das antiimperialistische "Milieu" auf das gefährliche Glatteis der Blut- und Bodenhistoriker begibt, und mit Geschichtsbetrachtungen aufwartet, von wegen wieviele jüdische Menschen 1900 in Palästina gelebt haben (nämlich verhältnismäßig wenige) und wieviele 1948 (5 Millionen) und daraus eine eingängige (selbstverständlich jüdisch/zionistisch/US-Imperialistische) Weltverschwörungstheorie(4) strickt, Marke die-JüdInnen-haben-das-arabische-Palästina-überfremdet, dann sollte dabei nicht vergessen werden, warum jüdische Menschen nach Palästina emigriert sind.
Weil sie nämlich schlicht geflohen sind. Aus einem Europa, wo ihnen nicht nur jede Grundlage eines menschenwürdigen Daseins entzogen worden ist, sondern wo ihr Leben in allerhöchster Gefahr war.
Bedroht durch das Naziregime. Durch Deutsche und ÖsterreicherInnen.
Und so und spätestens hier schließt sich der Kreis: Wenn Leute, die in diesem heutigen Österreich leben, Menschen, die daraus flüchten mußten, vorwerfen, wohin sie geflohen sind.
Sind wir nun verkappte Parteigänger des israelischen Staates?
Nein, das sind wir sicher nicht. Wir sind für die Abschaffung jeder Herrschaft. Aber die Staaten, als besonders organisierter Zwangsapparat, müssen durch die Menschen abgeschafft werden, die jeweils in ihnen leben - in diesem Fall durch israelische und palästinensische Menschen.
Und nicht in den Hinterzimmern der mitteleuropäischen Restlinken.
Aber ums Staatabschaffen ist es den "AntiimperialistInnen"(5), die eine sehr autoritäre Spielart der Linken vertreten - aber das wäre noch eine ganz andere Debatte - und auch ihrer antisemitischen Abteilung noch nie gegangen.
Die AntiimperialistInnen wollen statt einem "israelischen Unrechtsstaat" einen arabischen - und damit hat es sich.
Auch ihr Engagement für den, wie sie es nennen, "Kriegsgefangenen" Tawfik Chaovali, dient letzlich diesem Zweck. Wobei wir das für eine besonders ekelhafte Spielart des linken Antsemitismus halten, weil hier über ein humanitäres Anliegen und einen Menschen, der im Gefängnis sitzt, versucht wird, andere Linke zu funktionalisieren. Mit dem richtigen und nötigen Protest gegen die Haftbedingungen und die österreichische Justiz wird versucht, Sympathie für die Wahnwitzaktion eines arabischen Nationalisten - und damit den arabischen Nationalismus selbst - herzustellen.(6)
Ausgerechnet in Wien in eine Gruppe jüdischer Touristen hineinzuschießen, hat mit einem Freiheitskampf nichts zu tun, das nennen wir Wahnwitz, ganz bewußt.(7)
Die Kampagne zur Freilassung von Tawfik Chaovali ist so latent antisemitsch, wie dieses ganze "antiimperialistische Millieu": Sie wird als Vehikel benutzt, seine Befreiung soll der "Befreiung Palästinas von den Zionisten" nutzen - und nicht ihm selbst. Um eine Liberalisierung der österreichischen Justiz, gar um die Abschaffung der Gefängnisse und ein grundsätzlich anderes Umgehen mit "Kriminellen", um ein Abgehen vom Prinzip von Schuld und Sühne, vielleicht um ein zaghaftes Nachfragen nach den Gründen, warum es "Verbrechen" auf dieser Welt gibt: Um all das geht es dem "Millieu" sicher nicht. Weil wir der Meinung sind, niemand soll in irgendeinem Gefängnis der Welt sitzen, sind wir auch dagegen, daß Chaovali eingesperrt ist, instrumentalisieren für irgendeine panarabische/antisemitische Ideologie lassen wir uns sicher nicht.
Bei der Frage, die letzlich die Gretchenfrage ist, die uns vom "antiimperialistischen Milieu" gestellt wird, mit wem wir's denn halten, mit Palästina oder mit Israel, müssen wir leider passen.
Wir haben mit beiden kaum etwas am Hut. Wir sehen die menschenfreundlichen Segnungen, die Staaten angeblich so hervorbringen, nunmal partout nicht. Im Gegenteil: In Sachen Staatsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen, Drangsalierung der "eigenen" und der "fremden" Bevölkerung, können sie sich gegenseitig allesamt ziemlich das Wasser reichen. Art und Umfang sind bestenfalls eine Frage von Zeit und Gelegenheit.
Wo in Israel die Folter an PalästinenserInnen durch das Verfassungsgericht legalisiert ist, ist sie das in den Autonomiegebieten nicht - aber Arafats Geheimpolizei leistet durchaus das ihrige, wie man so hört. Eben extralegal.
Gibt es in Syrien, in Ägypten, im Irak usw. usf. weniger Grausamkeiten als in Israel? Leben die Leute dort so viel besser?
Nein.
Von einer eigenen Herrschaft gedeckelt zu werden, ist für uns kein Wert an sich. Daß eine arabische Obrigkeit echt arabische Menschen quälen und schinden kann, kein erstrebenswertes Ziel.
Wir wollen, das Herrschaft als Prinzip verunmöglicht wird. Überall. Durch die Betroffenen.
Gegen den US-Imperialismus - so wie gegen jeden Imperialismus - sind wir natürlich auch. Binsenweisheiten: Sich dagegen zu engagieren. Aber ohne daß der Feind unseres Feindes automatisch unser Freund ist. Wir sind gegen die Intervention im Irak, ohne mit Saddam Hussein zu fraternisieren, weit davon entfernt Milosevic "bedingungslos zu verteidigen" oder der Abu-Nidal-Bande beizutreten.(8)
Die Rolle von Israel als wichtigsten Verbündeten der USA im nahen Osten sehen wir durchaus ähnlich. Und dafür kann und muß mensch es politisch kritisieren und anprangern. Aber die Frage ist, wie mensch das in Österreich tut. Nämlich immer so, daß klargestellt ist, daß diese Kritik eben nicht in der Tradition des deutschen und österreichischen Antisemitismus steht.
Die Parole, daß Israel - und zwar nur Israel - zerschlagen gehört, ist antisemitisch.
So einfach ist das.
Über all das kann mensch streiten? Natürlich. Über alles kann mensch streiten.
Ob wir das mit der RKL weiterhin können, darüber gibt es bei uns unterschiedliche Meinungen. Bei allen Diefferenzen schätzen einige von uns deren politische Arbeit durchaus. Wir erwarten uns allerdings von der RKL eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit Antisemitismus in der Linken.
Ihre antisemitischen BündnispartnerInnen mag sie uns jedenfalls ersparen.
(2) Wenn beispielsweise eine Antiimperialistin räsoniert, "daß man endlich mit dem Gerede über den Holocaust aufhören und sich stattdessen mehr am Kampf in der Türkei beteiligen soll", dann ist mit solchen Rülpsern nicht bloß den türkischen Genossinnen und Genossen in Wirklichkeit nicht sehr gedient; eine derartige Aufrechnung ist schlichtweg infam. [zurück]
(3) Zu den Hochzeiten des kalten Krieges hat die Bildzeitung die ehemalige DDR regelmäßig mit Gänsefüßchen apostrophiert, um ihr auf diese Weise die staatsrechtliche Anerkennung noch ein bißchen nachdrücklicher zu versagen. [zurück]
(4) Siehe vor allem die gesammelten "Werke" von Kharim Khella, ein akademischer Vertreter und Protagonist des modernenen Antisemitismus. [zurück]
(5) Die periodisch wiederkehrenden Forderungen der Linken nach Staatsgründung von irgendwem für irgendwem irgendwo, blamieren sich zwar deshalb so regelmäßig, weil es ihr (der Linken selber hier nämlich) an den dafür nötigen Mitteln - nämlich der dazu unentbehrlichen politischen Gewalt - so gründlich mangelt. Die Absichten und heimlichen Wünsche der diversen linken Westentaschen-Napoleons lassen einen hoffen, daß sie so dilettantisch bleiben mögen, wie sie sind. [zurück]
(6) Tawfik Ben Achmed Chaovali ist zu lebenslanger Haft wegen eines Anschlags auf den Flughafen Wien-Schwechat am 27. Dezember 1987 verurteilt. Dabei wurden vier Menschen getötet. Am selben Tag fand auch ein Anschlag auf den römischen Flughafen Fiumicino statt, dabei starben 26 Menschen und wurden 89 verletzt. [zurück]
(7) Daß hier ausgerechnet Menschen, die nach ihrer antiimperialistischen Antiimperialistischen Revolution sehr beschäftigt wären, neue Gefängnisse einzurichten, die Freilassung eines Gefangenen fordern, ist eine der Hintertreppenwitze, die das politische Leben so spielt. [zurück]
(8) Chaovalis Organisation [zurück]
Von Anfang an, seit dem die Abstreifung der letzten Reste der Neutralität und der unmittelbare Nato-Beitritt zum Ziel der Bourgeoisie geworden ist, versucht die RKL eine möglichst breite linke Bewegung dagegen zu organisieren. Einzig mögliche Grundlage dafür ist eine elementare Plattform gegen die Nato. Das bedeutet, daß die Pazifisten und Neutralisten ihre Vorstellungen über eine gewaltfreie Herbeiführung einer friedlichen Gesellschaft im Rahmen des kapitalistischen Systems (also die Aufforderung an die Bourgeoisie doch tunlichst eine "aktive Friedens- und Neutralitätspolitik" zu verfolgen) aus der Plattform heraushalten, genauso wie der antikapitalistische Flügel ihre antiimperialistischen und revolutionären Losungen.
Darüber hinaus muß allen Strömungen volle Artikulationsfreiheit eingeräumt werden, die ihnen die Möglichkeit gibt, ihre weiterführenden Vorstellungen darzulegen und dafür zu kämpfen.
Trotz zum Teil erheblicher Schwierigkeiten schienen diese Prinzipien auf den seit dem Anti-Nato-Kongreß im März stattfindenden Plenarsitzungen der Bewegung akzeptiert worden zu sein. Dies stand im positiven Gegensatz zu allen größeren Mobilisierungen der Linken in den 80er und frühen 90er Jahren, in denen die parastaatliche und reformistische Linke den kleinen antikapitalistischen Kräften ihren Willen aufzuzwingen versuchte. Diese Veränderung hängt keineswegs damit zusammen, daß das Gewicht der revolutionären Linken gestiegen wäre - das Gegenteil ist der Fall. Doch die reformistische Linke ist noch viel mehr zusammengebrochen, denn sie ist letztendlich vom bürgerlichen Staat ausgehalten worden, der dies heute nicht mehr für notwendig befindet. Ohne Göd, ka Musi - das ist das Prinzip der meisten "linken Aktivisten".
Angesichts dieser realen Möglichkeit für konsequent antikapitalistische Kräfte sich ohne Selbstverleugnung an der Bewegung zu beteiligen, versuchte nun die RKL im antiimperialistischen Milieu, in dem es seit jeher starke Tendenzen zur sektiererischen Abkapslung gibt, für die solidarische Teilnahme an der breiten Mobilisierung zu werben. Dies gelang unter der Zusicherung der vollen Meinungsfreiheit bei selbstverständlicher Unterstützung für die gemeinsame Plattform.
Nach dem alten Prinzip der Einheitsfront "Getrennt marschieren, vereint schlagen" wurde eine antiimperialistische Demonstration organisiert. (Wir hielten eine Demonstration von Anfang an für eine wirkungsvollere Aktionsform als eine Kundgebung, doch fanden wir in der Plattform dafür keine Mehrheit.) Zur Unterstreichung der Gemeinsamkeit gegen die Nato sollte die Demonstration in der Kundgebung ihren Abschluß finden und sich in ihr auflösen.
Die Forderungen der Demonstration richten sich über die gemeinsame Anti-Nato-Plattform hinaus gegen konkrete militärische Aggressionen des Imperialismus, die sich Pazifisten und Neutralisten nicht anzugreifen trauen:
* Wir verteidigen den Irak und Jugoslawien bedingungslos und bekämpfen
die imperialistische Aggression, während der rechte Flügel dies
nur unter gleichzeitiger Verurteilung von Milosevic und Saddam Hussein
zu tun bereit ist. Dabei leisten sie der imperialistischen Propaganda,
die überall auf der Welt zur Rechtfertigung ihrer Militärinterventionen
neue Hitler wie die Schwammerln aus dem Boden schießen läßt,
Vorschub. Nicht daß wir Milosevic oder Hussein politisch unterstützen
würden, doch so lange sie sich gegen den imperialistischen "demokratischen
Westen" zur Wehr setzen, sind sie das
kleinere Übel.
* Das Hauptinstrument des Imperialismus im Nahen Osten ist neben den eigenen Truppen der Zionismus und Israel. Daher fordern wie "Nieder mit dem Zionismus - für ein freies, demokratische und ungeteiltes Palästina!"
Angesichts dieser zweiten Forderung forcierten die Pazifisten und Neutralisten (ARGE für Wehrdienstverweigerung, GAJ, SJ, Friedenbewegung, KPÖ sowie der RBH) den Bruch. Sie akzeptierten keinerlei Demonstration hin zu Kundgebung mit einer antizionistischen Losung, obwohl die Meinungsfreiheit ein konstitutives Element unserer Zusammenarbeit ist. Mit der gleichen Logik könnten wir Neutralitätswürste, Wehrdienstverweigererdenkmäler und ähnliche Manifestationen der Pazifisten und Neutralisten als Vereinnahmung beanstanden. Doch wir akzeptieren sie, weil wir eine gemeinsame Mobilisierung anstreben.
Die separate Demonstration ist nichts anderes als ein organisierter
politischer Ausdruck einer wichtigen Strömung der Anti-Nato-Bewegung.
Sie nimmt sich das Recht, eigenständig aufzutreten, will sich aber
dennoch solidarisch in die Gesamtbewegung, repräsentiert durch die
Kundgebung, einreihen.
Wir als RKL wollen nicht gegen den Willen unserer Bündnispartner
handeln. Darum führen wir unter politischem Protest den Kampf gegen
den gemeinsamen Feind Nato von unserer Seite solidarisch weiter. Die Neutralisten
und Pazifisten haben aber die volle Verantwortung für die Schwächung
unserer gemeinsamen Bewegung durch den sektiererischen Ausschluß
der antiimperialistischen Kräfte zu tragen.
Durch die separate Demonstration wären kaum weniger Menschen zur Kundgebung gekommen. Nun ist sie aber tatsächlich um eine wichtige Komponente der Bewegung geschwächt worden.
P.S.: Damit keine Mißverständnisse aufkommen. Die RKL nimmt natürlich weiterhin solidarisch an der breiten Kundgebung teil - trotz unserer Kritik am Verhalten der Mehrheit der unterstützenden Organisation. Gleichzeitig wird die Route der geplanten antiimperialistischen Demonstration verlegt. Diese wird nun nicht bei der Kundgebung enden. Die Demo ist so anberaumt, daß alle die wollen, von Anfang an dann auch an der Kundgebung teilnehmen können. Die RKL nimmt natürlich auch an der antiimperialistischen Manifestation teil.
Antiimperialismus und Antizionismus
Der westliche Imperialismus hat dem Nationalsozialismus seine Lösung der Judenfrage entgegengestellt: "Unterjocht und vernichtet die Palästinenser und haltet die ausgebeuteten Massen des Nahen Osten unter militärischer Kontrolle, dann nehmen wir euch in den exklusiven Klub der demokratischen Herrenmenschen auf". Der Zionismus ist eine strukturell rassistische Siedlerbewegung im Dienste des Imperialismus, die unglücklicherweise breite Unterstützung in der Arbeiterbewegung genoß. In Wirklichkeit ist der Zionismus nicht nur eine Reaktion auf den Antisemitismus, sondern in seiner Entwicklung zum Staat Israel auch komplementär zu ihm, denn ohne Judenverfolgung kein Einwanderungsdruck. Nur der Kampf für vollkommene Gleichberechtigung der Juden und ihren Verbleib in den Herkunfsländern kann gegen den Antisemitismus etwas ausrichten. Doch dieser Kampf muß sich gegen die Bourgeoisie richten, die den Antisemitismus und Rassismus im allgemeinen schürt und benutzt. Der Zionismus ist aber genau die gegenteilige Bewegung, nämlich die kampflose Kapitulation vor dem Antisemitismus, die Einordnung in die imperialistische Phalanx und der Aufbau eines neuen Siedlerrassismus gegen die arabischen Massen. Doch wer andere unterdrückt, kann selbst nicht frei sein. Darum muß sich jeder konsequente Kampf gegen den Antisemitismus auch gegen den Zionismus richten! Der Vorwurf des latenten Antisemitismus an alle Antizionisten ist daher eine infame Propagandalüge im Dienste der Bourgeoisie, die ihre Nah-Ost-Bastion Israel schützen will.
Diejenigen Teile der Linken, die sich zum Sprachrohr dieser These
machen, haben vor der Kollektivschuldthese à la Goldhagen kapituliert.
Diese besagt, daß alle Deutschen gleichermaßen für den
Holocaust verantwortlich seien. Der Faschismus wäre nicht die Antwort
der Bourgeoisie auf die Bedrohung vor dem Sozialismus, sondern Ausdruck
eines vermeintlichen genetischen Rassismus der Deutschen. (Darin stimmt
einzig und allein, daß der Rassismus ein "genetisches" Wesensmerkmal
des Kapitalismus ist und im Imperialismus seine höchste Stufe findet.)
Nicht der Kapitalismus sei das Problem, sondern das deutsche Volk an sich.
Also Volk gegen Volk Seite an Seite mit der jeweiligen Bourgeoisie - hurra,
es lebe der Patriotismus wenn er nur für Israel (und damit die USA)
ist und sich gegen Deutschland richtet. Daher auch die Forderung "Nie wieder
Deutschland!" Die Kollektivschuldthese verneint also den Klassenkampf und
führt gute und böse Völker ein. Doch in Deutschland selbst
konnte sie nur so lang mehrheitsfähig bleiben, solange es unter der
absoluten Herrschaft der Siegermacht USA stand. Heute versucht die deutsche
Bourgeoisie sich Schritt für Schritt selbständig zu machen, in
dem sie den Geschichtsrevisionismus fördert, der das deutsche Volk
wieder als gut und letztlich überlegen darzustellen versucht. Die
Kollektivschuldthese gibt dabei einen geeigneten Ausgangspunkt ab, denn
sie nichts anderes als die Kehrseite der gleichen Medaille, weil ihr die
gleiche bürgerliche Methode zu Grunde liegt - nicht die sozialen Klassen
sind die grundlegende Kategorie, sondern Völker und in letzter Konsequenz
Blut und Boden.
aus: TATblatt nr. +105 (17/98) vom 5. november 1998
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