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JANUAR 2004



Wer einen Krieg plant und durchführen will, trifft sich jährlich am ersten Februarwochenende unter dem weiß-blauen Himmel Bayerns. Wer bei der Verteilung von Reichtum und Armut mitzureden hat, begibt sich (fast) regelmäßig Ende Januar ins idyllische Nobelskiörtchen Davos. Und wer sich gegen Kapitalismus, Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung zur Wehr setzt, trifft sich regelmäßig auf den Straßen rund um die militärisch abgeriegelten Tagungsburgen.


Die Widerstandsaktionen gegen das World Economic Forum von der Schweiz nach München zur Nato-Sicherheitskonferenz tragen.

Zwei Seiten einer Medaille:

„global leaders“ in Davos

Vom 21. - 25. Januar findet in Davos wie jedes Jahr (abgesehen von der 2002 stattgefundenen Flucht nach New York) das World Economic Forum (WEF) statt. Hier trifft sich alles was Rang und Namen hat aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Kultur und Medien. Die selbsternannten „global leaders“ der 1000 größten Weltkonzerne (darunter Novartis, Siemens, Nike, etc.pp.) hecken und dealen hier aus, was IWF, Weltbank, WTO und Regierungen später in die Tat umsetzen. Es geht um die Zementierung und weitere Aneignung der Produktionsmittel in den Händen der Reichsten, die weltweite Ausbeutung von Arbeitskräften und natürlichen Ressourcen sowie die Auftragsverteilung zum Wiederaufbau kriegerisch zerstörter Ökonomien und Infrastrukturen. Bereits in der Vergangenheit war eines der wesentlichen Ziele des WEF die Beseitigung staatlicher Handelshemmnisse und die Liberalisierung des Welthandels, was mitunter in der aus dem WEF hervorgegangenen WTO (Welthandelsorganisation) oder NAFTA (North American Free Trade Agreement) in die Praxis umgesetzt wurde. Momentan werden die Diskussionen um den Plan Columbia und den Plan Puebla-Panama weiter vorangetrieben, um eine weitergehende Liberalisierung der Wirtschaft und Militarisierung der Gesellschaft in den lateinamerikanischen Ländern zu Gunsten profitorientierter Maxime durchzusetzen. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht die Privatisierung von Wasser - Getränkefirmen wie Nestlé arbeiten bereits heute an der Sicherung weltweiter Wasserquellen - und Privatisierung von Ausbildung und Erziehung. Ihre Legitimation ziehen die 3000 WEF-TeilnehmerInnen aus der unabwendbaren Krise des Kapitalismus. Bei Kaviar und Champagner „erarbeiten“ sie gewinnorientierte Lösungsmöglichkeiten, die letztendlich in Form von Massenentlassungen und Lohnabbau, sozialer Unsicherheit, Ausschluss und Ausgrenzung, Repression und Krieg bei der großen Mehrheit der Bevölkerung ankommen.

„transatlantic family“ in München

Zum 40. Mal trifft sich die NATO-Sicherheitskonferenz am ersten Februarwochenende in München. Politiker, Militärstrategen und Rüstungsfabrikanten aus 33 Staaten, Waffenschieber und Warlords sowie die Verteidigungsminister aller NATO-Staaten haben sich angekündigt, um ihre militärischen Ziele untereinander abzuklären und zu koordinieren. Nachdem in den vergangenen Jahren Einigkeit über den weltbedrohenden Hauptfeind „Terrorismus“ erzielt und neue Anrainer-Staaten mit ins Boot geholt werden konnten, hat sich die diesjährige Sicherheitskonferenz mit neuen, erfolgreicheren Kriegsstrategien auseinander zusetzen, wie die jüngsten Entwicklungen in Afghanistan, Tschetschenien oder im Irak deutlich machen. Der Krieg im Irak wird dabei im Mittelpunkt stehen und die zukünftigen militärischen Interventionen verhandelt werden. Die Europäischen Staaten werden ausloten, wie weit sie sich mit ihrer EU-Eingreiftruppe aus dem Fenster lehnen können und unabhängig von den USA losdonnern können. Letztendlich geht es um die Absicherung des globalen Kapitalismus und der dafür erforderlichen Eroberung und Verteidigung weltweiter Ressourcen und Märkte, sowie geo-strategischer Interessen und Einflusssphären. 2003 wurden aus diesen Gründen 43 Kriege durchgeführt. Neben „klassischen“ herkömmlichen Auseinandersetzungen wie im Irak wurden dabei westlich geführte Söldnerfirmen (Kolumbien, Nigeria) eingesetzt oder lokale Warlords (Afghanistan) unterstützt. All diese Kriege sind mitunter das Ergebnis der Herren, die sich Anfang Februar in München treffen, um hinter verschlossenen Türen die Welt unter sich aufzuteilen.

Doch wie auch schon in den vergangenen Jahren regt sich auch dieses Jahr massiver Widerstand, wenn sich einige wenige zusammentun, um Entscheidungen über die Köpfe der großen Mehrheit zu fällen. Die zunehmende Militarisierung Deutschlands und Europas und die steigende Profitmaximierung multinationaler Konzerne auf Kosten der Bevölkerung führen in allen Ländern zu wachsender Unzufriedenheit und zunehmenden Protesten. Die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben durch Einsparungen im Bildungssystem, der Gesundheitsversorgung und der sozialen Sicherheiten bedient lediglich das Interesse derjenigen, die sich an der relativen Armut anderer bereichern wollen. Sie und ihre VertreterInnen sind in Davos und München anzutreffen, deren ungestörten Übereinkünfte es zu verhindern gilt, da sie sicherlich nicht das Interesse einer gerechten Gesellschaft ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Sklaverei im Sinne haben.

Smash WEF heißt Kapitalismus zerschlagen!

Trotz Verboten und Kriminalisierungen hat der Widerstand gegen das WEF in den letzten Jahren beständig zugenommen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben dazu geführt, die Aktionen gegen das WEF auszuweiten und zu dezentralisieren. Bereits im Vorfeld gibt es verschiedene Aktionstage, zu denen Kundgebungen und Demonstrationen in zahlreichen Schweizer Städten angemeldet sind. Den Auftakt bildet am 10. Januar eine Demonstration in Winterthur gegen das WEF und Kapitalismus zu dem Alternativ Revolutionäre Kräfte aufrufen. Am 17. Januar wird es in verschiedenen Orten der Schweiz dezentrale Demonstrationen geben. Zur Eröffnung des WEF am 21. Januar versucht ein „Blockadenetz Mafalda“, bestehend aus diversen Gruppen und Einzelpersonen, die Zufahrtswege der TagungsteilnehmerInnen zwischen Züricher Flughafen und Davos zu blockieren, um die Ankunft in Davos möglichst lange hinauszuzögern. Gefragt sind dabei Kreativität und eigene Ideen, um eine größtmögliche Vielfalt an Aktionsformen zu gewährleisten. Die Vorschläge für erfolgreiche Blockaden reichen dabei von Aktionen des zivilen Ungehorsams (grüne Ampeln überkleben; virtuelle und körperliche Sit-Ins; Straßen blockieren, unterhöhlen, zuschütten, etc.) bis hin zu militanten Aktionsformen. Für den 24. Januar ruft das Revolutionäre Bündnis gegen das WEF zu einer gemeinsamen linksradikalen Demonstration nach Davos auf. Andere Gruppen, die dem riesigen Polizeiaufgebot und den Sicherheitsvorkehrungen aus dem Weg gehen wollen, mobilisieren für den gleichen Tag in den im Graubündner Kanton gelegenen Ort Chur.

Krieg ist angreifbar!

Bereits vom 9.-11. Januar findet im Münchner DGB-Haus der „fortsetzung folgt!“ Antikriegs-Kongress statt. Als bundesweites Forum für Diskussionen und Informationen will der Kongress die im letzten Jahr begonnene Debatte über Krieg in all seinen Facetten und Auswirkungen fortführen. Die Auftaktveranstaltung am Freitag Abend zum Thema „Krieg nach außen - Krieg nach innen“ analysiert die Veränderungen innerhalb der westlichen Industrienationen von Wohlfahrtsstaaten hin zu autoritären Kontrollsystemen und den aktuellen imperialistischen Kriegen als zwei Seiten einer Medaille. Die Veranstaltung möchte aus der Rückschau über das vergangene Jahr eine Perspektive und einen Ausblick für die internationale Bewegung gegen Krieg und kapitalistische Globalisierung gewinnen. Am Samstag werden Foren und Workshops zu den Bereichen Militarismus, neoliberale Globalisierung, Flüchtlingspolitik, Militarisierung und Patriarchat sowie Kriegsverbrechern, Repression und politischen Gefangenen angeboten. Ein multimedialer Vortrag am Sonntag Vormittag mit Bildern über Neo-Orientalismus und mediale Kriegsführung thematisiert die Rolle von Medien, Militär und Macht. Das Abschlusspodium am Sonntag Nachmittag bestreiten VertreterInnen aus den Podien und Workshops.

Für alle, die erst am Samstag zum Kongress fahren, bzw. zu Hause bleiben müssen, bietet die organisierte autonomie am Freitag Abend eine Informations- und Mobilisierungsveranstaltung im Archiv Metroproletan (19:30 Uhr) zum Widerstand gegen das WEF und gegen die NATO-Sicherheitskonferenz mit Gästen vom Revolutionären Aufbau Schweiz aus Zürich.

Für das Begrüßungszeremoniell der „Sicherheitskonferenz“ im Bayerischen Hof am 6. Februar hat ein breites Bündnis Kundgebungen rund um den Tagungsort angemeldet. Die vielfältigsten Protest- und Aktionsformen sollen hier zum Einsatz kommen, um die Delegierten bei ihrer Anreise so lange wie möglich am Betreten des Gebäudes zu behindern. Kreativität und Eigeninitiative à la Blockadevorschläge aus der Schweiz heruntergebrochen auf eine Fußgängerzone sind hier gefragt. Einen Tag später folgt die stimmungsvolle und entschlossene Internationale Demonstration unter dem Motto „fight global war!“ vom Marienplatz zum Tagungsort.

Bayerisches Schneegestöber

Während sich die eine Seite im Vorbereitungs- und Mobilisierungsstress befindet, diskutiert, probiert und argumentiert, gibt die andere Seite wie immer ihr Bestes die Stimmung Anti-Demonstrierende aufzuheizen. Münchens Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer und die Süddeutsche Zeitung sind wie eh und je vorne dabei, wenn es darum geht, die Protestierenden bereits im Vorfeld zu kriminalisieren und die „Berufsdemonstranten“ zu verunglimpfen. Ganz anders als bisher, würde die Polizei dieses Mal besonders genau beobachten, was sich an der Demo-Front zusammenbraue. Denn laut Polizeibericht schwören sich die europäischen Kriegs- und Globalisierungsgegner im Internet gezielt auf München ein. Mit einem Demonstrationsverbot wie 2002 sei dieses Jahr allerdings nicht zu rechnen. Zu verdanken ist dieser Umstand zwei vor kurzem gefällten Freisprüchen, bei welchen es selbst bayerischen Richtern nicht mehr möglich war, den polizeilichen Begründungen für die tagelangen Ingewahrsamnahmen zweier Gegendemonstranten zu folgen. Die Ingewahrsamnahme von DemonstrantInnen wird durch die Urteile zukünftig jedenfalls erschwert, was Polizeipräsident Schmidbauer offiziell bedauert und ihm schon heute ernsthaftes Kopfzerbrechen bereitet. Aus diesem Grund wird wieder der „altbewährte“ Dreifach-Sicherheitsgürtel um Bayern und München und den eigentlichen Tagungsort aufgezogen, der „Berufsdemonstranten“ von der Reise abhalten soll.

Wie immer in Bayern also nix neues, Münchner Demonstrationen sind als wandelnder Kessel bekannt, das Polizeiaufgebot wird wie immer an Bürgerkriegszustände erinnern, alles in allem, wie immer eine Reise wert, um für den Ernstfall zu proben - und wer/ welche legt sich nicht gerne mit der Staatsmacht an.


Let´s start the riot - action days

• Tourdaten im Überblick • Tourdaten im Überblick •


Nürnberg, Fr. 09.01., 19:30 Uhr, Metroproletan
Fight global war - Fight global capitalism
Eine Informations- und Mobilisierungsveranstaltung zum Widerstand gegen das WEF und gegen die NATO-Sicherheitskonferenz mit Gästen vom Revolutionären Aufbau Schweiz aus Zürich. mehr: www.redside.tk


München, Fr. 09. - So. 11.01., DGB-Haus, Schwanthalerstr. 64

fortsetzung folgt! Antikriegs-Kongress

Infos und Anmeldung im Kongressbüro, Tel.: 089/44 22 97 58 (Mo-Fr 13 - 17 Uhr); www.no-nato.de


Schweiz, Winterthur, Sa. 10.01.
Demo gegen WEF und Kapitalismus

Veranstalter: Alternativ Revolutionäre Kräfte

www.anti-wto.ch oder als link über www.no-nato.de


Schweiz, Lugano, Winterthur, Fribourg, Bern, Burgdorf, Langenthal, Sa. 17.01.

Dezentrale Demonstrationen und Kundgebungen gegen das WEF

www.anti-wto.ch oder als link über www.no-nato.de


Schweiz, Davos Dorf, Mi. 21.01., zwischen Flughafen Zürich und Davos

WEF blockieren!
Zufahrtswege für die WEF-TeilnehmerInnen dicht machen.
Veranstalter: Blockadenetz Mafalda
www.smashwef.ch oder als link über www.no-nato.de


Schweiz, Davos Dorf, Sa. 24.01., 14:00 Uhr, Bahnhof

Smash WEF heißt Kapitalismus zerschlagen!

Demonstration gegen das WEF
Veranstalter: Revolutionäres Bündnis gegen das WEF
www.anti-wto.ch oder als link über www.no-nato.de


Schweiz, Chur, Sa. 24.01., 13:00 Uhr
Reclaim the world - Crack the WEF!
Demonstration gegen das WEF
Veranstalter: Oltner Bündnis
www.anti-wto.ch oder als link über www.no-nato.de


München, Fr. 06.02., 16:00 Uhr
Proteste rund um den Tagungsort Hotel Bayerischer Hof. Kundgebungen sind u.a. angemeldet an folgenden Orten: Stachus, Lenbachplatz, Promenadeplatz, Pacellistraße, Odeonsplatz, Platz der Opfer des Nationalsozialismus, Maxburgstraße, Prannerstraße/Maximiliansplatz, Marienplatz


München, Sa. 07.02., 12:00 Uhr, Marienplatz
Internationale Demonstration zum Tagungsort.


Wichtige Infos zu München:
www.con_action@no-nato.de oder www.no-nato.de
Infotelefon: 0174/888 96 51
Ermittlungsausschuss: 089/448 96 38
Pennplatzbörse: pennplatz@no-nato.de

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