Kolumbiens neue "Demokratische Sicherheit" und die Konsequenzen
Am Samstag, dem 24.8. fand in Bogotá ein breites Bündnistreffen
verschiedenster sozialer Organisationen statt, welches von dem "Colectivo
de Abogados", ein Zusammenschluss von linken Anwälten,
organisiert worden war. Ziel für dieses nun regelmässig
stattfindende Treffen ist eine Analyse der politischen Situation
des Landes und die Erarbeitung der sich daraus ergebenden Konsequenzen
für das Bündnis. Aus diesem Grund waren für das ganztägige
Treffen auch eine Reihe von politisch wichtigen Leuten geladen.
Der Ökonom und freie Schriftsteller Libardo Sarmiento Anzola
ging in seinem Diavortrag auf wirtschaftliche Daten Kolumbiens,
so wie Uribes politisches Konzept ein. "Wie jeder neuen Regierung
geht es auch der Uribes um Vertrauen auf nationaler wie internationaler
Ebene. Um dieses Vertrauen herzustellen arbeitet Uribe an wirtschaftlicher
Stabilität, Effizienz in Justiz und Bearbeitungswesen, Gerechtigkeit
und zuletzt auch an der Herstellung einer demokratischen Sicherheit
fürs Land.", so Libardo Sarmiento.
Wie diese Punkte auszulegen sind wird bei genauerem hinsehen deutlich.
Die sogenannte "Seguridad Democracia" stellt einen der
wichtigsten Punkte in Uribes Konzept dar. Sie sieht eine Aufstockung
des Militärs von 240.000 auf 400.000 Berufssoldaten vor, den
Aufbau eines Spitzelsystems zur Hilfe des Militärs und der
Sicherheitsorgane, die Beschränkung der Menschenrechte, so
wie die Legitimation des Krieges. Diese vier Punkte sind bereits
teilweise durchgesetzt. Das Spitzelsystems ist auf Grund der geplanten
Einbindung von einer Million Zivilisten in aller Munde. Die Aufstockung
des Militärs ist mit der Neueinstellung von 100.000 Polizisten
und "Hilfssoldaten", 10.000 Polizei-Agenten, zwei neuen
Mobilen Einheiten a 2.500 und 3.000 Mann für das Militär
in vollem Gange. Mit der Verhängung des Ausnahmezustandes seit
dem 12.8.2002 hat Uribe auch schon die Beschränkung der Menschenrechte
angetreten. So kann er die Ausgangssperre und die Einschränkung
des Fahrzeugverkehrs erlassen so wie Entscheidungen im Bereich der
Kommunikation durchsetzen. Sollte sich jetzt noch die Frage nach
der Legitimierung des Krieges stellen, so darf getrost auf die Umfragen
des letzten Jahres verwiesen werden. Waren im Oktober 2001 noch
33,3 % der Bevölkerung für eine militärische Lösung
des kolumbianischen Konfliktes, sprachen sich 8 Monate später,
im Mai 2002, schon 51 % dafür aus.
Nun gibt sich der neue Präsident Kolumbiens mit seinen bisherigen
Erfolgen allerdings nicht zufrieden, sondern holt zu einem Schlag
aus der vor allem die NGO Arbeit in Kolumbien grundlegend erschweren
wird. Sicherlich will er eine Vermittlung der UNO im kolumbianischen
Konflikt beibehalten. Aufgrund der neusten Entscheidung des EU Parlamentes
die FARC auf die Liste der terroristischen Vereinigungen zu setzen
kann er ausreichend kalkulieren wie diese mögliche Vermittlung
aussehen könnte. Sein Wille zur internationalen Konfliktlösung
durch NGO scheint dagegen nicht vorhanden. So sieht sein Konzept
eine "Neutralisierung der Anzeigen gegen die Verletzungen der
Menschenrechte" wie auch das "Aufhalten der Willkür
und Ungerechtigkeit der NGO" vor. Die Wortwahl lässt vermuten,
dass es Uribe nicht nur um eine Einschränkung der NGO-Arbeit
geht. Ziel scheint eine Kriminalisierung, wie er sie bei den Gewerkschaften
schon erfolgreich durchgeführt hat. So herrscht bereits in
weiten Teilen des Landes die Meinung, dass Gewerkschaften mit der
Guerilla gleichzusetzen sind. Während Uribe auf bürokratischem
Wege den Druck auf die NGO erhöht in dem er ca. 100 nationale
NGO auf ihre Ausgaben hin überprüfen lässt, gehen
die Paramilitärs auf ihre Weise mit dem neuen Kurs um. So ist
zum Beispiel in Barrancabermaja im Magdalena Medio seit der Amtseinführung
von Uribe am 7.8.2002 ein anderes, sichereres Auftreten der Paramilitärs
zu beobachten, beschreibt Sinaltrainal Präsident von Barrancabermeja
William Mendoza die Situation. Beispielsweise kam es vor ca. drei
Wochen zu Morddrohungen an Mitgliedern der christlichen NGO ECAP.
ECAP arbeitet seit mehreren Jahren im Valle de Opon in der Nähe
von Barrancabermeja und wurde nun aufgrund ihrer Anzeigen gegen
die Menschenrechtsverletzungen im Valle dazu aufgefordert ihre Arbeit
einzustellen. Ansonsten würde man wahllos eines der Mitglieder
erschiessen. Trotz der Drohung haben sich die Mitarbeiter, die vornehmlich
aus Kanada und den USA kommen, dazu entschlossen nicht nachzugeben
und ihrer Arbeit nach wie vor nachzugehen, bisher glücklicher
Weise ohne Konsequenzen seitens der Paramilitärs. Anders dagegen
reagierte der DAS (kolumbianische Polizeibehörde), indem er
zwei Aktivisten des Landes verwies. Diese waren der NGO-Arbeit mit
einem Touristenvisum nachgegangen, was als Begründung reichte
um ihnen die Wiedereinreise für die nächsten 5 Jahre zu
verweigern.
Die besorgniserregende politische Situation Kolumbiens ist ausreichend
bekannt. Nicht nur am Samstag gab es erneute Bestrebungen alle oppositionellen
Kräfte zu vereinen und mit gemeinsam formulierten Forderungen
an die nationale und internationale Öffentlichkeit zu treten.
Es bleibt allerdings abzuwarten ob wirklich ein gemeinsamer Nenner
gefunden werden kann der für Gegenöffentlichkeit sorgt.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich lediglich 12 % der Bevölkerung
als links bezeichnen, jedoch 31 % rechts anzusiedeln sind und sich
schon alleine 12,1 % der Bevölkerung für den Paramilitarismus
aussprechen, kann man von einem Jahrelangen Prozess ausgehen dem
sich die sozialen Organisationen gegenübersehen.
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