Politische
Gefangene in Frankreich
Freiheit
für die Gefangenen der Action Directe!
Nathalie
Menigon ist eine von insgesamt fünf ehemaligen Mitgliedern von
Action Directe, die noch immer in Frankreich im Knast sitzen. Zur
Erinnerung: Action Directe verstand sich in den 80er Jahren als
kommunistische und antiimperialistische Guerillagruppe. Joelle
Aubron, George Cipriani, Jean Marc Rouillan und Nathalie Menigon
wurden zwischen 1987 und 1994 zu lebenslänglichen Haftstrafen
verurteilt u.a. wegen der Hinrichtung des Generaldirektors von
Renault, George Besse, sowie des Generals Audran. George Besse war
als Abwicklungsspezialist zu Renault geholt worden. Nach
einem Jahr seiner Tätigkeit waren 25.000 Beschäftigte
entlassen. Im Rahmen seiner früheren Tätigkeit, bei
Pechiney, waren es sogar 34.000 Beschäftigte gewesen. Er hatte
im Bereich der zivilen sowie militärischen Nukleartechnik
Karriere gemacht. Die damalige Kommandoaktion war nach Pierre Overney
benannt, einem Aktivisten der Gauche Proletarienne, der von einem
Wachmann von Renault erschossen wurde, während er Flugblätter
vor den Werkstoren verteilte. General Rene Audran war Direktor für
internationale Fragen im Verteidigungsministerium. Er war
verantwortlich für alle Fragen des Waffenverkaufs sowie der
Repräsentant Frankreichs in der einzigen Natostruktur, in der
Frankreich offiziell vertreten war: die IEPG (Unabhängige Gruppe
für Europäische Programme). Die Aktion wurde vom Kommando
Elisabeth Von Dyck ausgeführt (einer Aktivistin der
Roten Armee Fraktion, die während ihrer Verhaftung - in Nürnberg
- von der Polizei ermordet wurde). Vier der Gefangenen, J.Aubron,
C.Cipriani, N.Menigon und J.M. Rouillan, werden ihre Strafen im
Frühjahr 2005 abgesessen haben. R. Schleicher wird im März
2004 20 Haftjahre hinter sich gebracht haben. Er sitzt gegenwärtig
im Hochsicherheitstrakt von Fleury-Merogis.
Freiheit
für Nathalie Menigon!
Die
44-jährige Nathalie Menigon ist, wie ihre Freundin Joelle
Aubron, inzwischen seit 16 Jahren in Haft, darunter lange Zeit in
Isolationshaft. Sie erlitt im Gefängnis mehrere Gefäßunfälle
im Gehirn und ist infolgedessen teilweise gelähmt. Sie ist
permanent in medikamentöser Behandlung und leidet unter
Gleichgewichts- und Bewegungsstörungen sowie Gedächtnisverlust.
Am 17. März 2003 fand eine Anhörung über
Haftverschonung aus medizinischen Gründen für Nathalie
Menigon statt. Über einen Monat nach der Anhörung
entschieden die zuständigen Richter lediglich, dass die bisher
existierenden medizinischen Gutachten ungenügend seien und zwei
neue Experten ihr Urteil abgeben sollten. Ursprünglich sollten
die neuen Gutachten bis zum 15. August vorliegen, damit das Gericht
am 15. September entscheiden könnte. Nathalie hat lediglich am
12. August einen der neuen Gutachter sehen können. Anlässlich
des vorgesehenen Gerichtstermins am 15. September wurde festgestellt,
man habe offenbar vergessen, einen der beiden Experten zu bestellen.
Bisher wird also für Nathalie Menigon ein Gesetz nicht
angewendet, das im März 2002 in Frankreich neu geschaffen wurde.
Es sieht Haftverschonung für alle Gefangenen vor, deren
Gesundheitszustand mit einem Gefängnisaufenthalt nicht vereinbar
ist. Papon, ehemaliger Polizeipräfekt und Nazi-Kollaborateur,
wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt, wurde dagegen
aufgrund dieses Gesetzes bereits aus der Haft entlassen. Bereits am
30. Juni 2003 unternahm Nathalie eine Aktion, um sich gegen die
Verschärfung ihrer Haftbedingungen zu wehren. Um symbolisch
gegen die Einstellung ihrer physiotherapeutischen Behandlung sowie
generell gegen die gesundheitsschädlichen Haftbedingungen zu
protestieren, kletterte sie ein 2,70 m hohes Gitter hinauf. Dabei
stürzte sie ab und brach sich den linken Unterarm und die rechte
Hand.
Freiheit
für alle kämpfenden Gefangenen!
Die
Gefangenen der Action Directe haben während ihrer Haftzeit
mehrere Hungerstreiks gegen ihre Sonderhaftbedingungen unternommen.
Sie beteiligten sich an zahlreichen Anti-Knast-Mobilisierungen - als
Ausdruck der Solidarität mit den Gefangenen anderer Länder
(Spanien, Deutschland, USA, Türkei, Israel etc.). Vom 8. bis 15.
Oktober 2003 unternahmen die beiden befreundeten Frauen, Nathalie
Menigon und Joelle Aubron, die beide in der Haftanstalt in Bapaume
sitzen, eine Aktionswoche der Essensverweigerung - als Zeichen der
Solidarität mit dem linken Widerstand im Baskenland und mit den
24 palästinensischen Frauen und Jugendlichen, die im Neve Tirza
Gefängnis in Israel unter unmenschlichen Haftbedingungen leiden.
Dort war im Juli 2003 ein Schlägerkommando nachts in die Zellen
der palästinensischen Frauen eingedrungen, das durch physische
Gewalt und den Einsatz von Tränengas versuchte, den kollektiven
Hungerstreik der Gefangenen zu brechen. Nathalie und Joelle schlossen
sich mit ihrer Solidaritätswoche ähnlichen Aktionen an, die
zuvor bereits in anderen Gefängnissen stattgefunden hatten: Vom
27. bis zum 29. August verweigerten 115 Gefangene im Gefängnis
in Moulin das Essen; vom 2. bis zum 4. September befand sich Pierre
Carette im Hungerstreik, ein Gefangener der belgischen CCC (Cellules
Communistes Combattantes), der seit 17 Jahren in Haft ist. Anfang
September fand eine Solidaritätsaktion vor dem Gefängnis
von Bapaume statt, um die Befreiung von Nathalie Menigon sowie aller
Gefangenen der Action Directe zu fordern. Die beiden Frauen
schwenkten dabei rote Fahnen aus den Gitterfenstern und viele
Gefangene der Haftanstalt riefen gemeinsam mit den DemonstrantInnen
die Parolen: Pierre par pierre, mur par mur, nous détruirons
les prisons! Stein für Stein, Mauer für Mauer, wir werden
alle Gefängnisse zerstören!
Freiheit
für die politischen Gefangenen aus der Bretagne!
In den
Pariser Gefängnissen sitzen nach wie vor sechs Bretonen als
politische Gefangene: Gael Roblin, Jerome Bouthier, Kristian
Georgeault, Paskal Laize, Stefan Philippe und Alain Sole. Für
Alain Sole begann vor kurzem das fünfte Jahr Untersuchungshaft -
das heisst er sitzt unter Sonderhaftbedingungen im Gefängnis
ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren in Aussicht. Vier weitere
Gefangene befinden sich seit dreieinhalb Jahren in Haft, bei dem
jüngsten Gefangenen sind es inzwischen zwei Jahre.
Den Gefangenen werden die Mitgliedschaft in der ARB (Armee
Revolutionnaire Bretonne), Beteiligung am Diebstahl von Sprengstoff
sowie Mittäterschaft an 39 Attentaten seit 1993 vorgeworfen.
Keiner der sechs bretonischen politischen Gefangenen ist bisher vor
ein ordentliches Gericht gestellt worden - und trotz wiederholter
einschlägiger Ankündigungen ist bisher kein Prozesstermin
festgelegt. Frankreich kümmerte sich wenig um die Aufforderungen
des europäischen Parlaments, des flämischen Parlaments, der
Liga der Menschenrechte sowie von Amnesty International, die
forderten, die Bretonen freizulassen. Unter dem Vorwand des Kampfes
gegen den Terrorismus plant der französische Staat
vielmehr die Einrichtung eines Sondergerichtes für die
Gefangenen, ohne öffentliche Jury, mit speziellen Richtern.
Freiheit
für Alain Sole!
Insbesondere
die Haftsituation von Alain Sole wurde vor kurzem von Amnesty
International in ihrem alljährlichen Bericht angeprangert: Alain
wurde am 4. Oktober 1999 verhaftet. Seitdem befindet er sich in
Untersuchungshaft. Er ist Diabetiker und erhielt in den ersten
Monaten nach seiner Verhaftung nicht die notwendige Behandlung.
Infolgedessen wurde er insulinabhängig. Nachdem er sich
zusätzlich noch mit einem Virus infizierte, versuchte er sich am
24. März 2001 in der Haftanstalt Villepinte umzubringen. Es
scheint, dass er als Notfallpatient vom Hospital in Nanterre nach
Fresnes verlegt wurde, mit Durchblutungsstörungen im Bein.
Amnesty International betonte, dass gemäß dem Artikel 5
(3) der europäischen Konvention der Menschenrechte jedeR
Gefangene das Recht auf einen Prozess innerhalb eines angemessenen
Zeitrahmens hat. Die internationale Rechtsprechung sieht vor, dass
die beschuldigten Personen freigelassen werden, wenn die Vorschrift
einer angemessenen Wartezeit (i.d.R. wird von zwei Jahren
ausgegangen) nicht berücksichtigt werden kann.
Am 11.
Oktober fand in Guingamp, im Herzen der Bretagne, eine Demonstration
zur Unterstützung der Gefangenen statt. Aus dem Flugblatt der
VeranstalterInnen: Für uns, die wir draußen
sind, ist es nicht wichtig, ob die Gefangenen schuldig sind oder
nicht. Wir stellen fest, dass Frankreich sechs Bretonen in seinen
Pariser Knästen festhält und alles tut, um einen peinlichen
Prozess hinauszuschieben. Selbst wenn einige der Taten zugegeben
werden sollten, so muss doch geklärt werden, was Menschen dazu
bringt, ihre Freiheit zu riskieren, um bewaffneten Widerstand zu
leisten. (...) Es ist die Ungleichheit für die bretonische
Bevölkerung, ihre Angelegenheiten selbst in die Hände zu
nehmen, die politischen, sozioökonomischen, kulturellen Fragen
selbst zu entscheiden. Der französische Staat, der sich
demokratisch nennt, ist schneller, wenn es darum geht, einen
ehemaligen Polizeipräfekten aus dem Gefängnis zu entlassen,
der für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich ist
(...) - als ein paar Bretonen freizulassen, oder auch nur
abzuurteilen, von denen man einigen nicht viel mehr vorwirft, als
Aktivisten für die Unabhängigkeit und den Sozialismus zu
sein. (...) Wie kann sich Frankreich erlauben, anderen Ländern
Ratschläge in Sachen Toleranz und Demokratie zu geben - während
es sich selbst wie ein totalitäres Regime verhält und die
Existenz politischer Gefangener leugnet? Warum braucht es eine
spezielle Rechtsprechung für die Bretonen, die Korsen, die
Basken, die Kurden, die revolutionären Kommunisten - wenn nicht
aus politischen Gründen? Es ist mehr als dringend, nach vier
Jahren der Ungesetzlichkeit, für die sofortige Freilassung der
sechs bretonischen Geiseln zu kämpfen!
Kontaktadressen:
Nathalie
Menigon, 2173 N
CD de
Bapaume
Chemin
des Anzacs
62451
Bapaume Cedex
Alain
Sole, 21135
133,
avenue de la Commune de Paris
92014
Nanterre Cedex
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www.hns-info.net
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