TATblatt
Die linke umweltschutzgruppe VIRUS versteigerte am wiener stock-im-eisen-platz
regierungssitze einer imaginären weltregierung unter von aktivistInnen
dargestellten großkonzernen. Grüne naturwissenschaftsstudis
verlasen den vertragstext vor franz-josefs-bahnhof und wiener hauptuni.
Von den unüblichen kundgebungsreden verwirrte passantInnen wurden
mit flugblättern näher informiert. Über weitere aktionen
liegen uns noch keine informationen vor.
Die grün-alternative jugend und global 2000 solidarisierten sich in presseaussendungen. Ein österreichweiter anti-mai-kongress fand am darauf folgenden wochenende in innsbruck statt. Wir hoffen, darüber mehr im nächsten TATblatt veröffentlichen zu können.
Die de-facto mediensperre wurde am aktionstag überraschenderweise vom "kurier" durchbrochen. Unter dem titel "Alle Macht den Multis" wurde eine reihe von kritikpunkten am abkommen wiedergegeben. Von kurzen pro-mai-meldungen und polemiken in der "presse" abgesehen, war der "kurier" damit das erste bürgerliche medium in österreich, das über das MAI berichtete. Lediglich in alternativen medien von akin über südwind bis TATblatt war bislang hierzulande über das abkommen zu lesen.
Selbst die an die OECD-staaten gerichtete empfehlung des europaparlaments,
das MAI nicht zu unterzeichnen, und kritik durch den ÖGB fand hierzulande
über die apa hinaus keine resonanz.
Der vorsitzende des ÖGB-EU-ausschusses und europaabgeordnete Harald
Ettl und der ÖGB-vertreter im wirtschafts- und sozialausschuss der
EU Ernst Tüchler hatten am 11. märz den aktuellen MAI-entwurf
als "nichts anderes als die einschränkung der wichtigsten arbeitnehmerrechte
durch die hintertür" kritisiert. Sie betonten dabei aber, dass sich
ihre kritik nicht grundsätzlich gegen das MAI richte. Es dürfe
jedoch erst nach breiter öffentlicher diskussion und befassung der
parlamente von unterzeichnerstaaten und EU abgeschlossen werden.
Das europaparlament forderte in einer am 11. märz mehrheitlich beschlossenen entschließung, dass vor einer unterzeichnung geklärt werden müsse, inwieweit die angestrebte liberalisierung von grenzüberschreitenden investitionen die umwelt- und sozialstandards der EU und deren wirtschaftspolitik aufweichen oder beeinflussen könne.
Der zuständige EU-kommissar Leon Brittan verteidigte das MAI hingegen und betonte, dass gerade die EU als weltweit größter investor interesse an anti-diskriminierungs-regelungen für investitionen habe.
Der österreichische verhandler hat sich unterdessen der französischen
forderung nach ausnahmen im bereich der kulturförderung angeschlossen.
Ein gemeinsamer vorschlag für eine ausnahmeregelung soll ausgearbeitet
und auch den anderen EU-verhandlerInnen vorgelegt werden. Diese sollen
bereits unterstützung für diese ausnahmebestimmung in aussicht
gestellt haben, so kunst-staatssekretär Wittmann.
Sozial- und umweltpolitische sowie antikapitalistische initiativen und befreiungsbewegungen halten freilich an der grundsätzlichen ablehnung des MAI fest.
Für die tage vom 18. bis zum 20. mai sind anlässlich einer
weiteren OECD-verhandlungsrunde weltweite aktionstage gegen die welthandelsorganisation
WTO und das MAI geplant (siehe artikel "The WTO kills
people - Kill the WTO" in diesem TATblatt). Dies wurde bereits ende
februar bei einem treffen der kampagne "peoples global action - PGA" in
genf beschlossen. An dieser kampagne beteiligen sich u.a. die brasilianische
landlosenbewegung MST, die philippinische bäuerInnenbewegung, die
sandinistische gewerkschaft nicaraguas und die EZLN aus mexiko.
Aktionen gegen das MAI werden u.a. von der gruppe VIRUS geplant. Nähere infos im WUK-umweltbüro, 1090 wien, währingerstraße 59, treffen jeden dienstag ab 19 uhr, journaldienst: do. 15-18 uhr, mi. u. fr. 10-13 uhr. tel.: 01/402 69 55, fax: 01/ 403 27 37, e-mail: virus.umweltbuero@blackbox.at
aus: TATblatt Nr. +94 (6/98) vom 26. März 1998
(c)TATblatt
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck, auch auszugsweise, nur in linken, alternativen
und ähnlichen Medien ohne weiteres gestattet (Belegexemplar erbeten)!
In allen anderen Fällen Nachdruck nur mit Genehmigung
der Medieninhaberin (siehe Impressum)