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13.05.99 Bielefeld:
Kein Kriegsparteitag Antikriegsversammlung!
Am Himmelfahrtstag findet in Bielefeld der Sonderparteitag der
Regierungspartei Bündnis 90 / Die Grünen statt, der zum medial erwarteten
und aufgewerteten Show-down zwischen neuem und altem "Pazifismus",
zwischen den BefürworterInnen des "gerechten Krieges" und den prinzipiellen
KriegsgegnerInnen werden soll.
Die Entscheidung für diesen Angriffskrieg wurde vor zwei Monaten
getroffen, ebenso der Entschluß, diesen Schritt unter allen Umständen
zu legitimieren und gegen jegliche Widerstände und Bedenken durchzusetzen.
Seitdem läuft die NATO-Militärmaschinerie, werden die schon vor
einem Jahr in den Kommandozentralen definierten Ziele - Krankenhäuser,
Brücken, Eisenbahnen, Chemiefabriken und Raffinerien - durchbombardiert.
Die Folge des dritten Angriffskrieges in diesem Jahrhundert gegen
Jugoslawien, beziehungsweise Serbien, ist der Tod unzähliger ZivilistInnen
und die ökonomische, infrastrukturelle und kulturelle Zerstörung
des Landes. Beiläufig werden Serbien und ein schon längst vorgesehenes
Protektorat Kosovo durch den Krieg völlig abhängig von westlichen
Kreditgebern und Investoren. Der Krieg auf dem Balkan ist Teil einer
Geschichte der Neuordnung Osteuropas nach der Auflösung der SU mit
dem Ziel, den Macht- und Einflußbereich der NATO-Staaten bis nach
Asien zu erweitern. Die verheerenden sozialen Folgen tragen die
Bevölkerungen der neuentstandenen Staaten.
In der Darstellung der "humanitären Katastrophe" verschwindet die
Geschichte der polit-ökonomischen Strategien und Zusammenhänge.
Die BRD war federführend an der Zerschlagung und ethnischen Neugliederung
Jugoslawiens beteiligt. Kosovo-AlbanerInnen, die hierzulande bisher
"Kriminelle" oder "Drogendealer" hießen und nicht "Opfer ethnischer
Säuberungen", kann es noch immer geschehen, daß sie in den Kosovo
abgeschoben werden sollen. Die europäischen Grenzen sind so gut
wie dicht für die vielbedauerten Flüchtlinge, deren mitleiderregende
Bilder in den Lagern zudem benötigt werden, um täglich neu die Legitimation
für diesen imperialistischen Krieg zu konstruieren.
In der Konkurrenz der westlichen Staaten darum, wer internationales
Recht schreibt und durchsetzt, erscheinen die Opfer der feindlichen
Macht im Licht der überlegenen Definition: gemeint sind nicht die
200.000 SerbInnen, welche unter Tudjman vertrieben wurden, auch
nicht die Menschen in Guatemala, Kurdistan oder Ost-Timor, sondern
die vertriebenen Kosovo-AlbanerInnen, deren "Menschenrechte" nun
geschützt werden sollen.
Der Realismus der Humanität trennt nicht zwischen den Opfern weltweiter
Machtpolitik und den Strategen der Weltordnung im Namen von Demokratie
und Freiheit, sondern vereint beide im Bild der "humanitären Katastrophe"
gegen die letzten Tyrannen dieser Welt. In dieser Logik erklären
die selbsternannten Retter der Humanität den Krieg zum leider unaus-weichlichen
Mittel, nachdem die BR Jugoslawien die Aufforderung zur vollständigen
Kapitulation in Rambouillet und Appendix B verweigert hat. Eigentlich
haben sie "große Probleme mit dem Wort Krieg" (Scharping FR 27.03.1999),
wissen aber gleichzeitig, daß es nun um gerechte Gewalt und "Entschlossenheit"
(Fischer) geht, auch "bedauernswerte Nebenfolgen" möglich sind und
Deutschland nun wieder mit "dabei" ist. Nicht nur die Grünen sind
"erwachsen" geworden, auch die breite Öffentlichkeit beweist, wie
lautlos und einfach Krieg und Machtpolitik praktiziert und gleichzeitig
über Humanität und Menschenrechte diskutiert werden kann. Die Menschen,
um die es dabei angeblich geht, werden so lange auch geduldet, zumindest
in kleinen "Kontingenten" und jederzeit abschiebbar.
Rot-grüne RegierungspolitikerInnen nutzen den Krieg um endgültig
und von "links" mit der deutschen Geschichte abzuschließen und überbrücken
dabei eigene Legitimationsnot mit einer neuen Qualität der Auschwitz-Leugnung.
Sie bezeichnen die aus dem Kosovo Flüchtenden oder Vertriebenen
als Deportierte und setzen sie so mit den systematisch in den Gaskammern
ermordeten Juden, Sinti und Roma in eins. "Selektion" als Kennzeichnung
der gewaltsamen Trennung von kosovo-albanischen Familien durch die
jugoslawische Armee verharmlost die millionenfache Selektion in
den Tod in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern. In
einem Krieg, der Hitler, die Nazis und Auschwitz exterritorialisiert,
können der Ex-Juso Rudolf Scharping und der Ex-Autonome Joschka
Fischer frei von Angst vor Repression militante Antifaschisten sein.
Die enttäuschten Menschenfreunde, die wohlmeinend waren und betrogen
wurden, können nun nicht anders, als zuzuschlagen. Die Selbststilisierung
als Opfer - Angelika Beer von den Grünen verfügt über ein leidendes
Gewissen, das ihr des Nachts den Schlaf raubt - ist für deutsche
TäterInnen ein Essential.
Für die Grünen geht es bei diesem Parteitag um den eigenen Fortbestand.
Integrationsbereit soll versucht werden, den KriegskritikerInnen
weiterhin ein Plätzchen im großen Herzen der Partei einzuräumen.
Es ist erlaubt, gegen den Krieg und grün zu sein, solange diese
Position minoritär ist. So will sich die kriegsführende Partei weiterhin
als Regierung wie als Opposition entwerfen. Dies gilt es zu verhindern.
1999 am Himmelfahrtstag in Bielefeld zu demonstrieren hat das Ziel,
radikal die rot-grüne Kriegs- und Friedenspolitik zu demontieren.
Wir rufen zur Besetzung der Seidensticker Halle in Bielefeld und
zur Verhinderung des Grünen Kriegsparteitags auf. Es gibt keine
Legitimation für eine Debatte über das Für und Wider eines NATO-Angriffskrieges.
An die Stelle der von den Grünen beabsichtigten Machtabsicherung
wird eine Antikriegsversammlung mit allen KriegsgegnerInnen treten,
die die militärischen ebenso wie die zivilen Methoden neoliberaler
Politik zum Thema machen.
Treffpunkt: 7.00 Uhr · Seidensticker Halle · Werner-Bock-Str.
35
Sollte es uns aufgrund widriger Umstände nicht gelingen, in die
Halle zu gelangen, rufen wir zur Blockade der Seidensticker Halle
auf. Die Antikriegsversammlung wird in diesem Fall ab 11.00 Uhr
unter freiem Himmel stattfinden. Sollten trotz all unserer Bemühungen
die Grünen DelegiertInnen in der Halle ankommen, ermuntern wir euch,
den ganzen Tag zu Belagerungsaktionen zu nutzen.
bundesweites autonomes Antikriegsplenum
E-Mail: no_nato@gaarden.net
Internet: http://www.gaarden.net/no_nato/
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