Wir
sind alle eine terroristische Vereinigung
Am
21.10. wurde unter strengen Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen
Carsten, Marco und Daniel aus Magdeburg in Halle eröffnet. Der
Vorwurf, auf dem die BAW trotz mehr als dürftiger Beweislage
beharrt, lautet: Mitgliedschaft in- und Bildung einer terroristischen
Vereinigung nach §129a. Zum Prozessbeginn versammelten sich vor
dem Justizgebäude in Halle etwa 60 Menschen zu einer
Solidaritätskundgebung. Mehr als die Hälfte der angereisten
ProzessbeobachterInnen wurden jedoch unter fadenscheinigen
Begründungen von der Verhandlung ausgeschlossen. Zum einen waren
die Saalwärter nicht bereit, den Raum so zu bestuhlen, dass alle
Platz fanden, zum anderen wurden die für einen späteren
Verhandlungstag als Zeuginnen geladenen Verlobten der Angeklagten mit
der Begründung des Saales verwiesen, sie hätten erst vor
Gericht ihre Verlobung nachzuweisen. Nach Standing Ovations für
die verlesene Prozesserklärung der drei Angeklagten wurde ein
Besucher aus dem Gerichtssaal entfernt, da er ein Transparent (Wir
grüßen euch. Viel Liebe und viel Kraft! Reissen wir die
Mauern ein, die uns trennen!) hoch hielt. Der erste Prozesstag
endete mit der Forderung, den Vertreter der BAW Dr. Hornick
abzulösen, da er von der Verteidigung in den Zeugenstand gerufen
wird, um seine Ermittlungsmethoden richterlich überprüfen
zu lassen.
Eine der
Anwältinnen, Gesa Schulz, kam in ihren Ausführungen zu dem
Schluss: ... dass die Bundesanwaltschaft als eigentlicher
Urheber terroristischer Vereinigungen anzusehen ist... Lässt man
einmal die Wertungen und Interpretationen der Ermittlungsbehörden
außer acht, beinhaltet die gesamte Akte meinen Mandanten
betreffend lediglich, dass er ein Linker und dem
Autonomen Spektrum zuzurechnen ist. Wenn das ausreicht, um monatelang
in Untersuchungshaft zu sitzen und als Mitglied einer terroristischen
Vereinigung angeklagt zu werden, bleibt all jenen, die wie mein
Mandant politisch aktiv sind, nichts anderes übrig, als sich mit
einer Strafbarkeit nach §129a StGB auseinander zu setzen, wenn
sie nicht Gefahr laufen wollen, völlig unvermittelt von einem
derartigen Vorwurf überrollt zu werden. Gemeinsam erklärte
die Verteidigung, dass trotz monatelanger Observationen und
Ermittlungen keine Beweise vorlägen, um die Existenz einer
terroristischen Vereinigung in Magdeburg nachzuweisen, sondern dass
die BAW in ihrem Konstrukt von politischen Überzeugungen und
linker Rhetorik auf die Begehung bestimmter Straftaten schließt.
Bei
soviel Interpretationsvermögen und Angst vor radikaler Politik
war auch das massive Polizeiaufgebot zur bundesweiten Demo Linke
Politik verteidigen! Freiheit für Carsten, Daniel und Marco!
wenig verwunderlich. 6000 militärisch hochgerüstete und bis
auf die Zähne bewaffnete Robocops - fehlte nur die GSG9 - wurden
aus dem gesamten Bundesgebiet zusammengekarrt, um die Sicherheit
Magdeburgs am 25.10. zu gewährleisten. Illegale Vorkontrollen,
Einkesselungen und Personalienüberprüfungen für die
nächsten §129a Konstrukte waren die Folge. Wer/welche sich
den staatlichen Kontrollen verweigerte, wurde postwendend wieder nach
Hause geschickt, wie es einem Bus aus Hamburg passierte. Bis
letztendlich alle aus dem gesamten Bundesgebiet angereisten 2500
mutmaßlichen TerroristInnen sich zu einer großen
Vereinigung zur Auftaktkundgebung zusammenschließen konnten,
waren mehrere Stunden vergangen. Dennoch verlief die Demo - wen
wundert`s? - ohne besondere Zwischenfälle. Die meisten gaben ihr
bestes, vor allem die Nürnberger Reihen, um die Demo trotz der
leisen Lautsprecheranlage möglichst lautstark und kraftvoll
erscheinen zu lassen.
Bereits
im Vorfeld zur bundesweiten Demo waren verschiedene
Spaßguerilla-Aktionen durchgeführt worden, um das
Sicherheitsbedürfnis und den Law-and-Order-Wahn der
Regierungsparteien ad absurdum zu führen. Neben einer Jubeldemo
für den §129a wurde eine härtere Innenpolitik
gefordert, sowie zwei Molotowworkshops vor einem Kaufhaus in der
Innenstadt und dem LKA-Gebäude angeboten.