Bürger rufen Ordnung und Sauberkeit - Bild puscht -
Senat kuscht - SA marschiert Nach Bergedorf, Barmbek und Elmshorn wollen Nazis am
4. Juni durch das Hamburger Schanzenviertel marschieren. |
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Pressemeldungen |
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Kein
Inselurlaub für Neonazis
Erneuter rechter Anschlag auf IG Metall, diesmal in Pinneberg Von Peter Müller und Andreas SpeitMehrere Gewerkschaften haben vom rot-grünen Hamburger Senat und der rot-grünen schleswig-holsteinischen Landesregierung ein Verbot militanter Neonazigruppen gefordert. Hintergrund sind die Morddrohungen gegen den Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel und der Anschlag auf das IG Metall-Büro in Pinneberg. Unbekannte hatten gestern nacht die Scheiben der "Personalentwickungsgesellschaft Pinneberg" eingeschlagen, in deren Räumen erst am Samstag die Elmshorner IG Metall ihre Pinneberger Nebenstelle eingerichtet hatte. Einer Polizeistreife war bei einer Patrouillenfahrt im Rahmen des angeordneten Objektschutzes das zerdepperte Glas aufgefalllen. Grund des Anschlages ist die bei der Eröffnung verkündete Ausweitung des Bündnisses "Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn" auf die Region Pinneberg. "Ein Bekennerschreiben gibt es aber nicht", so die Itzehoer Staatschützerin Sigrun Schümann. Die IG Metall, die derzeit als einer der Motoren der Kampagne "Faschimus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" gilt, ist bereits mehrfach ins Visier von Neonazis geraten. Für Zabel ist Personenschutz vom Kieler Landeskriminalamt angeordnet worden, die Frankfurter IG Metall-Zentrale hat überdies private Schutzmaßnahmen geordert. Am Freitag hatten Neonazis, die im Umfeld des Hamburger Sturms vermutet werden, Morddrohungen gegen Zabel ausgestoßen. "Die Ermittlungen laufen", so Schümann, "langsam sind aber andere am Zuge." Bislang tat sich die Itzehoer Staatsanwaltschaft nach taz-Informationen schwer, bei der Verfolgung rechter Straftäter alle Register zu ziehen. Die IG Metall Küste, der DGB-Kreis Unterelbe und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verlangen nun "entschiedenes Handeln". Dazu gehört auch ein Verbot der bekannten gewalttätigen Neonazigruppen", erklärte gestern IG Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller. Gemeint seien "Hamburger Sturm", "Flensburger Sturm", "Freie Nationalisten" und das "Aktionsbüro Norddeutschland". Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat gestern das Verbot des als Gedenkkundgebung für den Nazi-Revisionisten Thies Christophersen deklarierten Aufmarsches des "Volksbundes Deutsches Reich" am heutigen Hitlergeburtstag auf der Insel Föhr bestätigt. Das Verwaltungsgericht hatte das Verbot tags zuvor aufgehoben. Das OVG hält es für fraglich, so Sprecher Manfred Vosswinkel, dass der Veranstaltungsleiter "auf die Einhaltung der Gesetze hinwirken" werde. So sollte ein wegen Volksverhetzung vorbestrafter "Ritterkreuzträger" auftreten. Dem "Volksbund" waren nach dem Verbot der "Deutschnationalen Partei" 1995 viele militante Nazis beigetreten. Auch das Lüneburger Verwaltungsgericht muss sich mit einem rechten Aufmarsch beschäftigen: Gegen das Verbot einer Neonazi-Veranstaltung am Samstag in Tostedt ist Klage erhoben worden.
Rechtsextreme sichtbar gemacht Seit in Elmshorn eine große Allianz antifaschistische Plakate klebt, müssen die BürgerInnen der Kleinstadt Rückgrat beweisen. Trotz rechter Bedrohung wird das linke Bündnis immer breiter Von Nadia BerrUnd dann endet das Ganze auch noch mit "Hochachtungsvoll". Oft schon hat Brigitte Fronzek den Bescheid gelesen, mit dem die Kreisverwaltung Pinneberg den Neonazis die Demo-Route bestätigte. Sie kennt jede Formulierung, jedes noch so kleine Detail. Trotzdem sitzt sie davor, als könne sie immer noch nicht glauben, dass Neonazis am 5. Februar durch Elmshorn marschieren durften, genehmigt, von der Polizei vor AntifaschistInnen geschützt. Vergeblich war die Intervention der SPD-Bürgermeisterin beim zuständigen Landrat. Auch dass sie die Anmeldung des Rechtsextremisten Clemens Otto, der diese versehentlich ins Elmshorner Rathaus und damit an die falsche Adresse geschickt hatte, nicht behördenintern weitergeleitet, sondern einfach zurückgesandt hatte, brachte keinen Erfolg. Sie erntete Kritik. Eine Bürgermeisterin, sagt etwa die örtliche CDU, habe neutral zu sein. "Stimmt", sagt Fronzek und klappt die Akte zu. "Aber ich bin nicht neutral gegenüber Verbrechern." Seit Anfang November ist das nachzulesen. Überall in der Stadt steht es geschrieben, in gelben Buchstaben auf poppig-buntem Hintergrund: "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen". Und: "Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn und anderswo". Es sind nicht - wie zumeist üblich - nur unabhängige Antifa-Gruppen, die auf dem Plakat vor einem neuen Faschismus warnen. Auch Betriebe, Verbände, Gewerkschaften, Schulen und Geschäfte aus Elmshorn haben ihren Namen darunter gesetzt. Initiiert wurde die Kampagne von einem Bündnis "gegen Neonazis. Wir nennen uns bewusst nicht Bündnis gegen Rechts, damit sich die CDU nicht angesprochen fühlt", sagt Fronzek. 200 Schilder mit Plakaten stellten die InitiatorInnen im Dezember über die Stadt verteilt auf, 500 weitere Ende Januar, als die anderen bereits alle abgerissen oder mit Hakenkreuzen beschmiert wurden. Ursprünglich sollte das Verkleben des Plakates die Kampagne sein. Das öffentliche Bild sollte nicht von Rechtsextremen, sondern von AntifaschistInnen geprägt werden. Zwei Monate später stellt es sich als Anfang dar, der zahlreiche Folgeaktionen nach sich zieht. Das Signal, dass Neonazis nicht toleriert werden sollen, kam auch bei diesen an. Sie haben reagiert. Seither tauchen Schriftzüge "Juden raus" in der Stadt auf. Die Gewerkschaft IG Metall hat mittlerweile Plexiglas vor den Fenstern, nachdem die Scheiben mit NPD-Plakaten und Spuckis der Skinheadgruppe "Hamburger Sturm" beklebt worden waren. Das Mahnmal für die Selbstbefreiung Elmshorns vom Hitler-Faschismus 1945 wurde zerstört. Vorige Woche bekamen Mitglieder des "Bündnis gegen Neonazis" Drohbriefe - an ihre Privatadresse: "Wir kriegen euch alle - Nationaler Widerstand Elmshorn". Manche BewohnerInnen werfen dem Bündnis vor, mit den Plakaten die Neonazis erst nach Elmshorn gelockt zu haben. Die Punker stehen neben der Nikolai-Kirche, wo bis vor wenigen Tagen noch die Gedenktafel für die Befreiung vom Faschismus stand. Einer thront auf einer Stufe, die Dose Holsten geöffnet in der linken Hand. Beim Aufmarsch der Nazis Anfang Februar waren auch die Punks unter den GegendemonstrantInnen. Üble Verletzungen haben einige abbekommen. Während das Bündnis, angemeldet vom DGB, in einem anderen Teil der Stadt eine Kundgebung abhielt, hatten andere AntifaschistInnen versucht, sich den Rechten in den Weg zu stellen. Als die Nazis vorbeigezogen waren und endlich die DGB-Demo kam, war diese mit wütendem "Ihr kommt zu spät" begrüßt worden. Trotzdem findet er das Bündnis "echt okay", sagt der Wortführer auf der Treppe und nickt anerkennend. "Unseren Kopf hinhalten müssen wir sowieso immer. Und besser die anderen demonstrieren friedlich als gar nicht." Er verschränkt die Arme vor der Brust. Ein Schluck Holsten schwappt aufs Pflaster. "Jeder mit seinen Mitteln". Das findet sein Kumpel auch. Dass sich nun auch "Normalbürger" gegen die Faschis-ten bekennen, hat ihn beeindruckt. "Jung und alt, alles dabei", lobt er die große Allianz, die in der Bundesrepublik bislang einmalig ist. Nur in einzelnen Geschäften in der Einkaufsstraße hängen Plakate an der Wand. Mitglieder des Bündnis hatten im Dezember eine Runde bei den Geschäftsleuten gedreht und sie aufgefordert, sich an der Kampagne zu beteiligen. "Viele haben das Plakat genommen und nie aufgehängt", weiß eine Gewerkschafterin. In einem Eisladen hätte der Besitzer das Poster sofort in die Tür geklebt. Einen Tag später hing es außen an einer Wand - zwei Meter entfernt. "Wir hatten es im Fenster, aber schon nach einem Tag hat ein Kind es abgerissen, das ist hier immer so", sagt die Verkäuferin bei "Steffis Kindermoden" und krault den Bauch ihres Babys, das vor ihr auf dem Verkaufstresen liegt. In der Boutique nebenan findet eine Angestellte es "nicht so ratsam, die Schaufensterscheiben zu verhängen, dann können die Kunden die Ware nicht mehr sehen". Der örtliche Kunstverein allerdings macht hübsche Plakate, die hängt sie manchmal auf. Angst, das Augenmerk von RechtsextremistInnen auf sich zu ziehen, ist in der Stadt aber auch zu vernehmen. Der Besitzer des "Casablanca" hat das antifaschistische Bekenntnis zwar aufgehängt. In der Kneipe. Draußen aber nicht. Er steht "als Unterzeichner drauf und auch inhaltlich dahinter", sagt er. Aber dass Nazis ihm die Scheibe einwerfen, will er lieber nicht riskieren, "man muss es ja nicht auf die Spitze treiben". Die Mitbesitzerin der kleinen Eisdiele in der Einkaufsstraße hält das Poster zum ersten Mal in der Hand. Sie liest es durch. "Oho", entfährt es ihr: "Das ist ein bisschen gefährlich." Ihre Reaktion ist ihr peinlich, schließlich ist auch sie gegen Rechtsextremismus. Sie errötet. "Sie können es trotzdem hier aufhängen", bietet sie dann an. Bürgermeisterin Brigitte Fronzek sagt entschlossen, man dürfe sich jetzt nicht einschüchtern lassen. Vielen Menschen sei vorher nicht klar gewesen, wie gewaltbereit Neonazis sind, ihr selber auch nicht. Ob sie die Kampagne mitgestartet hätte, wären die Folgen absehbar gewesen, weiß sie nicht genau, aber die Frage stellt sich ihr heute ohnehin nicht mehr: "Jetzt ist es um so wichtiger weiterzumachen." Auch denjenigen zum Trotz, die unken, das Bündnis habe die Nazis erst in die Kleinstadt gelockt. "Die Leute denken, die Gefahr gibt es nicht, weil sie sie nicht sehen", sagt die Bürgermeisterin. "Wir haben die Neonazis sichtbar gemacht. Dafür waren die Plakate wichtig und richtig." Abgesprungen vom Bündnis ist noch niemand. Im Gegenteil: Der Trägerkreis hat sich ausgeweitet. Nachdem die Nazis die ersten Stellschilder zerstört hatten, stellten rund 200 Elmshorner BürgerInnen gemeinsam 500 neue auf, Ende Januar, im strömenden Regen. Der Leiter der Schule Bismarckstraße ermöglichte eine SchülerInnenversammlung zur Unterrichtszeit, in der Bündnis-Mitglieder über neonazistische Strukturen aufklären und zur Gegendemonstration aufrufen konnten. In der Kooperativen Gesamtschule (KGSE) wurden vorigen Montag SchülerInnen von der letzten Stunde freigestellt, um eine Veranstaltung über rechte Musik zu besuchen. Die junge Punkerin vor der Nikolai-Kirche teilt die Ansicht der Bürgermeisterin, Rechte seien durch die Kampagne lediglich sichtbar gemacht worden: "Natürlich gibt es hier Nazis", sagt sie. Sie blickt die Einkaufsstraße hinunter. "Wenn ich mir die Ergebnisse der letzten Kommunalwahlen ansehe, weiß ich, dass ich in einem rechten Stadtteil wohne."
Kampfansage an braunen Mob Über 20 Gewerkschafts-Chefs fordern von Landesregierungen Verbot militanter Neonazigruppen in Norddeutschland Von Peter MüllerDie DGB-Gewerkschaften im Norden machen nun gemeinsam gegen Neonazis mobil. Das Verbot militanter Neonazigruppen haben gestern über 20 Gewerkschaftsvorsitzende aus der Region gefordert. Sie sind ErstunterzeichnerInnen der Unterschriftenkampagne "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Wehrt Euch - jetzt!". In dem Aufruf heißt es unter anderem, "die Gewalt der Neonazis im Norden hat ein unerträgliches Ausmaß erreicht". Zu den Erstunterzeichnern gehören neben dem DGB-Nordchef Peter Deutschland, IG Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller und HBV-Landeschef Hinrich Feddersen auch Hamburgs DGB-Vorsitzzender und SPD-Bürgerschaftsabgeordneter Erhard Pummm und der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. Anlässe sind die Morddrohungen gegen den Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel, die Internetfahndung gegen den Bergedorfer DGB-Ortskartellchef Dieter Born und die Anschläge auf IG Metall-Büros in Elmshorn und Pinneberg (taz berichtete mehrfach). Nach Auffassung der Gewerkschaften belegen die jüngsten Zahlen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (VS) den bundesweiten Terror der Neonazi, deren ideologische Drahtzieher im Norden sitzen. 11.049 Straftaten, ein Toter, 13 versuchte Tötungen, 630 Körperverletzungen und 35 Brandstiftungen lautet die VS-Bilanz. "In manchen Bundesländern werden inzwischen Dörfer von dem braunen Mob terrorisiert," stellen die GewerkschafterInnen entsetzt fest. Der Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt sei nun der "traurige Höhepunkt". Die Unterzeichner erwarten daher vor allem von den rot-grün regierten Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein sowie von Niedersachsen (rot) und Mecklenburg-Vorpommern (doppelrot) - wo der Hamburger Neonazi-Führer Thomas Wulff gerade ein rechtes Schulungszentrum aufbaut - hartes Durchgreifen. "Zum Beispiel ein Verbot von Aufmärschen: Dazu gehört auch ein Verbot aller bekannten gewalttätigigen Neonazigruppen und ihrer Dachorganisationen". Gemeint ist vor allem das Netzwerk der "Freien Kameradschaften" um das "Aktionsbüro Norddeutschland" sowie der Kampftrupp "Hamburger Sturm" oder der Neumünsteraner Rechtsrock-Rekrutierungstreff "Club 88". Neonazigruppen müssen nicht vom Bundesverfassungsgericht, sondern können von Länderregierungen verboten werden. Daher gerät Hamburg, wo sich das "Aktionsbüro" befindet und der "Hamburger Sturm" seinen Sitz hat, zunehmend unter Druck. Innenbehördensprecherin Susanne Fischer blieb auf Nachfrage wortkarg: "Dazu geben wir keine Auskunft." Und auch Hamburgs VS-Chef Reinhard Wagner gibt sich bedeckt: "Der Verfassungsschutz ist nicht für Verbote zuständig und denkt darüber auch nicht laut nach."
"Tot oder lebendig" Neonazis in Elmshorn setzen Kopfgeld auf IG Metall-Gewerkschafter ausDer rechte Psychoterror in Elmshorn nimmt neue Dimensionen an. Gestern früh stellten Autobahnpolizisten bei Tornesch zwei Transparente mit der Aufschrift sicher: "Uwe Zabel - Kopfgeld: 10.000 Mark - tot oder lebendig" sowie "Elmshorner macht euch frei von der Judentyrannei." Das "s" war in Form einer "SS-Rune" gemalt. Uwe Zabel ist Chef der Elmshorner IG Metall und im "Bündnis gegen Neonazis" engagiert, dessen Schirmherrin SPD-Bürgermeisterin Brigitte Fronzek ist. Seit Anfang des Jahres sind vier Farb-Anschläge auf das IG Metall-Büro und auf Fronzeks Haus verübt sowie Drohbriefe an Bündnismitglieder versandt worden. "Wir müssen die Drohung sehr ernst nehmen", so der Itzehoer Staatsschützer Horst Klüver zur taz. Daher habe man die Landeskiminalämter (LKA) Kiel und Hamburg informiert. Das LKA Kiel bot dem Gewerkschafter sofort Personenschutz an. Noch am Donnerstagabend hatten auf Einladung der Gewerkschaft ÖTV in Elmshorn 120 GewerkschafterInnen mit Schleswig-Holsteins Verfassungsschutzchef Michael Wolf über rechte Gewalt diskutiert. Vier Neonazis des "Pinneberger Sturm", welche die Veranstaltung zu stören versuchten, wurden von der Polizei vorübergehend festgenommen. Wolfs Ausführungen - "Neonazis sind ein ernstes Problem für die Gesellschaft, aber kein Problem für die Demokratie" - fanden angesichts der spürbaren Bedrohung wenig Anklang. Wolf begründete seine These mit den geringen Mitgliederzahlen und dem sinkenden Einfluss rechter Parteien bei Wahlen. Stark entwickelt habe sich aber seit der "Vereinigung eine rechte provokative aggressive Jugendsubkultur". Der Hamburger Staatsrechtler Norman Paech und der Anwalt Alexander Hoffmann forderten dagegen ein kategorisches Verbot von Neonazi- und Skinaufmärschen. "Ihr Hass und ihre Ausländerfeindlichkeit verstößt gegen die Verfassung", so Paech. "Wenn sich eine ausländische Frau nicht mehr auf die Straße trauen kann", findet Hoffmann, "ist die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht erst in Gefahr, wenn eine Partei 20 Prozent bei Wahlen erreicht." pemü
Bürgermeisterin greift Genossen an Elmshorn: 15 Festnahmen bei antifaschistischem Protest. Polizei greift DGB-Demo an. Neonazis durften unbehelligt "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" skandieren Von Peter MüllerElmshorns SPD-Bürgermeisterin Brigitte Fronzek und das "Bündnis gegen Rechts" haben gegen den Landrat des Kreises Pinneberg, Berend Harms (SPD), sowie gegen die Kieler Landesregierung wegen des polizeilichen Vorgehens bei dem Neonazi-Aufmarsch am Samstag schwere Vorwürfe erhoben. Sie fordern Rechenschaft darüber, warum die Polizei trotz massiver Gewaltaufrufe gegen einzelne Personen und das skandieren verfassungsfeindlicher Parolen nicht die Demo der 80 Rechten aufgelöst hat. Stattdessen war die Polizei im Anschluss an den rechten Spuk gegen Teilnehmer der DGB-Gegenkundgebung "für Toleranz und Integration" vorgegangen. Schon vorige Woche war es zu einem heftigen Disput zwischen Fronzek und Harms gekommen. Nach diversen Anschlägen auf Mitglieder des Bündnis gegen Rechts und auf das IG Metall-Büro (taz hamburg berichtete) hatte die Bürgermeisterin vom Landrat ein Verbot des Neonazi-Aufmarsches verlangt. Obwohl klar war, dass sich unter der Tarnkappe der "Jungen Nationaldemokraten" der militante "Hamburger Sturm" und die "Freien Nationalisten" verbergen würden, hatte die Kreisbehörde die Demo mit dem Hinweis erlaubt, dass es sich um eine "legale Organisation" handele. Während sich am Samstag Mittag vor dem antifaschistischen Mahnmal an der Nikolaikirche rund 600 Elmshorner zu einer antirassistischen Gegen-Kundgebung versammelten, fuhren die Neonazis in Elmshorns Osten unbehelligt auf und formierten sich: Im Abstand von 300 Metern vor dem Treck der Rechtsradikalen machten zwei Wasserwerfer, ein Räumpanzer sowie eine Spezialeinheit der Polizei den Weg frei. Einzelnen Anwohnern, die "Nazis raus" riefen, wurden Platzverweise angedroht. Auch als Hamburgs Neonaziführer Christian Worch speziell Bürgemeisterin Brigitte Fronzek aufs Korn nahm, blieb die Polizei gleichgültig. "Wenn sich der Wind zu einem Sturm steigert", so Worch in Hitler-Rhetorik, "dann wird auch sie weggefegt." Daraufhin die Parole: "Rote haben einen Namen und eine Adresse - kein Vergeben, kein Vergessen." Insgesamt sechs Kilometer marschierten die Neonazis durch Elmshorm und skandierten immer wieder: "Ruhm und Ehre der Waffen-SS." Am Bahnhof, am Ende des Neonazi-Aufmarsches, trafen sich beide Demonstrationszüge; es kam zu einem kurzen Gerangel. Einige Antifaschisten versuchten auf die Gleise zu klettern und so die Abfahrt der Rechten zu behindern. Dabei wurden sie allerdings von der Polizei abgedrängt. Als die Kundgebung eigentlich schon zu Ende und die Leute zurück auf dem Weg zu ihrem Ausgangspunkt an der Nikolaikirche waren, griff eine Spezialeinheit der Polizei sie an, um die angeblichen Gewälttäter ausfindig zu machen. Die Polizei nahm 15 Personen fest. Ein DGB-Ordner wurde dabei durch Knüppelschläge krankenhausreif geschlagen.
"Umso wichtiger, jetzt weiterzumachen" Trotz Drohungen findet Bündnis gegen Neonazis in Elmshorn weiter Zulauf Von Peter MüllerFarbanschläge auf das Elmshorner IG Metall-Büro, 300 zerstörte Plakate, zerbrochene Scheiben in Läden und bei der Bürgermeisterin, Neonazi-Schmiereien an Schulen, Drohbriefe an GewerkschafterInnen und zuletzt die Morddrohung gegen IG Metall-Chef Uwe Zabel: Trotz des seit Anfang des Jahres andauernden Neonazi-Terrors in Elmshorn zeigt das "Bündnis gegen Neonazis" weiterhin mit der Plakataktion "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen - keine Toleranz den Neonazis" Flagge gegen rechte Gewalt. "Jetzt ist es umso wichtiger weiterzumachen", sagt SPD-Bürgermeisterin Brigitte Fronzek, Schirmherrin der Aktion. Die Einschüchterungsversuche haben ihr Ziel sichtlich verfehlt. Unter der Neuauflage des bislang einzigartigen Bündnis-Plakates - das von etlichen Unternehmensleitungen und Betriebsräten gemeinsam unterzeichnet wurde - werden weitere 40 Verbände und Institutionen stehen - Firmen, Sportvereine, Parteien, Gewerkschaften, Geschäfte und Musikbands. Uwe Zabel: "Es haben Firmen unterschrieben, von denen ich es wirklich nicht erwartet hätte." Aufgrund des vom Landrat in Pinneberg nicht verbotenen Elmshorner Neonazi-Aufmarsches im Februar hat sich das Bündnis nun auf das Kreisgebiet ausgeweitet. Zum 1. Mai wird ein Double des Elmshorner Plakats auch für den "Kreis Pinneberg" erscheinen, das von Bürgermeistern in der Region sowie etlichen Firmen und Verbänden unterzeichnet worden ist. Nach den Urhebern des Steckbriefes gegen Zabel ("10.000 Mark Belohnung - tot oder lebendig") wird noch gefahndet. "Wir ermitteln in eine bestimmte Zielrichtung", so eine Itzehoer Staatsschützerin zur taz. Die zunehmende rechte Gewalt, deren Zentrum in Hamburg und Umgebung liegt, haben die Gewerkschaften wachgerüttelt. Mit der Infoschrift "Jetzt handeln!" klären derzeit die IG Metall Bezirk Küste, die ÖTV-Nord und die DGB-Jugend über das Netzwerk der Neonazi-Szene auf und fordern von Staat und Justiz Konsequenzen. Der für Ostersamstag angemeldete militante Neonziaufmarsch in Tostedt ist gestern verboten worden. Polizeisprecher Jürgen Ha-cker: "Wir bereiten uns darauf vor, das Verbot durchzusetzen." Und auch einefür den "Führergeburtstag" am Donnerstag geplanter und als Gedenkfeier für den Nazi-Autor Thies Christophersen deklarierter Aufmarsch in Wyk auf Föhr ist vom Kreis Nordfriesland untersagt worden. Die Neumünsteraner grüne Bundestagsabgeordnete Angelika Beer begrüßte gestern das Verbot. Nun gelte es, auch die Schließung des neonazistischen Rekrutierungstreffs "Club 88" in Neumünster durchzusetzen. "Jetzt handeln": Bestellungen bei IG Metall-Verwaltungsstellen im Bezirk Küste, Kreisverwaltungen der ÖTV-Nord und der DGB-Jugend-Nord, Besenbinderhof 60, 20097 Hamburg.
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