GegenDruck Nr. 23 - Mai 1998
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LeserInnenbriefe zur GegenDruck Nummer 21 und 22

“Unerträgliche Arroganz“

Schade, daß man in der Hoffnung auf ein Stück Gegenkultur in Bielefeld doch immer wieder zu Eurer Zeitung greift, im Endeffekt ist die Enttäuschung über die Inhalte und die polemische Form der Auseinandersetzung vorprogrammiert.
GegenDruck - der erste Teil des Namens steht wirklich für den (kompletten) Inhalt, wie auch wieder die neueste Ausgabe zeigt. Die Zusammenfassung aller eurer Ausgaben scheint mir in einem Satz möglich zu sein: Nichts könnt ihr so gut wie dagegen sein (hier bietet sich immer wieder beliebt das Schweinesystem an) und niemand kann das so gut wie ihr (keine Ausgabe, in der nicht eine politische Aktion oder Bewegung analytisch niedergemetzelt oder bestenfalls als gescheitert bewertet wurde).
In der letzten Ausgabe hatte die Anti-Atom-Bewegung das Vergnügen, sich ihre Abfuhr abzuholen, eine Bewegung, von der man eigentlich denken könnte, daß ihr ihr wohlgesonnen seid, kreidet sie doch wie ihr herrschende politische Zustände an; ist auch"anti“, gegen das System (in der Gestalt der Atom-Mafia). Aber man kann sich ja auf euch verlassen; Fehler findet ihr gerne (besonders bei den Anderen) und so toll wie ihr gegen das System arbeitet, kann das natürlich niemand.
Thematisiert nun die Anti-Atom-Bewegung den Zusammenhang"Kapital - (Energie)Politik“, um einen Widerstand zu politisieren, der sonst auf der inhaltlichen Ebene:"Wir wollen den Dreck nicht vor unserer Haustür“ verkümmern würde, wißt ihr es natürlich wieder besser: Die doofen Castor-GegnerInnen sitzen dem Gespinst!! der Atom-Mafia auf … die Deppen tss, tss, tss. (… Unbeugsame Dörfer oder warum die Atom-Mafia gar keine ist)
Also: gut, daß es euch gibt, man hätte sich ja fast dem Trugschluß hingeben können, daß es doch noch einen Hauch von Widerstand in diesem Land gibt.
Immer wieder schön ist es natürlich, politisch aktiven Gruppen (oder wie ihr es so reizend formuliert der"sogenannten Linken“) vorzuhalten, was sie gerade nicht tun. Nicht nur, daß man als Teil der (ach so hippen und in jedem Jugendzentrum vertretenen) Anti-AKW-Bewegung dem Gespinst Atom-Mafia aufgesessen ist - nein, automatisch läßt man die Revolution scheitern, indem man sich mit den gemäßigt-bürgerlichen an einen Tisch (oder noch schlimmer auf ein Gleis) setzt. Pfui.
Natürlich darf auch als moralischer Knüppel das Schlagwort AsylbewerberInnen nicht fehlen, schade, daß ihr die herrschenden Vorurteile reproduziert, demzufolge AsylbewerberInnen natürlich nur in Horden bzw. Busladungen"einfallen“ (?Da wird dann auch"Rücksicht‘ auf Leute genommen, die bei näherer Betrachtung ihren Widerstand als reaktionäres Ziel verfolgen, die für die Verteidigung ihrer Heimat bis zum äußersten gehen würden. Und das nicht nur, wenn Atomstrahlen vor der Haustür stehen, sondern auch, wenn es statt der Castor-Behälter Busse mit AsylbewerberInnen wären“)
Nicht in der Hoffnung, Eure unerträgliche Arroganz auch nur anzukratzen, verabschiedet sich

Idgie Threadgoode

“Keine passende Sekte“

Hallo Ihr GegenDruck-MacherInnen, schade, daß Ihr so doof seid, um es mal ganz platt zu formulieren. Bielefeld könnte wirklich eine Art linke Stadtzeitschrift gebrauchen, meinetwegen auch sowas wie die Göttinger EinSatz, der Ihr ja anfangs nachgeeifert habt. Stattdessen bietet Ihr Sektierertum: Mit möchtegern-marxistischen Phrasen und billiger Polemik wird so ungefähr alles, was derzeit für die Linke irgendwo interessant sein kann, in Bausch und Bogen verdammt - bezeichnend für das Niveau ist die Formulierung"Arbeit kann, kann ich mir jedenfalls vorstellen, innerhalb anderer Produktionsverhältnisse, wesentlich angenehmer sein.“, die wohl ein Fazit abgeben soll zum Rundumschlag gegen die Arbeitsloseninitiativen in den Ausgaben 21 und 22.
Natürlich dürft Ihr gerne Marxismus-Broschüren lesen und die Welt im allgemeinen Scheiße finden - es ist bloß nicht zu erkennen, was die GegenDruck in der Situation noch soll. Ein linkes Diskussionsforum kann das Blättchen nicht werden, solange Ihr praktisch allen Beiträgen, die nicht von Euch stammen, korrigierende Bemerkungen von doppeltem Umfang voranstellt. Um Gläubigen die Welt zu erklären, sind Eure Artikel leider nicht gut genug, auch scheint es keine passende Sekte zu geben. Um schließlich eine Informationsquelle zu werden, müßtet Ihr eine Menge mehr Arbeit investieren und neben dem Layouten z.B. auch mal recherchieren. Paradebeispiel für letzteres ist Eure von Realitätseinflüssen kaum getrübte Darstellung der Anti-Atomkraft-Bewegung in der Nr. 22, in der ihr sogar so weit geht, die am Castor-Widerstand beteiligten Linken zu"sogenannten“ zu degradieren. Worauf beruht Anna Zieglers Erkenntnis? Habt Ihr die Fernseh-Berichterstattung nach vulgärmarxistischen Schlagworten durchsucht und keine gefunden?
Gespannt auf die Anmerkungen, die Ihr diesem Brief voranstellen werdet, ist

Beppo Straßenkehrer

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