CGH-Info Nr. 7, Berlin, Montag, 21. Februar 2000
1. Aktuelle Situation an der Unam
2. Spitzel in der Studierendenbewegung -Warnung für
alle mit Kontakten nach Mexiko
3. Hidalgo: Bevölkerung nimmt Polizisten als
Geiseln und tauscht sie gegen inhaftierte Studierende ein
4. CGH goes Rundreise in Alemania
5. Radiosendung
6. Links
1. Aktuelle Situation an der Unam
Aus einer Erklärung des Consejo General de Huelga (CGH)
vom 18. Februar 2000:
"Es gibt keine Normalität das Problem ist nicht
gelöst
Die Regierung und die Autoritäten haben ihre starke Karte
gespielt und die Bewegung mit Repression überzogen, um sie
zu besiegen. Das haben sie nicht vermocht. Der CGH hat dem Schlag
widerstanden und reorganisiert sich. Jetzt behaupten sie, es wäre
nichts passiert und die Unam hätte ihr institutionelles Lebens
wieder aufgenommen. Sie lügen, die Situation ist anders.
In den Schulen und Fakultäten der Unam herrscht eine große
Empörung über die Art und Weise, wie die universitären
Autoritäten entschieden haben den Konflikt zu lösen."
Der CGH ruft weiterhin zu Aktionen auf, um den Sechs-Punkte-Forderungskatalog
und die Freiheit der Gefangenen zu erreichen. Gleichzeitig sind
viele Studierende nach neun Monaten Streik in die Klassen zurückgekehrt.
Wie sich die Bewegung reorganisiert und welche Aktionsformen möglich
sind, bleibt abzuwarten.
Obwohl mehrere hundert Verhaftete wieder freigelassen wurden,
sitzen noch 264 CGH-Mitglieder in verschiedenen Gefängnissen.
Gegen 174 CGH-Mitglieder wude "auto formal prision"
erlassen. Sie können damit rechnen zwischen 3 Monaten und
einem Jahr inhaftiert zu bleiben bis ein Urteil gegen sie gefällt
wird. Sie waren alle inhaftiert worden, als am 1.2. die Preparatoria
3 von der Militärpolizei geräumt wurde. 90 Mitglieder
des CGH, die am 6.2. bei der Räumung des Campus inhaftiert
wurden, wurden "formalmente presos" erklärt. Auch
sie werden wahrscheinlich längerfristig inhaftiert bleiben.
Insgesamt sind noch von den 432 Haftbefehlen 37 erfüllt worden,
395 stehen noch aus.
Genaue Angaben über die Verhafteten und die Haftbefehle
findet Ihr unter:
http://www.ezln.org/unam/presos-esp.html
2. Spitzel in der Studierendenbewegung - Warnung
für alle mit Kontakten nach Mexiko
Laut einer Erklärung in der Tageszeitung La Jornada vom
20.2.2000 haben die Anwälte verschiedener inhaftierter Studierender
mehrere in die Bewegung eingeschleuste Spitzel identifiziert.
Diese haben die Erstellung der Listen mit den Haftbefehlen ermöglicht,
detaillierte Informationen (Name, Wohnort, Familie, ökonomische
Situation usw.) über die Beteiligten am Streik für die
Polizei gesammelt und treten nun als Zeugen der Anklage auf.
Die von den Anwälten genannten Personen sind:
Gerardo Gutiérrez Solís, José Luis Melgar
Chávez, Isaac Talancón Blancas, Patricia Pérez
Tijerina, Orlando Chávez Cruz und Martín Rivera
González Agonizante.
3. Hidalgo: Mit Studierenden sympathisierende
Bevölkerung nimmt 61 Polizisten einer Sondereinheit als Geiseln
und tauscht sie gegen 376 inhaftierte Studierende
In der Ortschaft Francisco I. Madero im Bundesstaat Hidalgo räumten
Spezialeinheiten der Polizei am Samstag, den 19. Februar die Escuela
Normal Rural de El Mexe (eine Hochschule zur Ausbildung von SchullehrerInnen),
die seit dem 5. Januar von Hunderten von Studierenden und Familienangehörigen
besetzt gehalten wurde. Um 6:30 morgens stürmten 300 Polizisten
die Hochschule und schlugen brutal auf lokale Bauern, Frauen,
Kinder und die jungen Studierenden ein. El Mexe wurde geräumt
und 176 Studenten mit Gefangenentransporten in Haftanstalten verlegt.
Weitere Personen wurden bei einer Polizeiaktion in Francisco I.
Madero verhaftet, so dass die Gesamtanzahl der Inhaftierten 376
beträgt.
Als die Räumung bekannt wurde, sammelten sich hunderte von
Angehörigen und ein Teil der lokalen Bevölkerung unter
der Führung des örtlichen PRD-Bürgermeisters. Sie
blockierten mit Barrikaden aus Baumstämmen und Steinen die
Zufahrtsstraßen zu der Ortschaft, umzingelten die Hochschule
mit den darin befindlichen Polizisten und errichteten brennende
Barrkaden, um die Schlägertrupps der Polizei an der Flucht
u hindern. "Um acht Uhr morgens wusste es schon der gesamte
Ort und wir begannen uns zu organisieren, da die Aggression ja
nicht nur gegen die Schule ging, sondern gegen das ganze Volk
im allgemeinen", so ein örtlicher Bewohner, der aus
verständlichen Gründen anonym bleiben will. "So
etwa um zehn Uhr begann der <Volksaufstand>, an einigen
Zugängen wurden Feuer angezündet, während die Leute
begannen durch andere Eingänge in die Schule zu drängen,
während die Polizisten mit Tränengas versuchten die
Erstürmung zu verhindern", so ein anderer Beteiligter.
Angesichts der Entschlossenheit der Bevölkerung versuchten
die etwa 200-300 in der Schule anwesenden Polizisten zu fliehen,
doch 61 gelang die Flucht nicht. Die Bevölkerung nahm diese
61 Polizisten als Geiseln, ihnen wurde Uniformen und Schuhe ausgezogen
und sie wurden auf den zentralen Platz des Ortes geschleppt, wo
sie gefesselt und von einer großen aufgebrachten Menge umringt
und bewacht wurden. Die Rebellierenden forderten die 376 Studierenden
freizulassen und drohten ansonsten die Schlägerpolizisten
"zu verbrennen oder aufzuhängen".
Während des Aufstandes wurden auch 7 Polizeifahrzeuge niedergebrannt
und weitere 11 beschädigt.
Nach fünf Stunden Verhandlungen wurde sich mit den offiziellen
Autoritäten auf einen Gefangenenaustausch geeinigt. Die 376
Studenten wurden freigelassen und im Gegenzug ließ die Bevölkerung
die 61 Polizisten frei. Das zwischen der Regierung des Bundesstaates
Hidalgo und dem Bürgermeister der Gemeinde Francisco I. Madero
ausgehandelte Abkommen beinhaltet auch, daß die Eltern der
Studierenden die Kontrolle über die Schule übernehmen
und eine Kommission einrichten, die sich mit den Umstrukturierungsplänen
der Schule beschäftigt.
4. CGH goes Rundreise
Die Planungen für eine Rundreise von zwei VertreterInnen
des Consejo General de Huelga (CGH) durch Deutschland und andere
europäische Länder konkretisieren sich.
Unsere Planung sieht folgendes vor: Wir möchten die CGH-
VertreterInnen im Mai zu einer Veranstaltungsrundreise einladen.
Unabhängig davon, wie dann der Stand der Bewegung in Mexiko
ist, denken wir, dass es sehr interessant sein wird, aus erster
Hand zu erfahren, was sich an der Unam im letzten Jahr ereignet
hat. Doch es geht uns um zwei weitere Aspekte:
a.) wir wollen diskutieren, welche Verbindungen, Parallelen und
Differenzen wir in der Entwicklung der Unilandschaft in Deutschland
und Mexiko sehen. Immerhin wird auch hier über die Erhebung
von Studiengebühren geredet und die fortschreitende Privatisierung
von Bildungseinrichtungen bzw. deren Ankoppelung an direkte Verwertungsinteressen
von Unternehmen ist ebenfalls eine deutlich zu erkennende Tendenz.
b.) es ist zu erwarten, dass auch im Mai noch Mitglieder des
CGH im Knast sitzen werden. Mit der Rundreise geht es uns daher
auch darum, die Kampagne für ihre Freilassung zu stärken
und Geld zu sammeln.
Bis jetzt haben sich Gruppen/ Einzelpersonen, die eine Veranstaltung
in ihren Orten durchführen wollen, aus folgenden deutschen
Städten bei uns gemeldet: Berlin, Potsdam, Weimar, Bochum,
Köln, Kaiserslautern. Desweiteren gibt es Nachfragen aus
der Schweiz, Frankreich und Griechenland. Wir gehen davon aus,
dass es in vielen weiteren Städten Interesse gibt. Meldet
Euch bitte möglichst schnell bei uns, falls Ihr Euch beteiligen
wollt.
In Berlin wird am Mi. 1 März um 19.30 Uhr im Stadtteilladen
Zielona Gora, Grünbergerstr. 73 (U-Bahn Samariterstr.) ein
erstes Koordinationstreffen für die Rundreise stattfinden,
zu dem wir alle Interessierten aus Berlin und Potsdam einladen.
5. Radiobeitrag
Unter folgender Internetadresse findet Ihr einen 29-minütigen
Radiobeitrag zum Streik an der Unam.
http://www.radio4all.net/rpa-proginfo.php3?id=1714
6. Links
Die Homepages des CGH (auf Spanisch) findet Ihr unter:
http://www.geocities.com/Baja/Mesa/9813/
http://www.geocities.com/CollegePark/Den/2793/
Unsere Homepage mit aktuellen Infos steht unter:
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/fels/aktuell/unam/index.html
Saludos
L@sFelsis
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