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Nürnberg
im Zeichen des antifaschistischen Kampfes
Eine
antifaschistische Demonstration, ein staatlich garantierter Nazi
Aufmarsch - durchgesetzt gegen wütenden antifaschistischen
Widerstand und eine von oben angeordnete Zensurmaßnahme, die
von der gesamten lokalen bürgerlichen Medienlandschaft
konsequent umgesetzt wurde: Das sind die Zutaten für folgenden
Bericht aus der ehemaligen Stadt der Reichsparteitage.
Knapp
500 hauptsächlich der autonomen und radikalen Linken
zuzurechnende, AntifaschistInnen beteiligten sich am 6.12.2003 an
einer Demonstration gegen Faschismus und seine Ursachen. Im Anschluß
stellten sie sich in der Nürnberger Südstadt einem, von der
Stadtverwaltung und bürgerlichen Parteien nicht nur ignorant
geduldeten, sondern erneut mit tatkräftiger Unterstützung
von Polizeikräften bedachten, Naziaufmarsch entgegen. Von all
dem sollten jene, die ihre Informationen einzig aus der
staatstragenden, lokalen, bürgerlichen Medienlandschaft beziehen
nichts erfahren. Nach Absprache zwischen Rathausparteien und
Medienbossen wurde eine komplette Zensur verhängt.
Vor
den Ereignissen
Doch
beginnen wir am Anfang und das heißt in diesem Fall im Vorfeld
der Ereignisse bei der Konstituierung des antifaschistischen
Bündnisses. Überraschend fanden sich hier neben Angehörigen
der radikalen Linken, autonomen Antifas und AntifaschistInnen
verschiedener linker Gruppen und Initiativen auch Vertreter der
sozialdemokratisch/grünen Regierungsparteien ein. Trotz
grundsätzlicher Ablehnung eines Bündnisses mit diesen klar
als Gegner aller emanzipatorischen Kräfte bekannten
Organisationen, erklärten sich die konsequent links stehenden
Teile des Bündnisses bereit, technische Absprachen zu treffen.
Zwei inhaltlich unterschiedlich ausgerichtete Demozüge sollten
organisiert werden, die beide zeitgleich am Auftaktplatz der Nazis
enden sollten.
Als
Eintrittskarte in diese rein technischen Bündnisabsprachen,
sollten die Sozialdemokraten sich jedoch zumindest von dem
Polizeieinsatz gegen die antifaschistische Demonstration angesichts
der Nazi-Kundgebung am Reichsparteitagsgelände im September 2003
distanzieren. Gefordert wurde eine öffentliche Verurteilung der
Polizeiübergriffe durch welche neben zahlreichen anderen
Teilnehmenden eine ältere Antifaschistin so schwer verletzt
wurde, dass sie eine längere ärztliche Behandlung
benötigte.
Dieses
Anliegen wiesen die Vertreter der herrschenden Ordnung selbstgerecht
und ohne inhaltliche Begründung zurück und verliesen
gefolgt von Teilen des bürgerlichen Spektrums das Bündnis.
Die
im antifaschistischen Bündnis organisierten Gruppen und
Organisationen entschieden sich nun zu einer Demonstration aufzurufen
und im Anschluß direkt zum Ort des Geschehens, zum Auftaktplatz
der Nazis zu mobilisieren. Inhaltlich fiel der Bündnisaufruf
entsprechend der Beteiligung vorwiegend der radikalen Linken
zuzurechnender Organisationen ziemlich deutlich aus und nannte die
Dinge beim Namen. Unterschrieben haben dennoch neben organisierter
autonomie (oa), autonomer Jugendantifa (aja), dem SchülerInnenbündnis
(SchüBü), der DKP und zahlreichen weiteren Gruppen und
Organisationen auch die Falken.
Ignorieren
meint Zensieren
Nicht
mal mehr für eigene Protestaktivitäten weit ab vom
Geschehen reichte es nun. Die bürgerlichen Parteien hatten
beschlossen, den von Seiten der Grünen bereits auf dem
Bündnistreffen geäußerten Vorschlag die Nazis durch
aktives Ignorieren zu bestrafen, in die Tat umzusetzen.
Dass sie damit all jene, die mit ihnen aktiv werden wollten, vor den
Kopf stießen, schien ihnen kein Problem zu sein und so wurde
versucht die neue Linie, den Nazis die Straßen gänzlich zu
überlassen, umzusetzen. Vertreter aus Parteien und Polizei luden
zu diesem Zweck zahlreiche Jugendgruppen und Organisationen zu einem
Treffen mit dem Ziel der Spaltung ins Rathaus. Dort wurde versucht
die Geladenen auf jenes magische aktive Ignorieren
einzuschwören. Ohne Erfolg, auch hier bekamen sie als
Voraussetzung für weitere Gespräche die Forderung, sich
öffentlich vom Polizeieinsatz gegen die AntifaschistInnen im
September zu distanzieren. Das Treffen platzte und in der Folge
kristallisierte sich heraus, was die, deren Justiz und verbeamtete
Prügeltruppen jeden Nazi-Aufmarsch erst ermöglichen, unter
aktivem Ignorieren noch so alles verstehen. In Absprache
mit den Bossen von Nürnberger Nachrichten, NZ, AZ und anderen
lokalen Mediengrößen wurde beschlossen, das ganze einfach
unter den Tisch zu kehren. Wo kein Bericht ist findet auch nix statt,
dachten sich die Organisatoren jener ignoranten Zensurmaßnahme
und irrten sich.
Demonstration
gegen Faschismus und seine Ursachen
Trotz
der, einzig von der antifaschistischen Mobilisierung durchbrochenen,
Zensurmaßnahme um den aktuellen Naziaufmarsch, fanden sich,
nachdem sie die üblichen schikanösen Polizeikontrollen
durchlaufen hatten ca. 500 DemonstrantInnen am Samstag um 10 Uhr auf
dem Auftaktplatz ein.
Die
antifaschistische Demonstration zog schließlich nach einer
längeren Auftaktkundgebung mit zahlreichen Redebeiträgen
vom Rathenauplatz über den Ring zum Rosa-Luxemburg-Platz. Der
Weg vorbei am Nürnberger Ausländeramt, wo ein
Redebeitrag zum Thema staatlicher Rassismus gehalten werden sollte,
wurde von der Stadt verboten. Nach kurzen Reibereien und Rangeleien
in Folge gezielter Polizeiprovokationen bei der Abschlußkundgebung,
erstritten die teilnehmenden DemonstrantInnen ein geschlossenes
Abrücken Richtung Auftaktplatz der FaschistInnen. Unterwegs
schwoll der Zug schließlich wieder zu einem Demonstrationszug
mit lautstarken antifaschistischen Parolen an. Am von
Polizeieinheiten großräumig abgesperrten
Nelson-Mandela-Platz angekommen, wo die Nazi Kungebung
geschmackvollerweise beginnen sollte, begann das Warten auf die von
der VGN und Polizei sicher zu ihrer Auftaktkundgebung gebrachten
Nazis.
Ignorieren
heißt den Nazi-Aufmarsch garantieren
Etwa
2000 paramilitärisch ausgestattete Angehörige der Polizei
und ihrer Sondereinheiten garantierten den 60 Nazis schließlich
einen Aufmarsch durch die Südstadt. Dieser verwandelte sich
durch das beherzte Eingreifen von mehreren hundert AntifaschistInnen,
sowie dem desorganisierten Auftritt der verbeamteten Nazibeschützer,
allerdings für die aufgebotenen nationalen Marschierer in ein
mittleres Desaster. Immer wieder mußte dem stockenden Umzug der
sogenannten freien Kameradschaften die Straße durch die Polizei
freigeräumt werden, ZuschauerInnen fühlten sich an einen
Castor-Transport erinnert. Einige Eier wurden auf einen
antifaschistischen Weg gebracht und fanden ihr Ziel auf dem
Lautsprecherwagen und in der Marschordnung der verängstigten
Herrenmenschen, selbst in den Naziumzug drangen
AntifaschistInnen ein und machten sich mit Schlägen und Tritten
am Lautsprecherwagen der verwirrten Hetzer zu schaffen. Durch
lautstarke Antifa-Parolen und zahlreiche am Rand mitgetragene Antifa-
Transparente war der Naziumzugug zeitweise von außen nicht mehr
als solcher erkenntlich.
Die
immer wieder gerufene Parole Ohne Spitzel wärt ihr nur
zwei Mann beantworteten die Nazis bei einer Zwischenkundgebung
mit Wutgeheul aus ihrem Lautsprecherwagen. Es handle sich bei ihnen
nicht um die NPD meinten sie und wollten damit andeuten, sowas gäbe
es nur bei ihren Kameraden dort. Lächerlich, als wüßten
sie nicht selbst, dass es keinen Ort in diesem Land gibt, an dem fünf
Nazi-Kader zusammenkommen - unter denen sich nicht zwei vom Staat
bezahlte und angeleitete Kameraden finden.
Nach
Stunden endete der Umzug wie er begonnen hatte am
Nelson-Mandela-Platz im Pfeifkonzert hinter Polizeiabsperrgittern.
Vom
Ende einer Zensurmaßnahme
Von
all dem war in der Nürnberger Presse nix zu lesen, in den
privaten Sendern, mit Ausnahme von Radio Z, nix zu hören und zu
sehen. Die Zensur hielt, trotz der in der Südstadt in allen
Bevölkerungsschichten vorhandenen Empörung. Etwa 40.000
Flugblätter der organisierten autonomie, in denen der
Sachverhalt geschildert wurde und in denen die AutorInnen die
beispiellose Zensurmaßnahme offenlegten, wurden bereits zwei
Tage nach den Ereignissen von oa-Mitgliedern und zahlreichen
UnterstützerInnen an Nürnberger Haushalte verteilt. In
einer Stadt wie Nürnberg sollte angesichts dieser in den letzten
Jahren wohl einmaligen Flugblattauflage das Komplott aus bürgerlichen
Parteien und Medien begreifen, dass ihre Zensurmaßnahmen in
Zukunft nicht mehr so einfach funktionieren werden.
Antifaschismus
kann erfolgreich sein
Dies
gilt auch, wenn von Seiten der herrschenden Klasse so einiges
aufgeboten wird, um dies zu verhindern. Den Nazis wurde wieder einmal
ein Aufmarsch versaut und erfolgreich war die antifaschistische
Aktion diesmal auch in anderer Hinsicht, wurde doch einmal mehr unter
Beweis gestellt, dass es gut ist auf die eigene Kraft zu vertrauen.
Und
wenn wir beim nächsten Mal in der Mobilisierung und Organisation
der Praxis noch etwas besser in die Gänge kommen, klappt`s ja
vielleicht auch mit der Nachbarin zusammen einen Naziaufmarsch zu
verhindern.
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