TATblatt


[artikel "auf leisen socken in die nato"]
[aufruf zur kundgebung]
[bericht über den ablauf der kundgebung in TATblatt +105]

schutz, hilfe und massenmord

erlebniswelt krieg '98

Der nationalfeiertag steht von offizieller seite wieder mal unter dem zeichen von gewalt und mord, die einmal mehr unter dem deckmantel von sicherheit oder von schutz und hilfe einer vermutlich begeisterten öffentlichkeit beworben werden sollen. Massenangelobungen und bundesheer-erlebniswelten in wien und vielen anderen bundesländern stehen am programm. Gegenaktionen ebenfalls.

TATblatt
"Nein zu NATO und WEU!" ist die hauptforderung einer von 53 gruppen unterstützten kundgebung, die am 26. oktober um 15 uhr am maria-theresien-platz beginnt - vis-a-vis des zur bundesheer-erlebniswelt adaptierten heldenplatzes und zwischen den beiden bundesmuseen. Wirklich antimilitaristische inhalte waren in dem breiten bündnis auf der strecke geblieben, unter anderem weil sie von antiimperialistischen gruppen als pazifistisch abgelehnt wurden. Das österreichische bundesheer wird lediglich mit den zaghaften worten "Gegen die Aufrüstung des Heeres auf Kosten des Sozialsystems" thematisiert. Die frage, ob aufrüstung auf kosten anderer töpfe denn okay wäre, drängt sich den leserInnen des aufrufs zwar auf, bleibt aber unbeantwortet. Die menschenjagd an den eu-außengrenzen findet nicht einmal erwähnung.

Zugunsten der breite des bündnisses wurden die wesentlichsten politischen inhalte zurückgestellt. Sie am 26. oktober doch noch einzubringen, bleibt den beteiligten gruppen und den hoffentlich vielen kundgebungs-teilnehmerInnen überlassen. Neben kulturellen darbietungen sind heuer im gegensatz zum vorjahr auch wieder redebeiträge vorgesehen. Zudem gibt es platz für infotische und selbstverständlich für viele transparente.

Bereits um 13.30 startet vor der stiftskaserne eine antiimperialistische demo, die in ihrer ursprünglichen planung bei der anti-nato-kundgebung hätte enden sollen. Vor allem die demo-parole "Nieder mit dem Zionismus" stieß, insbesondere wegen ihrer zumindest hierzulande unweigerlich antisemitischen konnotation, auf massive ablehnung bei den meisten der an der vorbereitung der kundgebung beteiligten gruppen. Sie lehnten es ab, für den abschluss einer derartigen demonstration vereinnahmt zu werden. Erst nach einem langwierigen streit waren die sogenannten antiimps bereit, von ihrem geplanten demoziel abzurücken.

In diesem streit fiel auch das wort "polizei", die um hilfe gebeten werden könnte, wenn die demo zur kundgebung käme. Diese drohung der kpö-vertreterin wurde aber umgehend von allen anderen anwesenden gruppen zurückgewiesen und eine zusammenarbeit mit der polizei dezidiert und nachdrücklich ausgeschlossen. Nichtsdestotrotz erzählten einige antiimps fortan beflissentlich allen, die es hören wollten, dass die kundgebungsplattform ihnen mit polizei gedroht hätte.

Die "revolutionär kommunistische liga" (rkl), die sowohl kundgebung als auch demonstration unterstützt, beschreibt den konflikt in ihrer zeitschrift "Klassenkampf" als "sektiererischen Ausschluß der antiimperialistischen Kräfte" durch den "rechten Flügel" und weist den vorwurf des antisemitismus als "infame Propagandalüge im Dienste der Bourgeoisie, die ihre Nah-Ost-Bastion Israel schützen will" zurück. Denn schließlich sei der zionismus doch eine "strukturell rassistische Siedlerbewegung im Dienste des Imperialismus, [...] nicht nur eine Reaktion auf den Antisemitismus, sondern in seiner Entwicklung zum Staat Israel auch komplementär zu ihm". So die historisch etwas haltlose analyse der rkl. [siehe dazu den vollständigen artikel der rkl und den antwortbrief von antifaschistischen gruppen] Und in einer mit diesem konflikt zusammenhängenden diskussion rund um dem tu-club (siehe auch TATblatt +102) wird "einem großen teil der österreichischen linken" gar "so eine art reflex" attestiert, "bei dem wort 'antizionismus' sofort unreflektiert und undiffenziert 'antisemitismus' zu schreien." (mail re: fwd: linker antisemitismus lebt! von E. L. in der blackbox-konferenz TU-Club, die 2.)

(Zur illustration der auseinandersetzung zum thema antizionismus/antisemitismus im tu-club empfehlen wir die lektüre des leserInnenbriefs auf seite 18. Er spricht unseren erachtens für sich.)

Die demo wird nun nicht zur kundgebung kommen aber so zeitig enden, dass es den demoteilnehmerInnen möglich ist, von beginn an an der kundgebung teilzunehmen. Die kundgebungsvorbereiterInnen träumen von einer weniger breiten, dafür inhaltlich stärkeren plattform im nächsten jahr. Und das bundesheer zelebriert von alledem vermutlich nur wenig beeindruckt ihre erlebniswelt.

Irgendwie waren wir auch schon mal weiter.

ps: Am 26. oktober ist es genau zehn jahre her, dass das erste TATblatt erschienen ist!!!

[artikel "auf leisen socken in die nato"]
[aufruf zur kundgebung]
 
[bericht über den ablauf der kundgebung in TATblatt +105]
[a) erklärung von revolutionsbräuhof, rosa antifa wien und TATblatt zu den ereignissen am 26. oktober in TATblatt +105]
[b) erklärung zahlreicher antifaschistischer gruppen (und des TATblatts) in TATblatt +105 zum artikel der rkl]
[c) originaltext der rkl auf die sich die erklärung b bezieht (dokumentation)]
 
 

aus: TATblatt nr. +104 (16/98) vom 22. oktober 1998
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