FAG - Föderation Autonomer Antifagruppen/OÖ,
TATblatt
Noch steht er, der durch direkte antifaschistische Aktion schwer lädierte
Dichterstein Offenhausen, ein Wallfahrtsort für in- und ausländische
Rechtsextremisten. In dieses Monument für den in Wort gegossenen Rassenwahn
sind Marmorplatten mit den Namen von über 400 großteils völkischer
Dichterfürsten eingelassen, unter ihnen die gesamte NS-Dichterprominenz.
Jene also, die das geistige Milieu bildeten, das den Nationalsozialismus
trug und repräsentierte. In den Stufen des Dichtersteins sind Schlagworte
wie "Deutsches Volkstum", "Tapferkeit", "Ahnenehrung", "Soldatentum", "Sippenreinheit",
"Heimat", "Gefolgschaftstreue" und ähnliches eingemeißelt.
Die jährlich stattfindenden "Offenhausener Begegnungstage" dienen
der extremen Rechten des gesamten deutschen Sprachraumes als ideale kommunikative
Treffpunkte unter dem Deckmäntelchen "kultureller" Aktivitäten,
mit teilweise internationaler Beteiligung. An den Tagungen nahmen unter
anderem der vor der Justiz nach Spanien geflüchtete Neonazi Gerd Honsik,
Funktionäre von Gottfried Küssels VAPO, "Zur Zeit"-Chefredakteur
Andreas Mölzer und Funktionäre der FPÖ teil.
In den letzten Jahren nahmen regelmäßig BeamtInnen des Staatsschutzes
an den Tagungen des Vereins teil. Das Innenministerium stellte jedes Jahr
fest, daß bei den Begegnungstagen kein nationalsozialistisches Gedankengut
verbreitet werde. Die Polizei legte ihr Hauptaugenmerk auf die von autonomen
Antifagruppen organisierten Gegendemonstrationen. Mit zum Teil illegalen
Methoden versuchten die Behörden, das Handeln der AntifaschistInnen
zu behindern. Das Vorgehen der Behörden im letzten Jahr wurde in einem
Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Linz als teiweise
rechtswidrig verurteilt. Die BeamtInnen unterzogen alle KundgebungsteilnehmerInnen
einer entwürdigenden Durchsuchung und bildeten ein rechtswidriges
dichtes Spalier rund um die DemonstrantInnen.
In "letzter Minute" wollte sogar der Vereinsobmann, der ehemalige Unteracher NDP-Chef und jetzige FPÖler O.S., aus taktischen Gründen die Namen von jüdischen SchriftstellerInnen auf dem Dichterstein anbringen lassen, um den Verein vor dem drohenden Verbot zu retten. Nachdem dieser Vorschlag von seinen KollegInnen abgelehnt wurde, erklärte er seinen Rücktritt.
Im April 1998 erstellte der Verfassungsrechtler Heinz Mayer ein Gutachten, aus dem hervorgeht, daß die Auflösung des Vereines "rechtlich geboten" sei. Er begründet dies unter anderem damit, daß der Verein "tief in die Geisteswelt des Nationalsozialismus eingebettet ist und sich in diesem Sinne betätigt".
Nur eine Woche vor dem geplanten diesjährigen Dichterstein-Treffen und erwarteter antifaschistischer Proteste, gab Innenminister Schlögl am 24. April bekannt, daß er den Verein Dichterstein Offenhausen wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung im Sinne des Verbotsgesetzes auflösen wird. Die Abhaltung der diesjährigen Begegnungstage wurde untersagt.
Die behördliche Auflösung des Vereines bedeutet keine Zerstörung der rechtsextremen Strukturen in der Region. Es ist damit zu rechnen, daß die rechtsextreme Szene das Verbot durch eine Umstrukturierung und Neuformierung umgehen wird. Unklar ist auch, was mit der Dichtersteinanlage und dem Vereinsvermögen passieren wird. Bei Auflösung des Vereins ist laut den Statuten eine Organisation begünstigt, das Vereinsvermögen zu "erben", die eine Geistesverwandtschaft aufweist: Der Österreichische Turnerbund (ÖTB).
Auch wenn das Verbot des Vereins und der jährlichen Tagungen nur eine Heuchelei und Alibi-Handlung darstellt, ist ein kurzfristiges Ziel erreicht. Es beweist, daß die Sysiphusarbeit der Bekämpfung rechtsextremer Organisationen Früchte trägt. Die Funktion des Vereins wird nach seiner Auflösung eine neue oder eine andere, bereits existierende Gruppe übernehmen.
In einer Reaktion auf das Innenministeriumsverbot meinte der Landesgeschäftsführer der OÖ-SPÖ Reinhard Buchinger, daß er sich über die Entscheidung des Innenministers freue. Gleichzeitig drückte er seine Hoffnung aus, daß "Offenhausen auch die Gegendemonstrationen autonomer Gruppen erspart bleiben (wird)". Die AntifaschistInnen werden Herrn Buchinger enttäuschen müssen, sie werden weiter gegen rechtsextreme Treffen aktiv sein, egal wo und unter welchem Deckmantel sie stattfinden.
aus: TATblatt Nr. +97 (9/98) vom 7. Mai 1998
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